Verfahren zur Bestimmung der Compliance einer Kavität von elastischen Medizinprodukten zur Dichtigkeitsprüfung
Erfindungsgegenstand
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bestimmung zur Bestimmung der Compliance einer Kavität von gummielastischen Medizinprodukten (z.B. Latexprodukten) zur zerstörungsfreien Dichtigkeitsprüfung und Vorrichtungen zur Durchführung des Verfahrens.
Stand der Technik
Gummielastische Medizinprodukte (wie z.B. Gummihandschuhe, Ballonkatheter, Kondome, etc.) werden vor dem Inverkehrbringen einer Vielzahl von Tests unterzogen. Es werden Homogenitätsfehler gesucht, aber auch Perforations-, und Platztests durchgeführt. Zum Test gummielastischer Medizinprodukte werden diese in der Regel mit Gas oder Flüssigkeit gefüllt. Je nach Größe des dadurch gebildeten Hohlraumes (Kavität) variiert das hierfür notwendige Volumen eines Fluids (z.B.
N2, CO2, Wasser, Kochsalzlösung), um das Produkt so weit aufzudehnen, dass eine Prüfung auf Produktionsfehler, insbesondere auf Leckagen ermöglicht wird.
Im Falle gasförmiger Fluide (wie z.B. CO2) kommen Geräte zum Einsatz, die mittels Druckminderer den notwendigen Volumenstrom einstellen, der dann in das Medizinprodukt geleitet wird.
Anders verhält es sich bei der Nutzung von flüssigen Fluiden (wie z.B. Kochsalzlösungen). Hier werden z.B. Peristaltikpumpen eingesetzt, die über die Steuerung der Pumpenumdrehung den Volumenstrom variieren können.
Durch die Einbringung des Volumenstroms in der Kavität, wird der Hohlraum mit dem Fluid gefüllt und der Druck in dieser Kavität steigt ein. Gleichzeitig dehnt sich der Hohlraum des Medizinproduktes auf.
Die sogenannte Compliance (Dehnbarkeit) einer Kavität Cc kann mittels der Beziehung zwischen Volumen Vc und sich somit ergebenen Druck Pc, als statische Kennlinie mittels der Gleichung = K:/ Pc
(siehe Figur la) ermittelt werden.
Der Kehrwert der Compliance Cc wird als Elastizität Ec = 1 /Cc, bezeichnet.
BESTATIGUNGSKOPIE
Hierbei gilt als Grundbedingung, dass der spezifische Druck in dieser Kavität keine schädlichen Auswirkungen auf das Medizinprodukt haben darf (mit Ausnahme von Platztests bei denen die Zerstörung des Produktes angestrebt wird). Aus diesem Grund werden typischerweise Drucksensoren genutzt, um den Kavitätsdruck zu ermitteln. Durch eine geeignete Regelung kann der notwendige Volumenstrom berechnet werden, ohne dass es zu einem produktschädlichen Kavitätsdruck kommt. Der notwendige Volumenstrom wird dementsprechend über die Regelung des Druckminderers oder der Peristaltikpumpe realisiert werden. Dabei ist allerdings zu berücksichtigen, dass während der Fluidzufuhr der Druck nicht gemessen wird: Für die Druckmessung wird die Fluidzufuhr für eine kurze Zeit unterbrochen, damit sich ein Druckgleichgewicht einstellt, welches den tatsächlichen Druck in dem Medizinprodukt darstellt. Nach der Messung wird weiter Fluid zugeführt.
Je nach Medizinprodukt und dessen Größe ist eine signifikante Variation des notwendigen Volumens erfordern um das gummielastische Produkt auf einen gewünschten Druck aufzudehnen (siehe Figur lb).
Aktuell muss somit der Nutzer des Testgerätes eine Vielzahl von notwendigen Einstellungen tätigen, um die Information über Produkt und dessen Größe dem Gerät mitzuteilen. Im Rahmen von Qualitätssicherungsmaßnahmen werden häufig wenige Produkte aus der einer Produktserie herausgenommen und entsprechenden Dehn- bzw. Platztests an einem separaten Teststand unterzogen. Die manuelle Eingabe der individuellen Produktparameter (z.B. Art und Größe des Produktes) kann dabei zu Fehlern führen. Gleiches gilt für die Fertigung von Kleinserien.
Daraus leiten sich insbesondere die Parameter und Grenzwerte für die Steuerung/Regelung des Gerätes ab. Z.B. werden somit Datensätze geladen, welche die maximale zulässige Förderrate des Fluids beziffern.
Ist das Produkt größer als ursprünglich angenommen, dann dauert die Aufdehnung des Produktes sehr lange und es kommt zu ungewollten Verzögerungen der Messung. Ist das Produkt hingegen kleiner als ursprünglich angenommen, dann werden unter Umständen sehr schnell Drücke erreicht, die zu Produktschäden führen können.
In dem Fall, dass der User somit am Testgerät eine falsches Produkt und dessen Größe (z.B. über Vorauswahl von falscher Handschuhgröße oder Auswahl von Ballonkatheter statt Handschuh) Erwachsenen oder Kind) einstellt, kann es zu fehlerhaftem Verhalten des Gerätes kommen.
Die aus dem Stand der Technik bekannten Vorrichtungen und Verfahren sind bislang nicht in der Lage, die beschriebenen Probleme zu lösen. Der relevante Stand der Technik umfasst die Druckschriften US 2007/0083126 Al, US 2010/0236555 Al, DE 4309380 Al, DE 19809867 CI,
Tautorat, C. et al., Ballon-based measuring Systems for compliance investigations. In: Current Directions in Biomedical Engineering 4(1), 2018.
Es besteht daher Bedarf an einer Regelung einer technischen Vorrichtung, die automatisch die entscheidenden Kenngrößen einer Kavität bestimmt.
Erfindungsgemäße Lösung
Die vorliegende Erfindung offenbart eine technische Vorrichtung zur Einbringung von einem Fluid in eine gummielastisches Medizinprodukt, die die Kenngrößen einer Kavität bestimmt und somit notwendige Betriebsparameter selbstständig ermittelt.
Figur 2 zeigt eine erfindungsgemäße medizintechnische Vorrichtung (3) zur Fluidförderung mit folgenden Komponenten:
Ein Fluidreservoir (1), aus dem das Fluid entnommen wird und mittels Verbindungselement (2) an die Fördereinheit (4) geleitet wird. . Bei dem Fluid kann es sich um ein Gas (z.B. C02 oder N2 oder um eine Flüssigkeit (z.B. Kochsalzlösung) handeln.
Eine geregelte Pumpe (Aktuator bzw. Fördereinheit) (4) um das Fluid geregelt zu fördern.
Eine Messeinrichtung für den Volumenstrom (5)
Einen Drucksensor (6) um den dynamischen und statischen Druck des Fluids zu ermitteln.
Ein Verbindungselement (7) (z.B. Schlauch) um das Fluid vom Gerät bis zum Medizinprodukt (8) zu fördern.
Ein elektronisches Speicherelement (nicht explizit dargestellt), welches dazu dient, Messdaten zu erfassen. Ferner eine elektronische Recheneinheit (z.B. Mikrocontroller) um notwendige Steuerbefehle an Aktuatorik zu setzen, um Daten auszuwerten, Parameterdatensätze vom Speicherelement zu laden/schreiben.
Mittels einer medizintechnischen Vorrichtung, die die genannten Komponenten enthält kann die Compliance der Kavität anhand der Werte von Volumenstrom und Druck automatisch bestimmt
werden, so dass Fehlbedienungen des Personals vermieden werden. Hierzu sind verschiedene Bestimmungsmethoden anwendbar, die nachfolgend beschrieben werden.
Methodik l.a
Das gummielastische Medizinprodukt wird zunächst mittels eines Verbindungselementes (Fluidleitung) mit der Vorrichtung verbunden. Im Anschluss wird das Gerät eingeschaltet. Das Gerät ermittelt vor einer initialen Einbringung von einem Volumenstrom den Druck in der Kavität. Im Anschluss wird ein vordefinierter zeitlicher Volumenstrom q mittels des Aktuators erzeugt (z.B. ein pulsförmiger Volumenstrom, mit definierter zeitlicher Länge). Der Volumenstrom erzeugt eine Druckhöhung qc in der Kavität.
Das Volumen V kann über die Integration des Volumenstrommesseinheit ermittelt werden. Das Gerät beendet nach dem definierten Volumenstrom die Förderung und ermittelt den statischen Druck in der Kavität. Somit kann die Elastizität über den partiellen Druckanstieg ( dpc / dVc) ermittelt werden.
Diese Prozedur kann wiederholt werden, bis ein gewünschter Solldruck in der Kavität erreicht wird.
Aus den partiellen Druckanstiegen kann daraufhin das sogenannte P-V Diagramm abgeleitet werden. Dieses Diagramm gibt somit Aufschluss über die Größe der Kavität d.h. der Größe des Medizinproduktes. Durch Vergleich mit Systemparametern kann darauf die Parametrisierung und Selektion von optimalen Systemparameter (z.B. maximale Förderrate, Steuerungs- und Regelparameter) getroffen werden. Durch eine optionale Bestätigung vom User, kann die automatische Kavitätserkennung bestätigt werden.
In Figur 4 ist ein Beispiel zu dieser Methodik dargestellt. Es werden zeitlich versetzt zwei Volumina Vx und V2 in den Hohlraum gefördert. Darauf steigt der Druck in der Kavität an pc und der Druck der Kavität kann mittels Drucksensor pd ermittelt werden. Es ergeben sich somit die Arbeitspunkte Vc\ = V Pci = Pdi und V c2 — ^2 + ^i»Pc2 = Pd2- Durch z.B. lineare Approximation kann dann eine Annäherung des P-V Diagramms berechnet werden (siehe Figur 4). Deutlich im Messdiagramm (Figur 5 bis 7 unten) zu erkennen ist das „Einschwingen" des Druckmesssignals am Startpunkt und am Stopppunkt des Volumenstroms.
Methodik l.b
In der Realität der Produktherstellung kommt es gelegentlich zu Undichtigkeiten an den Kavitäten. Derartige Leckagen verfälschen das Verfahren in Methodik l.a aufgrund dieses Fluidausflusses Ausfluss
mit unbekannter Größe. Um den Einfluss der Leckage aus den Messdaten zu kompensieren, wird die Methodik l.a wie folgt erweitert:
Es wird über eine Druckregelungsvorrichtung ein Druck in der Kavität erzeugt. In diesem Fall wird der Volumenstrom vorgegeben, der zum Erreichen des gewünschten Drucks notwendig ist. In einer abgeschlossenen Kavität - ohne Leckage - würde die Druckregelung den Volumenstrom bei Erreichen des gewünschten Drucks auf Null regeln (siehe Figur 6).
Bei einer vorhandenen Leckage im Medizinprodukt würde die Druckregelung einen Volumenstrom dauerhaft nachführen, um die Leckage zu kompensieren. Dieser Volumenstrom, der notwendig ist, um den Druck aufrecht zu erhalten, ist der Leckagevolumenstrom qt bei dem vorliegenden Kavitätsdruck. In Figur 7 ist dieses beispielhaft dargestellt. Daraus kann das Volumen V2 und V3, welches über die Leckage aus dem Medizinprodukt ausfließt, bestimmt werden. Im Anschluss kann das eingebrachte Volumen von der Leckage bereinigt werden.
Der Druck in der Kavität pcl zu dem Zeitpunkt, an dem der Volumenstrom gestoppt wird, kann durch Vorkenntnis des Druckabfalls über das Verbindungselement und den gemessenen Druck pdl bestimmt werden oder approximiert werden, . An diesem Zeitpunkt gilt pd « pcl.
Hierbei kann die Auswertung wie in Methodik l.a angewendet werden. Um mehrere Arbeitspunkte zur Berechnung des P-V Diagramms zu ermöglichen, kann der Solldruck jeweils (temporär) erhöht werden.
Durch Wiederholung bei anderen Solldruckwerten, können unterschiedliche Arbeitspunkte des P-V Diagrammes ermittelt werden und somit die Kavitätsgröße bestimmt werden.
Methodik II
Im laufenden Betrieb des Gerätes kann der aktuelle Arbeitspunkt im P-V Diagramm des Medizinproduktes ermittelt werden. Ein geringer partieller Kapazitätswert (ACc = äVJ Apc) lässt auf ein großes Produkt schließen, bzw. ein großer Wert auf ein kleines Produkt. Um diese Information zu erhalten, wird im Betrieb des Gerätes eine Messpause erzeugt. Hierbei wird der Volumenförderstrom kurzzeitig unterbrochen und der stationäre Kavitätsdruck ermittelt pcl. Im Anschluss wird ein vordefinierter zeitlicher Volumenstrom mittels des Aktuators erzeugt (z.B. ein pulsförmiger Volumenstrom, mit definierter zeitlicher Länge). Der Volumenstrom erzeugt eine Druckerhöhung in der Kavität. Das in diesem Zeitabschnitt zugeführte Volumen V2 kann über die Integration des Volumenstrommesseinheit ermittelt werden. Das Gerät beendet nach dem definierten Volumenstrom
die Förderung und ermittelt den statischen Druck in der Kavität pc2. Im Anschluss nimmt das Gerät seine normale Funktionalität auf (siehe Figur 7). Aus den Messungen ergibt sich ACc = V2/(pc2 - Pci) Unterschiedlich zur Methodik I ist, dass keine vollständige Information über die Kavitätsgröße bzw. des P-V Diagramm bekannt sind. Somit gelten diese Informationen nur in dem aktuellen Arbeitspunkt des Volumenstromes, der zur Aufrechterhaltung des Kavitätsdrucks notwendig ist. Jedoch kann in diesem Arbeitspunkt die Plausibilität auf gewählte Voreinstellung des Users und tatsächlichen ermittelten Kennwerten, abgeglichen werden (siehe Figur 8). In Fall einer Diskrepanz, kann somit das Gerät selbstständig den Geräteparametersatz anpassen, um dem Anwender eine optimale Systemeinstellung zur Ausführung des Eingriffes zu ermöglichen.
Diese Methode eignet sich insbesondere zur Prüfung von Ballonkathetern. Je nach Anwendungszweck können Ballonkatheter Öffnungen aufweisen, welche eine Leckage darstellen. Mittels der dargestellten Methodik können trotz der Öffnungen Messungen der Compliance Cc (Cc = Vc/ pc) durchgeführt werden. Darüber hinaus können Platztests (bzw. Weiterreißtests) durchgeführt werden.
Methodik III
Im Betrieb des Gerätes wird der Druck temporär erhöht. Hierzu wird eine aktive Drucksteuerung/ -regelung genutzt. Das notwendige zusätzliche Volumen, um den gewünschten Druck in der Kavität zu erhalten wird in der Phase der Druckerhöhung ermittelt. Daraus kann der partielle Kapazitätswert (AC = AM/ Dr) ermittelt werden. Gleich zu setzen ist das Vorgehen mit Methodik II. Jedoch kann die Methode III auch in der initialen Füllphase der Kavität genutzt werden. Hierzu wird der gewünschte Solldruck der Druckregelung quasi-stationär (zeitlich sehr langsam oder stufenförmig) erhöht. Eine Messpause ist nicht notwendig, bei vorliegenden Systemparametern für das Gerät und die Verbindungseinheit zwischen Gerät und Medizinprodukt. Die Daten des Volumens und erzeugten Drucks können somit in ein P-V Diagramm überführt werden. Dieses bietet wie in Methodik I die Grundlage die Kavitätsgröße bzw. die Produktart abzuleiten. Somit ergibt sich die Möglichkeit Parametrisierung und Selektion von optimalen Systemparameter (z.B. max. Förderrate, Steuerungsund Regelparameter) zu tätigen. Durch eine optionale Bestätigung vom User, kann die automatische Kavitätserkennung bestätigt werden.
Methodik IV
Eine Variation der Methodik II ist es, dass nach Ermittlung des aktuellen Kavitätsdrucks pcl, der Volumenstrom erhöht wird. Der ansteigende Druck am Sensor korreliert dabei mit dem Druckanstieg
in der Kavität (siehe Figur 9). Daraus folgt, dass eine Vermessung des Kavitätsdrucks pc2 unnötig wird (vgl. Methodik II). Es wird dafür (siehe Figur 10) der Anstieg Apc bezogen auf das Volumen V2 ermittelt. Das Gerät nimmt nach Ermittlung der Werte, den vorherigen Betrieb wieder auf.
Im Gegensatz zu Methodik II fehlt somit die exakte Kenntnis über den Kavitätsdruckwert pc2, jedoch ergeben sich die selben partiellen Anstiege und somit kann der Wert zum Vergleich der vom User gesetzten Geräteparameter mit den ermittelten Kavitätswerten verglichen werden (Fehler! Verweisquelle konnte nicht gefunden werden. Figur 11) und ggf. abgeändert werden um eine optimale Parametrisierung des Gerätes zu gewährleisten.
Bezugszeichenliste (1) Fluidreservoir
(2) fluidische Verbindung (Zufuhrschlauch des Fluides zwischen Reservoir und medizintechnische Vorrichtung zur Fluidförderung (3)
(3) medizintechnische Vorrichtung zur Fluidförderung
(4) Fördervorrichtung (5) Messvorrichtung für den Volumenstrom des Fluides
(6) Drucksensor
(7) fluidische Verbindung
(8) gummielastisches Medizinprodukt