Dichtungsanordnung für radial belastete Rundführungen
Die Erfindung betrifft eine Dichtungsanordnung für radial belastete Rundführungen, wobei eine Führungs- oder Kolbenstange in mindestens einer Führungsbuchse axial beweglich gelagert ist und der Führungsstange als Dichtmittel ein axial benachbart zu einem Stirnende der Führungsbuchse vorgesehener Abstreifer zugeordnet ist, insbesondere vorgesehen in Umformmaschinen wie Ring- Rohlings-Pressen oder Radial-Axial-Walzmaschinen zum Verfahren eines Maschinenelementes.
Bei einer Ringwalzmaschine bzw. Radial-Axialwalzmaschine oder einer Ring- Rohlings-Presse handelt es sich um Umformmaschinen, mit denen Ringrohlinge durch radiales Aufweiten zu nahtlosen Ringen mit gewünschtem Querschnitt ausgewalzt oder gepresst werden.
Eine solche Ringwalzmaschine, wie beispielsweise durch die DE 29 17 369 A1 bekannt geworden, weist in der Regel zumindest eine auf die Ringaußenseite wirkende, angetriebene Hauptwalze und eine auf die Ringinnenseite wirkende Dornwalze auf. Auf die Ringstirnflächen können zwei Axialwalzen wirken, nämlich eine obere Axialwalze und eine untere Axialwalze.
Im Prinzip bestehen die seit langem bekannten Ringwalzmaschinen aus einem ortsfesten Rahmen mit der angetriebenen Hauptwalze, einem Radialgerüst, das einen über Führungsstangen verfahrbaren Dornwalzenschlitten und einen Zentriertisch für den Ringrohling aufnimmt, sowie einem verfahrbaren Axialgerüst,
das die untere Axialwalze und in einem Axialschlitten die anstellbare obere Axialwalze aufweist.
Die zumeist hydraulisch beaufschlagt verfahrbaren Führungsstangen, von denen zum Verfahren des Dornwalzschlittens üblich vier mit jeweils zwei voneinander entfernten und somit insgesamt acht Dichtstellen vorgesehen sind, sind in Führungsbuchsen des Maschinenrahmens axial beweglich gelagert, die in einem ortsfesten Bauteil des Maschinenrahmens angeordnet sind.
Die Führungsbuchsen und damit die Lagerstellen der Führungsstangen werden nach außen hin mit Abstreifern als Dichtmittel gegen Verschmutzung geschützt. Die der abzudichtenden Fläche bzw. den Führungsstangen anliegenden Abstreifer sind dabei im Rahmen der Ringwalzmaschine oder in separat mit dem Rahmen verbindbaren Deckeln koaxial zu den Führungsbuchsen eingebaut.
Die die Lagerung der Führungsstange übernehmenden Führungsbuchsen werden beim Verfahren der Führungsstangen in radialer Richtung belastet. Hierbei kommt es häufig zu einem einseitigen bzw. einem sich über einen Teilumfang der Führungsbuchse auswirkenden Verschleiß, der zu einer außermittigen Lage der Führungsstangen in Bezug auf den Innenumfang der Führungsbuchsen und somit auch dem Innenumfang der die Führungsstangen konzentrisch umgebenden Abstreifer führt.
Die Mittenverlagerung der Rundführung, wozu beispielswiese auch eine polygone Führungsstange zählt, tritt somit bei axialer Bewegung durch gleichzeitige Beaufschlagung mit Seitenkräften auf. Diese Seitenkräfte entstehen durch Eigengewicht, angekoppelte zusätzliche Masse und / oder Kräften aus Bearbeitungs- bzw. Umformprozessen. Das ist bei Zylindern an einem mobilen Hydrauliksystem, z. B. Radlader oder Mobilkran, durch die fast beliebige Zylinderlage der Fall, wo funktionsbedingt Seitenkräfte vorliegen können. Weiterhin auch bei Kompaktzylindern,
die für Montagen auf Baustellen zum Abstützen bzw. Fügen schwerster Bauelemente benutzt werden. Diese Zylinder haben oft aufgrund der Bauhöhe ein sehr schlechtes Führungsverhalten. Zusätzlich sind die Bauelemente während der Montage häufig nur ungenau fixiert und geführt, was das radiale Ausweichen der Kolbenstange bewirkt.
Neben den bei Radial-Axialwalzmaschinen schon genannten Dornwalzschlitten sind an diesen Maschinen ebenfalls die Führungsstangen der Führungsschlitten zur Entzunderung nur unzureichend unterstützt. Beim Vertikalhub zur Entzunderung wird am Axialgerüst die gesamte Ringhöhe (bis 4m) abgefahren. Gleichzeitig erzeugt das ausströmende Wasser, z. B. 250 bar, 400 l/min, über den Führungsschlitten ein Moment bzw. Seitenkräfte auf die Führungsstangen.
Abstreifer, die aus einem weichen und elastischen Material hergestellt sind, können einer solchen Mittenverlagerung der Führungs- bzw. Kolbenstange in gewissen Grenzen folgen. Derartige Materialien, die zudem schneller verschleißen und damit nur geringe Standzeiten erlauben, sind allerdings für Dichtsysteme von radial hoch belasteten Rundführungen nicht geeignet.
Je härter und somit verschleißfester das Abstreifermaterial ist, umso geringer ist die Neigung des Materials einer außermittigen Verlagerung der Führungs- oder Kolbenstange und somit der Dichtfläche zu folgen. Wenn die Elastizitätsgrenze des Abstreifermaterials erreicht wird und in der Folge die durch den Verschleiß der Führungsbuchse hervorgerufene seitliche Verlagerung weiter zunimmt, hebt der Abstreifer an der entlasteten Seite bzw. an einem Teilradius von der Führungsoder Kolbenstange ab und Schmutzpartikel können ungehindert in den Spalt zwischen Führungsbuchse und Stange eindringen.
Aufgrund der rauen Betriebsbedingungen bei insbesondere Ringwalzmaschinen oder Ring-Rohlings-Pressen werden daher nur Abstreifer verwendet, die aus sehr
hartem, steifen und somit nur in einem geringen Maße elastischen Material bestehen. Weiche, elastische Abstreifer würden extrem schnell verschleißen und sind aufgrund der Einbaulage nur mit hohem Aufwand auszutauschen.
Der Erfindung liegt daher die Aufgabe zugrunde, eine Dichtungsanordnung für radial hoch belastete Rundführungen zu schaffen, mit der sich die vorgenannten Nachteile vermeiden lassen und sich eine verbesserte Abdichtung bei zunehmendem Verschleiß der Führungsbuchsen auch beim Einsatz von sehr harten, steifen Abstreifern erreichen lässt.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass der Abstreifer aus einem unelastischen Material besteht und innerhalb einer am oder in einem die Führungs- oder Kolbenstange aufnehmenden Bauteil umlaufend ausgebildeten Nut mit radialem Bewegungsspiel angeordnet ist. Bei einem einseitigen bzw. teilweisen Verschleiß am Innenumfang der Führungsbuchsen und damit einhergehender außermittiger Führung bzw. Lage der Führungs- oder Kolbenstangen in Bezug auf den Innenumfang der Führungsbuchse folgt der Abstreifer aufgrund einer radialen Verschiebung innerhalb der Nut selbsttätig der Mittenverlagerung, so dass sich der Abstreifer auf der Führungs- oder Kolbenstange zentrieren kann und diese stets dichtend umschließt. Damit gleichzeitig einhergehend werden die Führungsbuchsen schon sofort von vornherein gegen einen erhöhten Verschleiß geschützt.
Die solchermaßen bei einer axialen Verschiebung der Führungsstangen von Schlitten an Ringwalzmaschinen oder der Kolbenstange von Zylindern das Eindringen von Verunreinigungen zwischen den Führungsbuchsen und den Stangen wirkungsvoll verhindernden Abstreife r können anwendungsspezifisch und verschiedenartig, beispielsweise mit einer umfänglich an der Führungs- oder Kolbenstange anliegenden, zu dieser freigeschnittenen Dichtlippe bzw. -kante, ausgebildet sein. Wegen des radialen Freiraums bzw. Bewegungsspiels können die Ab-
streifer in jedem Fall aus extrem hartem, steifen und damit unelastischem Material bestehen.
Der Härtegrad des elastisch verformbaren Abstreifermaterials kann weitestgehend frei gewählt werden, da zur dichtenden Anlage des Abstreifers an der Führungsstange nicht mehr die Neigung des Materials, um einer Mittenverlagerung der Füh- rungs- oder Kolbenstange folgen zu können, ausschlaggebend ist, sondern die radiale Verschiebbarkeit des Abstreifers.
Eine bevorzugte Ausführung der Erfindung sieht einen den Abstreifer konzentrisch umschließenden Tragring vor, der in mindestens einer Ringstirnfläche mit einer eingebetteten Dichtung ausgebildet ist. Trotz der radialen Beweglichkeit bzw. Verschiebbarkeit wird eine permanente Abdichtung der Führungsbuchse bzw. Lagerstelle durch die in der Ringstirnfläche eingebettete Dichtung erreicht, die sich nämlich innig und dauerhaft an die ihr zugewandte Wandung der Nut anlegt. Der Abstreifer selbst kann dabei in seiner anwendungsspezifischen Bauweise unverändert bleiben, so dass auf handelsübliche Ausführungen zurückgegriffen werden kann, denn die stirnflächenseitige Dichtung wird in das Komplementärteil, d.h. den Tragring eingearbeitet. Der Tragring braucht dann vor dem Einbau in die Nut des Maschinenrahmens oder Zylindergehäuses nur über den Abstreifer geschoben zu werden. Optional können Abstreifer und Tragring auch als einstückiges Einbauteil bereitgestellt bzw. ausgebildet werden, z.B. durch eine Klebeverbindung oder dergleichen.
Bei der Kombination von Tragring und beliebig geformten Abstreifer muss lediglich ein ausreichender radialer Freiraum mit Bewegungsspiel zur Verschiebbarkeit der Abstreifer-/Tragring-Einheit innerhalb der Nut zum Ausgleich der Mittenverlagerung gewährleistet sein.
Die Abstreifer-/Tragring-Einheit ist koaxia! zu Führungs- oder Kolbenstange in der Nut angeordnet, wobei der Abstreifer mit seiner Dichtfläche am Außenumfang der Führungs- oder Kolbenstange anliegt, während die Ringaußenseite des Tragrings mit radialem Spiel von dem Ausnehmungsende der umlaufenden Nut beabstandet ist.
Gemäß einer weiteren Ausgestaltung der Erfindung ist vorgesehen, dass die lichte Weite zwischen den Wandungen der umlaufenden Nut geringfügig größer ist als die Breite des Tragrings, wobei die Dichtung an eine der Wandungen anliegt. Die Nutbreite braucht hierbei nur um wenige Zehntelmillimeter größer als die Breite des Tragrings zu sein, um vorteilhaft eine leichtere radiale Verschiebbarkeit des Tragrings in der umlaufenden Nut zu ermöglichen. Gleichwohl wird durch die in einer Ausnehmung der Ringstirnfläche eingebettete Dichtung, vorzugsweise ein O-Ring, wirkungsvoll verhindert, dass Schmutz bzw. Verunreinigungen eindringen können. Das wird dadurch noch unterstützt, dass die O-Ring-Dichtung der gegenüberliegenden Nut-Wandung mit einer leichten Vorspannung anliegt
Weitere Merkmale und Einzelheiten der Erfindung ergeben sich aus den Ansprüchen und der nachfolgenden Beschreibung eines in den Zeichnungen im Zusammenhang mit einer Radial-Axial-Walzmaschine bzw. Ringwalzmaschine und des dort u. a. zum Einsatz kommenden Dornwalzenschlittens dargestellten Ausführungsbeispiels der Erfindung. Es zeigen:
Fig. 1 in einer Gesamtansicht eine Ringwalzmaschine mit einem verfahrbaren Axialgerüst und einem über Führungsstangen verfahrbaren Radialgerüst; und
Fig. 2 in einem Teilschnitt als Einzelheit der Fig. 1 den dort strichpunktiert eingekreisten Bereich einer Dichtungsanordnung für eine Führungsstange zum Verfahren eines Dornwalzschlittens.
In Fig. 1 ist eine Ringwalzmaschine 1 in ihrem grundsätzlichen Aufbau dargestellt. Die Ringwalzmaschine 1 dient der Herstellung nahtloser Ringe, die aus einem Ringrohling 2 ausgewalzt werden.
Die Ringwalzmaschine 1 weist eine Hauptwalze 3, eine Dornwalze 4, eine obere Kegelwalze 5 und eine untere Kegelwalze 6 auf. Die Hauptwalze 3 arbeitet auf die Ringaußenseite, während die Dornwalze 4, die auch als Walzendorn bezeichnet wird, auf die Ringinnenseite arbeitet. Die Kegelwalzen 5, 6 arbeiten auf die Ringstirnflächen. Zwischen diesen Kegelwalzen wird ein Axialwalzspalt gebildet. Die Kegelwalzen 3, 4 werden daher auch als Axialwalzen bezeichnet.
Die Hauptwalze 3 und die Dornwalze 4 bilden ein erstes Walzenpaar, während die Kegel walze 5 und die Kegelwalze 6 ein zweites Walzenpaar bilden, wobei zumindest jeweils eine Walze dieser Walzenpaare angetrieben wird.
Die Hauptwalze 3 ist ortsfest in einem Rahmen bzw. Maschinenrahmen 7 eines Radialgerüstes 8 der Ringwalzmaschine 1 angeordnet, während die Dornwalze 4 und ein Zentriertisch 9 für den Ringrohling 2 von einem über Führungsstangen 10 verfahrbaren Dornwalzschlitten 1 1 aufgenommen werden.
Dem Radialgerüst 8 horizontal gegenüberliegend weist die Ringwalzmaschine 1 ein verfahrbares Axialgerüst 12 mit der oberen Kegelwalze 5 und der unteren Kegelwalze 6 auf.
Um eine stabile und verzugsfreie Verfahrbarkeit des Dornwalzschlittens 1 1 zu erreichen, sind insgesamt vier Führungsstangen 10 in einem ortsfesten Bauteil des Radialgerüsts 8 bzw. Maschinenrahmens 7 vorgesehen, wobei sich obere und untere Führungsstangen 10 jeweils paarweise gegenüberliegen.
In Fig. 2 ist in vergrößerter Darstellung eine Dichtungsanordnung für eine der Führungsstangen 10 gezeigt.
Die Führungsstange 10 ist in zwei im Maschinenrahmen 7 der Ringwalzmaschine 1 voneinander beabstandet angeordneten Führungsbuchsen 13 axial beweglich - Pfeilrichtung 14 - gelagert, wobei in Fig. 2 die in Fig.1 strichpunktiert eingekreiste Führungsbuchse 13 der unteren Führungsstange 10 dargestellt ist.
Des Weiteren ist am Maschinenrahmen 7 für jede Führungsbuchse 13 axial benachbart zu den äußeren Stirnenden eine umlaufende, die Führungsstange 10 konzentrisch umgebende Nut 15 ausgebildet. Die Nut 15 nimmt einen Tragring 16 mit einem von seiner Ringinnenseite 17 konzentrisch umschlossenen Abstreifer 18 auf. Die Bauhöhe des Tragrings 16 einschließlich des auf der Führungsstange 10 dichtend anliegenden Abstreifers 18 ist geringer als die Höhe der umlaufenden Nut 15, so dass zwischen der Ringaußenseite 19 des Tragrings 16 und dem Aus- nehmungsende 20 der Nut 15 ein radialer Freiraum 21 ausgebildet ist, der dem Tragring 16 mit dem Abstreifer 18 ein Bewegungsspiel für eine radiale Verschiebung ermöglicht.
Die während des Maschinenbetriebs erforderlichen axialen Bewegungen der Führungsstangen 10 führen zu einem einseitigen bzw. teilweisen Verschleiß der Führungsbuchsen 13 und damit einhergehender außermittiger Führung bzw. Lage der Führungsstangen 10 in Bezug auf den Innenumfang der Führungsbuchsen 13. Da aber der Tragring 16 mit dem Abstreifer 18 aufgrund der radialen Verschiebbarkeit innerhalb der Nut 15 der Mittenverlagerung der Führungsstange 0 folgt, kann sich der Abstreifer 18 selbsttätig auf der Führungsstange 10 zentrieren und diese umlaufend stets dichtend umschließen.
Um eine leichtere radiale Verschiebbarkeit des Tragrings 16 innerhalb der umlaufenden Nut 15 zu begünstigen, ist die lichte Weite zwischen den Wandungen 22, 23 der Nut 15 um einige zehntel Millimeter größer als die Breite des Tragrings 16.
Aus fertigungstechnischen Gründen und insbesondere zur freien Zugänglichkeit beim Einbau von Abstreifer 18 und Tragring 16 in den Maschinenrahmen 7, ist die außenliegende Wandung 23 der Nut 15 als Anschraubteil ausgebildet.
Schließlich ist der Tragring 16 mit einer vorteilhaft als O-Ring ausgebildeten, in die innere Ringstirnseite eingebetteten Dichtung 24 versehen, die eine Abdichtung des Tragrings 16 gegenüber der innenliegenden Wandung 22 der Nut 15 bewirkt, so dass trotz der radialen Verschiebbarkeit kein Schmutz bzw. keine Verunreinigungen zu den Führungsbuchsen 13 gelangen können.
Bezugszeichenliste:
1 Ringwalzmaschine
2 Ringrohling
3 Hauptwalze
4 Dornwalze
5 obere Kegelwalze
6 untere Kegelwalze
7 Maschinenrahmen bzw. Bauteil zur Aufnahme Führungs- oder Kolbenstange
8 Radialgerüst
9 Zentriertisch
10 Führungsstange
1 1 Dornwalzschlitten
12 Axialgerüst
13 Führungsbuchse
14 Pfeil
15 Nut
16 Tragring
17 Ringinnenseite
18 Abstreifer
19 Ringaußenseite
20 Ausnehmungsende
21 radialer Freiraum
22 Wandung
23 Wandung
24 Dichtung