-
Die Erfindung befasst sich mit Geräten, Verfahren und Systemen zur Unterstützung des Leiters einer Anlage, die aus Textilmaschinen besteht (insbesondere aus Spinnereimaschinen).
Stand der Technik
-
Die "Automatisierung" der Produktionsplanung und -steuerung mittels eines Computers ist in US 3922642 vorgeschlagen worden. Ein System nach dieser US-Patentschrift wäre in der Lage, anhand von Angaben bezüglich der erforderlichen Gesamtproduktion für jeden Garntyp über einen Monat (Spalte 11, Zeilen 35 bis 40) die entsprechende Maschinenzuteilung der garnherstellenden Maschinen festzulegen, die Endspinnmaschinen entsprechend zu steuern und die Vorbereitungsmaschinen derart zu betreiben, dass die Endspinnmaschinen kontinuierlich nach dem Produktionsplan mit Vorlagematerial versorgt werden. Von einer derartigen Anlage sind wir aber heute noch weit entfernt.
-
Es ist auch bekannt, Sätze von Betriebsdaten ("Rezepte") zu speichern und bei Bedarf von der Maschine aus abzurufen (DE-C-3438962 bzw. DE-A-3928831). Weiter ist schon vorgeschlagen worden, für die Ringspinnmaschine eine "Drehzahlkurve" zu definieren, um die Spindeldrehzahl nach einem vorgestimmten Programm während der Kopsbildung zu ändern, z.B. nach US 4944143 oder EP 49013 oder DOS 3928755.
Die Erfindung
-
Diese Erfindung soll die Arbeiten der Menschen unterstützen, die heute noch die Grundarbeit der Produktionsplanung und -steuerung einer Spinnereianlage ausführen müssen. Dabei soll nicht unbedingt eine ganze Spinnerei berücksichtigt werden - die Hilfe des Systems ist auch dann nützlich, wenn z.B. nur die Produktionsplanung für die Endspinnstufe unterstützt wird.
-
Nach einem ersten Aspekt der Erfindung ist eine Hilfsvorrichtung zur Verwendung bei der Produktionsplanung in einer Spinnerei vorgesehen. Die Hilfsvorrichtung umfasst Mittel zum Festlegen eines Produktionsplans, der die Verteilung einer bestimmten Produktionsmenge eines vorgegebenen Garnes über Maschinen der Endspinnstufe der Spinnerei vorsieht. Es sind auch Mittel vorhanden, um die Produktionsmenge pro Zeiteinheit pro Maschine zu schätzen, und zwar in Abhängigkeit von herzustellendem Garn, von den vorgesehenen Maschineneinstellungen und von der Umgebung der zutreffenden Maschine. Die Auswirkung der Maschinenumgebung kann in der Form eines empirisch nachprüfbaren Nutzeffektes berücksichtigt werden.
-
Die Angaben, die für die Herstellung eines bestimmten Garnes nötig sind, können in mindestens einem "Betriebsdatensatz" ("Rezept") zusammengefasst werden, und für dieses Garn kann für jede Maschine ein eigenes Rezept vorgesehen werden. Die Produktionsmenge pro Zeiteinheit für eine bestimmte Maschine kann dann anhand des entsprechenden Rezeptes ermittelt werden.
-
Die Hilfsvorrichtung kann als Element eines Produktionsplanungs- und Produktionssteuerungs-Systems ("PPS-System") vorgesehen werden, wobei Mittel vorgesehen sind, um die Rezepte an ihre jeweiligen Maschinen selektiv (nach der Produktionsplanung) zu übertragen.
-
Die Erfindung sieht in einem zweiten Aspekt ein Prozessleitsystem für mindestens die Endspinnstufe einer Spinnereianlage vor. Das System ist mit Mitteln zum Festlegen von Rezepten zur Herstellung von verschiedenen Garnprodukten ("Artikeln") durch die verschiedenen Maschinen der gesteuerten Endspinnstufe versehen, wobei jedes Rezept eine Zusammenstellung mindestens der wesentlichen Betriebsdaten einer bestimmten Maschine zur Herstellung eines bestimmten Garntypes umfasst. Das System hat auch Mittel zum Festlegen eines Produktionsplanes, der aus Produktionsaufträgen besteht, wovon jeder Auftrag mindestens eine vorgegebene Menge eines bestimmten Garnproduktes vorsieht und die Verteilung der erforderlichen Menge über eine Mehrzahl der Produktionsstellen der gesteuerten Endspinnstufe bestimmt, wobei für die Erfüllung eines gegebenen Auftrages nur diejenigen Maschinen berücksichtigt werden können, wofür ein Rezept zur Herstellung des entsprechenden Garntypes schon vorhanden ist. Das System umfasst auch Mittel zu bewirken, dass zu einem nach dem Produktionsplan bestimmten Zeitpunkt das Rezept zur Erfüllung eines nach dem Plan bestimmten Auftrages auf einer gemäss dem Plan festgelegten Maschine wirksam gemacht wird bzw. wirksam gemacht werden kann.
-
Die Art der "Wirksamkeit" des Rezeptes auf der zutreffenden Maschine muss zumindest der Beschaffenheit der Maschine selbst angepasst werden. Soweit die Maschine dafür konstruiert und programmiert ist, sich nach Steuerbefehlen des Prozessleitsystems einzustellen, kann die "Wirksamkeit" des Rezeptes eine solche Neueinstellung der Maschine (ohne Eingriff von Menschen) vorsehen. Sofern aber die Maschine nicht ohne weiteres auf einen Steuerbefehl vom Prozessleitrechner reagieren kann, muss der entsprechende Eingriff der Bedienung vorgesehen werden, wozu das Rezept dadurch wirksam gemacht werden kann, dass die zutreffenden von der Bedienung einzustellenden Werte auf der Maschine (oder zumindest in der Nähe der Maschine) der Bedienung angezeigt werden.
-
Es können Mittel vorgesehen werden, um den Produktionsplan auf die Maschinen zu übertragen, z.B. dadurch, dass die vom Plan bestimmten Rezepte in einer vom Plan festgelegten Reihenfolge auf die entsprechenden Maschinen übertragen werden. Ein Kommunikationssystem zur Verwendung bei der Uebertragung ist sowohl in unserer schweizerischen Patentanmeldung Nr. 189/91 vom 23.1.1991 als auch in unserer schweizerischen Patentanmeldung Nr. 1025/91 vom 5.4.1991 beschrieben worden.
-
Die Maschinen und das System können derart aufeinander abgestimmt sein, dass nur eine kleinere Anzahl der Rezepte gleichzeitig in einer Maschine gespeichert sind. Es können beispielsweise zu einem gegebenen Zeitpunkt nur zwei Rezepte gleichzeitig in der Maschine vorhanden sein, nämlich das momentan wirksame Rezept und sein Nachfolge-Rezept.
-
Der Plan legt vorzugsweise die Reihenfolge eher als die Zeitpunkte für die Uebertragung der Rezepte auf die Maschine fest.
-
In einem weiteren Aspekt sieht die Erfindung ein Produktionsplanungs- und Produktionssteuerung-System ("PPS-System") mit Mitteln zum Festlegen eines Artikels und Mitteln zum Festlegen eines Rezeptes zur Herstellung des Artikels auf einer bestimmten Maschine vor. Das System ist derart angeordnet, dass das Festlegen des Artikels zusammen mit dem Festlegen des Rezeptes eine empirisch nachprüfbare Schätzung der Produktion dieser Maschine bei der Herstellung des Artikels nach diesem Rezept ergibt. Diese Schätzung kann in einer geeigneten Form an einem Ausgang vom PPS-System erscheinen, z.B. an einem Anzeigegerät einer Bedienungsoberfläche oder als ein Datensignal zur Uebertragung z.B. an einen Betriebsleitrechner.
-
Die empirisch nachprüfbare Schätzung der Produktion besteht z.B. aus einer rechnerisch ermittelbaren Maximalproduktion und einem empirisch nachprüfbaren Nutzwert. Die rechnerisch ermittelbare Maximalproduktion ergibt sich aus der Maschinenkonfiguration und den Maschineneinstellungen.
-
Das Mittel zum Festlegen eines Artikels kann aus einem Mittel zum Festlegen einer Bezeichnung bestehen, die der Artikel und ein entsprechendes Rezept eindeutig identifiziert. In diesem Fall befinden sich alle Angaben zu den Eigenschaften des entsprechenden Produktes in dem Rezept, das deswegen sowohl Angaben zum Produkt als auch Angaben zu den notwendigen Maschineneinstellungen umfasst. Das Rezept enthält vorzugsweise auch Angaben zu der Maschinenkonfiguration, welche zusammen mit den Einstellungen eine rechnerische Ermittlung der Maximalproduktion des Produktes ermöglicht. Die Angaben bezüglich dem empirisch nachprüfbaren Nutzeffekt können auch im Rezept vorhanden sein.
-
Die Erfindung wird nun anhand von beispielhaften Ausführungen und den Figuren näher erklärt werden. Es zeigt:
- Fig. 1
- schematisch einen Querschnitt durch eine Ringspinnmaschine als Beispiel der Maschinentypen, die zur Anwendung der Erfindung besonders geeignet sind;
- Fig. 2
- eine "Drehzahlkurve" für den Betrieb einer Maschine nach Fig. 1;
- Fig. 3
- einen Kops, der durch die Maschine nach Fig. 1 mittels einer Drehzahlkurve nach Fig. 2 hergestellt werden kann;
- Fig. 4
- eine schematische Darstellung vom Layout einer Spinnereianlage mit Spinnmaschinen nach Fig. 1 und Vorbereitungsmaschinen zur Belieferung der Spinnmaschinen mit zu verspinnendem Vorlagematerial;
- Fig. 5
- eine schematische Darstellung der Anlage nach Fig. 4, wobei die Einzelmaschinen zu "Prozessstufen" zusammengefasst werden;
- Fig. 6
- eine mögliche Zuordnung der Prozessstufen nach Fig. 5 zu Prozessleitrechnern;
- Fig. 7
- eine schematische Darstellung einer Kommunikationsverbindung zwischen einem Prozessleitrechner und den von ihr gesteuerten Maschinen;
- Fig. 8
- weitere Einzelheiten der Kommunikationsverbindung nach Fig. 7.
- Fig. 9
- bis 12 zeigen Masken eines Systems nach dieser Erfindung.
-
Anhand der Fig. 1 bis 3 soll vorerst die Ringspinnmaschine (als Beispiel für Spinnereimaschinen) erklärt werden, wonach gewisse Aspekte der Herstellung eines Garnes an einer Ringspinnmaschine erläutert werden. Danach wird anhand der Fig. 4 bis 8 eine Spinnereianlage mit einem Prozessleitsystem erklärt. Weiter wird dann anhand der Fig. 9 bis 12 die Verwendung des Prozessleitsystems als Hilfsmittel bei der Produktionsplanung nach dieser Erfindung dargelegt.
Die Ringspinnmaschine
-
Die Ringspinnmaschine dient in dieser Anmeldung als Beispiel einer "Längsteilmaschine". Andere Längsteilmaschinen sind Flyer, die Spinnmaschinen der neuen Spinnverfahren (Rotorspinnmaschinen, Düsenspinnmaschinen), Spulmaschinen, Zwirnmaschinen (z.B. Doppeldrahtzwirnmaschinen) und Falschdrahttexturiermaschinen zur Verarbeitung von Endlosfilamenten.
-
Fig. 1 ist eine Kopie der Fig. 15 unserer europäischen Patentanmeldung Nr. 419968. Die Maschine 220 nach Fig. 1 umfasst ein doppelseitiges Gestell 226, das über Fussteile 222 auf dem Boden 224 steht. Das stabile Gestell 226 trägt zwei Spinnstellenreihen, die je zu einer Seite einer Mittelebenen CP der Maschine angeordnet sind. In einer modernen Maschine enthält jede solche Spinnstellenreihe zwischen 500 und 600 dicht aneinandergereihte Spinnstellen.
-
Jede Spinnstelle umfasst ein Streckwerk 228, Fadenführungselemente 232 und eine kopsbildende Einheit 230. Die Einheit 230 enthält einzelne Arbeitselemente, wie z.B. Spindel 231, Ring und Läufer, die auf einem auf- und abbewegbaren Ringbank 229 getragen sind, aber für diese Erfindung keine Rolle spielen und nicht einzeln gezeigt sind. Diese Elemente sind dem Fachmann bekannt und sind z.B. aus EP-A 382943 ersichtlich. Für jede Spinnstellenreihe ist ein Doffautomat vorgesehen, welcher alle Spinnstellen der ihm zugeordneten Spinnstellenreihe gleichzeitig bedient. Der Doffautomat für die linke Spinnstellenreihe ist schematisch in Fig. 1 mit dem Bezugszeichen 237 angedeutet. Der Doffautomat für die rechte Spinnstellenreihe ist nicht gezeigt. Diese Automaten werden hier nicht näher beschrieben, wobei Einzelheiten aus EP-A 303877 gefunden werden können.
-
Der Maschine ist auch mindestens ein Bedienungsgerät 239 zugeordnet, welches der jeweiligen Reihe bzw. den Spinnstellenreihen entlang fahrbar ist und Bedienungsoperationen an den einzelnen Spinnstellen ausführen kann. Einzelheiten eines solchen Bedienungsgerätes sind z.B. aus EP-A 388938 zu entnehmen.
-
Das Gestell 226 trägt ein Gatter 236, das aus senkrechten Stangen 238 und Querträgern 240 gebildet ist. In einem System nach EP 419968 kann jeder Querträger 240 mit einer Verlängerung 258 versehen werden, so dass Schiene 256 an den äusseren Enden der Querträger 34 montiert werden können. Die Schienen 256 erstrecken sich in Längsrichtung der Maschine und jede Schiene dient als eine Führungsbahn für einen Trolleyzug, der neue Spulen 254 an das Gatter 236 heranführt. Einzelheiten eines solchen Trolleyzuges sind aus CH 3779/89 zu entnehmen.
-
Das Transportsystem für die Vorlagespulen ist kein wesentlicher Aspekt dieser Erfindung. Die gestrichelten Teile der Fig. 1, die alle direkt mit dem Spulentransport zu tun haben, werden hier nicht näher beschrieben. Dies gilt sowohl für die Neueinfuhr von Vorlagespulen aus dem Trolleyzug ins Gatter 236 als auch für das Weiterbefördern der verbrauchten Spulen 252 in einen "Förderraum" 250 an der Mittelebene CP. Eine Alternativlösung für die Transportaufgabe ist unseren schweizerischen Patentanmeldungen 4113/90 vom 21.12.1990 und 3795/90 vom 30.11.1990 zu entnehmen. Die nun vorliegende Erfindung ist aber genauso anwendbar, wenn kein automatisiertes Transportsystem für die Vorlagespulen vorhanden ist. Die weitere Beschreibung behandelt daher vorwiegend die mit voll ausgezeichneten hinein dargestellten Teile der Maschine, die in allen Fällen vorhanden sind.
-
Die Träger 240 sind mit Hängezapfen 242 für Vorlagespulen 244, 246 versehen, welche die einzelnen Spinnstellen mit Vorgarn beliefern.
Die Maschinenkonfiguration
-
Dieser Begriff bezieht sich insbesondere auf Maschinenparameter, wodurch sich verschiedene Einzelmaschinen unterscheiden können, aber in einer bestimmten Maschine vorgegeben sind, weil sie beim Bau dieser Maschine festgelegt und nachher nur mittels eines grösseren Umbaus verändert werden können. Beispiele solcher Parameter sind: die Anzahl Spinnstellen (Spindeln), der Ringdurchmesser, die Hülsenlänge (d.h. die Länge des Garnträgers, die zur Bildung eines Kops in dieser Maschine verwendet werden kann). Diese Parameter üben einen wesentlichen Einfluss unter anderem auf die Garnproduktion der Maschine pro Zeiteinheit aus.
-
Weitere Beispiele solcher Parameter sind die (Spindel-)Teilung (d.h. der Abstand zwischen benachbarten Spindeln in einer Reihe) und der Wirteldurchmesser (d.h. der Durchmesser des Antriebswirtels auf den Spindeln einer Maschine mit Zentralantrieb). Diese Parameter haben keinen direkten Einfluss auf die Garnproduktion pro Zeiteinheit aber doch auf die Wirtschaftlichkeit des Garnherstellungsverfahrens, z.B. über den Energieverbrauch bzw. die erreichbare Platzausnutzung im Spinnsaal.
Die Aktorik der (Ring-) Spinnmaschine
-
Die Aktorik der Maschine umfasst sowohl die ein- wie auch die angebauten Elemente und Aggregate. Die Aktorik für die eingebauten Elemente umfasst mindestens Antriebe für die Spindeln 231, die Streckwerke 228 und Ringbank 229. Ein modern konzipiertes System (Einzelantrieb) zum Antreiben der Spindeln, Ringbank und Streckwerke einer Ringspinnmaschine ist in EP 349831 und 392255 gezeigt, wonach für jede Spindel und auch für einzelne Streckwerkreihen je ein eigener Antriebsmotor vorgesehen ist. Das heute noch am meisten gebrauchte Antriebssystem (Zentralantrieb) für die Ringspinnmaschine umfasst einen Hauptmotor im Antriebskopf 235 der Maschine und Uebertragungsmittel (z.B. Längswellen, Riemen bzw. Zahnräder), um die Antriebskräfte vom Hauptmotor auf die Antriebselemente zu übertragen.
-
In einer Maschine nach Fig. 1 muss auf jeden Fall je ein Zusatzmotor für die Doffvorrichtungen 237 vorgesehen werden. Die Aktorik für die eingebauten Elemente umfasst auch die Antriebe der Transporteinrichtungen für Kopse (z.B. nach DOS 3610838) oder für Leerhülsen in der Aufsteckung (z.B. nach EP 419968).
-
Die angebauten Hilfsaggregate umfassen natürlich sowohl Roboter z.B. Robot 239 als auch Transporttrolleys für Vorlagespulen 254, die vorläufig an der Maschine positioniert sind. Weitere Beispiele solcher Aggregate sind Reinigungsgeräte oder andere fahrbare Automaten z.B. für den Läuferwechsel.
-
Einige dieser Aggregate haben eigene Antriebe (fahrbare Bedienungsautomaten). Andere haben möglicherweise keinen eigenen Antrieb sondern sind von einem der Maschine an- bzw. eingebauten Antrieb abhängig (siehe z.B. den Trolleyantrieb gemäss Fig. 16 bis 18 von WO 90/12133) bzw. einem Antrieb nach der europäischen Patentanmeldung Nr. 90117808.7 vom 15.09.1990. Die Antriebe dieser Hilfsaggregate sind auch als die Aktorik der Spinnmaschine zu betrachten, sofern sie von der Maschinensteuerung beeinflussbar sind.
-
Wichtige Aktorikelemente sind diejenigen, welche zum "Stilllegen" einer Spinnstelle dienen, wobei "Stillegen" hier "als effektiv produzierende Spinnstelle stillegen" zu verstehen ist. In den meisten Fällen werden nämlich beim Stillegen einer einzelnen Spinnstelle nicht alle Arbeitselemente dieser Spinnstelle zum Stillstand gebracht, sondern das Spinnen wird in dieser Spinnstelle unterbrochen. Dies kann zum Beispiel durch Abbrechen der Materialzufuhr und/oder durch die absichtliche Erzeugung eines Fadenbruches geschehen.
-
In einer weitgehend automatisierten Maschine (z.B. der Rotorspinnmaschine) kann dies problemlos von einer zentralen Maschinensteuerung aus durch die eine oder die andere Möglichkeit bewerkstelligt werden. Es kann z.B. der Antrieb an die Speisewalze unterbrochen werden, um die Materialzufuhr an die Auflösewalze bzw. den Rotor der Spinnstelle zu unterbinden. Es kann aber auch ein sogenannter Qualitätsschnitt in der Qualitätsüberwachung der Spinnstelle durchgeführt werden, um den Fadenlauf zu unterbrechen.
-
In der heutigen konventionellen Ringspinnmaschine sind solche Möglichkeiten nicht vorhanden, da die Aktorik der einzelnen Spinnstellen nicht unter der direkten Kontrolle der zentralen Maschinensteuerung steht. In solchen Maschinen kann aber die Stillegung einer Spinnstelle durch ein fahrbares Hilfsaggregat bewerkstelligt werden, z.B. nach dem System der schweizerischen Patentanmeldung Nr. 697/91 vom 07.03.1991, d.h. durch die Betätigung einer Luntenklemme, um die Materialzufuhr zu unterbinden.
-
Die Ausnützung einer Luntenklemme zum Unterbrechen der Materialzufuhr wird bei allen Maschinentypen wichtig sein, wo das Vorlagematerial über ein Streckwerk an die Spinnelemente geliefert wird, weil normalerweise das Abstellen einer einzelnen Position eines Streckwerks unmöglich ist. Den Luntenklemmen der einzelnen Spinnstellen können natürlich auch je eine Betätigungsvorrichtung zugeordnet werden. Diese sind dann auch von einer zentralen Maschinensteuerung aus betätigbar. Beispiele solcher Luntenklemmen sind in EP 322636 und EP 353575 zu finden.
Die Steuerung der Spinnmaschine und ihre Hilfsaggregate
-
Die heute konventionelle Ringspinnmaschine (mit Zentralantrieb) hat normalerweise eine zentrale Mikroprozessorsteuerung, die geeignete Steuersignale für das Zentralantriebssystem (normalerweise durch Ansteuerung eines Frequenzumrichters) erzeugt. Ein Einzelantriebssystem kann z.B. eine "verteilte" Steuerung nach EPO 389849 umfassen. Neuere Spinnmaschinen (Rotor- bzw. Luftspinnmaschinen) sind auf jeden Fall mit verteilten Steuerungen versehen - siehe z.B. EP 295406 oder den Artikel "Mikroelektronik - heutige und zukünftige Einsatzgebiete in Spinnereibetrieben" in Melliand Textilberichte 6/1985, Seite 401 bis 407, wobei aber die verteilten Steuerungseinheiten sinnvollerweise einer zentralen Maschinensteuerungseinheit untergeordnet werden.
-
Die fahrbaren Hilfsaggregate haben je eine eigene autonome Steuerung - siehe z.B. EP 295406, EP 394671 oder EP 394708. Obwohl diese Steuerungen autonom arbeiten, ist jede der Maschinensteuerung hierarchisch unterstellt. Bei einem bevorstehenden Doffvorgang z.B. wird der Roboter 239 durch die koordinierende Maschinensteuerung aus den Arbeitsbereichen der Doffautomaten 237 wegbefohlen (z.B. gemäss DOS 2455495).
Die Sensorik der (Ring-) Spinnmaschine
-
Im Vergleich zu den Maschinen für neue Spinnverfahren (z.B. der Rotor- bzw. der Düsenspinnmaschine) ist die Sensorik der heutigen Ringspinnmaschine ausgesprochen dürftig. Die Rotorspinnmaschine z.B. ist schon lang mit einer Sensorik versehen, welche sowohl den Zustand der einzelnen Spinnstelle als auch die Qualität des darin hergestellten Garnes wiedergibt (siehe EP 156153 und den darin erwähnten Stand der Technik. Für eine moderne Ueberwachung - siehe ITB Garnherstellung 1/91, Seite 23 bis 32.4). Aehnliche Systeme sind auch für die Filamentverarbeitung in der Falschdralltexturiermaschine entwickelt worden - siehe z.B. DOS 3005746. Die Spulmaschine, welche die Kopse der Ringspinnmaschine zu Kreuzspulen verarbeitet, ist bereits heute mit einer hochgezüchteten Sensorik versehen - siehe z.B. DOS 3928831, EP 365901 oder EP 415222.
-
Es sind Vorschläge bekannt, wonach die Ringspinnmaschine ebenfalls mit einem hochentwickelten internen Kommunikationssystem und einer entsprechenden Sensorik zu versehen wäre - siehe z.B. EP 322698 und EP 389849 (= DOS 3910181). Solche Vorschläge erfordern (für ihre Realisierung) die Ueberarbeitung der gesamten Ringspinnmaschine, was wegen der damit verbundenen Kosten - und den entsprechenden Auswirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit des Verfahrens - nicht schlagartig, sondern nur schrittweise vor sich gehen kann.
-
In der nächsten Zukunft wird die Ringspinnmaschine wohl deswegen kein internes Kommunikationssystem erhalten. Informationen über die Zustände der einzelnen Spinnstellen werden deswegen nicht aus einzelnen Sensoren an den jeweiligen Spinnstellen, sondern durch fahrbare Ueberwachungsgeräte gesammelt werden müssen. Solche Geräte sind schon lang bekannt (z.B. aus DOS 2731019) - eine neuere Variante, wonach die Ueberwachung in einem Fadenbruchbehebungsautomat integriert wird, ist in EP 39467 (= DOS 3909746) gezeigt worden. Weitere Sensoren der Ringspinnmaschine, welche für die Beschickung der Aufsteckung wichtig sind, kann man beispielsweise aus WO 90/12133 (Obj. 907) entnehmen. Weitere Sensoren sind für den Betrieb der Kops- bzw. Leerhülsen-Transporteinrichtung notwendig, wobei solche Sensoren heute bekannt sind und deswegen hier nicht im Detail beschrieben werden.
-
Es ist zu bemerken, dass die Sensorik der Spinnmaschine angebaut statt eingebaut werden kann. Ein Beispiel eines solchen Systems ist im Artikel "Ueberwachung der Qualität von OE-Rotorgarnen" in ITB Garnherstellung 1/91, Seite 23 bis 32 zu finden.
Produkt, Maschineneinstellungen, Nutzeffekt
-
Das Produkt einer Spinnstelle ist ein Garn einer feststellbaren Beschaffenheit, d.h. mit einem Satz von nachprüfbaren Eigenschaften. Gewisse Eigenschaften eines Garnes werden für eine vorgegebene Vorlagefeinheit unmittelbar durch das Einstellen der Maschine (Spinnstelle) bestimmt. Die Haupteigenschaften, die auf diese Weise in der Spinnstelle festgelegt werden, sind die Garnfeinheit (die "Garnnummern") und die Drehung (Drehungen pro Meter bzw. pro Zoll). Die Maschineneinstellungen, die auf diesen Eigenschaften einen Einfluss ausüben, sind:
- die Liefergeschwindigkeit des Streckwerkes
- der Verzug, und
- die Spindeldrehzahl.
Die Drehrichtung des Garnes ("S" oder "Z"-Drehung) wird auch in der Spinnstelle in Abhängigkeit von der Drehrichtung der Spindel bestimmt.
-
Andere Eigenschaften des fertig gesponnenen Garnes sind durch die Maschineneinstellungen nicht beeinflussbar, meistens weil sie während der Vorbereitung des Vorlagematerials bestimmt und innerhalb der Spinnstelle im wesentlichen nicht mehr veränderbar sind. Beispiele solcher Eigenschaften sind diejenige des Fasermaterials (z.B. Baumwolle, Synthetik oder Mischung), woraus das Garn entsteht.
-
Noch weitere Garneigenschaften sind mittelbar durch komplexe Wechselwirkungen zwischen den Maschineneinstellungen und weiteren Faktoren beeinflusst. Beispielsweise wird die Anzahl Fadenbrüche pro Zeiteinheit (ein Qualitätsmerkmal) durch die Wechselwirkung zwischen der Spindeldrehzahl und der Maschinenumgebung (insbesondere das Klima) stark beeinflusst.
-
Andere Garneigenschaften werden vom Zustand der Spinnstelle unabhängig von der Maschineneinstellung beeinflusst. Die Gleichmässigkeit des Garnes wird z.B. vom Zustand (der Präzision) des Streckwerkes massgebend beeinflusst. Die Spinnspannung (und daher die Fadenbruchrate) wird durch die Genauigkeit der Spindelzentrierung bzw. die Ruhe/Unruhe des Laufes vom Läufer auf dem Ring beeinflusst.
-
Die Anzahl der Faktoren, die einen Einfluss auf die eine oder die andere Garneigenschaft ausüben, ist sehr gross, und die Auswirkungen der einzelnen Faktoren sind nur empirisch festlegbar. Wenn der Läufertyp als Beispiel genommen wird, kann man die folgenden groben Wirkungen aufführen:
- Ueber sein Gewicht übt der Läufer einen Einfluss auf die Spinnspannung und daher auf die Fadenbruchrate aus; innerhalb gewisser Grenzen ist dies durch die Auswahl des Läufers einstellbar.
- Der Läufer (und der Ring, worauf er läuft) ist ein Verschleissteil und sein Zustand übt auch einen Einfluss auf die Spinnspannung aus; dies ist nur insofern "einstellbar", als man allenfalls einen vorbestimmten Läuferwechselintervall bestimmt und einhält.
- Der Läufer ist aber auch ein Fadenführungselement, so dass seine Oberfläche, die in Berührung mit dem Garn eintritt, einen Einfluss auf das Aussehen des Garns (z.B. seine Haarigkeit) ausüben kann. Dies wäre z.B. durch die Auswahl vom Querschnitt des Läuferdrahtes einstellbar, aber in den meisten Fällen wird diese "Auswahl" durch andere Faktoren derart eingeschränkt sein, dass sie praktisch vernachlässigt werden kann.
-
Alle diese Auswirkungen des Läufers sind von der Spindeldrehzahl abhängig, aber auch vom zu verarbeitenden Material.
-
Inwiefern alle diese verschiedenen Einflüsse von Bedeutung sind, ist keine Frage der Spinntechnologie als solche, sondern des vorgesehenen Endverbrauches für das Garn. Die Anforderungen an ein feines Garn zur Verwendung für Kleider sind anders als die Anforderungen an ein grobes Garn zur Verwendung für Putzlappen.
-
Aus dem Vorhergesagten wird aber wohl klar sein, dass Spinnmaschinen nur zu einem sehr beschränkten Grad auf die vorgesehene Anwendung "konfiguriert" und eingestellt werden können. Es sind nur wenige Maschinenparameter, die selektiv angepasst werden können, um eine grosse Vielzahl von möglichen Einflussfaktoren zu berücksichtigen. Der Erfolg bzw. Misserfolg einer gegebenen Anpassung der Maschine kann als ein "Nutzeffekt" ausgedruckt werden. Dies stellt die effektive (für den gewünschten Zweck brauchbare) Produktion im Verhältnis zur theoretisch maximalen Produktion mit der vorbestimmten Maschinenkonfiguration und Maschineneinstellungen dar.
-
Der Nutzeffekt stellt daher die Auswirkung von verlorener Produktionszeit dar. Solche Zeitverluste entstehen zum Teil wegen Störungen (z.B. Fadenbrüche, defekte Spinnstellen) und zum Teil wegen notwendigen Produktionsunterbrüchen (z.B. Doffvorgänge, Läuferwechsel, Spulenwechsel im Gatter usw.). Sie hängen somit sowohl mit der Konfiguration (z.B. Ringdurchmesser, Teilung - daher Spulengrösse bzw. Laufzeit zwischen Unterbrüchen) als auch mit den Einstellungen (z.B. Spindeldrehzahl) zusammen. Sie werden aber auch durch die Maschinenumgebung, insbesondere Klima, beeinflusst.
-
Der Nutzeffekt wird von allfälligen Produktionsverlusten durch Minderwertigkeit des Produktes nicht beeinflusst. Es wird bei einer Nutzeffektrechnung angenommen, die ganze effektive Produktion sei für den Zweck brauchbar. Dies ist für ein bestimmtes Produkt nicht im voraus vorhersehbar, so dass ein Nutzeffekt nie theoretisch berechenbar ist.
-
Der Nutzeffekt muss vielmehr empirisch, durch das Sammeln und Auswerten von Erfahrungswerten über eine ausreichende Versuchsperiode, ermittelt werden. Dabei muss die gegebene Maschine (mit ihrer gegebenen Konfiguration) derart eingestellt werden, dass die Qualitätsverluste (Ausschuss, minderwertige Ware) auf einem akzeptablen Niveau gehalten werden. Dazu müssen allenfalls für ein bestimmtes Produkt gewisse Spinnstellen abgestellt werden, da sie aus vorläufig unüberwindbaren Gründen nicht in der Lage sind, ein akzeptables Garn unter den gegebenen Spinnverhältnissen zu produzieren. Dies schlägt sich im Nutzeffekt für dieses Produkt auf dieser Maschine nieder.
-
Wie gerade angedeutet, der Nutzeffekt für ein bestimmtes Produkt ist nicht einmal von Maschine zu Maschine ohne weiteres übertragbar. Da jede Maschine (sogar bei der gleichen Konfiguration und Einstellung) gegenüber jeder anderen Maschine kleine "Idiosynkrasien" aufweist, werden die gleichen und gleich eingestellten Maschinen untereinander kleinere oder grössere Unterschiede in ihren Nutzeffekten für das gleiche Produkt hergeben.
Drehzahlkurve
-
Die Spindeldrehzahl wird vorzugsweise während der Bildung eines Kops nicht konstant auf einem vorbestimmten Niveau gehalten, sondern nach einem vorbestimmten Verlauf (die "Drehzahlkurve") variiert. Dadurch können die unterschiedlichen Spinnverhältnisse im Lauf der Kopsbildung berücksichtigt werden, was eine Verminderung der Anzahl Fadenbrüche ermöglicht (siehe z.B. der Artikel "Fadenbrucherfassung, Minimierung und Behebung an Ringspinnmaschinen" von H. Herdtle in Melliand Textilberichte, 6/1984, Seite 379 bis 383). Ein Beispiel einer solchen Kurve wird nachfolgend anhand der Figuren 2 und 3 näher erläutert.
-
Fig. 3 zeigt schematisch die Hälfte eines waagrechten Kops, wobei das Bezugszeichen C die Längsachse des Kops, H die Hülse und G die Garnwindungen anzeigen. HF ist der Hülsenfuss, der im Betrieb das untere Ende der auf der senkrechten Spindel aufgesteckten Hülse bildet. Der "Kopsaufbau" der Garnspule ergibt einen Ansatz A, einen zylindrischen Teil ZT und einen Konus K, wobei der Ansatz A als erster Teil vom Kops gebaut wird. Auf der horizontalen Achse der Fig. 3 sind Distanzen vom untersten Ende des Kops eingetragen. Die Gesamtlänge des Kops ergibt sich aus der Summe der axialen Länge HUB vom Konus K und die Distanz C3 zwischen diesem Konus K und dem unteren Ende des Kops.
-
Fig. 2 stellt diagrammatisch den Drehzahlverlauf vom Anfang der Kopsbildung bis zum Ende dar. Die Zeit ist auf der horizontalen Achse eingetragen.
-
Beim Anspinnen, am Anfang des neuen Kops, muss Garn direkt auf der Hülse H aufgewickelt werden, und zwar in der Nähe vom Hülsenfuss HF, d.h. am weitesten vom Streckwerk entfernt. Wegen der daraus entstehenden hohen Garnspannung und der entsprechenden Risiken von Fadenbrüchen, wird nicht mit der "Betriebsdrehzahl" gearbeitet, sondern mit einer relativ niedrigen Anspinndrehzahl An (Fig. 2).
-
Die Spindeldrehzahl kann während einem ersten Abschnitt I der Drehzahlkurve stetig erhöht werden, wenn der Ansatz A gebaut wird, bis eine "untere Betriebsdrehzahl" Bu (Fig. 2) erreicht wird, wenn der Ansatz A fertig ist. Die Spindeldrehzahl kann dann während eines zweiten Abschnittes II noch weiter, leicht (bis auf eine "obere Betriebsdrehzahl" Bo) erhöht werden, wenn der zylindrische Teil ZT fertiggestellt wird, weil sich der Abstand zwischen dem Aufwindepunkt und dem Streckwerk während dieser Phase des Kopsaufbaus im Durchschnitt reduziert wird, was eine Abnahme der Garnspannung zur Folge hat. Kurz bevor der zylindrische Teil fertig ist, sollte die Spindeldrehzahl nochmals im dritten Abschnitt III reduziert werden, bis eine "Abspinndrehzahl" Ab erreicht wird, wenn der zylindrische Teil ZT bereit ist.
-
Die Drehzahlkurve kann durch die Drehzahlwerte An, Bu, Bo und Ab (Fig. 2) und die Distanzen 1₁, 1₂ und 1₃ (Fig. 3) definiert werden, wobei der Wechsel vom Abschnitt I zum Abschnitt II bzw. vom Abschnitt II zum Abschnitt III nach dem Zurücklegen der Distanz 1₁ bzw. 1₂ stattfindet.
-
Es wird dementsprechend vorzugsweise nicht bloss eine Betriebsdrehzahl, sondern eine Drehzahlkurve eingestellt. Diese Kurve kann auch von Produkt zu Produkt anders sein.
Produktionsplanung, Partiewechsel
-
Die Spinnerei muss ihre Produktion an ihre Kundenaufträge "möglichst optimal" anpassen. Nur in den seltensten Fällen können die Maschinen einmal auf die Produktion eines einzigen Garntypes eingerichtet und nachher kontinuierlich zur Herstellung dieses Garnes betrieben werden. Da die Kunden verschiedene Garntypen verlangen, müssen gelegentlich bzw. öfters "Partiewechsel" durchgeführt werden, wobei eine Maschine nach der Herstellung eines ersten Garntypes zur Herstellung eines anderen Garntypes eingerichtet wird. Dies erfordert oft sowohl das Neueinstellen der Maschine als auch das Vorsehen eines anderen Vorlagematerials.
-
Ein Partiewechsel bedeutet unproduktive Zeit für die Spinnerei. Es gilt daher, die verschiedenen Produktionsaufträge in Einklang mit der Geschäftsstrategie der einzelnen Spinnerei aufeinander abzustimmen, insbesondere was die Reihenfolge der Abarbeitung anbelangt. Dies ist die Aufgabe der Produktionsplanung, die nach wie vor von Menschen durchgeführt werden muss.
-
Das Resultat dieser Aktivität ist eine bestimmte Reihenfolge von "Produktionsplänen", wovon jeder Produktionsplan die Produktion von einer vorgegebenen Menge Garn eines vorgegebenen Typs durch eine nach dem Plan festgelegte Maschine bzw. "Maschinengruppe" (Mehrzahl von Maschinen) vorsieht.
Rezept, Artikel
-
Die Erstellung eines Produktionsplanes (Produktionsauftrages) setzt eine eindeutige "Definition" (Bestimmung, Beschreibung, Identifikation) der dazu notwendigen Produktionsverhältnisse voraus. Diese umfassen:
- das gewünschte Produkt
- die vorgesehene Vorlage
- die Konfiguration und Einstellungen der Maschine
- die Umgebung.
-
Es ist vernünftig, aber nicht zwingend notwendig, die materialbezogenen Parameter der Definition zusammenzufassen. Die Zusammenfassung dieser Parameter kann als ein "Artikel" bezeichnet werden. Die weiteren Definitionsparameter bilden mit den Artikelparametern zusammen ein "Rezept", das für die Herstellung des im Artikel definierten Produktes in einer gegebenen Maschine die erforderlichen Betriebsdaten angibt. Für die Produktionsplanung, die nachfolgend anhand der Fig. 9 und 10 beschrieben wird, ist es vorteilhaft, den Nutzeffekt auch im Rezept anzugeben oder zumindest dem Rezept zuzuordnen.
Die Spinnereianlage
-
Die Bedeutung eines Prozessleitrechners für die zukünftigen personalarmen Spinnereien kann kaum überbewertet werden. Während in der Vergangenheit ganze Mannschaften für die verschiedenen Bedienungs- und Wartungsarbeiten in der Spinnerei zur Verfügung standen, werden zukünftig nur Einzelpersonen vorhanden sein, um die ganze Spinnerei in Betrieb zu halten. Anhand der Fig. 4 soll nun die Bedeutung dieses Wandels verdeutlicht werden. Danach werden anhand der weiteren Figuren vorerst ein mögliches Organisationsschema für den Aufbau eines Prozessleitsystems und dann Einzelheiten der Kommunikationsverbindungen innerhalb eines solchen Systems erläutert.
-
Die in Fig. 4 dargestellte Spinnerei umfasst einen Ballenöffner 120, eine Grobreinigungsmaschine 122, eine Mischmaschine 124, zwei Feinreinigungsmaschinen 126, zwölf Karden 128, zwei Strecken 130 (erste Streckenpassage), zwei Kämmereivorbereitungs-Maschinen 132, zehn Kämmaschinen 136, vier Strecken 138 (zweite Streckenpassage), fünf Flyer 140 und vierzig Ringspinnmaschinen 142. Dies ist eine heute konventionelle Anordnung zur Herstellung von einem sogenannten gekämmten Ringgarn. Das Ringspinnverfahren kann durch ein neueres Spinnverfahren (z.B. das Rotorspinnen) ersetzt werden, wobei die Flyer dann überflüssig werden. Da aber die Prinzipien dieser Erfindung unabhängig von der Art der Endspinnstufe anwendbar ist, reicht die Erklärung in Zusammenhang mit dem konventionellen Ringspinnen auch für die Anwendung der Erfindung in Zusammenhang mit neuen Spinnverfahren. Nicht gezeigt in Fig. 4 ist die Spulerei, die für neue Spinnverfahren (z.B. Rotorspinnen) ohnehin wegfällt.
-
Die Spinnerei nach Fig. 4 ist nochmals in Fig. 5 schematisch dargestellt, wobei im letzteren Fall die Maschinen zu "Verarbeitungsstufen" zusammengefasst worden sind. Gemäss dieser Betrachtungsweise bilden der Ballenöffner 120 und die Grobreinigungsmaschine 122, Mischmaschine 124 und Feinreinigungsmaschinen 126 zusammen eine sogenannte Putzerei 42, welche die Karderie 44 mit weitgehend geöffnetem und gereinigtem Fasermaterial beliefert. Innerhalb der Putzerei wird das Fasermaterial in einem pneumatischen Transportsystem (Luftstrom) von Maschine zu Maschine befördert, welches System in der Karderie einen Abschluss findet. Die Karden 128 liefern je ein Band als Zwischenprodukt, welches in einem geeigneten Behälter (einer sogenannten "Kanne") abgelegt und weiterbefördert werden muss.
-
Die erste Streckenpassage (durch die Strecken 130) und die zweite Streckenpassage (durch die Strecken 136) bilden je eine Verarbeitungsstufe 46 bzw. 52 (Fig. 5). Dazwischen bilden die Kämmereivorbereitungsmaschinen 132 eine Verarbeitungsstufe 48 (Fig. 5) und die Kämmaschinen 134 eine Verarbeitungsstufe 50 (Fig. 5). Schliesslich bilden die Flyer 138 eine Spinnvorbereitungsstufe 54 (Fig. 5) und die Ringspinnmaschinen 140 eine Endspinnstufe 56 (Fig. 5).
-
Das Endergebnis des schematisch dargestellten Spinnprozesses wird von sehr vielen Faktoren beeinflusst, die hier nicht einzeln behandelt werden sollen. Ein wichtiger Faktor ist der zu verarbeitende Rohstoff, welcher als eine Gruppe von einzelnen feststellbaren Fasereigenschaften (z.B. Faserfeinheit, Fasertyp, Faserfestigkeit usw.) dargestellt werden kann. Bei der Verarbeitung von Naturfasern (insbesondere von Baumwollfasern) ist es nicht möglich einen Rohstoff mit einem vorbestimmten Stapeldiagramm "zu bestellen". Vielmehr muss durch geeignete Verarbeitung von Fasern aus verschiedenen Herkünften ("Provenienzen") das gewünschte Diagramm erzeugt werden. Es sind insbesondere drei Verarbeitungsstufen, welche das Stapeldiagramm des zu verspinnenden Materials beeinflussen können, nämlich:
- die Putzerei,
- die Karderie,
- die Kämmerei.
-
Die Materialflussverfolgung spielt daher für die Spinnerei eine wesentliche Rolle. Aus Fig. 4 wird die Komplexität dieser Aufgabe ersichtlich - man stelle sich die Anzahl der möglichen "Pfade" zwischen Ballenlager (für Rohbaumwolle) bis zur Endspinnstufe vor. Diese Aufgabe wurde in der Vergangenheit durch den Betriebsleiter und seine Mannschaften gelöst.
-
In unserer deutschen Patentanmeldung Nr. 3924779 vom 26.06.1989 beschreiben wir ein Prozessleitsystem, wonach eine Spinnerei in "Bereichen" organisiert ist und Signale aus einem Bereich zur Steuerung bzw. Regelung von vorangehenden Bereichen ausgenützt werden können. Ein Beispiel für eine solche Anlage ist in Fig. 6 schematisch gezeigt, wobei die Anlage drei Bereiche B1, B2 und B3 umfasst und jeder Bereich einen eigenen Prozessleitrechner R1, R2, R3 zugeordnet ist. Jeder Rechner R1, R2, R3 ist zum Signalaustausch verbunden (in Fig. 6 schematisch durch die Verbindungen 86 angedeutet). Es wird dem Fachmann klar sein, dass die Darstellung der Fig. 6 rein schematisch ist. Es kann natürlich ein einziger Prozessleitrechner vorgesehen werden, welcher mit allen Bereichen der Spinnereianlage verbunden ist und den gewünschten Signalaustausch zwischen diesen Bereichen durchführt. Die gezeigte Ausführung mit einem Prozessrechner R pro Bereich B stellt aber eine sinnvolle Ausführung dar, welche für diese Erklärung angenommen wird.
-
Der Bereich B1 umfasst die Putzerei 42 und die Karderie 44 (Fig. 5).
-
Der Bereich B2 umfasst sowohl die beiden Streckenpassagen 146, 152 (Fig. 5) als auch die Kämmereivorbereitungsstufe 148 und die Kämmerei 150.
-
Der Bereich B3 umfasst die Flyer 154 und die Endspinnstufe 156 (Fig. 5), allenfalls auch eine Spulerei.
-
Die personalarme Spinnerei kann natürlich nur durch Automatisierung der Funktionen erzielt werden, die vorher durch die Mannschaften ausgeübt wurden. Diese Funktionen umfassen insbesondere den Transport des Materials zwischen den Verarbeitungsstufen und die Einführung des Materials in die Maschine, die es weiterverarbeiten sollte. Weiter ist das Personal für die Ueberwachung der Anlage und die Behebung von Störungen zuständig. Die Uebernahme eines Teils dieser Aufgabe durch die Automatisation und des Leitsystems wird nachfolgend anhand der Fig. 7 näher erklärt. Der Bereich B3 (Fig. 6) dient hier als Beispiel.
-
Eine praktische Ausführung des Bereiches B3 für eine automatisierte Anlage ist in Fig. 7 gezeigt, allerdings immer noch schematisch, um die Informatik-Aspekte des Systems darzustellen. Der dargestellte Anlageteil umfasst (in der Reihenfolge der Prozessstufen, d.h. der "Verkettung" der Maschinen):
- a) die Flyerstufe 300,
- b) eine Endspinnstufe 320, in diesem Fall durch Ringspinnmaschinen gebildet,
- c) ein Vorgarntransportsystem 310, um Flyerspulen von der Flyerstufe 300 an die Endspinnstufe 320 und leere Hülsen von der Endspinnstufe 320 zurück an die Flyerstufe 300 zu tragen, und
- d) eine Umspulstufe 330, um die an den Ringspinnmaschinen gebildeten Kopse in grösseren (zylindrischen oder konischen) Packungen umzuwandeln.
-
Jede Verarbeitungsstufe 300, 320, 330 umfasst eine Mehrzahl von Hauptarbeitseinheiten (Maschinen), die je mit einer eigenen Steuerung versehen sind. Diese Steuerung ist in Fig. 7 nicht gezeigt, wird aber nachfolgend etwas näher erläutert. An der jeweiligen Maschinensteuerung angehängt, sind Robotikeinheiten (Bedienungsautomaten), die dieser Maschine direkt zugeteilt werden. In Fig. 7 ist für jeden Flyer der Stufe 300 ein eigener Doffer vorgesehen - die Funktion "Flyerdoffen" ist in Fig. 7 mit den Kasten 302 angedeutet. Eine mögliche Ausführung ist z.B. in EP 360149 bzw. in DE-0S 3702265 gezeigt.
-
In Fig. 7 sind auch für jede Ringspinnmaschine der Stufe 320 ein Bedienungsautomat pro Spinnstellenreihe zur Bedienung der Spinnstellen und eine Aufsteckungsbedienung für die Vorgarnzufuhr vorgesehen. Die Funktion "Spinnstellenbedienung" ist mit den Kasten 322, 324 (ein Kasten pro Spinnstellenreihe) und die Funktion "Vorgarnzufuhr" mit den Kasten 326 angedeutet. Eine mögliche Ausführung ist z.B. in EP 394708 und 392482 gezeigt.
-
Das Vorgarntransportsystem 310 ist auch mit einer eigenen Steuerung versehen, die hier nicht näher erläutert werden soll. Das System 310 umfasst eine Einheit zum Reinigen von Vorgarnspulen, bevor sie an die Flyerstufe 300 zurückgegeben werden. In Fig. 7 ist die Funktion "Vorgarnspulenreiniger" durch den Kasten 312 angedeutet. Eine mögliche Ausführung dieses Anlageteiles ist zum Teil in EP 392482 gezeigt.
-
Die Ringspinnmaschinen der Stufe 320 und Spulmaschinen der Stufe 330 bilden zusammen einen "Maschinenverbund", wodurch der Transport er Kopse an die Spulmaschinen gewährleistet ist. Die Steuerung dieses Verbundes erfolgt von der Spulmaschine.
-
Ein Netz 350 ist vorgesehen, wodurch alle Maschinen der Stufen 300, 320, 330 und das System 310 für den Signalaustausch (Datenübermittlung) mit einem Prozessleitrechner 340 verbunden sind. Der Rechner 340 bedient direkt ein Alarmsystem 342 und eine Bedienung 344 z.B. in einer Leitstelle bzw. in einem Meisterbüro.
-
Eine sehr wichtige Funktion des Umspulens von Ringspinngarn ist die sogenannte Garnreinigung, die mit dem Kasten 360 angedeutet ist. Der Garnreiniger ist über dem Netz 350 mit dem Prozessleitrechner 340 verbunden. Durch diese Vorrichtung werden Garndefekte eliminiert und gleichzeitig Informationen (Daten) gewonnen, die Rückschlüsse auf die vorangehenden Verfahrensstufen ermöglichen. Die Garnreinigungsfunktion wird an der Spulmaschine ausgeübt.
-
Jede Maschine ist auch mit einer "Bedienungsoberfläche" versehen, die mit der jeweiligen Steuerung verbunden ist und Mensch-Maschine (oder sogar Robot-Maschine) Kommunikation ermöglicht. Die "Bedienungsoberfläche" kann auch als "Bedienungskonsol" bezeichnet werden. Ein Beispiel einer solchen Bedienungsoberfläche ist in DE-0S 3734277 gezeigt, allerdings nicht für eine Ringspinnmaschine, sondern für eine Strecke. Das Prinzip ist für alle solchen Bedienungsmittel gleich.
-
Nach einer schweizerischen Patentanmeldung Nr. 189/91 vom 23.1.1991 ist die Anlage derart programmiert und ausgelegt, dass der Leitrechner 340 Bedienungsunterstützung über die Bedienungsoberfläche der jeweiligen Maschine leisten kann, d.h. der Leitrechner kann Steuerbefehle über dem Netz 350 senden und die Maschinensteuerungen können derartige Steuerbefehle empfangen und befolgen, so dass der Zustand der Bedienungsoberfläche vom Leitrechner 340 über der jeweiligen Steuerung bestimmt wird.
-
Die Maschine kann natürlich mit mehr als eine "Bedieneroberfläche" versehen werden. Wichtig dabei ist, dass die bzw. jede solche Bedieneroberfläche mit der Maschinensteuerung verbunden ist, so dass Signale zwischen der Bedieneroberfläche und der Maschinensteuerung ausgetauscht werden können. Wo z.B. ein Hilfsgerät an einer Maschine mit einer eigenen Bedieneroberfläche versehen ist, das Gerät aber der Maschinensteuerung untergeordnet ist, dann ist die Bedienungsoberfläche des Gerätes der Maschine zuzuordnen.
-
Fig. 8 zeigt eine mögliche Variante der Architektur für eine Prozess-Steuerung nach Fig. 7. Fig. 8 zeigt nochmals den Leitrechner 340 und das Netzwerk 350 zusammen mit einem Rechner 390 einer Maschinensteuerung der Anlage (z.B. des Vorgarntransportsystems 310, das zur Erläuterung der Informatik einer "Maschine" gleichgesetzt werden kann). Jeder Rechner 340, 390 hat ihm zugeordnete Speicher 343, 345 bzw. 391 und Treiber 347, 349 bzw. 393, 394, 395, 396.
-
Die Treiber 349 bzw. 394 bestimmen die notwendigen Schnittstellen für die Kommunikation der Rechner 340, 390 mit ihren jeweiligen Bedienungsoberflächen, hier als Anzeige, Bedienung und Drucker angedeutet. Der Treiber 347 bestimmt die Schnittstelle zwischen dem Leitrechner 340 und dem Netzwerk 350 und der Treiber 393 die Schnittstelle zwischen dem Netzwerk 350 und der Maschinensteuerung 390.
-
Der Treiber 395 bestimmt die Schnittstellen zwischen der Maschinensteuerung 390 und den dadurch gesteuerten Antriebe (Aktorik). Der Treiber 396 bestimmt die Schnittstelle zwischen der Maschinensteuerung 390 den ihr zugeordneten Sensorik.
-
In der bevorzugten Ausführung wird die Erfindung in einer Anlage nach Fig. 7 und 8 realisiert, d.h. in einer Anlage, worin mindestens eine Maschinensteuerung eine Bedienungsoberfläche aufweist und der Prozessleitrechner diese Bedienungsoberfläche zur Kommunikation mit einem Menschen an dieser Maschine verwenden kann. Durch diese Anordnung kann relativ leicht sichergestellt werden, dass in der gesamten vom Rechner gesteuerten Anlage einem bestimmten Signal eine eindeutige Bedeutung zugeordnet wird. Dies kann einem System gegenübergestellt werden, wonach die Bedienungsunterstützung über ein von den Maschinensteuerungen unabhängiges System erfolgt, z.B. nach US 4194349. Die Vorteile der bevorzugten Kombination sind besonders ausgeprägt, wenn ein Prozessleitrechner sowohl die Bedienungsunterstützung als auch die Steuerung der Maschinen beeinflusst, z.B. in einem Doff-Management-System für Ringspinnmaschinen, ähnlich einem System nach US 4665686.
-
Die Bedienungsunterstützung über die Bedienungsoberfläche an der zutreffenden Maschine stellt natürlich auch sicher, dass die Hilfe da angeboten wird, wo sie notwendig ist. Dies erlaubt auch eine Vereinfachung des Alarm- bzw. Rufsystems, da die Bedienung jetzt im Prinzip nur an die betroffene Maschine geleitet werden muss, ohne vorher genau über die notwendige Handlung informiert zu werden. Das Alarm- bzw. Rufsystem muss natürlich noch absichern, dass die Bedienung über die Dringlichkeit bzw. die Priorität des Bedienungsrufes informiert wird bzw. dass die richtige Bedienungshilfe bzw. Bedienungsperson (Doffhilfe, Wartung, Fadenbruchbehebung usw.) an die betroffene Maschine gerufen wird.
-
Ueber die Bedienungsoberfläche kann eine Instruktion an die Bedienungsperson erteilt werden, eine Handlung zu tätigen, welche von der Maschinensteuerung selbst nicht ausgeführt werden kann, z.B. weil die dazu notwendige Aktorik in der zutreffenden Maschine nicht vorhanden ist bzw. nicht unter der Kontrolle der Maschinensteuerung steht. Ein Beispiel einer solchen Handlung ist die Stillegung einer schlecht arbeitenden Spinnstelle, wo die Maschinensteuerung nicht direkt in die Spinnstellen eingreifen kann. Die Bedienungsperson ist auch vorzugsweise in der Lage (oder ist sogar "gezwungen"), die Erzeugung eines Signals zu verursachen, welche die Ausführung der Instruktion darstellt und dies an die Maschinensteuerung bzw. den Prozessleitrechner mitteilt.
PPS-Hilfsmittel
-
Die Prozess-Steuerung nach den Fig. 7 und 8 soll nach dieser Erfindung als Produktionsplanungs- und Steuerungshilfsmittel ausgerüstet werden. Es wird dabei angenommen, dass die "Anzeige" und "Bedienung", die in Fig. 8 dem Rechner 340 zugeordnet sind, in der Form eines Bildschirms bzw. einer Tastatur vorliegen. Fig. 9 und 10 zeigen "Bildschirmmasken" eines nach dieser Erfindung programmierten Prozessleitrechners 340.
-
Fig. 9 zeigt eine Maske für die Erstellung von Rezepten zur Herstellung eines bestimmten Garntyps. Diese Maske umfasst vier "Fenster" 400, 402, 404, 406, wobei die Fenster 404 (Eingabehilfen) und 406 (erstellte Rezepte) für diese Erfindung von untergeordneter Bedeutung sind. Wie schon in dieser Beschreibung angedeutet, muss ein "Rezept" für einen definierten "Artikel" bestimmt werden. Das Fenster 400 dient dementsprechend der Definition des Artikels und das Fenster 402 dient der Definition der entsprechenden maschinenbezogenen Parametern des Rezeptes.
-
In den angeschriebenen Feldern 408 des Fensters 400 können die folgenden Daten eingegeben werden:
- Sortiment
- - einen Hinweis auf den vorgesehenen Endverbrauch des Produktes (fakultativ)
- Material
- - eine Beschreibung des zu verspinnenden Fasermaterials
- Vorlagebezeichnung
- - legt die Flyerlunte fest
- Abgabebezeichnung
- - legt den Garntyp fest
- Vorlage
- - gibt die Nummer (Feinheit) der Flyerlunte an
- Abgabe
- - gibt die Nummer (Feinheit) des Garns an
- Verzug
- - gibt den notwendigen Gesamtverzug des Streckwerkes an (ergibt sich dementsprechend aus den Angaben zur Vorlage und Abgabe)
- Artikelname
- - eine Bezeichnung des Artikels, die auch als Aufruf für das Rezept dient
- Artikelkurznummer
- - eine Alternativbezeichnung des Artikels in der Form einer Ziffer.
- Drehkoeff
- - der sogenannte Drehungskoeffizient, der eine Beziehung zwischen der Drehung und der Garnfeinheit darstellt
- Drehrichtung
- - "S" oder "Z"
- Drehung
- - die Garndrehung als Drehungen pro Meter oder pro Zoll.
-
Das Fenster 402 umfasst fünf Felder 410, die je eine Maschine durch eine Maschinennummer festlegen. Jedem Feld 400 ist eine "Kolonne" 412, 414, 416, 418, 420 von Feldern zugeordnet, wobei die Felder einer bestimmten Kolonne sowohl die Konfiguration der entsprechenden Maschine als auch die Maschineneinstellungen nach diesem Rezept und den sich daraus ergebenden Nutzeffekt angeben.
-
Statt eine Spindeldrehzahl ("Drehzahl") anzugeben, kann die gewünschte Läufergeschwindigkeit ("V-Läufer") angegeben werden. Die Spindeldrehzahl ergibt sich dann aus den bekannten Beziehungen zwischen der Läufergeschwindigkeit und dem Ringdurchmesser.
-
Die Liefergeschwindigkeit des verstreckten Fasermaterials am Ausgang des Streckwerkes (die "Lieferung") ergibt sich aus der Drehung und der Drehzahl. Zwei dieser Parameter reichen, um den dritten Parameter automatisch zu berechnen.
-
Es können auch obere (+) und untere (-) Grenzwerte für die Spindeldrehzahl eingegeben werden.
-
Das Fenster 400 zeigt eine Liste der schon erstellten Rezepte und das Fenster 404 zeigt Eingabehilfen in Form von voreingegebenen Angaben, die aus dem Fenster 404 ins Fenster 400 bzw. 402 übertragen werden können.
-
Fig. 10 zeigt eine Maske für die Erstellung von Produktionsplänen anhand der erstellten Rezepte. Die Maske umfasst drei Fenster 422, 424 und 426, wovon das Fenster 424 als wichtigstes Fenster vorerst beschrieben werden soll.
-
Im Feld 430 des Fensters 424 muss ein Rezeptname (Artikelname) eingegeben werden. Der zu erstellende Produktionsplan beruht dann auf den Daten dieses Rezeptes. Diejenigen Maschinen, wofür dieses Rezept schon definiert ist, erscheinen dann als Maschinennummern im Eingabehilfsfenster 422.
-
Im Feld 432 wird eine Auftragsnummer eingegeben und im Feld 434 erscheint dann "der Name" des Produktionsplanes - dieser Name besteht aus dem Rezeptnamen und der Auftragsnummer.
-
Im Feld 436 werden die Maschinen aufgelistet, die an diesem Auftrag arbeiten sollten. Die Liste kann durch Uebertragung von Angaben aus dem Eingabefenster 422 erstellt werden. Es kann auf jeden Fall nur eine Maschine aufgelistet werden, wofür das zutreffende Rezept schon definiert ist. Die Angaben zu einer Maschine umfassen mindestens die Identifikation der Maschine (ihre Nummer) und den zu erwartenden Nutzeffekt. Aus den vorhandenen Daten berechnet der Computer die Produktion pro Stunde und den Durchschnittswert der Maschinennutzeffekte und zeigt diese Daten im Feld 438 an. Die zu erwartende Produktion kann dementsprechend vom Benutzer mit dem zu erfüllenden Auftrag verglichen werden.
-
Wenn der Benutzer mit dem Plan zufrieden ist, kann der Plan über die Tastatur als gültig bestätigt werden und wird dann im Fenster 426 zuunterst in der Liste der schon erstellten Produktionspläne eingereiht. Die Pläne werden über dem Prozessleitsystem der Reihe nach abgearbeitet (wie nachfolgend beschrieben werden soll), wobei der zuoberst in der Liste erscheinende Plan als nächster durch das Prozessleitsystem zur Geltung gebracht wird. Wenn daher dem neuen Plan eigentlich eine höhere Priorität eingeräumt wird, als durch seine Stelle zuunterst dargestellt wird, kann er über die Tastatur nach oben verschoben werden und dadurch früher an die Reihe kommen als schon vorher erstellte Pläne.
-
Anhand der Fig. 11 und 12 werden nun weitere Einzelheiten des Systems kurz erläutert. Ein Rezept (Fig. 9) umfasst nicht nur eine Spindeldrehzahl, sondern auch eine Drehzahlkurve (Fig. 2 und 3). Dieses wird durch eine eigene Maske (Fig. 11) erstellt. Im Fenster 440 dieser Maske werden die wesentlichen Merkmale (Betriebsdrehzahl oben, Betriebsdrehzahl unten, Anspinndrehzahl und Abspinndrehzahl, sowie die entsprechenden Distanzen 1₁, 1₂ und 1₃) gemäss Fig. 2 und 3 eingegeben. Die Drehzahlkurve wird durch eine Nummer identifiziert und kann über diese Nummer zum Gebrauch in einem Rezept abgerufen werden. Die erstellten Drehzahlenkurven sind im Fenster 442 angezeigt.
-
Ueber die Maske nach Fig. 12 kann direkt ins Spinnverfahren eingegriffen werden, trotz der Tatsache, dass die entsprechende Maschine nach einem vorgegebenen Plan arbeitet. Somit steht es dem Personal offen, einen laufenden Plan im Hinblick auf neue Erfahrungen über das Prozessleitsystem anzupassen.
-
Die Maske nach Fig. 12 umfasst ein Fenster 444, worin alle durch das System gesteuerten Maschinen aufgelistet sind. Durch einen Cursor kann eine Maschine aus dieser Liste gewählt werden, wobei die zutreffenden Daten im Fenster 446 erscheinen und dort geändert werden können.
-
Fig. 12 zeigt als Beispiel eine Maske zur Veränderung der oberen Drehzahl (Betriebsdrehzahl oben - Drehzahlkurve), wobei die schon gültige Drehzahl im Feld 448 erscheint und über die Tastatur geändert werden kann. Die Aenderung kann durch Veränderung der absoluten Drehzahl oder durch eine prozentuale Veränderung angegeben werden.
-
Fig. 12 zeigt ein weiteres Beispiel des direkten Steuereingriffes in der Form eines Abspinnbefehls. Dieser Befehl kann verneint werden (Feld 450) oder kann mit einem Doff (Feld 452) oder ohne einen Doff (Feld 454) durchgeführt werden.
-
Es können natürlich weitere direkte Eingriffe über das Prozessleitsystem durchgeführt werden, vorausgesetzt, dass die entsprechenden Maschinen zum Empfangen und Ausführen solcher Steuerbefehle ausgerüstet sind. Wie schon anhand der Beschreibung der Fig. 1 angedeutet wurde, können heute nur wenige solche Steuerbefehle durch die konventionellen Maschinen befolgt werden.
Uebertragung der Rezepte
-
Gleichgültig ob die Maschinen zur selbständigen Ausführung aller "Steuerbefehle" eines Rezeptes ausgerüstet sind oder nicht, ist es vorteilhaft, das Rezept zu einem gegebenen Zeitpunkt auf die zutreffende Maschine zu übertragen. Dies erfolgt über die Kommunikationsverbindung nach Fig. 7 und 8. Das Rezept steht dann in der Maschine als Bedienungsunterstützung bei einem Partiewechsel zur Verfügung.
-
Die Uebertragung könnte "auf Abruf" erfolgen, d.h., wenn der Bediener ein entsprechendes Rufsignal an den Prozessleitrechner sendet. In der bovorzugten Ausführung sorgt aber der Prozessleitrechner dafür, dass jede Maschine mit zwei Rezepten "versorgt" ist, nämlich mit dem laufenden Rezept und dem nächsten Rezept nach der Auflistung der Produktionspläne. Vorzugsweise werden Rezepte nicht über längere Zeit in den Maschinen gespeichert, sondern sie werden jedesmal neu aus dem Prozessleitrechner übertragen.