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Vakuumröhre für eine Einrichtung zur Beschleunigung geladener Teilchen
Die Erfindung betrifft Vakuumröhren aus elektrisch isolierendem keramischem Werkstoff,
in deren Innenraum geladene Teilchen beschleunigt werden.
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Die Erfindung geht von folgender in Verbindung mit Fig. i erläuterter
Feststellung aus: In einer in einer Elektronenschleuder enthaltenen toroid'förmigen
Vakuumröhre i aus keramischem Werkstoff, in deren Innenraum Elektronen auf a bis
3 Millionen Volt beschleunigt werden, finden sich nach längerem Betrieb gasdurchlässige
Leckstelleny und zwar vorwiegend dort, wo die sonnenradartig, a, von ihrer Gleichgewichtsbahn
3 im Vakuumgefäß i abgeschleuderten Elektronen senkrecht auf die Röhren-Wandung
auftreffen, u. a. an der Krümmung q. zu dem an dem Gefäß vorgesehenen Stutzen 5.
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Als Ursache dieser Leckstelfen wurde folgender Effekt durch langwierige
Versuche ermittelt: Die auf die Wandung auftreffenden Elektronen geben in der Wandung
ihre Energie im wesentlichen in kleinen Beträgen durch Ionisationen ab und bleiben
am Ende ihrer Bahn, die wegen der verschiedenen Um*vege zwischen. zwei Drittel und
der vollen sogenannten praktischen Reichweite liegt, in der Wandung stecken. Während
die längs des Weges erzeugten Ionenpaare sich zum größten Teil wieder rekombinieren,
wird die Ladung der eingedrungenen Elektronen am Ende ihrer Bahn nicht neutralisiert.
Es
kommt also in der Wandung zur Ausbildung einer Raumladung in einer von der Energie
der eindringenden Elektronen abhängigen Tiefe; diese Raumladung ist wesentlich flächenhaft
verteilt. Infolgedessen tritt - wie an den Platten. eines Kondensators - eine Spannung
zwischen dem Raumladungsgebiet in der Wandung und den Oberflächen der Wandung auf,
deren Größe von dem auftreffenden Elektronenstrom' und dem spezifischen Widerstand
des keramischem Werkstoffes, aus dem die Wandung besteht, abhängig ist. Bei einem
Elektronenstrom von etwa ro-8 A/cm' ergibt sich bei einem spezifischen Widerstand
des keramischem Werkstoffes von zo13 Ohm/cm eine Spannung von rund io5 Volt bei
einem Abstand von 6 bis 7 mm zwischen dem Raumladungsgebiet in der Wandung und einer
Oberfläche der Wandung. Diese Spannungen sind so hoch, daß sie zu elektrischen Durchschlägen
führen, die Kanäle in der Wandung und damit Leckstellen durch die Wandung erzeugen.
Die elektrischen Durchschläge stellen häufig nicht eine geradlinige Verbindung zwischen
dem Raumladungsgebiet in der Wandung und einer Oberfläche der Wandung her, sondern
verlaufen auch in der Raumladungsebene, also im wesentlichen parallel zur inneren
Oberfläche der Wandung. Die Durchschläge sind jedoch stets so stark verzweigt, daß
sich die erwähnten Leckstellen ausbilden können.
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Daß solche Durchschläge vorzüglich an den erwähnten Krümmungen 4 zu
dem Stutzen 5 und nicht so stark in den übrigen Teilen der Gefäßwandung auftreten,
wird durch den unterschiedlichen Auffallswinkel der Elektronen auf die innere Oberfläche
der Gefäßwandung erklärt. Erstens verringert sich bei abnehmendem Auftreffwinkel
der Elektronen auf die innere Oberfläche der Wandung die auf die Oberflächeneinheit
treffende Elektronenstromdichte und zweitens verringert sich die Eindringtiefe der
Elektronen, so daß die Raumladungsebene zunehmend näher der inneren. Oberfläche
der Wandung liegt, die Raumladung daher besser abgeleitet werden kann und die erreichbare
Spannung niedriger bleibt. Entsprechend wird in Abhängigkeit vom Auftreffwinkel
der Elektronen die Elektronenenergie, bei der die Raumladungsebene einen kritischen
Abstand von der inneren oder äußeren Oberfläche der Wandung aufweist, mit abnehmendem
Auftreffwinkel größer. Mit zunehmender Energie der Elektronen wird jedoch die erreichbare
Raumladungsdichte kleiner, weil sich das letzte Reichweitedrittel, in dem die Elektronenladung
abgesetzt wird, etwa proportional mit der Energie vergrößert. Die Durchschlagsgefahr
ist also bei Elektronen kleiner Energien am größten.
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Daß bei den- bekannten Vakuumröhren, in denen Elektronen beschleunigt
werden, die oben geschilderten Schwierigkeiten noch nicht aufzetreten sind, liegt
einerseits daran, daß bei den Anlagen, die überhaupt freie Elektronen liefern, die
Elektronen gebündelt durch ein dünnwandiges Fenster herausgeführt werden und daher
nur zu einem kleinen Bruchteil auf die Röhrenwandung auftreffen, andererseits daran,
daß die bekannten Anlagen Elektronenverhältnismäßig kleiner Energie (3 MeV) nicht
zu erzeugen gestatten.
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Die erfindungsgemäße Vakuumröhre aus elektrisch isolierendem keramischem
Werkstoff, in deren Innenraum geladene Teilchen beschleunigt werden, ist mit Rücksicht
auf den oben dargestellten Sachverhalt gekennzeichnet durch Mittel, die solche Ladungsanhäufungen
in der Wandung der Vakuumröhre unterbinden, die von dem in die Wandung eingedrungenen
Teil der beschleunigten geladenen Teilchen herrühren, elektrische Durchschläge von
den Innenteilen der Wandung zu ihren Oberflächen erzeugen und dabei gasdurchlässige
Leckstellen in der Wandung hervorrufen.
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Die die Erfindung kennzeichnenden Mittel stehen dem Fachmann in mannigfacher
Zahl zur Verfügung. Es werden im folgenden nur die Mittel angeführt, die sich besonders
bewährt haben und daher einen wesentlichen technischen Fortschritt zeitigen. Soweit
diese Mittel in anderem Zusammenhang bei Hochvakuumentladungsröhren bereits bekannt
sind, soll ihre Verwendung nur in: soweit unter Schutz stehen, als sie zur Herbeiführung
der erfindungsgemäßen Wirkung dienen.
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In einer Ausbildung der Erfindung ist der isolierende Werkstoff, aus
dem die Röhre gefertigt ist, mit Zusätzen versehen, die ihm eine ausreichende elektrische
Leitfähigkeit zur Ableitung von in die Röhrenwandung eingedrungenen beschleunigten
geladenen Teilchen verleihen. Der isolierende Werkstoff kann hierzu mit feinverteilten
leitenden Stoffen, beispielsweise Metallen - etwa in Kolloidform - oder Metallsalzen,
insbesondere Alkalisalzen, versetzt ..sein; auch Graphitzusätze zu dem isolierenden
Werkstoff haben sich zur Erhöhung seiner Leitfähigkeit bewährt.
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In einer weiteren Ausbildung der Erfindung wird die Dicke der Röhrenwandung
- gegebenen falls von Ort zu Ort veränderlich - jeweils so dünn gehalten, daß im
wesentlichen alle in die Wandung eindringenden beschleunigten geladenen Teilchen
diE Wandung auch durchdringen. Hierdurch wird erreicht, daß sich die gefährlichen
Raumladungen in der Röhrenwandung von vornherein nicht ausbilden können. Es reicht
häufig aus, die Röhrenwandung an den kritischen Stellen mit Ausnehmungen zu versehen,
derart, daß die Stabilität der sonst dickwandigen Röhre im wesentlichen unverändert
bleibt. Diese Ausnehmungen können aus Bohrungen, aber auch aus Rillen in der Röhrenwandung
bestehen.
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In einer anderen Ausbildung der Erfindung wird die Dicke der Röhrenwandung
jeweils mindestens doppelt so dick gehalten wie die maximale - gegebenenfalls von
Ort zu Ort veränderliche - Eindringtiefe des in die Wandung eindringenden Teils
der beschleunigten geladenen Teilchen. Hierdurch wird erreicht, daß die elektrischen
Durchschläge, die sonst Leckstellen verursachen können, nur von der Raumladungsebene
in der Wandung zu der inneren Oberfläche der Wandung hin erfolgen, so daß also der
Bereich zwischen der Raumladungsebene
in der Wandung und der äußeren
Oberfläche der Wandung unbeschädigt bleibt.
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In einer weiteren Ausbildung der Erfindung sind in die Röhrenwandung
Metalle oder Halbleiter vakuumdicht eingelagert und diese Metalle oder Halbleiter
an aus der Wandung herausführende eleKtri.sche Ableitungen angeschlossen. Diese
Metalle oder Halbleiter können die Form von Platten, Folien oder Netzen haben. Dabei
kann die Röhrenwandung auch aus verschiedenen Schichten zusammengesetzt sein, etwa
aus einer dünnen keramischen Schicht, auf die eine Metall- oder Halbleiterschicht
aufgebracht ist, und einer diese Schichten vakuumdicht nach außen hin abschlie=
senden Schicht, etwa aus Glas oder vakuumdichtem Kunststoff, z. B. Äthoxylin-Gießharz.
Eine derartige Anordnung ist infolge ihrer großen mechanischen Festigkeit und ihrer
Vakuumdichtheit besonders vorteilhaft.
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Eine andersartige Ausbildung der Erfindung ist gekennzeichnet durch
eine Heizvorrichtung, die durch Erhitzung der Röhrenwandung in der Wandung eine
ausreichende elektrische Leitfähigkeit erzeugt, um die in die Wandung eingedrungenen
beschleunigten geladenen Teilchen elektrisch abzuleiten. Hierbei wird die bekannte
Tatsache ausgenutzt, das die Leitfähigkeit isolierender Stoffe mit zunehmender Temperatur
ansteigt.
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Erfindungsgemäß kann auch die innere Oberfläche der Röhrenwandung
mit einer die geladenen Teilchen bremsenden Schicht abgedeckt sein, wobei die Dicke
dieser Schicht größer ist als die Eindringtiefe des auf sie auftreffenden Teils
der beschleunigten geladenen Teilchen. Hierdurch wird erreicht, das die geladenen
Teilchen die Röhrenwandung gar nicht erst erreichen und daher auch keine Raumladung
in ihr erzeugen können.
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In einer abschließend genannten Ausbildung der Erfindung sind mit
Abstand vor der inneren Oberfläche der Röhrenwandung Folien zur Streuung des in
die Wandung eindringenden Teils der beschleunigten geladenen Teilchen vorgesehen
und diese Folien derart bemessen, das die durch sie gestreuten Teilchen in der Wandung
eine derart dünne Raumladungsdichte erzeugen, das diese Raumladungsdichte zur Auslösung
eines elektrischen Durchschlages durch die Wandung nicht ausreicht. Diese Folien
zur Streuung der geladenen Teilchen bestehen zweckmäßig in an sich bekannter Weise
aus Stoffen hoher Ordnungszahl, z. B. aus Platin.
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Die erfindungsgemäße Vakuumröhre ist vorzugsweise für eine Elektronenschleuder
vorgesehen - an einer Elektronenschleuder wurden die o. a. Versuche ausgeführt;
sie kann aber auch in anderen Einrichtungen zur Beschleunigung von geladenen Teilchen
(Linearbesch.leunigern, Elektronenmikroskopen oder Ionenbeschleunigern) Verwendung
finden.
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In Fig. i ist eine erfindungsgemäße toroidförmige Vakuumröhre im Schnitt
senkrecht durch die Toroidachse dargestellt.
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In Fig, 2 bis i i sind Ausbildungen der Erfindung an Querschnitten
A-A durch die toroidförmige :Vakuumröhre nach Fig. i dargestellt; diese Quer schnitte
verlaufen durch Ebenen, in denen die Toroidachse liegt.
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In der toroidförmigen Vakuumröhre i nach Fig. i werden auf einer Gleichgewichtsbahn
3 Elektronen durch nicht dargestellte Mittel in an sich bekannter Weise beschleunigt
und anschließend sonnenradartig, 2, von dieser Gleichgewichtsbahn abgeschleudert,
so das ein Teil von ihnen durch d'as Fenster 6 in der Vakuumröhre in den umgebenden
Luftraum austritt. Das Fenster 6 ist in einem Stutzen 5 angeordnet, der mit der
toroidförmigen Vakuumröhre i vereinigt ist. Weitere Ansatzstutzen 7 und 8 an der
Vakuumröhre dienen zur Aufnahme einer ElektrorDeneinschußvorrichtu,ng und einer
Gettereinrichtung. Diese Einrichtungen sind ebenfalls an sich bekannt, nicht zur
Erfindung gehörig und daher nicht dargestellt. Wie aus Fig. i ersichtlich, treffen
die von ihrer Gleichgewichtsbahn 3 sonnenradartig abgeschleuderten Elektronen fast
senkrecht auf die Krümmungen 4, 9 und io zu den an der Röhre vorgesehenen Stutzen
5, 7 und B. Vorwiegend diese Elektronen rufen die in der Beschreibungseinleitung
erläuterten Schäden an den bekannten Vakuumröhren, in denen Elektronen auf die dargestellte
Art beschleunigt und abgeschleudert werden, hervor. Es können aber auch andere Stellen
der Wandung besonders gefährdet sein, z. B. diejenigen Stellen, auf die Elektronen,
die in Antikathoden zur Röntgenstrahlenerzeugung teilweise gebremst und gestreut
werden, treffen.
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Nach Fig. 2 ist gemäß einer Ausbildung der Erfindung die Wandung 2o
der Vakuumröhre mit feinverteilten Metallteilchen 21 versetzt.
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Entsprechend können nach Fig. 3 feine Graphitteilchen in der Wandung
verteilt sein.
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Die Wandung 4o der Vakuumröhre nach Fig. 4 ist mit einer Rille 41
versehen, so das der verbleibende Teil42 der Wandung unter dieser Rille 41 derart
dünn ist, das im wesentlichen alle in die Wandung eindringenden Elektronen die Röhrenwandung
an dieser Stelle durchdringen.
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Die in Fig. 5 dargestellte Röhrenwandung 50 ist mehr als doppelt
so dick gehalten wie die maximale Eindringtiefe der in die Wandung eindringenden.,
von ihrer Gleichgewichtsbahn abgeschleuderten Elektronen. Die maximale Eindringtiefe
der Elektronen in die Wandung ist durch den Pfeil 51 skizziert.
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In die Wandung 6o der Vakuumröhre nach Fig. 6 sind Metallfolien 61
vakuumdicht eingelagert und an eine aus der Wandung herausführende elektrische Ableitung
angeschlossen.
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In Fig. 7 ist eine Röhrenwandung 7o dargestellt, die auf ihrer einen
Seite aus verschiedenen Schich: ten 71, 72 und 73 zusammengesetzt ist. Hierbei ist
71 die eigentliche Keramikwandung, 7.2 sind- aufgebrachte geerdete metallische Schichten,
73 sind aus Glas bestehende, vakuumdicht auf die Metallschichten 72 und die eigentliche
Keramikwandung 71 aufgeschmolzene Schichten. Die Verbindungsfläche zwischen der
metallisierten Keramikwandung
und der Glasschicht ist gewellt, um.
die Ableitung der Elektronen zu erleichtern, ohne die Festigkeit der Keramikwandung
wesentlich zu schmälern.
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Entsprechend Fig. 6 sind in- Fig. 8 Halbleiterschichten 81 in die
Wandung 8o eingebracht und an eine aus der Wandung herausführende elektrische Ableitung
angeschlossen.
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Um die Wandung 9o nach Fig. 9 ist eine Heizwendel9i gewickelt. Sie
erhitzt die Wandung auf eine derartige Temperatur, daß die hierdurch in der Wandung
bewirkte Erhöhung der Leitfähigkeit zur Ableitung von in die Wandung eingedrungenen
El=ektronen ausreicht.
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Die innere Oberfläche toi der Wandung ioo der Vakuumröhre nach Fig.
io ist mit einer Bleischicht io2 abgedeckt, deren Dickte größer ist als die Eindringtiefe
der auf sie auftreffenden Elektronen.
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In der Vakuumröhre nach Fig. t i sind mit Abstand von der Röhrenwandung
i i o. Folien i i i angeordnet, die derart bemessen sind, daß die durch sie gestreuten
Elektronen (wie aus den skizzierten Bahnen 112 ersichtlich) in der Wandung I io
eine derart geringe Raumladungsdichte grzeugen, daß diese Raumladungsdichte zur
Hervorrufung eines elektrischen Durchschlages durch die Wandung nicht ausreicht.