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Verfahren zum Betrieb einer Dampfkraftanlage bei vorübergehender Abschaltung
des Generators vom Netz und Dampfkraftanlage zur Ausführung dieses Verfahrens Die
Erfindung bezieht sich auf ein Verfahren zum Betrieb einer Dampfkraftanlage bei
vorübergehender Abschaltung des Generators vom Netz, wobei die Dampfkraftanlage
aus einem Zwangdurchlaufkessel mit mindestens zwei parallel geschalteten, je durch
eine Feuerung unabhängig beheizten und je einen Verdampfer- und einen fJberhitzerteil
aufweisenden Rohrsystemen und einem Turbinenaggregat besteht, das in drei Entspannungsstufen
mit je einem zwischengeschalteten Zwischenüberhitzer aufgeteilt ist, wobei der zwischen
der ersten und der zweiten Stufe befindliche Hochdruck-Zwischenüberhitzer durch
die erste Feuerung und der zwischen der zweiten und dritten Stufe befindliche Niederdruck-Zwischenerhitzer
durch die zweite Feuerung beheizt ist. Die Erfindung betrifft weiterhin eine Dampfkraftanlage
zur Ausführung der Verfahrens.
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Dampfkessel mit zwei Brennkammern sind im allgemeinen für große Leistungen
bestimmt. Bei derartigen Anlagen müssen die Zwischenüberhitzer in einer Zone erhöhter
Temperatur, also möglichst nahe der Brennkammer, angeordnet sein, damit dem zu überhitzenden
Dampf eine genügend große Wärmemenge zugeführt werden kann. Wenn die Zwischenüberhitzer
aber in der Nähe der Brennkammer eingebaut sind, müssen sie während einer Befeuerung
der Brennkammer mittels durchströmenden
Dampfes gekühlt werden,
oder die Feuerung muß so schwach sein, daß die Zwischenüberhitzer keinen Schaden
erleiden können.
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Elektrische Stromerzeuger müssen manchmal, beispielsweise wegen Kurzschlusses,
Erdschlusses oder anderer Störungen, vom Netz abgeschaltet werden. Bei Dampfkraftmaschinen,
die solche Generatoren antreiben, schließt unmittelbar danach das Schnellschlußventil,
da sonst die Turbine nach der Entlastung durchgehen würde. Die ganze Anlage kann
zwar so lange stillgesetzt werden, bis der Fehler behoben ist; da aber wegen der
ungleichmäßigen Abkühlung innerhalb der Turbinen zunächst deren völlige Auskühlung
abgewartet werden muß und danach erst die ganze Anlage langsam wieder hochgefahren
werden kann,. ist ein Wiedereinschalten des Generators frühestens nach 1z bis 2q.
Stunden möglich. Diese Zeitspanne ist - gemessen an der Zeit zur Behebung des Fehlers,
was eine 1/2 Stunde oder noch weniger in Anspruch nehmen kann - untragbar.
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Eine andere Möglichkeit besteht darin, die Dampfzufuhr mittels des
Schnellschlußventils so weit abzudrosseln, daß die Turbine mit der Nenndrehzahl
weiterläuft und gegebenenfalls noch die Hilfsmaschinen antreibt. Da es bei diesen
großen Anlagen unwirtschaftlich wäre, den gesamten restlichen Dampf abzublasen oder
unter Umgehung der Turbine längere Zeit hindurch in den Kondensator zurückzuleiten,
müssen die Feuerungsleistung und die Speisewassermenge herabgesetzt werden. Die
Feuerungsleistung ist so weit zu senken, daß die nur durch eine geringe Dampfmenge
gekühlten Zwischenüberhitzer keinen Schaden erleiden. Die Speisewassermenge kann
aber nicht in gleichem Maße herabgesetzt werden, da eine @ 'bestimmte Mindestgeschwindigkeit
des Arbeitsmittels in den Rohren notwendig ist. Der in die Turbine eintretende Dampf
hat also eine geringere Temperatur als im normalen Betrieb. Die Turbinen werden
deshalb nicht nur durch Wärmeabgabe sondern auch durch den kühleren Dampf gekühlt.
Auch hierbei tritt eine ungleichmäßige Abkühlung auf, so daß die Turbine bald stillgesetzt
werden muß, da sie sonst Schaden nimmt. Wiederum kann die Anlage erst nach .nestloser
Auskühlung der Turbine hochgefahren werden.
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Ein Ausfall der Turbinenanlage wird bei einer vorübergehenden Abschaltung
eines Generators vom Netz gemäß der Erfindung verhindert, indem die folgenden Schritte
durchgeführt werden: A. Die Dampfzufuhr zu der Turbinenanlage wird so weit gedrosselt,
daß die Dampfleistung zum Halten der Nenndrehzahl ausreicht, und der Rest des Dampfes
wird unter Umgehung der Turbinenanlage aus dem von der ersten Feuerung beheizten
Rohrsystem und aus dem von der zweiten Feuerung beheizten Rohrsystem über den Niederdruck-Zwischenüberhitzer
in den Kondensator geleitet; B. die Leistung der ersten Feuerung wird so weit herabgesetzt,
wie es der Hochdruck-Zwischenüberhitzer erfordert, der nur von der geringen, die
Turbinen durchströmenden Dampfmenge gekühlt wird; C. die dem von der ersten Feuerung
beheizten Rohrsystem zugeführte Speisewassermenge wird auf 15 bis q.00/0 der Stärke,
die der maximalen Dauerleistung entspricht, gesenkt; D. die Dampftemperatur wird
derart geregelt, daß sie in allen Stufen der Turbinenanlage und in den zwischengeschalteten
Zwischenüberhitzern nicht unter 80'% der normalen Betriebstemperatur sinkt.
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Während der Abschaltdauer des Generators vom Netz wird die Turbinenanlage
im wesentlichen von dem Dampf aus einem der beiden Rohrsysteme betrieben. Da durch
den Zwischenüberhitzer, der von der gleichen Feuerung wie dieses Rohrsystem beheizt
wird, zur Kühlung Dampf geschickt wird, können Feuerungsleistung und Speisewassermenge
derart aufeinander abgestimmt werden, daß die Temperatur des die Turbinen durchströmenden
Dampfes ihren Betriebswert beibehält oder höchstens auf 80'% dieses Wertes sinkt.
Die Turbinen kühlen also nicht aus und können deshalb nach der Behebung des Fehlers
im Netz und nach der Wiedereinschaltung des Generators in kurzer Zeit mit der normalen
Dampfmenge beschickt werden.
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Nach dem Schritt A können auch noch die folgenden zusätzlichen Schritte
durchgeführt werden: Die Leistung der zweiten Feuerung wird auf 15 bis q.o"/o ihrer
maximalen Stärke herabgesetzt; die dem von der zweiten Feuerung beheizten Rohrsystem
zugeführte Speisewassermenge wird auf 15 bis 40,1/o der Stärke, die der maximalen
Dauerleistung entspricht, gesenkt.
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Weiterhin kann man bei Turbinenanlagen, die außer dem Generator auch
Hilfsmaschinen antreiben, beim Schritt A die Dampfmenge nur so weit abdrosseln,
daß die der Turbinenanlage zugeführte Dampfleistung zum Halben der Nenndrehzahl
und zum Antrieb der Hilfsmaschinen ausreicht.
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Es ist auch vorteilhaft, daß der Teil des Dampfes aus dem von der
zweiten Feuerung beheiztem Rohrsystem, welcher unter Umgehung der Hoch- und Mitteldruck-Turbinenstufen
und des zwischengeschalteten Hochdruck-Zwischenüberhitzers in den Niederdruck-Zwischenüberhitzer
geleitet wird, durch Wassereinspritzung gekühlt wird. Hierdurch können eventuelle
Überhitzungen in dem Niederdruck-Zwischenüberhitzer und in nachfolgenden Teilen
der Anlage verhindert werden.
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Eine Dampfkraftanlage zur Ausführung des erfindungsgemäßen Verfahrens
ist gekennzeichnet durch eine Leitung, welche vom Austritt des von der zweiten Feuerung
beheizten Rohrsystems unter Umgehung der Hoch- und Mitteldruckstufen der Turbinenanlage
und des zwischengeschalteten Hochdruck-Zwischenüberhitzers über Leitungen zum Eintritt
des Niederdruck-Zwischenüberhitzers führt, ferner durch einen Einspritzkühler in
diesen Leitungen, aus dem Wasser über eine Leitung in den Kondensator geführt werden
kann, weiterhin durch eine zweite Leitung, welche vom Austritt
des
von der ersten Feuerung beheizten Rohrsystems über einen Zwischenkühler, in den
auch das den Niederdruck-Zwischenüberhitzer verlassende Arbeitsmittel über eine
Leitung hineinströmt, und über eine Leitung direkt in den Kondensator führt, wobei
aus dem Zwischenkühler über eine Leitung das abgeschiedene Wasser in den Kondensator
geführt wird.
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Weiterhin empfiehlt sich eine Regeleinrichtung, mit der die Einspritz-Wassermenge
in den durch den ersten Einspritzkühler strömenden Dampf in Abhängigkeit von der
Temperatur des in den Niederdruck-Zwischenüberhitzer eintretenden Dampfes geregelt
wird.
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Ein Ausführungsbeispiel der Anlage zur Durchführung des Verfahrens
wird an Hand der Zeichnung näher erläutert.
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Die dargestellte Dampfkraftanlage enthält einen Turbinensatz mit einer
Hochdruckstufe i, einer Mitteldruckstufe 2 und einer Niederdruckstufe 3, welche
gemeinsam auf einer Welle sitzen und einen Generator 4 sowie Hilfsmaschinen 4 a
antreiben. Der Kessel dieser Anlage weist zwei Brennkammern auf, von denen die Brennkammer
5 durch eine Feuerung 6 und die Brennkammer 7 durch eine Feuerung 8 beheizt wird.
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Im Betrieb wird Wasser aus dem Kondensator 9 mittels der Speisepumpe
1o durch die Leitung ii in den Vorwärmer 12 geführt. Von dort aus strömt das Arbeitsmittel
einerseits über das Differenzdruokventil 13 und das Speiseventil 14 in den Verdampfer
15 und den Überhitzer 16, welche von der Feuerung 6 beheizt werden, und andererseits
über das Differenzdruckventil17 und das Speiseventil 18 in den Verdampfer f9 und
den Überhitzer 2o, welche von der Feuerung 8 beheizt werden. Hinter den beiden Dampfventilen
21 und 22 am Austritt der t;lberhitzer 16 bzw. 2o vereinigt sich das Arbeitsmittel
und wird durch die Leitung 23 über das Schnellschlußventil24 und das Regelventil25
in die Hochdruckstufe i geleitet. Von dort aus strömt es durch die Leitung 26 in
den von der Feuerung 6 beheizten Hochdruck-Zwischenüberhitzer 27, weiter durch die
Leitung 28 und über das Ventil 29 in die Mitteldruckstufe2, anschließend durch die
Leitung 30 in den von der Feuerung 8 beheizten Niederdruck-Zwischenüberhitzer
31, ferner durch die Leitung 32 über das Ventil 33 in die Niederdruckstufe 3 und
von dort in den Kondensator 9 zurück.
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Wird der Generator 4 vom Netz abgeschaltet, so tritt unmittelbar nach
der Entlastung der Turbine das Schnellschlußventi124 in Tätigkeit und drosselt die
Dampfzufuhr so weit, daß die Turbinen noch auf Nenndrehzahl gehalten werden und
die Hilfsmaschinen 4a antreiben. Der überschüssige Dampf aus dem von der Feuerung
8 beheizten Rohrsystem wird in der Leitung 52 über das Umgehungsventil 34, den Einspritzkühler
35 - von dem aus abgeschiedenes Wasser über den Kondenstopf 36 und die Leitung 37
in den Kondensator 9 geleitet werden -, weiter durch die Leitung 38, die Hauptleitung
3o, den Niederdruck-Zwischenüberhitzer 31, die Hauptleitung 32, über das Ventil
39 in der Leitung 40 in den Einspritzkühler 41 und schließlich durch die Leitung
42 in den Kondensator 9 geleitet. Auch aus dem Einspritzkühler 41 kann Wasser über
den Kondenztopf 43 und die Leitung .1 .4 in den Kondensator 9 geleitet werden. Aus
dem von der Feuerung 6 beheizten Rohrsystem strömt der überschüssige Dampf in der
Leitung 51 über das Umgehungsventil 45 direkt in den Einspritzkühler 41 und von
dort aus weiter in den Kondensator. Zur Regelung der Temperatur des überschüssigen
Dampfes und da der Kondensator nicht ausreicht, um den gesamten überschüssigen Dampf
niederzuschlagen, wird der Dampf in dem Einspritzkühler 35 mittels einer Einspritzvorrichtung
46, die Speisewasser über die Leitung 47 und das Ventil 48 zugeführt bekommt, und
in dem Einspritzkühler41 mittels der Einspritzvorrichtung5o, die Speisewasser durch
die gleiche Leitung und über das Ventil 49 zugeführt bekommt, vorgekühlt.
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Möglichst rasch nach dem Ansprechen des SChnellSChlußventilS wird
die Leistung der Feuerung 6 so weit herabgesetzt, daß der nur schwach gekühlte Hochdruck-Zwischenüberhitzer
47 keinen Schaden erleidet. Weiterhin wird die Speisewassermenge in dem von der
Feuerung 6 beheizten Rohrsystem so weit gedrosselt, daß gerade die Mindestgeschwindigkeit
des Arbeitsmittels in den Rohren aufrechterhalten wird, d. h. etwa 15 bis 400/0
der Speisewassermenge, welche der maximalen Dauerleistung entspricht. Je nach der
Bauart des Kessels und der zu erwartenden Dauer der Unterbrechung kann die Speisung
des anderen Rohrsystems ihren normalen Wert beibehalten oder ebenfalls auf 15 bis
4o% gesenkt werden. Die Leistung der Feuerung 8 wird derart eingeregelt, daß die
Dampftemperatur am Austritt des Überhitzers 20 800/0 der normalen Betriebstemperatur
des Dampfes nicht unterschreitet. Dies ist möglich, weil der Niederdruck-Zwischenüberhitzer
31 gekühlt ist und durch die Feuerung keinen Schaden nehmen kann.
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Die Turbinenanlage erhält jetzt die geringe benötigte Dampfmenge im
wesentlichen aus dem von der Feuerung 8 beheizten Rohrsystem. Der restliche Teil
des Dampfes aus dem gleichen Rohrsystem wird vor seiner Wiedervereinigung mit dem
aus der Mitteldruckstufe 2 austretenden Dampf in dem Einspritzkühler 35 mittels
der Einspritzvorrichtung 46 gekühlt. Vorteilhaft wird dabei das Ventil 48 in Abhängigkeit
von der Temperatur des Dampfes in der Leitung 3o nach der Vermischung geregelt.
Auch die durch das Ventil 49 geregelte Einspritz-Wassermenge des Einspritzkühlers
41 kann in Abhängigkeit von der Temperatur des diesen Kühler verlassenden Dampfes
beeinflußt werden. Das ist in der Zeichnung durch gestrichelte Linien (t) angedeutet.
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Es genügt, die Niederdruckstufe 3 nur im gleichen Maße wie die ersten
beiden Stufen der Turbinenanlage mit Dampf zu beschicken, während der restliche
Dampf über das Ventil 39 und den Einspritzkühler 41 in den Kondensator 9
geleitet wird. Auf diese Weise behält die Turbine in allen
Teilen
etwa ihre Betriebstemperatur bei, und es können nach Beendigung der Unterbrechung
in kürzester Zeit der gesamte überhitzte Dampf auf die Turbine geleitet und die
Speisewassermenge und die Feuerleistung erhöht werden.
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Die Feuerungen 6 und 8 können von beliebiger Art sein, beispielsweise
Gas-, Öl- oder Kohlenfeuerungen. Da Kohlenfeuerungen im allgemeinen eine spezielle,
mit Öl oder Gas betriebene Zündfeuerung geringerer Leistung benötigen, ist es oftmals
von Vorteil, diese Zündfeuerung beispielsweise bei der Feuerung 6 in der Zeit zu
verwenden, in der der Hochdruck-Zwischenüberhitzer 27 nur schwach gekühlt ist.