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Verfahren zur Herstellung von Thomasstahl Die Wirtschaftlichkeit des
Thomasprozesses ist im wesentlichen, von der Temperatur des Roheisens abhängig,
mit der es in den Thomaskonverter gefüllt wird. Es ist bekannt, daß ein Thomasroheisen
von hoher Temperatur und Dünnflüssigkeit gegenüber einem solchen von geringerer
Temperatur kürzere Chargendauer, geringeren Auswurf, weniger Mündungsbären, Vergrößerung
der Kühlschrottmenge, ein höheres Ausbringen und weitere metallurgische Vorteile
im Konverter ergibt.
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Die Möglichkeiten im Hochofen und im Mischer, diese Forderungen des
Thomasstahlwerkes zu erfüllen, sind begrenzt. Dort, wo die Zusammensetzung des Möllers
es zuläßt, kann man versuchen, durch Arbeiten mit basischer Schlackenführung und
erhöhtem Koksverbrauch ein ideales Thomasroheisen mit niedrigem Siliziumgehalt und
hoher Temperatur zu erzeugen. Die Grenze wird durch die Wirtschaftlichkeit und durch
die entstehenden Schwierigkeiten des Ofenganges gezogen. Die basische Schlackenführung
neigt stärker zu Hängeerscheinungen und bringt die Gefahr mit sich, daß die Schlacke
in ihren Laufeigenschaften ungünstig beeinflußt wird und Ofenstörungen hervorruft.
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Man ist daher bestrebt, nach dem Abstich jeden Temperaturverlust zu
vermeiden, z. B. durch Abdecken der Rinnen, starke Isolierung der Pfannen, überdeckte
Pfannen u. dgl. Auch am Mischer wird versucht, durch Beheizung und geeignete Isolierung
die Temperatur des flüssigen Einsatzes möglichst hoch zu halten oder sogar noch
etwas zu steigern. Leider bringt die Mischerbeheizung nur Temperaturerhöhungen
von
2o bi s^3o° C, so ,daß. in-_ günstigsten Fällen das'- Eisen -mit höchstens
etwa 134o° C dem Thomaskonverter zugeführt werden kann.
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Die vor dem Kriege und während des Krieges entwickelten Verfahren,
eisenarme saure Erze Wirtschaftlich zu Thomasroheisen und Thomasstahl zu verarbeiten,
sind in der Praxis nur als Notlösuqg angesehen worden und haben sich nicht, wie
ursprünglich erwartet, so eingeführt. Letzten Endes scheiterten sie daran, daß alle
Entschwefelungsverfahren, sei es mit fester oder flüssiger Soda oder sonstigen Entschwefelungsmitteln,
einen untragbaren Temperaturverlust mit sich brachten und den Blasvorgang im Konverter
ungünstig beeinflußten. Hinzu kamen die bekannten Schwierigkeiten beim Entschlacken,
Eisenverluste, _Belästigung durch Sodarauch u. dgl.
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Dies ist um so bedauerlicher, als, der Grund-. gedanke, d. h. der
Übergang auf eine saure Schlaklcenführung, Verzicht auf Kalkstein und Manganträger,
zweifellos neben einem ungestörten Ofengang eine große Koksersparnis erbringt und
damit an sich die Voraussetzung schafft;-eisenarme saure Erze wirtschaftlich zu
verarbeiten.
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Die aufgezeichneten Schwierigkeiten -werden noch verstärkt durch unvermeidbare
Schwankungen, denen der Hochofenbetrieb unterliegt. Unvorhergesehene Änderungen,
z. B. -in der Zusammensetzung des Möllers oder in der Qualität des .Hochofenkokses,
Störungen im Ofengang, Wassereinbrüche durch lecke Formen u. dgl. machen es unmöglich,
ein konstant gleichmäßiges Roheisen vonidealer Zusammensetzung und guten-physikalischen
Eigenschaften zu erzeugen. Ausfallabstiche werden entweder mit Bedenken dem Mischer
zugeführt und, verschlechtern die Qualität des Mischereisens, oder sie werden in
Form von festem Eisen wieder eingeschmolzen. Diese Fälle sind zahlreich genug und
dem Fachmann hinreichend bekannt: Sie können unter Umständen die Wirtschaftlichkeit
des Stahlwerkes untragbar beeinflussen.
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Der Erfindung liegt nun die Aufgabe zugrunde; der Forderung des Thomasstahlwerkes
nach einem Roheisen von möglichst idealer Zusammensetzung, d. h. mit etwa 3,5 bis
3,8 % C, o,2 bis o,5 % Si, o,8 bis 1,2 % Mn, 1,7 bis 1,9 % P und 0,04 bis 0,o6 %
S, unter Verwendung von minderwertigem, insbesondere im Hochofen im sauren bzw.
supersauren Schmelzverfahren erschmolzenem Roheisen mit niedrigem Mangangehalt und
gegebenenfalls hohem Schwefelgehalt als Ausgangsstoff in tunlichst vollkommener
und wirtschaftlicher Form gerecht zu werden.
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Zur Lösung dieser Aufgabe wird gemäß der Erfindung vorgeschlagen,
aus einem minderwertigen Roheisen der vorstehend bezeichneten Art, gegebenenfalls
unter Zusatz von Stahlschrott od. dgl., in- einem neutral oder basisch zugestellten
Kupolofen, welcher mit einer über den normalen Satz hinausgehenden Menge Brennstoff,
insbesondere auch solchem von minderwertiger Qualität, und mit Heißwind von etwa
400° C und mehr reduzierend als-..Gasgeqierator unter- Führung; einer. verhältnismäßig
großen Menge basischer Schlacke betrieben wird, ein Thomasroheisen mit einer AusflußteTperatur
von über -1q.00° C, vorzugsweise von 150o bis leoo° G und mehr, zu erschmelzen,
welches mit einer Aufgabetemperatur von über 1350° C, vorzugsweise von 140o bis
150o° C und mehr, unmittelbar oder unter Einschaltung eines Mischers in denThomaskonverteraufgegeben
und zuThomasstahl gefrischt wird.
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., Unter basischer Schlacke ist dabei eine solche zu verstehen, die
erheblich mehr basische Bestandteile als die normale Schlacke aus dem sauren Kupolofen
enthält und- bei -welcher demgemäß das Verhältnis
einen Wert von über 0,8, vorzugsweise von i und mehr, erreicht.
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Vor dem- Thomaskonverter oder dem Mischer wird also ein Kupolofen
eingeschaltet, der erstens vorzugsweise eine neutrale oder basische Ausmauerung
oder Ausstampfung besitzt und nach Bedarf kontinuierlich arbeiten kann, zweitens
mit heißem, gegebenenfalls mit Sauerstoff angereichertem Gebläsewindvorzugsweise
von über 40o° C, z. B. 50o bis 60o° C und auch mehr, 'betrieben wird, wotiei die
Erhitzung: dieses Windes in einem von den Kupolofenabgasen erhitzten Rekuperator
oder auch in vorhandenen Cowpern des Hochofenbetriebes erfolgen kann, drittens mit
einer basisch geführten Schlacke in einer Menge betrieben wird, welche den erforderlichen
Reduktionsvorgängen und der Zus'ammensetzüng des Roheisens entspricht und durch
welche die Überhitzung und die Reinigung des erschmolzenenEisens günstig beeinflußtwird,viertens
mit einem Kokssatz arbeitet, der über den reinen Schmelzbedarf hinausgeht und noch
reduzierende Vorgänge züläßt, wobei vorzugsweise kleinstül"-kiger und auch anderer
minderwertiger Brennstoff Anwendung finden kann, und fünftens nach Bedarf als Gasgenerator
arbeiten kann, wobei. ein Teil des erzeugten Gases unter Nachverbrennung desselben
zur Windvorwärmung ausnutzbar ist.
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Der Ofenmantel und die Blasformen selbst werden vorzugsweise durch
Wasser gekühlt.
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. Man ist in der Lage, in einem. solchen Kupo.lofen nicht nur Schmelzarbeit
an Roheisen und Schrott zu leisten, sondern auchReduktionen durchzuführen und Temperatursteigerungen
des flüssigen Schmelzgutes auf 150o bis 160o° C vorzunehmen. Infolgedessen gelingt
es in weiterer Ausbildung des erfindungsgemäßen Verfahrens, die für das Thomasroheisen
erforderlichen Legierungselemente, wie insbesondere Mangan und Phosphor, als Erze
bzw. Oxyde oder auch als Schlacke in den Kupolofen aufzugeben, da sie dort reduziert
werden und in die flüssige Schmelze übergeben. Die Legierungselemente können im
übrigen aber auch als Ferrolegierungen zugegeben werden.
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Das neue Verfahren gewährleistet die wirtschaftliche Herstellung von
Thomasstahl aus im sauren
oder supersauren Schmelzverfahren im Hochofen
erschmolzenem Roheisen mit niedrigerem Mangan-und hohem Schwefelgehalt, welches
gemäß der Erfindung gegebenenfalls ohne vorherige Entschwefelung in einem vorgeschalteten
Kupolofen der vorbeschriebenen Art und Wirkungsweise ohne weiteres zu einem idealen
Thomasroheisen von hoher Temperatur umgeschmolzen werden kann.
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So gelingt es z. B., ein supersaures Roheisen von etwa folgender Zusammensetzung:
z,8 % C, i % si, o,¢ 0/0, Mn, i,8 %a P und o,5 °/0 S, unter geringem Zusatz von
Manganträgern gemäß dem neuen Verfahren in ein hervorragendes Thomasroheisen von
einer Temperatur von 1550° C und mehr zu überführen und dieses alsdann unmittelbar
oder unter Einschaltung eines Mischers in den Konverter aufzugeben.
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.Die im Kupolofen entstehenden Umschmelzkosten werden durch die Kalk-
und Kokseinsparung im Hochofen mehr als ausgeglichen, so daß als ganz besonderer
und hervorstechender Vorteil des neuen Verfahrens zum mindesten' für den Thomaskonverter
die hohe Temperatur und Dünnflüssigkeit des Eisens und die damit verbundenen günstigen
metallurgischen Ergebnisse hervorzuheben sind. Ein weiterer Vorzug ist das bessere
Ausbringen an Mangan im basisch betriebenen Kupolofen gegenüber dem Einsatz im Hochofen.
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Darüber hinaus bietet das neue Verfahren noch den Vorteil, daß die
hohe Temperatur des eingesetzten Thomasroheisens es gestattet, den Verblasevorgang
im Thomaskonverter gegenüber dem normal üblichen Betrieb erheblich abzukürzen, wodurch
sich ein geringerer Abbrand ergibt, und ferner die im Thomaskonverter als Kühlmittel
in fester Form gesetzte Menge an Stahlschrott oder auch an Roheisen erheblich über
das normal übliche Maß zu steigern, wodurch sich weiterhin Ersparnisse in den Gestehungskosten
des Thomasstahles einstellen. Die hohe Temperatur des Eisens gestattet es fernerhin,
für den Thomasprozeß ein Eisen mit niedrigerem Phosphorgehalt zu verwenden (gegebenenfalls
sogar unter 1,4. 0/0) .
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Das neue Verfahren versetzt den Hochofen- und Thomasstahlwerksbetrieb
außerdem in die Lage, jegliche Form von Ofenstörungen im normal basisch oder auch
sauer geführten Hochofenbetrieb aufzufangen, und gibt dem Hochofenbetrieb darüberhinaus
die Freiheit, ohne Rücksicht auf die Forderungen des Thomasstahlwerkes einen beliebigen
schlackengerechten Möller nach rein wirtschaftlichen Erwägungen zu führen, wobei
die Gesichtspunkte eines möglichst niedrigen Koksverbrauches und eines geringen
Fe O-Gehaltes in der Schlacke im Vordergrund stehen.
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Im übrigen ist es fernerhin möglich, das Einsatzeisen für den Kupolofen
ganz oder teilweise in granulierter Form zu verwenden, wobei in dem Kupolofen ebenfalls
feinstückiger Koks oder anderer minderwertiger Brennstoff benutzt werden kann. Als
Einsatzgut für den Kupolofen können lieben minderwertigem Roheisen auch Stahlschrott,
Eisenerz, bzw. Erzsinter, sowie Erz. oder Eisen.in anderer Form enthaltende Formlinge
Verwendung finden.
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Auch steht nichts im Wege, das Einsatzeisen für den Kupolofen ganz
oder teilweise in flüssigem Zustand in diesen aufzugeben.
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Nach dem Erschmelzen im Kupolofen kann erforderlichenfalls das Rinneneisen
auch noch einem Entschwefelungsvorgang beliebiger Art unterworfen werden, da die
hohe Temperatur des Eisens einen verhältnismäßig weiten Spielraum der Temperaturerniedrigung
zuläßt.