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Verfahren zum Formen gewölbter Sichtscheiben aus warmformbarem Kunststoff
Zusatz zum'Patent 883 636
Das Patent 883 636 schützt ein Verfahren zum Formen gewölbter
Sichtscheiben aus warmformbaren Kunststoffen, insbesondere aus Polyacrylsäureestern,
bei dem die Scheibe durch einen Rahmen am Rand festgespannt und mehrstufig geformt
wird. Das Verfahren nach dem Hauptpatent besteht darin, daß die durch die Wärme
plastisch gemachte Kunststoffplatte in an sich bekannter Weise durch Über- oder
Unterdruck über das Maß der endgültigen Formung hinaus vorgeformt wird und anschließend
in noch warmem Zustande gegen einen Formkörper von der gewünschten Endgestalt zur
Anlage gelangt.
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Die Erfindung betrifft eine weitere Entwicklung des Verfahrens nach
dem Hauptpatent, und zwar mit dem Ziele, bei gemäß dem Hauptpatent hergestellten
Sichtscheiben gute optische Eigenschaften zu erzielen und hierauf bei der Durchführung
des Verfahrens wie auch bei der Schaffung einer dazu geeigneten Vorrichtung besonders
Bedacht zu nehmen. Dabei geht die Erfindung davon aus, daß die Schaffung und Wahrung
guter optischer Eigenschaften der gewölbten Sichtscheiben davon abhängt, daß ihre
äußeren und inneren Oberflächen planparallel verlaufen und daß dieser Verlauf auch
nicht durch die Fertigungsmaßnahmen beeinträchtigt wird.
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Um solche geformten Gebilde aus warmformbaren Kunststoffen herstellen
zu können, paßte man die Verfahren immer mehr den Forderungen an, die
gerade
bei einer bestimmten Sichtscheibengestalt vorhanden sind. Sind die Formen aber sehr
kompliziert, d. h. verlangen sie eine große Streckung des Materials, dann ist vor
allem die Forderung nach einer guten Optik der Scheibe bisher nicht vollkommen zu
erfüllen gewesen.
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Wohl ist es bei der Formgebung mittels Matrizen bekannt, zur weitestgehenden
Vermeidung von Oberflächenbeschädigungen und optischer Störungen der Scheibe zwischen
diese und die Matrize ein Schmiermittel einzufügen; doch war man sich darüber im
klaren, daß bei Anwendung größerer Drücke, die immer dann auftreten, wenn das Material
während des Formvorganges hoch beansprucht wird, die Schmiermittel durch den Druck
weggedrückt werden. Aus diesem Grunde hat man die Matrize mit Textilstoffen überzogen,
die noch mit Schmiermittel getränkt werden. Aber auch diese Hilfsmittel konnten
nicht verhindern, daß die in den meisten Fällen noch warme und daher empfindliche
Oberfläche des organischen Glases Eindrücke erhielt und beide Oberflächen somit
ihre Planparallelität verloren. Man ging sogar so weit, daß man ein Flüssigkeitspolster
zwischen Matrize und Scheibe einfügte, um auf jeden Fall das Eindrücken der Unebenheiten
der Matrize in die Scheibenoberfläche zu vermeiden. Man gelangte schließlich zu
der Erkenntnis, daß nicht nur die gegebenenfalls vorhandenen Unebenheiten einer
Matrize Ursache schlechter Optik sind, sondern daß es in jedem Falle vermieden werden
muß, daß die Scheibenoberfläche mit einem starren Körper in Berührung kommt. Die
Zwischenschaltung eines Flüssigkeitspolsters zwischen Matrize und organischer Glasscheibe
begegnet aber außerordentlichen Schwierigkeiten, da es bislang noch nicht vollkommen
gelungen ist, eine solche Flüssigkeit zu finden, die bei den verhältnismäßig hohen
Drücken diesen standhält, ohne wegzufließen.
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Obgleich das Verfahren nach dem Hauptpatent eine besonders vorteilhafte
Herstellungsweise der in Rede stehenden Sichtscheiben ermöglicht, kann es gleichwohl
im Hinblick auf die angestrebte Erzielung völlig einwandfreier optischer Eigenschaften
der Sichtscheiben noch weiter vervollkommnet werden.
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Zu diesem Zweck schlägt die Erfindung grundsätzlich vor, während
der zweiten Stufe des Verfahrens nach dem Hauptpatent zwischen dem über sein Sollmaß
hinaus verformten Werkstück und dem seine Endgestalt bestimmenden Formkörper eine
Gleitmittelschicht vorzusehen, unter deren Zwischenschaltung sich das Werkstück
auf den Formkörper der Endform anlegt.
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Die erfindungsgemäße Einschaltung einer Gleitmittelschicht zwischen
dem Werkstück und seinem Endformkörper hat die Wirkung, daß sich zwischen beiden
ein Flüssigkeitspolster bildet und dieses einen überall gleichmäßigen Formänderungsvorgang
insbesondere auf beiden Oberflächen des Werkstückes bei seinem Übergang in die endgültige
Form gewährleistet. Hierbei ist es von besonderer Bedeutung, daß sich das Zurückformen
des überdehnten Werkstückes lediglich auf Grund seiner inneren Spannungen vollzieht
und diese niemals so groß sind, daß das Werkstück beim Anlegen auf die Form während
der Rückformstufe das Gleitmittel oder Flüssigkeitspolster auf dieser fortdrücken
kann. Dadurch wird die vollständige Einschaltung und Aufrechterhaltung des Flüssigkeitspolsters
während des gesamten Endformungsvorganges und damit die Erzielung der angestrebten
guten optischen Eigenschaften des fertigen Werkstückes gewährleistet.
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Zur Berücksichtigung und Beherrschung der thermischen Vorgänge während
der beiden Verformungsstufen nach dem Hauptpatent schlägt die Erfindung weiterhin
vor, daß das Aufbringen der Gleitmittelschicht auf den Formkörper im Zuge des gesamten
Formungsvorganges in derselben Vorrichtung wie die übrigen Verformungsstufen erfolgt.
Hierzu sei hervorgehoben, daß ein - gleichmäßiger Verlauf des thermischen Vorganges
sowie eine möglichst gleichmäßige Temperaturverteilung über die Werkstückoberfläche
von besonderer Bedeutung für die obenerwähnte Wirksamkeit des Gleitmittelpolsters
während der Endformgebung ist.
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Außerdem hat die Durchführung des gesamten Formgebungsvorganges in
einer einzigen Vorrichtung nicht nur wirtschaftliche Bedeutung, sondern sie gewährleistet
auch eine weitestgehende Schonung des äußerst empfindlichen Werkstoffes; der nunmehr
lediglich einmal erwärmt zu werden braucht.
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Ferner entfällt die bisher notwendige Beförderung des Werkstückes
von einer ersten zu einer zweiten Vorrichtung.
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Die Erfindung ist im nachstehenden an Hand eines Ausführungsbeispieles
näher erläutert, das sich auf die Formung einer gewölbten Sichtscheibe aus warmformbarem
Kunststoff bezieht, und zwar an Hand der Zeichnung, welche das Verfahren nach der
Erfindung in verschiedenen Stellungen der zu seiner Durchführung dienenden Vorrichtung
während des Formgebungsvorganges im senkrechten Längsschnitt zeigt.
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Fig. I zeigt die Einspannung des Werkstückes vor Beginn des Verformungsvorganges;
in Fig. 2 ist die erste Formungsstufe mit der weitesten Ausdehnung des Werkstückes
dargestellt, während Fig. 3 die Vorbereitungsstellung zur zweiten Formungsstufe
und Fig. 4 diese selbst veranschaulicht Die Vorrichtung für die Durchführung der
Erfindung besteht aus einem Kasten I, der einen schematisch angedeuteten Niederhalter
2 besitzt, über dem eine Haube 3 angebracht ist. Diese besitzt ein Ventil 4, welches
das Absaugen der zwischen Scheibe 5 und Haube 3 befindlichen Luft ermöglicht. Die
Scheibe 5 ist in den Niederhalter 2 eingespannt. Innerhalb des Kastens I befindet
sich ein Schmiermittelbad 6, das z. B. aus einem zähflüssigen 01 od. dgl. besteht.
Innerhalb des Ölbades ist die Matrize 7 angeordnet, deren Säulen 8 hydraulisch durch
Zylinder 9 verschiebbar sind. Die Zuleitungen IO dienen der Zuführung eines Druckmittels.
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Die z. B. auf etwa I500 erwärmte, also plastische, ebene organische
Glasscheibe 5 wird in den Niederhalter 2 eingespannt; daraufhin wird in dem zwischen
Scheibe 5 und Haube 3 befindlichen Raum ein Vakuum erzeugt, so daß sich die Scheibe
zu der in Fig. 2 dargestellten Gestalt verformt. Dann wird die in dem Ölbad befindliche
Matrize 7 nach oben gefahren, wobei das zähflüssige 01 an ihrer Oberfläche so lange,
wie zur Durchführung des Verfahrens nötig ist, haftenbleibt, wenngleich es an den
Seiten abtropfen wird. Wenn sich die Matrize 7 in der richtigen Lage befindet (Fig.
3), wird das Ventil 4 geöffnet, so daß Luft in den zwischen Scheibe 5 und Haube
3 befindlichen Raum einströmt. Nun kann die Scheibe ihrer inneren Spannung nachgeben
und sich, am höchsten Punkt der Matrize 7 beginnend, auf diese auflegen. Liegt die
Scheibe überall gleichmäßig auf, dann wird sie, gegebenenfalls nach einer Kühlung,
so lange auf der Matrize belassen, bis sie weit genug erstarrt ist, um aus der Vorrichtung
herausgenommen zu werden.
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Anstatt eines Vakuums kann auch eine Matrize aus elastischem Werkstoff
oder das Flüssigkeitsbad 6 selbst die Verformung der Scheibe vornehmen. Auch kann
hierfür ein zwischen das Flüssigkeitsbad 6 und die Scheibe 5 eingeführtes gasförmiges
Druckmittel verwendet werden. Anstatt die Matrize hoch zu bewegen, kann man die
Vorrichtung auch so einrichten, daß sich z. B. der Niederhalter mit der Haube 3
nach unten bewegt oder daß sich diese beiden Teile gegeneinander verschieben lassen.
Alles dies sind Möglichkeiten, die im Rahmen der Erfindung je nach den Erfordernissen
abgeändert werden können.
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Das erfindungsgemäße Verfahren läßt sich auch mit zwei starren Matrizen
durchführen, die dann beide bei starren Niederhaltern verschiebbar gelagert sein
müssen. Bei der Ausbildung dieser Vorrichtung kann man die Vorformmatrize als Hülse
ausgestalten, welche, die innere umgreifend, die Vorformstufe durchführt, während
die die endgültige Form der Scheibe besitzende Matrize der Vorformmatrize nacheilend
bewegt wird.