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Dem menschlichen Körper anzupassende Formkörper für chirurgische und
orthopädische Zwecke
Die Erfindung l)etrifft dem menschlichen Körper anzupassende
Formkörler für chirurgische und orthopädische Zwecke, die beim Anpassen plastisch
sind und nach der Anpassung starr werden, wie z. B. Steifverbände, Bruchhänder,
Schienen, künstliche Gliedmaßen und orthopädische Fußstützen.
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Für Steifverbcinde hat man hisher Gipsbinden verwendet, d. h. Slullbinden,
in die Gips eingestreut bzw, eingeschlossen ist. I)ie Verwendung von Gips für Steifverlände
hat jedoch erhebliche Nachteile: Gips ist stark hygroskopisch und wird bei Aufnahme
geringer Feuchtigkeitsspuren unbrauchbar, I)er Gips bzw. die Gipsbinden müssen daher
sorgfältig trocken gelagert bzw. besonders gut verpackt werden. Die Herstellung
eines Steifverhandes mit Gipsbinden ist ferner sehr umständlich. Die Gips-Binde
muß einige Zeit in warmes Wasser getaucht werden, sie wird dann etwas ausgedrückt.
um ein gleichmäßiges Durchfeuchten des Gipses zu ererreichen, und dann angelegt.
Dieses Arbeiten mit Gips ist unsauber und unangenehm und erfordert einen besonderen
bzw. im Winter einen geheizten Kaum. Nach dem Anlegen des Verbandes dauert es noch
etwa Il/2 Stunde, bis der Steifverband bzw. der Verhand trocken und hart wird. Um
dieses Trocknen zu beschleunigen, sind Lichtbogenlampen erforderlich. Es besteht
die Gefahr der Kälteeinwirkung auf den über längere Zeit feucht lJleihenden Verband.
Da ferner das Anlegen und Trocknen bzw. Erhärten des Verbandes längere Zeit in Anspruch
nimmt, so besteht auch die große Gefahr, daß die Bruchenden sich verschieben, Ein
großer Nachteil ist auch darin zu sehen. daß nach dem Anlegen des Verbandes dieser
nicht mehr
korrigiert werden kann. Es entstehen leicht Scheuer-
und Druckstellen bzw. Entzündungen oder aher ein Ausheilen von Knochenbrüchen in
nicht achsengerechter Stellung. Bei Stauungen, Schwellungen, Entzündungen usw. muß
der Gipsverband aufgeschnitten und neu angelegt werden.
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Zum Aufschneiden des Verbandes sind besondere Werkzeuge erforderlich.
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Gipsverbände haben ferner den Nachteil, daß eine Röntgenkontrolle
kaum möglich ist, da Gips ein sehr stark schattengebendes Material ist und der Gipsverband
in der Regel eine beachtliche Dicke aufweist. Schließlich wird ein Gipsverhand auch
deshalb als sehr unangenehm empfunden, weil Gips außerordentlich schwer ist.
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Alle diese Mängel werden mit den neuen dem menschlichen Körper anzupassenden
Formkörpern für chirurgische und orthopädische Zwecke beseitigt. Nach der Erfindung
besteht dieser Formkörper aus einer thermoplastischen Kunstharzmasse, die bei einer
Temperatur von oo bis 80° C erweicht, und es ist in dem Formkörper ein an eine Stromquelle
anschließbarer elektrischer Heizwiderstand vorgesehen. Dieser elektrische Heizwiderstand
besteht z, B. aus elektrischen Heizdrähten, z, B, Chromnickeldraht, die gleichmäßig
verteilt in die Formkörper eingebettet sind.
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Mit dieser elektrischen Erhitzung wird der thermoplastische Formkörper
erweicht, um ein Anpassen bzw. Abnehmen desselben zu ermöglichen.
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Da die vorgenannten Temperaturen nur kurzzeitig beim Anlegen bzw.
Anpressen dieser Formkörper auftreten, so werden diese nicht unangenehm empfunden.
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Zweckmäßig können außerdem diese neuen Formkörper aus thermoplastischen
Kunstharzen noch mit einem Wärmeschutzmantel aus einem Textilstoff od. dgl. überzogen
sein.
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Für die neuen Formkörper sind verschiedene thermoplastische Kunstharze
geeignet, z. B. Polyvinylacetat. Dieses wird bei 700 C erweicht und zerschmilzt
bei einer Temperatur von etwa 1200 C.
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Bei Erreichung einer Temperatur von 60 bzw.
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700 C werden diese thermoplastischen Kunstharze plastisch bzw. weich
und sind in diesem Zustand von Hand beliehig verformbar, können am Körper anmodelliert
werden, d. h. die Formkörper können mit Druck oder durch Kneten dem menschlichen
Körper angepaßt werden.
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Nach der Abkühlung, die nur wenige Minuten dauert, werden diese Formkörper
starr und sehr fest. Die Härte und Bruchfestigkeit ist etwa doppelt so groß wie
diejenige von Gips. Ein großer Vorzug der Formkörper nach der Erfindung ist darin
zu sehen, daß diese wiederholt und beliebig oft verwendbar sind, d. h. daß beispielsweise
nach elektrischer Beheizung ein solcher Steifverband abgenommen bzw. auch neu angepaßt
werden kann.
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Bei schlechter Stellung von F§ruchenden ist also eine sofortige und
beliebig oft vorzunehmende Korrektur möglich, d. h. auch eine ständige Kontrolle
und Korrekturmöglichkeit während der Ausheilung.
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Die neuen aus wärmeplastischen Massen bestehenden Formkörper sind
unabhängig von Feuchtigkeit und Verpackung. Sie sind ferner völlig raumunabhängig,
d. h. Steifverbände nach der Erfindung können auch im Freien und auch im Winter
sofort an der Unfallstelle, z. B. Verkehrsunfälle, Bergunfälle, ohne besondere Hilfsmittel,
z. B. warmes Wasser, angelegt werden. Es ist lediglich eine Stromquelle, z. B. eine
Batterie, erforderlich. Das Anlegen solcher Steifverbände ist eine saubere Arbeit,
d. h. es tritt kein Verschmutzen der Hände, der Wunde, der Wäsche usw. ein. Da eine
geringe Heizleistung, ähnlich der eines Heizkissens zur Erweichung der neuen Formkörper
bzw. Steifverbände genügt, so vergehen nur wenige Minuten bis zum Eintritt der Modellierbarkeit.
Die neuen Formkörper sind also praktisch sofort verwendungsfähig.
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Gegenüber Gips hahen die neuen Formkörper aus thermoplastischen Kunstharzen
den großen Vorzug der vollständigen Strahlendurchlässtgkeit für Röntgenstrahlen.
Es ist also möglich. l'ei Steifverbänden nach der Erfindung eine Röntgen- bzw. nurchleuchtungsaufnahme
zu machen. Es können ferner Knochenbrüche unter direkter Röntgenkontrolle eingerichtet
werden und während dieser Durchleuchtung der Verband in wenigen Sekunden richtig
anmodelliert werden.
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Gegenüber Gips hat ferner der neue Steifverband den Vorzug eines
geringen Gewichtes, da thermoplastische Kunstharze etwa nur halb soviel wiegen wie
Gips.
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In der Zeichnung ist die Erfindung in verschiedenen Ausführungs-
und Anxvendungsbeispielen näher erläutert. Es zeigt Fig. I einen aufgerollten Formkörper
nach der Erfindung, Fig. 2 einen Querschnitt nach l.inie II-II der Fig. I, Fig.
3 eine Draufsicht auf den abgewickelten Formkörper, Fig. 4 einen Steifverband mit
Armschiene, Fig. 5 einen Querschnitt nach Linie V-V der Fig. 4 durch diesen Verband,
Fig. 6 eine Armschiene mit Stützvorrichtung in schaubildlicher Darstellung, Fig.
7 die zugehörige Ahwicklung, Fig. 8 ein Steifbett, Fig. g einen Querschnitt durch
dieses Steifhett, Fig. Io einen Steifverband für einen Schlüsselbeinbruch in Ansicht;
Fig. 1 1 und I2 zeigen diesen Verband angelegt; Fig. I3 zeigt einen Becken- und
Beinsteifverband, Fig. I4 einen Halssteifverband, Fig. 15 einen Gesichtssteifverband,
Fig. I6 ein Bruchband, Fig. 17 eine Fußprothese, Fig. 18 die schaubildliche Ansicht
eines in diese Prothese eingesetzten Formkörpers Fig. 19 einen Fuß mit orthopädischer
Fußstütze, Fig. 20 eine Draufsicht auf diese Fußstütze.
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In Fig. I bis 3 ist mit 1 ein aus thermoplastischem Kunstharz bestehen
der Streifen bezeichnet,
der nach Fig. 3 im abgewickelten Zustand
ebene Form hat und der nach Erweichen nach Fig. I in Form einer Nfullbinde zusammengerollt
werden kann. In den Streifen I ist ein elektrischer Heizdraht 2 eingebettet. dessen
Enden an Steckerbuchsen 3 angeschlossen sind. Bei genügender Stärke des Streifens
I sind diese Buchsen 3 zweckmäßig in den Streifen eingebettet. Die Buchsen 3 werden
mit einem Kabel an eine beliebige Stromquelle, und zwar die üblicherweise vorhandene
elektrische Leitung oder aber eine Akkumulatorenbatterie od. dgl., angeschlossen.
Der Streifen 1 wird dann in wenigen Minuten erweicht, so daß der Streifen von der
in Fig. 1 dargestellten Rolle abgewickelt werden kann. Ein solcher elektrisch heheizter
wärmeplastischer Kunstharzstreifen kann sowohl als Binde als auch als Schiene Verwendung
finden. Bei einer Binde wird die Stärke dieses Streifens zweckmäßig kleiner gewählt
und dafür die Länge des Streifens größer. mgekehrt wird man bei Verwendung einer
Schiene 4. wie sie in Fig. 4 und 5 leispielsweise als Armschiene gezeigt ist, die
Stärke des Streifens entsprechend größer wählen und die Länge der Arm- bzw. Beinlänge
anpassen.
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Da im erweichten Zustand der thermoplastische Streifen weich und
verformbar ist. so kann er sowohl bei einer Binde als auch bei einer Schiene dem
betreffenden Körperteil gut angepaßt bzw. anmodelliert werden. Dies hat den Vorteil,
daß der Streifen im ebenen Zustand hergestellt und erst im erweichten Zustand angepaßt
wird. So ist in Fig. 5 gezeigt, wie der ursprünglich ebene Streifen halbkreisförmig
um den Arm 5 herumgelegt bzw. anmodelliert und dann mit einer Mullbinde 6 festgelegt
wird.
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Um eine Atmung der Haut zu ermöglichen bzw. einen Luftaustausch zu
erzielen, können erfindungsgemäß nach Fig. 2 und 3 in den Streifen I in geeigneten
Abständen noch oesen 7 aus Isoliermaterial eingebettet sein.
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In Fig. 6 und 7 ist eine Armschiene 8 aus elektrisch beheiztem thermoplastischem
Kunstharz gezeigt, die mit einer Stützvorrichtung 9 verbunden ist. Diese Schiene
und Stützvorrichtung kann nach Fig. 7 gegebenenfalls in der Ebene in einem Stück
hergestellt werden, wobei im Sinne der Erfindung gleichmäßig verteilt elektrische
Heizdrähte 2 eingebettet werden. Nach Erweichung dieser Vorrichtung durch elektrische
Beheizung kann diese zur Verpackung und zum Transport auf kleinstem Raum zusammengerollt
und später in gleicher Weise in die Gebrauchsform nach Fig. 6 gebracht werden.
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Die Herstellung der beschriebenen und gezeigten neuen Formkörper
ist einfach. Die thermoplastischen Kunstharze können durch Schmelzen in geeigneten
Formen bzw. durch Gießen hergestellt werden. Es ist aber auch möglich, die Kunstharze
mit einem geeigneten Lösungsmittel zu lösen, dann in Formen zu vergießen und durch
Erhitzung dann das Lösungsmittel zu verdampfen.
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Zweckmäßig werden die neuen zur Herstellung von Steifverbänden, Schienen
u. dgl. dienenden Formkörper mit einem Wärmeschutzmantel aus einem geeigneten Textilstoff
überzogen. Ein solcher Wärmeschutzmantel ist bei dem in Fig. I und 3 gezeigten Ausführungsbeispiel
bei Io angedeutet. Mit diesem Wärmeschutzmantel wird eine allenfalls auftretende
zu starke Erhitzung der Haut beim Anlegen des Steifverbandes wirksam verhindert.
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In den Fig. 8 und 9 ist ein Steifbett für die Ruhigstellung der Wirbelsäule
bzw. des Beckens gezeigt, das bisher als Gipsbett bekannt ist. Für dieses Steifbett
werden zweckmäßig mehrere Platten 1 1 bzw. Schalen verwendet, die nacheinander auf
den Körper aufgelegt und anmodelliert werden.
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In Fig. IO ist ein ringförmiger Formkörper 12 nach der Erfindung
gezeigt, der einen Steifverband für Schlüsselbeinbrüche darstellt. Nach Erweichung
mittels elektrischer Erhitzung wird dieser plastische Ring I2 nach Fig. II und I2
angelegt.
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In Fig. I3 ist ein Becken und Beinsteifxerband I3 nach der Erfindung
gezeigt. Dieser kann als eine Art Kleidungsstück gegossen sein und nach Erweichen
angezogen und anmodelliert werden.
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Gegebenenfalls kann aber auch der Verband aus einzelnen Schalen bestehen,
die nach Erweichen angepaßt und mit Mullbinden festgelegt werden.
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In Fig. 14 ist ein Halssteifverband I4 nach der Erfindung zur Ruhigstellung
der Halswirbel gezeigt und in Fig. 15 ein Gesichtssteifverband 15.
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Auch Bruchbänder können unter Verwendung der neuen Formkörper hergestellt
werden. Nach Fig. I6 besteht das Bruchband I6, das bisher aus einem Stahlband hergestellt
wurde, aus einem elektrisch beheizten thermoplastischen Kunstharzband.
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In Fig. 17 ist als weiteres Anwendungsbeispiel eine Fußprothese I7,
die einen topfartigen Einsatz I8 aufweist, dargestellt. Dieser Einsatz I8 (s. Fig.
I8) besteht aus einem thermoplastischen Kunstharz mit einem eingebetteten Heizdraht
2 und Anschlußbuchsen 3. Nach Erweichen dieses Einsatzstückes I8 kann die Prothese
gut dem Beinstumpf anmodelliert und angepaßt werden, so daß ein gutes druckfreies
Sitzen der Prothese gewährleistet ist. Formkörper nach der Erfindung können auch
mit Vorteil als orthopädische Fußstützen (Platt- und Senkfußeinlagen) Verwendung
finden.
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In Fig. 19 ist eine solche Fußstütze 19 dargestellt.
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Eine derartige Fußstütze wird aus einer Platte 19 (s. Fig. 20) hergestellt,
indem sie im erweichten plastischen Zustand dem Fuß anmodelliert und bis zum Erkalten
und Starrwerden mit einer Mullbinde fixiert wird. Das Fußgewölbe kann dabei beliebig
durch Wiedererweichen und neues Anformen nachgestellt werden.