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Druckausgleich-Kolbenschieber Bei Dampflokomotiven wird bei Verwendung
von Kolbenschiebern der Regelbauart der Druckausgleich in den Zylinderräumen vor
und hinter dem Treibkolben durch besondere Druckausgleichvorrichtungen erzielt.
Demgegenüber sind neuzeitliche Kolbenschieber entwickelt, die diesen Druckausgleich
ohne besondere Vorrichtungen unmittelbar über die Ausströmkanäle bewirken.
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Die Arbeitsweise dieser bekannten Druckausgleich-Kolbenschieber beruht
im wesentlichen darauf, daß die Schieberkörper in je zwei besondere Kolbenkörper,
die äußeren und die inneren, unterteilt sind, die beim Leerlauf durch eine Schraubenfeder
auseinandergedrückt werden. Durch diese Trennung werden die Ausströmkanäle freigegeben.
Somit ist über diese der Druckausgleich zwischen den Dampfzylinderräumen vor und
hinter dem Treibkolben ermöglicht. Der beim Anstellen des Dampfes im Schieberkasten
entstehende Dampfdruck schiebt nach überwindung der Schraubenfederspannung die Kolbenkörper
wieder zusammen. Durch diese Vereinigung werden auf der Schieberstange zwei geschlossene
Schieberkörper gebildet, deren Wirkungen beim Fahren unter Dampf mit den Kolbenschiebern
der Regelbauart übereinstimmen.
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Diese Druckausgleich-Kolbenschieber zeigen jedoch folgende Schwierigkeiten,
die insbesondere auf die Verwendung von Schraubenfedern für die Üffnungsbewegung
der Kolbenkörper zurückzuführen sind: r. Die Enge des Gestaltungsraumes innerhalb
gegebener Grenzabmessungen für den Kolbenschieber bedingt hochbeanspruchte Schraubenfedern,
die Temperaturen von über 4oo° ausgesetzt sind. Trotz Verwendung erstklassigen
Stahls
bleibt die Festigkeit unzulänglich. Die Federn neigen infolge der ungünstigen Arbeitsbedingungen
zu Brüchen.
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z. Bei plötzlicher Dampfeinströmung in den Schieberkasten klappen
die Kolbenkörper infolge mangelnder Widerstandskraft der Schraubenfedern schlagartig
zusammen, so daß Formveränderungen des äußeren Kolbenkörpers eintreten.
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3. Bei plötzlicher Dampfabschaltung schnellen die inneren Kolbenkörper
so heftig an die Hubbegrenzung zurück, daß Risse und Brüche an diesen Körpern die
Folge sind.
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Die Kraft, die eine Stahlfeder dem einströmenden Dampf entgegensetzt,
wechselt zwischen der Vorspannung und der höchsten Belastung. Dieser Bereich ist
zu eng begrenzt. Der Einsatz einer Stahlschraubenfeder an dieser Stelle ist daher
als Ursache für die Schwierigkeiten unter 2. und 3. zu betrachten.
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5. Lokomotiven mit den bekannten Druckausgleich-Kolbenschiebern sind
anders und vorsichtiger zu behandeln als Lokomotiven mit Kolbenschiebern der Regelbauart.
Das einwandfreie Arbeiten ist weitgehend von der Umsicht des Lokomotivführers abhängig.
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Die hier aufgezeigten Schwierigkeiten haben häufig den Ausfall hochwertiger
Lokomotiven zur Folge.
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Vorliegende Erfindung schafft hier grundlegend Wandel. Die Arbeitsweise
des neuen Druckausgleich-Kolbenschiebers wird unter Ausschaltung der Stahlfedern
durch gasförmige Druckmittel, z. B. Druckluft oder gespannten Dampf, gesteuert.
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In der Zeichnung ist ein Beispiel der neuen Ausführungsform für Druckluftsteuerung
dargestellt. Abb. I zeigt den Dampfzylinder, den Schieberkasten mit eingebautem
Druckausgleich-Kolbenschieber, und zwar den vorderen Schieberkörper in Ruhe- und
Leerlaufstellung, den hinteren Schieberkörper in der Fahrstellung gezeichnet, und
die Luftleitung. Jeder Schieberkörper besteht aus dem inneren Kolbenkörper a mit
Ringdichtungsfläche a1, dem Innenflansch a3 und Führungsnabe a3, dem äußeren Kolbenkörper
b mit Ringdichtungsfläche b1 und der Schieberführungsbuchse c. Diese Teile werden
durch die Schieberstange d, die mit Hohlbohrung dl, Bunden d$ und Gewindemuttern
e versehen ist, getragen.
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Der innere Kolbenkörpera gleitet auf der Schieberführungsbuchse c.
Seine Hubbegrenzung erfolgt einmal durch Ansatz a= am Flansch der Schieberführungsbuchse
c, zum andernmal durch Anlage der Ringdichtungsfläche a1 an der Ringdichtungsfläche
b'. Der äußere Kolbenkörper b sitzt fest auf der Schieberstange d und ist
durch Gewindemutter e
gesichert. Durch gegenseitige Aussparungen in den Naben
der Kolbenkörper a und b sowie durch den als Abschluß wirkenden Innenflansch a=
ist eine Ringdruckkammer f gebildet. Diese steht durch die Bohrung g mit der Hohlbohrung
d' der Schieberstange d in Verbindung, Der Verschlußdeckel h des Schieberkastens
trägt die Vorkammer. i, in der die Luftleitung p mündet. Bei der Schließbewegung
des inneren Kolbenkörpers a entsteht innerhalb der Führungsnabe a3 die Bremskammer
j, die durch den Innenflansch al und den Flansch der Schieherführungsbuchse c abgeschlossen
wird.
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Abb. 1I und III zeigen das am Lokomotivführerstand befindliche Steuerventil
k, und zwar Abb. 11 in der Ruhe- und Leerlaufstellung, Ahb. 111 in der Fahrstellung.
Zwischen Druckluftbehälter, Steuerventil k und Vorkammer i ist die
Druckmittelleitung als Luftleitung p mit dem Druckmittelauslaß q schematisch dargestellt.
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Die Arbeits- und Wirkungsweise des neuen Druckausgleich-Kolbenschiebers
ist folgende: Beim Stillstand der Lokomotive befindet sich das Steuerventil k in
der in Abb. 1I gezeigten Ruhe- und Leerlaufstellung, die den Verbindungsweg zwischen
Druckluftbehälter und Ringdruckkammer f freigibt. In diesem Fall herrscht in der
Kammer Druckluft, die ihr vom Druckluftbehälter durch die Luftleitung
p über die Vorkammer i, die Hohlbohrung d' und die Bohrung g zugeführt
wird. Sämtliche, Schieberkörper der Lokomotive sind in diesem Zustand geöffnet und
befinden sich in der in Abb.I gezeichneten Ruhe- und Leerlaufstellung, weil die
in den Ringdruckkammern f herrschende Druckluft auf die in den inneren Kolbenkörpern
a befindlichen Innenflansche a= einwirkt und diese Kolbenkörper an die als Hubbegrenzung
wirkenden Flansche der Schieberfiihrungsbuchsen c anpreßt.
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Die gleiche Stellung des Druckausgleich-Kolbenschiebers wird auch
beim Leerlauf bei abgestelltem Dampf erzielt, so daß durch den Hubwechsel des Treibkolbens
der Inhalt des vorderen Zylinderraumes durch die Ausströmkanäle und die Dampfdurchlaßöffnungen
b- über die Dampfausströmleitung in den hinteren Zylinderraum geschoben wird und
umgekehrt. Durch diese Arbeitsweise ist der Druckausgleich im Dampfzylinder .vor
und hinter dem Treibkolben beim Leerlauf der Lokomotive bewirkt.
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Wird die Lokomotive vom Leerlauf zum Stillstand gebracht, so bleiben
Steuerventil k und die Kolbenkörper a und bin unveränderter Stellung.
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Auch wenn die Lokomotive wieder anfahren soll, verbleibt das Steuerventil
k zunächst in der Ruhe-und Leerlaufstellung. Nachdem wie beim Kolbenschieber der
Regelbauart Dampf gegeben ist, drückt der in den Schieherkasten einströmende Dampf
nach allmählicher L'berwindung des Luftdrucke: in der Ringdruckkammer f und unter
Mitwirkung der durch Luftverdichtung entstehenden Bremswirkung in der Bremskammer
j den inneren Kolbenkörper a mit seinen Ringdichtungsflächen a1 an die Ringdichtungsflächen
b1 des Kolbenkörpers b. Diese Kolbenkörper bilden nunmehr Schieberkörper, die in
ihren Grenzabmessungen mit den Kolbenschiebern der Regelbauart übereinstimmen und
wie diese arbeiten und wirken. Erst nach Erreichen einer Fahrgeschwindigkeit, die
im Belieben des Lokomotivführers liegt, wird (las Steuerventil k durch Rechtsdrehung
um yo` in die in Abb. 111 gezeigte Fahrstellung gebracht. In diesem Fall
entweicht die in den Ringdruckkammern f befindliche Druckluft
durch
die Bohrungen g über den Verbindungsweg Hohlbohrung d`. Vorkammer i, Luftleitung
p und Steuerventil k durch Druckmittelauslaß q ins Freie.
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Den oben unter t. bis 5. aufgeführten Schwierigkeiten bei bekannten
Schiebern werden im folgenden die Vorteile entgegengehalten, die der neue Druckausgleich-Kolbenschieber
bietet.
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Zu i. Die Verwendung eines gasförmigen Druckmittels für den Druckausgleich-Kolbenschieber
schließt Federbrüche aus. Temperaturen bleiben ohne Einfluß. Bei jeder Lokomotive
steht z.13. Druckluft oder Dampf zur Verfügung. \fit der vorhandenen Spannung kann
die Kraft, welche gegen den Druck des in den Schieberkasten einströmenden Dampfes
ausgeübt wird, innerhalb der Grenzabmessungen der Ringdruckkammer fauf (las Vielfache
der Kraft einer Schraubenfeder gebracht werden.
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Zu 2. Nach (lern Vorhergesagten ist der Bereich, in dein die W iderstaitdskraft
gegen den in den Schieberkasten einströmenden Dampf sich ändert, bei gasförmigem
Druckmittel und sinngemäßer Bedienung des Steuerventils k um ein vielfaches größer
als bei den bekannten Druckausgleich-Kolbenschiebern.
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Zu 3. Der in den Schieberkasten einströmende Dampf braucht eine längere
Geit als bei den ]xkannten Druckausgleichschiebern,um die Spannung zu entwickeln,
die erforderlich ist, um den vielfach erhöhten Widerstand aus der Ringdruckkammer
f und der durch Verdichtung des Inhalts sinngemäß mitwirkenden Bremskammer j zu
überwinden. Die Schließbewegung, die vor dem Anfahren oder vor (lern Übergang vorn
Leerlauf in Fahrt unter Dampf eingeleitet werden muß, erfolgt mithin nicht so schlagartig
wie bei den bekannten Druckausgleich-Koll>enschieberii, sondern, nach Maßgabe des
sich entwickelnden Überdrucks, sanfter.
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Zu .t. Die schädlichen Folgen plötzlicher Dampfabschaltungen werden
vermieden, wenn das Steuerventil k erst nach dem Fortnehmen des Dampfes in die Ruhe-
und Leerlaufstellung gebracht wird. Die Üffnnngsbewegung der inneren Kolbenkörper
a, die für die Leerfahrt eingeleitet werden muß, kann hierbei je nach der Betriebslage
durch sinngemäße Bedienung des Steuerventils k beim Einlassen des gasförmigen Druckmittels
in die Ringdruckkammer f so gesteuert werden, daß auch in Fällen dringender Gefahr
bei plötzlicher Druckverminderung im 1?inströmraum diese Bewegung des KolbenkÖrpers
a in schlagfreier Weise erfolgt, wobei die Bremskammer j durch eintretende Verdünnung
des Kammerinhalts mitwirkt.
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Zu j. Die Behandlung der Lokomotiven, die mit neuen Druckausgleich-Kolbenschiebern
ausgerüstet sind, erfordert gegenüber Lokomotiven mit Kolbenschiebern der Regelbauart
die gleiche, jedoch keineswegs eine erhöhte Vorsicht, wie diese bei Lokomotiven,
die die bekannten Druckausgleich-Kolbenschieber besitzen, zu beobachten ist. Auch
die Handhabung des Reglers, der Steuerung und des Steuerventils k ist bei der Schließbewegung
gleich und bei der öffnungsbewegung ähnlich wie, jedoch keineswegs schwieriger oder
umständlicher als hei Lokomotiven mit Kolbenschiebern der Regelbauart.
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An Stelle von Druckluft kann z. B. auch gespannter Dampf den Ringdruckkammern
f zugeführt werden. In diesem Fall wird entweder die vorhandene Luftleitung auf
Dampf umgestellt, oder es wird zusätzlich eine besondere Dampfleitung gelegt, die
durch den Flansch i in die Vorkammer i eingeführt wird. Diese erhält dann den für
den Dampfanschlu$ erforderlichen Entwässerungshalm -m. Die nicht benötigte Luftleitung
wird durch ein besonderes, plombierbares Absperrventil n stillgelegt.
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Die wahlweise Anwendung von Druckluft- oder Dampfsteuerung bei Druckausgleich-Kolbenschiehern
an einer Lokomotive wird z. B. dadurch erzielt, daß beide Sieuerungsarten nebeneinander
mit allen Teilen eingebaut und gebrauchsfertig gehalten werden. In diesem Fall erhält
auch die Dampfleitung vor der Vorkammer i ein plombierbares Absperrventil, so daß
von Fall zu Fall jede Steuerungsart für sich in Betrieb genommen werden kann.