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Schaufeln für Dampf- oder Gasturbinen, insbesondere Uberdruck-Laufschaufeln
für Radialturbinen Im Radialturbinenbau kann man hinsichtlich der Bauart zwischen
gegenläufigen und nicht gegenläufigen Turbinen unterscheiden. Für die Schaufelbefestigung
gibt es ebenfalls zwei grundlegende Ausführungen. Die eine Ausführung ist gekennzeichnet
durch Schaufeltragringe, welche auf beiden Seiten der Schaufeln angeordnet sind,
die andere Ausführung durch einseitige frei tragende Befestigung der Schaufeln in
der Scheibe.
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Bedeutung haben bis heute nur die gegenläufigen Dampfturbinen erhalten,
weil es nur bei diesen möglich ist, die für die Kondensationsturbine notwendige
Summe der Quadrate aller Umfangsgeschwindigkeiten der Laufschaufelreihen ganz oder
wenigstens zum weitaus größten Teil innerhalb eines für die festigkeitstechnischen
Verhältnisse noch günstigen Durchmessers ausführen zu können. Die Vergrößerung der
Beaufschlagungsdurchmesser über ein bestimmtes Maß hinaus bringt erhebliche Schwierigkeiten.
Diese Schwierigkeiten beziehen sich einmal darauf, daß man bei dem heutigen Stand
der Technik hinsichtlich des Werkstoffes nur bis zu einer Umfangsgeschwindigkeit
von etwa 185 m/sec Schaufeltragringe ausführen kann. Ein Überschreiten dieses Wertes
zwingt zum Verlassen der Schaufeltragringe. Frei tragende Schaufeln, besonders solche
für große Umfangsgeschwindigkeiten und größere Dampfdurchsatzvolumina, also auch
größere Schaufellängen, stoßen aber auf noch größere festigkeitstechnische Schwierigkeiten.
Diese Schwierigkeiten beruhen auf folgenden Umständen: Bei großen Umfangsgeschwindigkeiten
wird infolge der Begrenzung der maximalen Dampfgesch
-,vindigkeit
durch deren kritischen Wert das ausführbare Verhältnis von Umfangs- zur Dampfgeschwindigkeit
immer größer, so daß man gezwungen ist, die Beschaufelung als Überdruckbeschaufelung
auszuführen.
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.1t>1>. i zeigt die Profile einer üblichen Überdruckbeschaufelung.
Überdruckschaufeln sind dadurch gekennzeichnet, daß ihr Eintrittswinkel 2i (Alb.
i) wesentlich größer ist als ihr Austrittswinkel 22' Dies hat zur Folge, daß das
Achsenkreuz 3,-w (Abb. i) der Hauptträgheitsmomente der sich dadurch normalerweise
ergebenden Schaufelquerschnittsprofile mit der auf die Beschaufelung in radialer
Richtung wirkenden Fliehkraft einen verliältnismäßig großen Winkel x. (Abb. i) einschließt.
Es liegt hier somit der Fäll der sogenannten schiefen Belastung vor. Bei radial
beaufschlagten Laufschaufeln wirken die Fliehkräfte senkrecht zur Umfangsrichtung
und zur Schaufellängsachse und greifen gleichzeitig unter einem großen Hebelarm
auf den Schaufelfußquerschnitt an. Die so entstehenden Biegungsmomente in den Laufschaufelqtterschnitten,
besonders aber im Fußquerschnitt, werden damit außerordentlich groß und lassen sich
finit den in Axialturbinenschaufeln durch die Dampfkraft erzeugten Biegungsmomenten
nicht vergleichen. Diesen Schwierigkeiten durch die Größe der Fliehkraft überlagern
sich noch die, die durch sogenannte schiefe Belastung bei den üblichen L`berdruckprofilen
auftreten, wie oben ausgeführt wurde. Bei einem solchen Belastungsfall ist die resultierende
angreifende Kraft I' (Abb. i) in die zwei Komponenten K1 und K2 in Richtung der
beiden l-Iauptträgheitsachsen Y-Y und x-x zu zerlegen. Damit wirkt die eine
der Komponenten, K,, senkrecht zur Achse des kleinsten Trägheitsnioments eines Schaufelquerschnitts.
Das kleinste Trägheitsmoment ist aber bei den üblichen Forinen der Schaufelprofile
von Überdruckschaufeln (Al)b. i) nur sehr klein gegenüber dem größten Trägheitsmoment
und verursacht daher für sich allein schon große Spannungen, die zu den durch die
andere Komponente, K2, hervorgerufenen Beanspruchungen in der Schaufel zu zählen
sind. Diese Verhältnisse ergeben bei der Verwendung von frei tragenden Überdruckschaufeln
mit radialer Beaufschlagung bei größeren Beaufschlagungsdurchmessern und bei größeren
Schaufellängen selbst noch bei sehr starker konischer Ausführung sowohl in Umfangs-
als auch in radialer Richtung so große Profilhöhen am Fußquerschnitt und damit so
große Gewichte, daß die Ausführung einer solchen Beschaufelung unmöglich wird.
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Um auch für große Umfangsgeschwindigkeiten und Schaufellängen Überdruckschaufeln
mit kleiner radialer Profilhöhe ausfuhren zu können, wird erfindungsgemäß vorgeschlagen,
Schaufeln für Dampf- oder Gasturbinen, bei welchen der Eintrittswinkel wesentlich
größer ist als der Austritts-Nvinkel und bei welchen die größte Belastung senkrecht
zur Umfangsrichtung und zur Schaufellängsachse wirkt, also insbesondere überdrucklaufschaufeln
für Radialturbinen, so auszuführen, daß der Profilschenkel auf der Schatifeleintrittsseite
länger ist als auf der Schaufelaustrittsseite, wobei die Schenkellängen von der
-Mitte der schärfsten Krümmung auf der Hohlseite des Schaufelprofils aus gerechnet
werden.
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Für diesen Erfindungsgedanken zeigen die Abb.2 bis .4 Ausführungsbeispiele.
Dabei bedeutet i die Eintrittskante, 3 die Austrittskante und 2 die -Titte der schärfsten
Krümmung auf der Hohlseite des Schaufelprofils. Somit ergibt die Strecke i-2 die
Länge des Profilschenkels auf der Eintrittsseite und 2-3 die auf der Austrittsseite.
,4 ist der Mittelpunkt zum kleinsten Krümmungskreis.
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Durch diese -Maßnahme wird erreicht, daß der Winkel der schiefen Belastung
und damit die Komponente aus der Fliehkraft senkrecht zur Achse des kleinsten Trägheitsinoments
kleiner wird und damit auch die dadurch hervorgerufenen Biegungsbeanspruchungen
in der Schaufel. Die Verhältnisse -,-erden besonders günstig, wenn man den Schaufeleintrittswinkel
etwas kleiner macht als 9o°. Durch entsprechende Wahl des Wertes für das Verhältnis
von Umfangsgeschwindigkeit der Laufschaufeleintrittskante zur I)ampfgeschNvindigkeit
am Austritt der vorhergehenden Leitschaufelreilie kann dieser Forderung auch thermodynamisch
Rechnung getragen werden.
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Ist der Laufschaufeleintrittswiiikel um einige Grade kleiner als 9o°,
so kann man durch entsprechende Wahl des Wertes für das Verhältnis der beiden Profilschenkellängen
die Lage des Achsenkreuzes der Hauptträgheitsachsen des Schaufelprofils so beeinflussen,
claß eine sogenannte schiefe Belastung des Profilquerschnittes nicht mehr auftritt
und daß damit die zur Achse des kleinsten Trägheitsmomentes des Schaufelprofils
senkrechte Komponente der Schaufelfliehkraft zu Null wird (Abb. 2). Für einen derartig
gestalteten Profilquerschnitt nehmen die Spannungen in demselben den bei der Belastung
niögliclien -Mindestwert an.
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Den zahlenmäßigen l:influß dieser @taßnahme gegenüber einem üblichen
Profil kann man leicht überblicken. Ganz allgemein kann man für einen beliebig gestalteten
Querschnitt die an einer bestimmten Stelle des Profils auftretenden größten Biegungsspannungen
durch die Gleichung
bestimmen, wobei Ki, die Biegungsspannungen. A einen der Profilform entsprechenden
Wert, der graphisch bestimmt werden muß, 6 die mittlere Profildicke in Umfangsrichtung,
1r die senkrecht zur Umfangsrichtung gemessene Profilhöhe und M das für den betrachteten
Querschnitt auftretende Biegungsmoment bedeutet.
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Ferner hat man die Beziehung Mb=b.11.12#13, wobei ill, b und
lt die oben angegebene Bedeutung haben, 1 die Schaufellänge ist und
B einen Wert darstellt, der vom Durchmesser, der Turbinendrehzahl,
dein
spezifischen Gewicht des Werkstoffes und von der Art des Querschnittsverlaufes über
die Schaufellänge abhängt. Damit wird
Nimmt man, um den Einfluß des Wertes für A auf la allein feststellen zu können,
an, daß der Wert für
für die beiden zu vergleichenden Fälle gleich groß ist, so ergibt sich, daß die
radiale Profilhöhe lt mit dem Profilwert A proportional zunehmen muß. Dieser
Profilwert beträgt 6 bei einem Profil nach der Erfindung, wobei die schiefe Belastung
zu Null wird, während bei den üblichen l1herdruckbeschaufelungen der Wert für A
zwischen 18 und 24 schwankt. Daraus ergibt sich, daß, wenn z. B. ein Profil
nach der Erfindung 8 cm Höhe erhalten müßte, eine normale Überdruckschaufel 2.I
bis 32 cm hoch werden müßte.
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Aus diesen Zahlen und den oben gemachten Ausführungen erklärt es sich
ohne weiteres daß !bis heute die Radialturbine, vor allem die nicht gegenläufige,
keine Bedeutung erlangen konnte. Andererseits wird die Wichtigkeit der neuen Schaufelprofilgestaltung
gemäß vorliegender Erfindung klar, durch die erst ermöglicht wird, die Radialturbine,
vor allem auch die nicht gegenläufige, als Kondensationsturbine größter Leistungen
bauen zu können.
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Diese Überlegungen gelten grundsätzlich sowohl für frei tragend angeordnete
Schaufeln als auch für solche, bei denen Tragringe vorgesehen sind. Bei den letzteren
ist eine wesentliche Verminderung der Profilhöhe durch die Ausführung nach der Erfindung
möglich, was sich besonders fei sehr großen Schaufellängen auswirkt, da mit der
gleichzeitig erzielten Gewichtsverminderung der Beschaufelung eine wesentliche Verringerung
der Schaufeltragringquerschnitte eintreten kann.
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Durch@die Erfindung wird aber weiter die Anwendung der frei tragenden
Schaufel selbst für größte Beaufschlagungsdurchmesser und größte Schaufellängen
bei mäßigen Profilhöhen ermöglicht.
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Die bekannte Maßnahme des konischen Verlaufes der Schaufelhegrenzungsflächen
in Umfangsrichtung kann man mit großem Erfolg auch auf die Schaufeln gemäß der Erfindung
anwenden.
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Für die werkstattmäßige Fertigung konisch verlaufender Schaufeln mit
einer Profilform nach der Erfindung ergeben sich wesentliche Vorteile, wenn man
hierbei das Verhältnis der Schenkellängen der Ein- und Austrittsteile des Schaufelprofils
über die Schaufellänge hin verändert, und zwar so, daß diese mit wachsendem Biegungsmoment
ebenfalls zunimmt.
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Besonders günstig wirkt sich diese Maßnahme aus, wenn man gleichzeitig
die Austrittsschenkellänge im wesentlichen gleich groß läßt, während die Schenkellänge
auf der Eintrittsseite mit wachsendem Biegungsmoment zunimmt (Abb. 3).
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Diese Ausführung der Schaufeln bringt neben den werkstattechnischen
Vorteilen auch noch den thermodynamischen, daß gleiche Öffnungsverhältnisse über
die ganze Schaufellänge am Austritt beibehalten werden können, wodurch Querströmungen
vermieden werden.
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Gleichzeitig kann auch die Schaufeldicke mit wachsendem Biegungsmoment
zunehmen (Abb. 3), wobei man zur Erzielung eines geringsten Schaufelgewichtes den
Verlauf der Profildicke über die ganze Schaufel so gestaltet, daß mit Berücksichtigung
des sich ändernden Schenkelverhältnisses weitgehend ein Körper gleicher Festigkeit
hinsichtlich der auftretenden Biegungsbeanspruchungen entsteht.
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Das gewünschte Schaufellängenverhäftnis kann man am einfachsten dadurch
erzielen, daß man auf der Schaufeleintrittsseite des Grundprofils, wie es durch
die thermodynamischen Verhältnisse bedingt ist, eine größere oder kleinere tangentiale
oder angenähert tangentiale Verlängerung ansetzt. In Abb. 3 ist dies die Strecke
5-i. Der in radialer Richtung zu erstrebende konische Verlauf der Schaufel kann
dann in einfachster Weise dadurch verwirklicht werden, daß man diese tangentiale
Verlängerung des Profilschenkels auf der Schaufeleintrittsseite mit wachsendem Biegungsmoment
zunehmen läßt. In Abh. 5 ist dies durch die Fläche i, 5, 6 dargestellt.