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Verfahren zur Form- änderung von Gegenständen aus plastisch verformbaren
Werkstoffen durch Schmieden, Walzen, Pressen, Ziehen o. dgl. Wird ein Körper im
geeigneten plastisch verformbaren Zustand zum Zwecke der Verformung einem Druck
oder Zug ausgesetzt, so setzt sein Werkstoff den formändernden Kräften Widerstand
entgegen. DieVerformung tritt erst dann ein, wenn die in dem zu verformenden Körper
unter der Einwirkung des Druckes oder Zuges entstehenden Spannungen. an der Oberfläche
des Körpers so groß werden, daß die Fließgrenze des Baustoffes überschritten wird.
Der Baustoff fängt in diesem Falle an zu fließen, und der Körper ändert seine Form.
Wenn die Form eines Körpers in dieser Weise geändert werden soll, so wird er in
der Regel mit Gesenken umgeben, die seine Formänderung an den hierfür vorgesehenen
Stellen zunächst zulassen und sie schließlich begrenzen, während die Gesenke die
Teile des Gegenstandes, welche -an der Formänderung nicht teilnehmen sollen, so
stützen, daß der auf sie wirkende Druck oder Zug vom Gesenk aufgenommen wird. Diejenigen
Teile der Oberfläche des Körpers, an denen sich die Formänderungen vollziehen sollen,
werden also ungestützt gelassen, so daß sich hier die Einwirkung des Druck- oder
Zugwerkzeuges formändernd auswirken kann.
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Ein Beispiel ist die Bildung von Bunden an Rohren. Um einen Bund an
einem Rohrende herzustellen, _ muß das Rohrende gestaucht werden, d. h. es wird
einem Druck in axialer Richtung ausgesetzt, durch den eine Verdickung der Wandstärke
und schließlich cAe Bildung eines Bundes erzielt werden kann. Gerade dieser Vorgang
der Herstellung des Bundes an einem Röhr ist ein Beispiel dafür, daß mit den heute
üblichen Mitteln und Herstellungsverfahren der gewünschte Erfolg nur
schwer
und in der Regel nur mit sehr hohen Kosten erzielt werden kann. Um nämlich an einem
Rohrende einen Bund zu erzielen, der so hoch ist, daß er gegen Abscheren gesichert
ist, und der außerdem so weit über den äußeren Rohrdurchmesser hinausragt, dal eine
genügende Auflagefläche für Flanschen o. dgl. vorhanden ist, muß ein so starker
Druck angewandt werden, daß hierfür nur sehr kräftige und kostspielige Pressen ausreichen.
Man hat deshalb, abgesehen von kleinen Rohren, darauf verzichtet, derartige Bunde
durch Anstauchen zu erzielen, und zieht es in der Regel aus wirtschaftlichen Gründen
vor, sie aus Ringen herzustellen, die mit dem Rohrende z. B. verschraubt oder verschweißt
werden. Diese üblichen Arten der Herstellung von Bunden sind Notbehelfe und können
mit einem aus der Rohrwand getauchten Bund bezüglich ihrer technischen Eigenschaften
nicht verglichen werden. Auch in vielen anderen Fällen, in denen Formänderungen
an metallischen oder anderen plastisch verformbaren Gegenständen erzielt werden
sollen, werden Vorrichtungen, wie Druckwerkzeuge, Pressen, Walzen, Ziehwerkzeuge
o. dgl., benutzt, die ganz besonders kräftig gebaut sein müssen, um die auftretenden
hohen Beanspruchungen aufnehmen zu können.
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Das Verfahren nach der Erfindung, das es ermöglicht, mit geringeren
Kräften und mit leichteren Vorrichtungen als bisher üblich weitgehende Formänderungen
zu erzielen, sieht nun nicht nur vor, daß an den Stellen des Körpers, an denen die
Formänderung sich vollziehen soll, in bekannter Weise eine Stützung durch das Gesenk
fehlt, sondern es sorgt auch dafür, daß an diesen Stellen die Oberfläche des zu
verformenden Körpers durch Anbringung von kerbartigen Rillen oder Rissen geschwächt
und damit der Widerstand gegen die Formänderung - vermindert wird. Der Baustoff
des zu verformenden Körpers beginnt daher bei Anwendung des vorgrschlagenen Verfahrens
an den zu verformen -den Stellen bereits zu fließen, bevor die Beanspruchung-die
Fließgrenze- erreicht hat, die seinem Baustoff eigentümlich ist.
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Die Zeichnung veranschaulicht in einigen Beispielen die Durchführung
des erfundenen Verfahrens.
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Abb. r zeigt einen Schnitt durch ein Rohrende A, an dem durch gestrichelte
Linien der Bund dargestellt ist, welcher an dem Rohrende durch Formänderung erzielt
werden soll. Mit B ist eine kerbartige Rille bezeichnet, welche in das zu verformende
Ende des Rohres z. B. eingewalzt, eingepreßt oder eingeschnitten worden ist.
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Abb.2 zeigt die Ansicht des Rohrendes. Mit Bl und B. sind -verschiedene
Arten von kerbartigen Rillen äuf der Oberfläche de: zu verformenden Teils bezeichnet.
Bei B1 laufen die Rillen parallel zur Rohrachse und verhindern durch ihre Kerbwirkung
das Entstehen von hohen, der Formänderung entgegenwirkenden Umfangsspannungen an
der Oberfläche des zu verformenden Rohres. Bei B, verlaufen Rillen in gekreuzter
Form, wodurch erreicht wird, daß sowohl Umfangsspannungen wie auch Spannungen parallel
zur Rohrachse am Entstehen verhindert werden.
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In Abb. 3 ist dargestellt, wie sich das nach Abb. r und 2 vorbereitete
Rohrende während des Formänderungsvorganges verhält. Das Rohr A ist, wie üblich,
von einem Außengesenk D umgeben; welches eine Kammer G enthält, in die der durch
ein Preßwerkzeug gedrückte Baustoff des Rohrendes hineinfließen soll, um den gewünschten
Duiic1 zu bilden. F ist das Widerlager, welches das Ausweichen des zu verformenden
Rohres unter dem Druck des Werkzeuges C verhindert. F ist das Innenwerkzeug, welches
zur Führung von C dient und außerdem verhindert, daß der Baustoff des Rohres A unter
dem Druck von C nach dem Rohrinnern hin abweicht. Der Vorgang ist so dargestellt,
daß ein Teil der Formänderung bereits erfolgt ist. Im weiteren Verlauf der Formänderuiir
wird der Werkstoff des Rohres die Innenwand der Kammer des Werkzeuges G bcrühren.
Ist dies erreicht, so ist die Formänderung fortzuführen, bis auch die Ecken der
Kammer G ausgefüllt sind. Daß letztere: voll erreicht wird, kann im Sinne des vorgeschlagenen
Verfahrens, wie in Abb. 4 dai-g;@-stellt. dadurch erleichtert «erden, daß an den
Stellen der Rohroberfläche, welche den Ecken der Kammer G entsprechen, ein besonders
starkes Fließen des Baustoffes verursacht wird durch an diesen Stellen noch besonders
angebrachte, um den Umfang laufende kerbartige Rillen H. Beim Berühren zwischen
dein Werkstoff des Rohres und der Innenwand der Kammer G tritt dann an diesen besonders
geschwächten Stellen ein besonder# starkes Fließen ein, wodurch die Ecken der Kammer
voll ausgefüllt werden. Gerade das Ausfüllen der Kammerecken kann beim Pressen.
von Bunden ohne Anwendung des vorgeschlagenen Verfahrens nur dann erreicht werden,
wenn ein unverhältnismäßig hoher Preßdruck angewandt wird.
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In Abb. 5 ist ein anderes Beispiel der Anwendung des vorgeschlagenen
Verfahrens dargestellt. Es ist bekannt, nach dem sogenannten Ehrhardtschen Verfahren
vollwandige Vierkantblöcke in einer runden Matrize durch Einpressen eines runden
Dorne zu zylindrischen Hohlkörpern umzuformen.
Dabei wird in der
Regel nicht nur angestrebt, daß ein zylindrischer Hohlkörper von gleicher Höhe,
wie sie der Vierkantblock hatte, erreicht wird, sondern Matrize und- Dorn werden
in der Regel so gewählt, daß der Baustoff in der Matrize an dem Stempel aufsteigt,
wodurch erreicht wird, daß der gewonnene zylindrische Körper länger ist als der
benutzte Vierkantkörper. Für die Anwendung dieses Verfahrens sind verhältnismäßig
starke Pressen erforderlich. Mit Hilfe des Verfahrens gemäß der Erfindung ist es
möglich, mit den bisher für dieses Verfahren angewandten Pressen größere Leistungen
zu erzielen und größere Werkstücke zu verarbeiten. Das vorgeschlagene Verfahren
sieht vor, daß die Außenflächen des Vierkantstückes A kerbartige Längsrillen B erhalten,
welche seinen Widerstand gegen die formändernde Wirkung des Dornes C herabsetzen.
Mit D ist hier die als Außengesenk wirkende Matrize bezeichnet. Damit das Werkstück
auch die gewünschte Formänderung durch Aufsteigen in der Form mit möglichst geringem
Widerstand erhalten kann, werden des weiteren ringförmige, kerbartige Rillen B3
in den Stirnflächen des Vierkantblockes angebracht, wodurch der Widerstand gegen
die gewünschte Formänderung vermindert wird mit dem Ergebnis der Anwendbarkeit schwächerer
Pressen als bei Arbeit ohne Anwendung des vorgeschlagenen Verfahrens.
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Abb. 6 und 7 zeigen an einem weiteren Beispiel die Anwendung des Verfahrens
gemäß der Erfindung beim Walzen von Profilen. In Abb. 6 ist das Vorprofil A eines
gewalzten Schiffswulsteisens dargestellt. -Mit B sind wieder kerbartige Rillen bezeichnet,
die an einer Stelle angebracht sind, an der im folgenden Kaliber ein besonders starkes
Fließen des Baustoffes erfolgen soll. In Abb.7 ist das folgende Kaliber dargestellt.
A ist der Walzstab, und es ist ohne weiteres ersichtlich, wie die in dem dargestellten
Kaliber zu erzielende Formänderung durch Anbringung der das neue Verfahren kennzeichnenden
kerbartigen Rillen erleichtert wird. Die in Abb. 6 mit B bezeichneten Rillen können
auf dem Walzstab ohne große Umbauten des benutzten Walzwerkes erzeugt werden, indem
z. B. auf dem Rollgang eine Walze angebracht wird, welche die scharfkantigen Rillen
von der geeigneten Tiefe einwalzt. Oder es kann am Rollgang ein messerartiges Werkzeug
angeordnet werden, welches diese Rille während des Vorbeilaufens des Walzgutes erzeugt,
es kann aber auch eines der vorauf benutzten Kaliber für die Herstellung der Rillen
eingerichtet sein.
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Abb. 8 gibt ein viertes Beispiel für die Anwendbarkeit des vorgeschlagenen
Verfahrens, und zwar aus dem Gebiet des Pressens von dünnwandigen Rohren aus zylindrischen
Hohlblöcken. A ist das Werkstück, und B
sind kerbartige Rillen, die
auf seiner Innenfläche angebracht sind. C ist der Stempel, welcher gegen das eine
Ende des Hohlblockes wirkt, und D ist die Matrize. Im Innern des Hohlblockes befindet
sich ein Dorn E, der mit der Matrize zusammen einen sich verengenden Ringspalt bildet,
durch den der Baustoff des Hohlblockes hindurchgepreßt wird, wobei durch den Innendurchmesser
der Matrize und den größten Durchmesser des Dornes die Abmessungen des zu erzeugenden
Rohres festgelegt sind. In der Regel wird dieses Verfahren so angewandt, daß die
Matrize sich nach dem Ende hin, an dem der gepreßte Baustoff austreten soll, verjüngt,
während der Dorn zylindrisch ist. In dem dargestellten Ausführungsbeispiel ist dagegen
der Dorn kegelig und die Matrize zylindrisch ausgeführt, weil die kerbartigen Unterbrechungen
der Oberfläche des Werkstückes sich an denjenigen Stellen am besten auswirken können,
an denen in der durch die Rillen unterbrochenen Oberfläche bei der Verformung Zugspannungen
auftreten.
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Die in den Zeichnungen dargestellten Aus Führungsbeispiele erschöpfen
die Anwendbarkeit des Verfahrens nicht. Das Verfahren läßt sich u. a. besonders
vorteilhaft bei jedem Schmiede- und Walzprozeß durchführen, bei dem es auf Erzielung
starker Querschnittsänderungen ankommt, insbesondere wenn während der Durchführung
der Verformung an einigen Stellen Oberflächenzugspannungen entstehen. Beim Schmieden
beispielsweise kann man die Oberflächenstellen des vorgeschmiedeten Stückes, an
denen Wulste entstehen sollen, mit kerbartigen Rillen im Sinne des neuen Verfahrens
versehen, so daß das hier gewünschte Fließen des Baustoffes besonders schnell und
besonders leicht erzielt werden kann. Beim Anschmieden von Hebeln an Wellen o. dgl.
kann das vorgeschlagene Verfahren ebenfalls sinngemäß angewandt werden. Beim Walzen
von Brammen unter Anwendung des neuen Verfahrens erreicht man, indem man die schmalen
Seiten der Brammen mit kerbartigen Rillen versieht, daß Breitunten schneller und
mit geringerem Kraftaufwand erreicht werden als beim Walzen von Brammen ohne Anwendung
des Verfahrens gemäß der Erfindung, wenn also das Widerstandsvermögen in den schmalen
Brammenseiten nicht durch kerbartige Rillen vermindert ist.
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Die im Sinne des Verfahrens gemäß der Erfindung anzuwendende Unterbrechung
der Oberfläche des Werkstückes an Stellen, an denen bei der vorzunehmenden Formänderung
ein besonders starkes Fließen des Baustoffes
erwünscht ist, braucht
nicht durch eingewalzte, eingeritzte, eingepreßte oder eingeschnittene regelmäßige
Rillen zu erfolgen, sondern es kann die Unterbrechung der Oberfläche im Sinne des
neuen Verfahrens auch durch Erzeugung eines Netzes von Haarrissen an der zu schwächenden
Stelle der Oberfläche erzielt werden. Man erzeugt ein im Sinne des neuen Verfahrens
geeignetes Netz von Haarrissen auf der betreffenden Stelle der Oberfläche bei Metallen
und bei zielen plastischen Massen z. B. durch nacheinanderfolgende Anwendung stark
verschiedener Temperaturen oder durch Erhitzen des ganzen Körpers oder auch nur
der in Frage kommenden Stelle, bei anderen Baustoffen auch durch Erwärmen der betreffenden
Stellen unter Zuführung eines die Oberflächenrißbildung fördernden Gases oder Pulvers.
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Bei den unter Benutzung des neuen Verfahrens verformten Körpern muß
darauf geachtet werden, daß die kerbartigen Rillen oder Haarrisse durch die vorgenommene
Formänderung wieder verschwinden, daß also nach Beendigung der Verformung keine
Schwächung der Oberfläche bestehen bleibt. Die Innenfläche der Rillen oder Risse
darf nicht größer, sondern wird vorteilhaft kleiner sein als die durch die Verformung
vorgesehene Oberflächenvergrößerung. Gegebenenfalls muß eine Bearbeitung der fertigen
Stücke vorgesehen werden. Die Innenfläche der Rillen oder Risse sind die Begrenzungsflächen
der Rillen oder Risse, die bei der nachfolgenden Verformung des Werkstoffes in die
Mantelfläche gewissermaßen durch Abflachung der Rillen übergehen und dadurch zum
Verschwinden gebracht werden. Sind diese Rillen oder Risse vorher zu tief gewesen,
so besteht die Gefahr, daß die beiderseits liegenden :%Iaterialschichten sich überdecken.
Dies ist nicht von Bedeutung, wenn diese Überdeckung durch nachfolgende mechanische
Fertigbearbeitung oder der gleichen Maßnahme weggearbeitet werden, kann.