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Diese
Erfindung betrifft Medikamente zur Reduzierung der Wahrscheinlichkeit
chirurgischer Adhäsionen.
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Nach
einer Operation kann es bei Membranen, die getrennt wurden, zu „Querverheilungen" kommen. Beispielsweise
kann die Abdominalwand (Bauchwand) mit dem Peritoneum (Bauchfell)
heilen und an diesem haften. Dies wird als Adhäsion bezeichnet. Eine sehr
schwerwiegende Komplikation von Adhäsionen innerhalb des Peritoneums
ist der Darmverschluss. Wird ein solcher nicht rechtzeitig chirurgisch
beseitigt, kann er schnell tödlich
wirken. Schätzungen
zufolge erreichten in den USA im Jahr 1988 die Kosten für die Korrektur von
Adhäsionen
im Unterbauchbecken eine Größenordnung
von 1180 Millionen US-Dollar
(AH de Cherney und GS diZeregram Surgical Clinics of North America
77 (3), 671). Es wurde versucht, Adhäsionen mit Hilfe physischer
Barrieren zu verhindern, wie beispielsweise mit Tüchern aus
Hyaluronsäure
und Carboxymethylcellulose. Diese Tücher bieten zwar anfangs eine
Barriere, verschlechtern sich aber dann.
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Es
hat sich nun unerwarteter Weise herausgestellt, dass natürlich vorkommende
oberflächenaktive Phospholipide
und Enantiomere derselben die Wahrscheinlichkeit von Adhäsionsbildungen
wesentlich reduzieren können,
wenn sie als Trockenpulver angewendet werden.
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Der
Internationale Patentantrag WO 91/12026 offenbart die Verwendung
eine Phospholipids, vorzugsweise Phosphatidylcholin, zur Reduzierung
oder Verhinderung unerwünschter
chirurgischer Adhäsionen.
Das Phospholipid wird in Form einer Suspension oder Lösung in
einem chirurgisch akzeptablen Träger
verabreicht.
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Snoj
et al., (Br. J. Surg., 1992, Vol. 79, 427–429) und Aamer et al., (J.
Surg. Research, 1991, Vol. 50, 212–215) offenbaren, dass die
intraperitoneale Injektion von Phosphatidylcholin postoperative
Peritonealadhäsionen
in Ratten verhindert.
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Die
vorliegende Erfindung betrifft die Verwendung einer oberflächenaktiven
Phospholipidzusammensetzung (SAPL) in der Herstellung eines Medikaments
zur Verwendung in der Reduzierung der Wahrscheinlichkeit von Adhäsionen nach
chirurgischen Operationen, wobei das Medikament in Form eines Trockenpulvers zur
Verabreichung als Trockenpulver vorgesehen ist und eine SAPL-Zusammensetzung ist,
die ein Phosphatidylcholin und ein Verteilmittel enthält.
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Ausführungsbeispiele
der Erfindung werden anhand nicht einschränkender Beispiele unter Verweis auf
die Figur beschrieben, in der die unter unterschiedlichen Umständen gebildeten
Adhäsionslängen dargestellt
sind.
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Eine
physische oder chemische Bindung des oberflächenaktiven Mittels an die
Membran ist höchst wünschenswert.
Beispiele geeigneter Phospholipide umfassen Diacylphosphatidylcholine
(DAPCs), wie Dipalmitoylphosphatidylcholin (DPPC), Dioleylphosphatidylcholin
(DOPC) und Distearylphosphatidylcholin (DSPC). Die SAPL-Zusammensetzung
umfasst auch ein Verteilmittel, um das DPPC oder eine analoge Verbindung
dabei zu unterstützen,
rasch einen dünnen
Film über
der Oberfläche
einer Membran zu bilden. Unterschiedliche Mittel eignen sich hierfür, einschließlich anderer
Phospholipide, wie etwa Phosphatidylglycerole (PG); Phosphatidylethanolamine
(PE): Phosphatidylserine (PS) und Phosphatidylinositole (PI). Ein
weiteres nützliches Verteilmittel
ist Cholesterylpalmitat (CP). Wir bevorzugen die Verwendung von
Dipalmitoylphosphatidylcholin (DPPC) und ungesättigtem Phosphatidylglycerol
(PG) entweder einzeln oder in Kombination. Eine Mischung aus DPPC
70 Gewichtsprozent und PG 30 Gewichtsprozent kann verwendet werden.
Dieses Material ist im Handel erhältlich als ALECTM bei Britannia
Pharmaceutical Limited. ALEC ist bekannt für seine Anwendung in der Behandlung
des Atmenotsyndroms, vgl. beispielsweise British Medical Journal
294, (1984); 991–996.
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Eine
weithin anerkannte Theorie über
den Wirkmechanismus von ALEC in den Lungen Neugeborener ist, dass
dieses grundsätzlich
durch die Herabsetzung der Oberflächenspannung funktioniert.
Da in der normalen Peritonealhöhle
keine Luft-Wasser-Schnittstelle vorhanden ist, würde man nicht vermuten, dass
ALEC und andere SAPLs geeignet sind, die Bildung von Adhäsionen zu
verhindern oder die Wahrscheinlichkeit einer solchen Bildung zu
reduzieren. Es wurde allerdings experimentell festgestellt, dass
in Form von Trockenpulver verabreichte SAPLs die Häufigkeit
einer Adhäsionsbildung
sehr wohl reduzieren, wie aus den unten beschriebenen experimentellen
Daten hervorgeht.
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Es
wurden 40 Kaninchen genommen. Im Peritoneum (Bauchfell) wurde eine
chirurgische Öffnung
vorgenommen. Gegenüberliegende
Peritonealflächen
wurden einer sterilisierten 50 mm Abrasion unterzogen. In 10 Fällen wurde
die Öffnung
einfach geschlossen. In weiteren 10 Fällen wurde die Abrasion vor
dem Schließen mit
Dialysat perfundiert. In weiteren 10 Fällen wurde die Abrasion mit
einer Suspension von ALEC in Dialysat perfundiert und die Öffnung geschlossen.
In den letzten 10 Fällen
wurde vor dem Schließen
ALEC-Pulver in die Abrasion geblasen. Nach dem Ausheilen wurde das
Peritoneum erneut geöffnet
und die Anwesenheit von Adhäsionen
ermittelt. Wo Adhäsionen
festgestellt wurden, wurde deren Länge gemessen. Die Ergebnisse
sind in Tabelle 1 dargestellt.
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Es
kann folglich (auch bei einer beschränkten Zahl von Samples) mit
hoher Zuverlässigkeit
gesagt werden, dass ALEC-Pulver sowohl die Wahrscheinlichkeit einer
Adhäsionsbildung
wie die Länge
der gebildeten Adhäsionen
markant verringert. Es ist zudem evident, dass eine Suspension von
ALEC wirksamer ist als keine Behandlung oder eine Behandlung mit
Dialysat.
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Die
SAPL wird in Form einer Trockenpulver-Luftdispersion angewendet.
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Von
Phosphatidylglycerol (PG) wird angenommen, dass es geeignet ist,
sich an die Oberfläche
des tierischen Gewebes zu binden, und es ist deshalb eine bevorzugte
Komponente der SAPL. Auch Dipalmitoylphosphatidylcholin (DPPC) kann
ebenfalls auf diese Weise funktionieren und ist ebenfalls eine bevorzugte Komponente
der SAPL. PG hat eine weitere wichtige Funktion in Medikamenten,
die in der vorliegenden Erfindung angewendet werden, und zwar die
Fähigkeit,
das DPPC zur Bildung eines Trockenpulvers zu veranlassen. Die Partikelgröße solcher
Pulver ist nicht kritisch, und der kontrollierende Faktor liegt
darin, dass die Größe vorzugsweise
so dimensioniert ist, dass das Medikament leicht in den chirurgischen
Situs eingeträufelt werden
kann. Im Allgemeinen liegt die Partikelgröße in der Größenordnung
von 0,5 bis 100 μm.
Partikel, die leichter in einem Gasstrom getragen werden, haben
eine Partikelgröße von 0,5
bis 20 μm,
vorzugsweise von 0,5 bis 10 μm
und insbesondere bevorzugt von 0,5 bis 2 μm. Fein geteilte Trockenpulver
dieser Art werden vermutlich sehr schnell auf den Oberflächen mesothikaler
Membranen absorbiert, also an das Epithelgewebe gebunden. Vorzugsweise
sind die in der vorliegenden Erfindung benützten SAPL-Zusammensetzungen Mischungen von Dipalmitoylphosphatidylcholin
(DPPC) und PG, obwohl auch andere Phospholipide verwendet werden
können,
wie oben angedeutet.
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Das
Medikament sollte im wesentlichen frei von tierischem Protein sein,
um die Gefahr einer Empfindlichkeit der Patienten auf tierische
Proteine zu vermeiden. Auch können
tierische Proteine adhäsiv
werden und sollten aus diesem Grund von der Zusammensetzung ausgeschlossen
bleiben.
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DPPC
ist im Handel bei Sigma Chemical Co. Ltd. erhältlich oder kann mit Hilfe
von Acylchloriden unter Anwendung der Methode von Baer & Bachrea – Can. J.
of Biochem. Physiol. 1959; 37, Seite 953 – synthetisch hergestellt werden
und ist bei Sigma (London) Ltd. erhältlich. Das PG kann aus einem
Eiphopshpatidylcholin mit den Methoden von Comfurions et al. und
Dawson, Biochem. Biophys Acta 1977; 488, Seite 36–42 und
Biochem. J. 1947; 192, Seite 205–210 präpariert werden.
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Die
in der vorliegenden Erfindung zur Anwendung kommenden Medikamente
sind im allgemeinen fein aufgeteilte Trockenpulver mit einer Partikelgrößenverteilung,
die ausreichend klein ist, um am chirurgischen Situs in einem Gasstrom
von einer Dispersionsvorrichtung eingeführt zu werden. Das im Handel
unter der Bezeichnung „Alec" erhältliche
Material hat eine Partikelgrößenverteilung,
so dass ein Hauptanteil zwischen 0,5 und 2 μm bei einem mittleren Partikeldurchmesser
von etwa 1,2 μm
ist. Wie oben festgestellt, können
jedoch auch Pulver mit größerer Partikelgröße gemäß der Erfindung
zufriedenstellend verwendet werden. Das Medikament der vorliegenden
Erfindung kann in den chirurgischen Situs durch eine Kanüle eingeführt werden,
die beispielsweise mit einer Spritze verbunden ist.
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Wir
bevorzugen jedoch die Verwendung eines Spendergeräts mit einem
Treibmittel. Zur Anwendung kann dabei ein Treibmittel wie Halogenkohlenwasserstoff
zur Bildung eines Gasstrom kommen, und die Vorrichtung kann mit
einer konischen Abgabedüse,
einer Umlenkwandung oder einer Venturi-Düse ausgestattet sein, um die
Partikel durch eine Abgabedüse
zu beschleunigen. Geeignete Halogenkohlenwasserstoffe sind Fluorkohlenwasserstoffe,
Fluorchlorkohlenwasserstoffe und Fluorchlorkohlenstoffe mit niedrigem
Siedepunkt, wie die von DuPont unter den Handelsbezeichnungen „Freon" und „SUVA" vermarkteten. Pharmazeutisch
akzeptable Hydrofluoralkane sind erhältlich als HFA-134a und 227.
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Ein
geeignetes Design eines Spendergeräts zur Verabreichung des Pulvermaterials
an einem chirurgischen Situm ist in 2 und 3 dargestellt:
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2 ist eine Seitenaufrissansicht
des Spendergeräts;
und
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3 ist eine ähnliche
Ansicht, zeigt aber das Innere.
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Bezug
nehmend auf 2 und 3 wird eine Ummantelung (10)
gebildet, bestehend aus zwei Kunststoffformteilen (12 und 13),
die ineinander einschnappen, um einen Behälter für einen Druckkanister (14)
und eine Phiole (15) zu bilden. Der Kanister (14)
enthält
eine Flüssigkeit
mit niedrigem Siedepunkt, vorzugsweise einen Fluorkohlenwasserstoff
wie HFA-134a oder HFC-227, unter ausreichendem Druck, um das Treibmittel bei
normaler Raumtemperatur flüssig
zu halten. Die Phiole (15) enthält das pulverförmige Medikament,
wie etwa „Alec". Der Kanister (14)
besitzt ein Auslassventil (16), das in einer Aussparung
(17) eingeführt
ist, so dass Fingerdruck auf das umgekehrte Ende (18) des
Kanisters die Abgabe des Treibmittels in eine Röhre (19) auslöst. Die
Röhre (19)
besteht normalerweise aus Hartplastik, z. B. PVC oder Polypropylen,
und hat einen Außendurchmesser
von 2–3
mm und einen Innendurchmesser von etwa 0,5 bis 2 mm. Die Röhre (19)
verbindet das Ventil (16) mit einer Armatur (20)
und im weiteren mit einem Rohr oder einer Nadel (21), das/die
sich in die Phiole (15) erstreckt. Die Phiole (15)
kann mit einer Gummidichtung verschlossen sein, die von dem Rohr bzw.
der Nadel (21) durchstoßen wird und um das Rohr bzw.
die Nadel selbstdichtend wirkt. Eine zweite Nadel oder Rohr (22)
erstreckt sich ein Teilstück
in die Phiole durch die Gummidichtung im Hals der Phiole und schließt an eine
Armatur (23) an. Die Armatur (23) gibt in einen
Katheter (4) ab, von dem das Pulver in den gewünschten
Bereich des chirurgischen Situs geleitet werden kann. Der Vorteil
des in 2 und 3 dargestellten Spenders
liegt darin, dass dieser „einhändig" bedient werden kann,
während
der Arzt oder die Schwester dafür
sorgt, dass der Katheter für
die Verteilung des Pulvers in den chirurgischen Situs hinein korrekt
positioniert ist. Möglicherweise
ist ein Katheter nicht nötig.
Das Pulver kann einfach auf den Bereich der chirurgischen Wunde
gesprüht
werden.
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Im
allgemeinen können
DPPC und PG in einem Gewichtsverhältnis von 9 : 1 bis 1 : 9 vorhanden
sein. Die für
die vorliegende Erfindung benützten
Zusammensetzungen hatten ein Gewichtsverhältnis von etwa 6 : 4 bis 8
: 2.
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Es
ist wünschenswert,
dass sich die SAPL (oder deren Wirkstoff) in der Umgebung der chirurgischen Wunde
nicht rasch auflösen.
Einer der Faktoren, die das Leben einer lösenden Auskleidung oder Beschichtung verkürzen, ist
die Anwesenheit von Enzymen, die in der Lage sind, DPPC und/oder
PG abzubauen. Solche Enzyme greifen nur die linksdrehende Form (L)
an, welche die natürlich
vorkommende Form ausmacht. Deshalb sollte das Anti-Adhäsionsmedikament
vorzugsweise die rechtsdrehende Form (D) enthalten oder zumindest
eine razemische Mischung, die auf synthetischen Zubereitungswegen
gewonnen wird. Dies trifft auch auf die anderen oben erwähnten SAPLs
zu.
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Die
SAPL kann ein Phosphatidylglycerol (PG) entweder alleine oder in
Mischung mit anderen Komponenten umfassen. PG hat eine nützlich Zusatzfunktion
insofern als es sehr fein aufgeteilte Dispersionen bildet.
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Die
SAPL kann Dipalmitoylphosphatidylcholin (DPPC) entweder allein oder
in Mischung mit anderen Komponenten, wie etwa PG, umfassen.
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In
bevorzugten Ausführungsbeispielen
ist das Medikament im wesentlichen frei von tierischen Proteinen,
um eine Patientenempfindlichkeit zu vermeiden und auch um die Bildung
fein aufgeteilter Partikel zu unterstützen.
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Wenn
PG und DPPC von einem gemeinsamen Lösemittel gemeinsam ausgefällt werden,
bildet sich ein feines Pulver. Bei einem Gewichtsverhältnis DPPC
: PG von etwa 7 : 3 verteilt sich die Mischung bei Körpertemperatur
rasch.
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Im
allgemeinen liegt das Gewichtsverhältnis DPPC : PG im Bereich
von 9 : 1 bis 1 : 9, vorzugsweise bei 6 : 4 bis 8 : 2.
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Es
kann vorteilhaft sein, andere Wirkstoffe in das Medikament aufzunehmen,
wie beispielsweise pilz- oder bakterienhemmende Mittel.