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Gegenstand
der Erfindung ist ein auf Tunneln im Coulumb-Blockade-Bereich basierendes Thermometer,
das ein Sensorteil und Mittel zum Messen der Spannungs-Strom-Abhängigkeit
umfasst, und zu dessen Sensor eine von mehreren, wenigstens zehn
nanostrukturierten Tunnelübergängen gebildete
Kette auf einem Halbleitersubstrat und Anschlusselektroden zum Anschließen der
Messmittel an die Kettenenden gehören, und bei dem der Widerstand
jedes einzelnen Tunnelüberganges
wenigstens 10 kΩ beträgt, und
bei dem die Temperatur T auf an sich bekannte Weise auf Grund der
Kenngrößen des G/GT-Diagramms der Spannungs-Strom-Abhängigkeit
bestimmt wird.
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Das
auf Coulomb-Blockade (CB) basierende Thermometer und seine Grundlagen
sind in den Schriften Physical Review Letters Vol 73, Number 21, 21.
Nov 1994, Seiten 2903-2906; Applied Physics Letters 67(14), 2. Oct.
1995, Seiten 2096–2098
und Journal of Low Temperature Physics vol 101, Nos 1/2, Oct. 1995,
Seiten 17–24
beschrieben. Der Sensor des Thermometers weist mehrere hintereinander in
Kette angeordnete Tunnelübergänge auf.
Die als Coulomb-Blockade bekannte Erscheinung bewirkt am Nullpunkt
der Bias-Spannung eine Konduktanzsenke (conductance drop), deren
Kenngrößen temperaturabhängig sind.
Das Verfahren basiert auf Zusammenwirken der Ladeenergie Ec = e2/2C, worin
C die Kapazitanz des betreffenden Übergangs bedeutet, eines sehr
kleinen, von einer durch Tunnelübergänge isolierten
Metallinsel gebildeten Kondensators, und der thermischen Energie
kBT. Es zeigt sich, dass beim Messen der
Strom-Spannungs-Kennlinie der Tunnelübergangskette, genauer gesagt
deren dynamischen Widerstands als Funktion der über die Tunnelübergänge hinweg
wirkenden Spannung, man eine nullzentrische Spitze beobachtet, deren
Breite direkt proportional zur Temperatur ist, und deren Absolutwert
mit sehr hoher Genauigkeit dem theoretisch berechneten Wert entspricht.
Diese Eigenschaft macht das Thermometer zu einem Primärthermometer.
Anderseits ist die Höhe der
besagten Spitze umgekehrt proportional zur Temperatur, welcher Umstand
wiederum ein Sekundärthermometer
liefert.
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Primärthermometer,
insbesondere bei niedrigen Temperaturen, sind selten. Das (Ideal)gasthermometer
bei Temperaturen über
3 K, das Kernorientierungsthermometer bei Temperaturen zwischen
3 und 50 mK und das Rauschthermometer gehören in diese seltene Gruppe.
Das auf Tunneln im Coulomb-Blockade-Bereich basierende Thermometer (CBT)
bietet gegenüber
den vorgenannten Thermometern mehrere Vorteile.
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Bei
praktischen CB-Thermometer-Anwendungen hat es allerdings Probleme
gegeben. Erstens ist die Gesamtimpedanz des Sensors sehr hoch. Damit
die Theorie im Tunnelungsvorgang selbst möglichst exakt verwirklicht
wird, muss der Widerstand R
T jedes einzelnen
Tunnelübergangs
deutlich größer sein
als der Quantenwiderstand R
K ≡
/e
2 ≅ 4
kΩ. In der
Praxis hat sich R
T ≅ 20 kΩ als ausreichend erwiesen.
Anderseits, um die nachteilige Wirkung der Enden der Tunnelübergangskette
auf die Funktion des Sensors zu minimieren, muss die Kette wenigstens
N ≅ 20 Übergänge in Reihe
aufweisen. Diese beiden Bedingungen zusammen ergeben für den „guten" Sensor eine Mindestimpedanz
von Z
min 400 kΩ. Ein so hohes Impedanzniveau
führt zu
Problemen, insbesondere wenn der Abstand zwischen Sensor und dessen
Steuerelektronik und damit die Kapazitanz der Messleiter wächst.
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Zweitens
müsste
der Betriebstemperaturbereich der Sensoren erweitert werden. Die
optimale Temperatur der Tunnelübergangskette
wird von der Kapazitanz C der Tunnelübergänge bestimmt. Als Betriebstemperaturbereich
des Sensors erhält
man heute knapp zwei Dekaden. Die obere Grenztemperatur wird durch
das Verhältnis
Signal/Rauschen der Messung, das heißt durch die kleinste noch
messbare Konduktanzspitze bestimmt. Die untere Grenztemperatur eines
jeden Sensors ist wiederum dadurch bestimmt, dass der Sensor nicht
mehr funktioniert wie eine einfache Reihenentwicklung erwarten ließe, wenn
die relative Höhe
der Spitze so wächst,
dass ΔG/GT ≥ 0,2.
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Drittens
ergibt sich bei Temperaturen unter 1 K oft das Problem, dass der
durch die Ketten fließende
Strom den Sensor so erwärmt,
dass die Elektronentemperatur, die hier gemessen wird, über die Temperatur
des Substrats hinaus ansteigt.
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Viertens
können
noch die besonders mit dem heutigen Werkstoff, Aluminium, verbundenen
Probleme angeführt
werden. Zum einen ist Aluminium bei Temperaturen unter 1 K ein supraleitendes
Metall. Da der Sensor lediglich als Normalmetall funktioniert, ist im
Allgemeinen ein starkes Magnetfeld, ca. 0,5 T, erforderlich um das
Aluminium bis hinunter zu den tiefsten Temperaturen in Normalzustand
zu halten. Anderseits tritt bei Temperaturen über 50 K als begrenzender Faktor
die Höhe
der Al/AlOx/Al-Tunnelbarriere, die etwa 2 eV beträgt, in Erscheinung.
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Mit
der vorliegenden Erfindung sollen die oben angeführten Probleme gelöst werden.
Die kennzeichnenden Merkmale der Erfindung sind in den beigefügten Patentansprüchen definiert.
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Das
erfindungsgemäße auf Coulomb-Blockade
basierende Thermometer bietet folgenden Vorteile:
- 1.
Der Betriebstemperaturbereich eines jeden Tunnelübergangs-Arrays beträgt etwa
zwei Größenordnungen in der Temperatur und kann durch Herstellung
von Tunnelübergängen gewünschter Größe gewählt werden:
Je kleiner der Übergang, desto
höher die
Temperatur und umgekehrt. In der Praxis beträgt die kleinste Übergangsgröße, die gegenwärtig erreicht
wird, etwa 30 nm × 30
nm, was dem Temperaturbereich 1–100
K entspricht. Mit einer größeren Übergangsgröße erreicht
man den Temperaturbereich 0,05–4,2
K.
Somit deckt ein 2 bis 3 Arrays enthaltender Sensor einen
Gesamttemperaturbereich von 0,05–100 K.
- 2. Selbst ein starkes Magnetfeld hat keinen Einfluss auf die
Funktion und die Anzeige des Thermometers. Dies wurde für Felder
bis zu 8 T untersucht.
- 3. Bei der Widerstandsmessung können sowohl die Primär- als auch die Sekundärmessgerät-Eigenschaften
des Gebers genutzt werden. Das Resultat ist ein schnelles und gleichzeitig
zuverlässiges
Gerät.
- 4. Die Herstellung des Sensors erfolgt auf der Basis moderner
Nanotechnik und ist somit gut reproduzierbar und eignet sich auch
für große Sensormengen.
- 5. Der Sensor ist sehr klein.
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Im
Folgenden wird die Erfindung in Form eines Beispiels an Hand der
beigefügten
Zeichnungen beschrieben. Es zeigen:
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1 die Grundstruktur eines
drei Arrays umfassenden Sensors auf einem Halbleitersubstrat mit
Anschlusselektroden;
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2 das Schaltbild eines einzelnen CB-Tunnelübergang-Arrays;
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3 im gleichen Maßstab auf
Si-Substrat gebildete, für
verschiedene Temperaturbereiche vorgesehene Tunnelübergänge;
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4 die Struktur einer Tunnelübergangskette
für den
untersten Temperaturbereich einschließlich der an den Zwischenleitern
ausgebildeten Elektronen-Thermalisationszonen;
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5 die Struktur eines einzelnen
Tunnelübergangs
im Schnitt.
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Der
Beispiel-Sensor umfasst drei für
verschiedene Temperaturbereiche eingerichtete Tunnelübergang-Arrays 4, 4' und 4'', die über die Verbindungsleiter 5 mit
ihrem einen Ende an eine gemeinsame Anschlusselektrode 2 und
mit ihrem anderen Ende an je eine eigene Anschlusselektrode 3, 3' und 3'' angeschlossen sind. Der Sensor
wird nach Art gewöhnlicher
Mikroschaltungen verkapselt, zum Beispiel zu einer 8-poligen Komponenten
von Standardgröße. Mit
Hilfe der Messelektronik wird das jeweils gewünschte Array für die Messung
gewählt.
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Alle
drei Arrays entsprechen dem in 2 gezeigten.
Der Messanschluss der negativen Seite der Arrays ist wie oben beschrieben
geschaltet, aber die positiven Seiten sind getrennt voneinander.
Das Array 4 in 2 umfasst
zehn parallel geschaltete identische Tunnelübergangsketten 4.1 ... 4.10.
Beträgt
der Widerstand der Einzelkette 400 kΩ, so hat das gesamte Array
nur noch einen Widerstand von 40 kΩ, wodurch die oben angeführten Probleme
vermieden werden. Der Gesamtwiderstand darf in seinem Maximum höchstens
150 kΩ betragen.
Bevorzugt sind vier oder fünf
parallel geschaltete Ketten vorhanden, wobei sich dann die Herstellung
nicht unmäßig schwierig
gestaltet, aber der Widerstand des Arrays dennoch auf einen Wert
unter 100 kΩ sinkt.
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In 3 ist auf anschauliche Weise
die Art des Variierens der Geometrie des Tunnelübergangs gezeigt. Die Übergangskapazitanz
lässt sich
am leichtesten durch Variieren der Fläche des Tunnelübergangs
regulieren. Die Dicke der als Isolierung dienenden dünnen Oxidschicht
ist auf dem gesamten Substrat konstant. Im oberen Teil von 3 ist ein Tunnelübergang 10'' mit einer Fläche von ca. 1,5 μm2 für
den niederen Temperaturbereich gezeigt. Er wird mit Hilfe der isolierenden
Schicht zwischen den Leitern 7'' und 8'' gebildet. Im unteren Teil von 3 ist im gleichen Maßstab eine
Tunnelübergangskette
für hohen
Temperaturbereich gezeigt. Auch bei dieser Kette sind 20 Tunnelübergänge hintereinander angeordnet
und durch die Leiter 7 und 8 verbunden. Jeder der
Tunnelübergänge 10 hat
eine Fläche
von unter 0,01 μm2.
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Infolge
der angewandten Fertigungstechnik entstehen beiderseits der Tunnelübergangskette auch
aus den Leiterabschnitten Ketten, die jedoch in der Funktion des
Sensors keinerlei Rolle spielen.
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Hergestellt
werden die Tunnelübergänge des Sensors
bevorzugt durch Elektronenstrahllithographie, mit der man eine beträchtlich
höhere
Genauigkeit als mit Lichtlithographie erzielt.
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Bei
tiefen, unter 1 K liegenden Temperaturen beginnt der Messstrom die
Messung auf die oben beschriebene Weise zu stören. Dieses Problem wird mit der
in 4 gezeigten Lösung eliminiert,
bei der die Zwischenleiter 7 und 8 der Tunnelübergänge 10 zur Seite
hin zu großen
Kühlbereichen 13 verbreitert
werden. In diesen aus Aluminium (oder entsprechendem Material) bestehenden
Bereichen können
sich die Elektronen thermalisieren. Die Elektronen „ergießen" sich in das gesamte
Volumen des Leiters und erfahren in Wechselwirkung mit ihrer Umgebung
eine Verlangsamung. Die Kapazitanzzunahme ist unschädlich. Das
Substrat ist in diesem Temperaturbereich nicht elektrisch leitend.
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Als
Kompromiss aus Messtechnik und Fertigungstechnik sind vier bis fünf mit Kühlbereichen ausgestattete
parallele Ketten eine passende Anzahl.
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Der
Tunnelübergang 10 und
die dafür
erforderlichen Leiter 7 und 8 werden, wie in 5 gezeigt, auf einem reinen
Si-Substrat 1 gebildet. Auf der Oberfläche des Grundmaterials 1' wird aus praktischen
Gründen
eine Oxidschicht 1'' gebildet, damit der
Sensor bei Zimmertemperatur getestet werden kann. Mit Hilfe von
Elektronenstrahllithograpie werden stufenweise die Leiterschicht 8,
die Isolierschicht 9 und die zweite Leiterschicht 7 gebildet.
Der Tunnelübergang 10 entsteht
an der Stoßstelle
der Leiter 7 und 8, wo sich zwischen diesen eine
etwa 1 nm dicke Isolierschicht befindet. In der Zeichnung ist die
Dicke der Isolierschicht 9 übertrieben, d. h. vergrößert dargestellt.
Die Dicke der Leiter 7 und 8 beträgt nämlich ca.
100 nm.
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Das
dynamische Verhalten der Tunnelübergangskette
ist in den oben genannten Schriften beschrieben. Daraus lassen sich
folgende Formeln für die
Durchführung
der Messung ableiten. Die dimensionslose Konduktanz G/GT in
einer solchen Kette mit N Tunnelübergängen der
Kapazitanz C lässt
sich angenähert
angeben durch die Formel,
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Primär wird die
Temperatur T beim auf CB-Tunneln basierenden Thermometer auf Grund des
G/GT-Diagramms der Spannungs-Strom-Abhängigkeit
aus der Formel V1/2 = 5,439 N kBT/e
bestimmt, worin V1/2 die Spannungsdifferenz
der gemessenen Konduktanzsenke in halber Tiefe der Senke, N die Anzahl
der Tunnelübergänge in der
Kette, kg die Boltzmann-Konstante und e die Elementarladung bedeuten.
Die Temperaturmessung wird somit auf Spannungsmessung zurückgeführt. Die
Breitenbestimmung in halber Tiefe der Konduktanzsenke erfordert keine
absolute Genauigkeit der Parameter, weil sie sich auf Grund relativer
Daten des Sensors bestimmt. Nach der Tiefenbestimmung werden die
Halbwert-Spannungswerte
auf beiden Seiten der Senke gesucht; die Differenz ist der gesuchte
Wert V1/2.
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Sekundär erhält man die
Temperatur aus folgender Gleichung:
worin
ΔG/G
T die Tiefe der dimensionslosen Konduktanzsenke
ist.
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Um
die Nachteile des Aluminiums zu eliminieren, kann es durch ein anderes
Metall, wie zum Beispiel Chrom Cr, Kupfer Cu, Nickel Ni oder Niob
Nb ersetzt werden.