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Verfahren zur Erzeugung von elastischen Vorspannungen in Gegenständen
aus Stahl In der Technik werden vielfach Gegenstände aus Stahl während des Betriebes
in ihren Randzonen elastisch auf Zug beansprucht, so beispielsweise auf Biegung
oder Verdrehung beanspruchte Achsen und Wellen ferner Druckbehälter der verschiedensten
Art, die während des Betriebes im Querschnitt ungleichförmig beansprucht werden.
Kennzeichnend ist in jedem Falle, daß die Beanspruchungen in den Randzonen mit der
Außerbetriebnahme der Gegenstände aufhören.
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Zweck der Erfindung ist, die Betriebssicherheit bzw. Lebensdauer solcher
und anderer in ähnlicher Weise beanspruchten Stahlgegenstände zu erhöhen.
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Die Erfindung besteht darin, daß die Stahlgegenstände vor ihrer Inbetriebnahme
auf Temperaturen unterhalb des A,-Punktes erhitzt und von diesen Temperaturen beschleunigt
abgekühlt werden.
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Wird eine stählerne Rundstange von erhöhten Temperaturen in Wasser
abgeschreckt, so entstehen in der Stange Eigenspannungen, und zwar Druckspannungen
im Rande und Zugspannungen im Kern. Wird eine derartige Stange statisch auf Biegung
beansprucht, so werden plastische Verformungen am Rande der zugbeanspruchten Seite
erst bei höheren Belastungen auftreten als .bei einer Stange mit den gleichen Eigenschaften,
welche der die Eigenspannung erzeugenden Abschreckbehandlung nicht unterworfen wurde.
Das gleiche konnte bei der Dauerbeanspruchung einer von 6oo° abgeschreckten und
einer nichtabgeschreckten Stange eines Stahles mit rund 0,4 °/o C nachgewiesen werden.
Bei der abgeschreckten Stange, bei der also ein Spannungszustand ohne Änderung der
Festigkeitseigenschaften erzeugt worden war, lag die auf der Schenkschen Dauerbiegemaschine
bestimmte Dauerfestigkeit höher als bei der Stange mit den gleichen Festigkeitseigenschaften
ohne Eigenspannungen. Die -gleichen Überlegungen, die hier für die Biegebeanspruchung
aufgestellt wurden, lassen sich für statische wie auch für Dauerverdrehungsbeanspruchungen
durchführen. Die durch Verdrehungsbeanspruchungen in einer Rundstange entstehenden
Spannungen sind gekennzeichnet durch Zugspannungen in den äußeren Randfasern. Wird
eine im Betrieb auf Verdrehung zu beanspruchende Rundstange, z. B. eine Welle, von
Temperaturen unterhalb A1 in Wasser abgeschreckt, so entstehen hier wieder im Rande
Druckspannungen. Soll diese Stange durch Verdrehung bis zu einer Grenze verformt
werden, bei der plastische Verformungen auftreten, so müssen z. B. an den Randzonen
zuerst die Druckeigenspannungen überwunden werden, ehe hier die Torsionsbeanspruchungen
wirksam
werden. Dasselbe läßt sich natürlich auch für anclere'Beanspruchungsarten
durchführen. Wenn z. B. durch irgendwelche äußeren Kräfte in der Randzone Druckspannungen
erzeugt «-erden, so läßt sich eine Vorspannung für diese äußeren,Druckkräfte hervorrufen,
die durch Zugbeanspruchungen im Rande gekennzeichnet ist.
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Gemäß der Erfindung werden den Gegenständen aus Stahl also Vorspannungen
gegeben, die den Betriebsbeanspruchungen entgegengesetzt gerichtet sind, ohne daß
dadurch die Festigkeitseigenschaften der Gegenstände g e# ändert werden. Auf diese
Weise wird also <las elastische Arbeitsvermögen, d. h. die Aufnahmefähigkeit
der Gegenstände für elastische Spannungen, .an bestimmten Stellen heraufgesetzt;
sie können höhere Spannungen ertragen, bis die ersten plastischen Verformungen auftreten,
als solche Gegenstände, die diesen Vorspannungszustand nicht besitzen. Wird z. B.
ein Hochdruckzvlinder durch irgendwelche stoßartigen Kräfte, z. B. durch Explosion,
beansprucht, so treten an der inneren Zylinderwand Zugspannungen auf. Wird dieser
Zylinder erfindungsgemäß vor der Inbetriebnahme von Temperaturen unterhalb 41 von
innen mit Wasser oder Öl abgeschreckt, so entstehen Eigenspannungen, und zwar Zugspannungen
am äußeren Rande des Zylinders und Druckspannungen an der Innenwandung. Diese Druckspannungen
an den Innenwandungen stellen eine Vorspannung zu den durch die Betriebskräfte hervorgerufenen
Betriebsbeanspruchungen dar, d. h. an der Innenwandung können durch die Vorspannung
jetzt größere Kräfte aufgenommen «-erden, ehe plastische Verformungen auftreten,
als bei den nicht vorbehandelten Zylindern. Dasselbe gilt für Hochdrucktrommeln,
dickwandige Hochdruckrohre u. ä.
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Werden z. B. die Außenzonen eines Hohlkörpers (Welle) im Betrieb etwa
durch ein Biegemoment auf Zug beansprucht, so wird eine durch Druckkräfte gekennzeichnete
Vorspannung an der Außenwandung günstig wirken. Eine derartige Vorspannung läßt
sich erzeugen durch Abschrecken dieses Hohlzylinders von Temperaturen unterhalb
Al, wenn bei dieser Abkühlungsbehandlung nur die Außenwandung des Zylinders abgeschreckt
wird. Treten hingegen am Rande der Bohrung die gefährlichen Zugspannungen auf, so
ist die günstige Vorspannung durch Abschrecken der Bohrungswandung zu erzeugen.
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Es sei erwähnt, daß sich die Betrachtungen sowohl über die durch Vorbehandlung
erzeugten Spannungen als auch über die Spannungen der Betriebsbeanspruchungen auf
reine elastische Spannungen beziehen, d. h. die durch den I?igenspannungszustand
gekennzeichneten Spannungen sind reine elastische Spannungen im Stahlgegenstand;
die Betriebsbeanspruchungen sollen, wie auch meist vorgeschrieben, ebenfalls nur
elastischer Art sein. Das neue Verfahren ermöglicht also eine Erhöhung derBetriebssicherheit
dadurch, daß in einem Werkstück aus Stahl an irgendeiner Stelle unter Beibehaltung
der Festigkeitseigenschaften elastische Spannungen durch beschleunigtes Abkühlen
von Temperaturen von unterhalb A1 erzeugt werden, die an der gleichen Stelle den
Betriebsbeanspruchungen entgegenwirken. Es wird hier in erster Linie an die Erzeugung
von günstigen Vorspannungen am Rande gedacht, da am Rande irgendeines größeren Werkstückes
infolge der größeren Verformungsmöglichkeit eher die Möglichkeit zum Anbruch gegeben
ist als iin Kern.
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Die Erfindung erstreckt sich weiter darauf, Gegenstände, bei denen
durch Ausscheidung Eigenschaften verbessert werden können.-zur Herbeiführung der
Ausscheidung bei entsprechender Temperatur auszuglühen und von dieser Temperatur
zur Erzeugung der Vorspannungen beschleunigt abzukühlen.
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In manchen Fällen kann es dabei wünschenswert sein, die Gegenstände
nach dem Glühen erst langsam auf eine tiefere Temperatur und von dieser zur Erzeugung
der Vorspannung beschleunigt abzukühlen.
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Es ist bekannt, daß Druckvorspannungen in Werkstücken durch verschiedene
Arten plastischer Verformung, wie Recken, Stauchen, Drücken usw., hervorgerufen
werden können, so z. B. kann man in Dichtungsringen durch Kaltverdichten eine bestimmte
Spannkraft erzeugen. Hierbei handelt es sich erstens um über den ganzen Querschnitt
gleichartig beanspruchte Bauteile, und außerdem wird beim Kaltverdichten eine Änderung
der Festigkeitseigenschaften der kaltverformten Schicht erreicht. Durch das Kaltverdichten
der Ringe soll auch lediglich die Elastizitätsgrenze erhöht und eine Ausbiegung
der geschlitzten Ringe nach außen, d. h. eine Formänderung, erreicht werden. Derartige
Vorbehandlungen sind jedoch schwierig durchzuführen, und der Einfluß der erforderlichen
Größe des Verformungsgrades kann nicht vollständig überblickt und angegeben werden.
Jede Kaltverformung ist außerdem mit nachteiligen Änderungen der Festigkeitseigenschaften
des Werkstoffes verbunden. Demgegenüber ist es beim Verfahren gemäß der Erfindung
ein wesentliches Kennzeichen, daß keine Veränderungen der Festigkeitseigenschaften
eintreten. Darüber hinaus weist das Verfahren gemäß der Erfindung den Vorzug leichter
Anwendbarkeit auf, indem man l nach wenigen Versuchen in der Lage ist, die
Vorspannungen
gleichmäßig verteilt und in gewünschter Höhe zu erzeugen.
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Es ist weiter bekannt, daß zur Erzeugung von Druckvorspannungen in
großen Werkstücken von einer Temperatur oberhalb As abgeschreckt wird, was jedoch
mit der Ausbildung eines sorbitischen Gefüges und Änderung der Festigkeitseigenschaften
verbunden ist. Man hat vorgeschlagen, Stahlreifen oder -räder nach der Heißbehandlung
derart abzukühlen, daß im äußeren Teil Druck-, im inneren Teil Zugspannungen entstehen.
Der Zweck war, beim Auftreten eines Bruches zu verhindern, daß der Reifen abspringt
oder das volle Rad sich am Umfang öffnet. Da die Radkörper in der Hauptsache am
äußeren C'rnfange durch Druckkräfte beansprucht werden, sind die bei dein bekannten
Verfahren hervorgerufenen Eigenspannungen nicht den Betriebsbeanspruchungen entgegengesetzt
gerichtet, auch erfolgt die Abkühlung von einer über den kritischen Temperaturen
liegenden Temperatur. Die Abkühlung hat also eine Änderung der Festigkeitseigenschaften
zur Folge. Weiter ist ein Verfahren bekannt, bei dem das Innere eines auf Walz-
bzw. Schmiedetemperatur erhitzten Hohlkörpers abgeschreckt und gleichzeitig die
äußeren Schichten durch Schmieden, Walzen o. dgl. verformt werden. Es handelt sich
hierbei jedoch um Hohlkörper aus Bronze.
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Beim Verfahren der vorliegenden Arbeit wird ausdrücklich gefordert,
daß das Abschrecken unterhalb Al stattfindet, damit die Festigkeitseigenschaften
-nicht geändert werden. Dies ist ein Vorteil, der bei den bisherigen im Schrifttum
angegebenen Behandlungsarten zur Erzeugung von Vorspannungen nicht eintritt. Durch
Abschrecken oberhalb A, entstehen auch nicht in allen Fällen Druckspannungen am
Rande des so behandelten Werkstückes, denn es hängt, wie Bühl e r und S c h e i
1 (Arch. f. Eisenhüttenw. 6, 1932/33) nachgewiesen haben, weitgehend von der Stahlzusammensetzung
ab, ob Druck-oder Zugspannungen nach dem Abschrecken von Temperaturen oberhalb A"
zurückbleiben. Daß durch Abschrecken von Temperaturen unterhalb A1 in Hohlkörpern
hohe innere Spannungen entstehen, war bereits bekannt. Ein Verfahren zur bewußten
planmäßigen Nutzanwendung der Kenntnis, durch Abschrecken unterhalb A1 im Werkstück
gleichmäßig verteilte Vorspannungen von gewünschtem Betrage zu erzeugen, war jedoch
der Fachwelt bisher nicht bekannt.
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Von maßgebenden Fachleuten wurde diese Erkenntnis von den durch Abschrecken
von Temperaturen unterhalb A1 erzielten Druckvorspannungen noch im Jahre 1931 (vgl.
St. u. E., 193r, S.662) nicht nur nicht ausgenutzt, sondern auch das Vorhandensein
innerer Spannungen als für die Sicherheit des Werkstückes unerwünscht und schädlich
bezeichnet. Das vorliegende Verfahren stellt somit in seiner praktischen Nutzanwendung
einen technischen Fortschritt dar.
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Nicht Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist die Anwendung des
erfindungsgemäßen Verfahrens auf Gegenstände, die zur Verformung metallischer Werkstoffe
dienen, da ein entsprechender Vorschlag bereits vorliegt, jedoch nicht zum Stande
der Technik gehört.