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Die
vorliegende Erfindung betrifft ein Gewebekulturverfahren und eine
Gewebekulturvorrichtung. Genauer gesagt betrifft sie Aspekte der
Langzeitkultur, sowie der Steuerung künstlich gezüchteter Gewebe.
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Zellen
können
in vitro für
eine bestimmte Funktion oder zu Studienzwecken gezüchtet werden, indem
die Zellen auf ein Substrat geimpft werden und den Zellen die für das Wachstum
erforderliche(n) Umgebung und Nährstoffe
bereitgestellt werden.
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So
beschreibt die
US-A-5981211 z.
B. die Bildung extrakorporalen künstlichen
Lebergewebes, und V. C. Mudera et al., Cell Motility and the Cytoskeleton,
Band 45, 1–9
(2000), sowie R. A. Brown et al., J. of Cellular Physiology, Band
175, 323–332
(1998), beschreiben die Wirkungen verschiedener Lastregime auf das
Wachstum von Fibroblasten.
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Es
besteht jedoch ein Bedarf für
die Entwicklung weiterer Verfahren zum In-vitro-Züchten
von Gewebe, insbesondere von Bindegewebe-Arten, die reich an Kollagen
sind.
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In
vivo wachsen viele Zellen und erfüllen ihre Funktion als Reaktion
auf spezifische mechanische Auslösesignale
(viele Weichgewebearten und Organe existieren hauptsächlich unter
Zugbeanspruchung). Auf Sehnenzellen wirken z. B. hauptsächlich Zugkräfte. Ein
weiteres Beispiel sind Endothelzellen, die auf der inneren Oberfläche von
Blutgefäßen wachsen.
Diese Zellart reagiert auf die Scherkräfte, die auf sie durch den
Blutfluss entlang des Blutgefäßes ausgeübt werden.
Auf der anderen Seite wachsen Knorpelzellen in vivo unter externer
Kompression.
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In
vivo werden ebenfalls Nährstoffe
für die Zellen
durch den mikrovaskulären
Fluss zugeführt, wohingegen
in vitro die Nährstoffe
normalerweise durch Diffusion aus einem (typischerweise flüssigen) Kulturmedium
zugeführt
werden.
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US 6121042 offenbart Vorrichtungen
und Verfahren zur In-vivo-Stimulation von Bedingungen während der
Beimpfung und des Züchtens
dreidimensionaler Gewebe konstrukte. Die Flüssigkeitsströmung wird
z. B. durch eine Pumpe bereitgestellt.
WO 94/25584 offenbart eine Kartusche
zum Züchten von
Zellen, die Hohlfasern enthalten. Die Oberfläche der Kartusche kann mit
Fibronectin beschichtet sein.
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Die
vorliegende Erfindung basiert zumindest teilweise auf der Erkenntnis,
dass die geeigneten mechanischen Auslösesignale auf in vitro wachsende Zellen
angewandt werden sollten und dass diese Auslösesignale auch verwendet werden
können,
um die Zufuhr von Nährstoffen
zu den Zellen zu verbessern.
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Daher
stellt die vorliegende Erfindung in einem ersten Aspekt ein Verfahren
zum In-vitro-Züchten von
Gewebe nach Anspruch 1 bereit.
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Tatsächlich oszilliert
die Last und führt
zu einer entsprechenden oszillierenden Belastung im Substrat. Die
wachsenden Zellen reagieren auf diese Belastung, so dass das von
den Zellen erlebte mechanische Auslösesignal durch Steuerung der
Last gesteuert werden kann, die auf das Substrat aufgebracht wird
(Laststeuerung), oder durch Steuerung der Verformung des Substrats
(Verformungssteuerung). Jedenfalls wird insgesamt das Kulturmedium als
Resultat eines jeden Lastzyklus entlang dem Strömungskanal bewegt, was eine
Zufuhr von frischem Kulturmedium zu den wachsenden Zellen ermöglicht,
z. B. durch das Einwegventil. Dies geschieht, da die Bewegung des
Kulturmediums in eine Richtung, entsprechend einem halben Lastzyklus,
inhibiert ist, was während
der anderen Hälfte
des Lastzyklus zu einer Strömung
des Kulturmediums in die entgegengesetzte Richtung führt. Auf
diese Art und Weise führt
die variierende Last gleichzeitig sowohl zu mechanischen Auslösesignalen
als auch zu einer Erneuerung des Kulturmediums.
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Bei
den Zellen kann es sich z. B. um Fibroblasten, Chondrozyten, Knochenzellen,
Endothelzellen, Gefäßzellen,
neurale Zellen, Epithelzellen, sekretorische Zellen, transfizierte
Zellen, Stammzellen oder Muskelzellen handeln. Als Resultat der
mechanischen Auslösesignale
können
die Zellen dazu induziert werden, Bindegewebematerial mit spezifischen und
nützlichen
Eigenschaften zu produzieren. Dieses Material kann z. B. Kollagen
sein, bei dem die Kollagenproteinfilamente in Richtung der Substratverformung
angeordnet sind. Andere Bindegewebematerialien umfassen: Fibronectin,
Fibrin, Fibrinogen, Vitronectin, Laminin, Kerstin und gewisse natürliche Polysaccharide,
wie z. B. Hyaluronan.
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Die
Häufigkeit
der Lastzyklen liegt vorzugsweise im Bereich von 0,1 bis 60 Zyklen
pro Stunde, noch bevorzugter von 0,5–10 Zyklen pro Stunde. Die Häufigkeit
kann mit den Veränderungen
der Steifheit des Substrats variieren. Die Substrat-Belastungsvariation
(d. h. der Unterschied zwischen der maximalen und der minimalen
Substratverlängerung
dividiert durch die Substratlänge),
die durch jeden Lastzyklus hervorgerufen wird, liegt vorzugsweise
im Bereich von 0,05% bis 10% und noch bevorzugter im Bereich von
0,1% bis 1%.
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Das
Ausmaß der
Nettoverformung des Substrats kann im Laufe der Zeit auch erhöht oder
stufenweise erhöht
werden, um das Substrat zu verlängern, d.
h. eine zunehmende Belastung kann über die zyklische Belastung
gelagert werden. Die Netto-Substratbelastung
wird vorzugsweise mit einer Geschwindigkeit im Bereich von 0,001%
bis 0,1% pro Stunde erhöht,
noch bevorzugter im Bereich von 0,005% bis 0,05% pro Stunde. Als
Resultat der Erhöhung
der Netto-Substratbelastung liegt die Gesamtextension (d. h. die
endgültige
verformte Länge/ursprüngliche Länge) des
Substrats während
eines vollständigen Gewebewachstumsprogramms
vorzugsweise im Bereich von 1 bis 50% und noch bevorzugter im Bereich von
5 bis 20%.
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In
Schritt (ii) kann das Lastregime als Reaktion auf eine sich verändernde
mechanische Eigenschaft (z. B. Steifheit) des Substrats variiert
werden. Mit der Produktion von Gewebe durch Zellen kann sich z.
B. das Substrat versteifen. Die zunehmende Steifheit kann durch
einen innewohnenden oder einen Fernsensor erfühlt werden und zur Variierung des
Lastmusters verwendet werden.
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Das
Ausgangssubstrat kann aus einem Material wie z. B. einem synthetischen
Polymer oder einem aggregierten natürlichen Makromolekül (Protein oder
Polysaccharid etwa) hergestellt sein. Es können auch Beschichtungen natürlicher
Zellbindungsproteine auf dem Substrat verwendet werden.
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Das
Substrat besteht vorzugsweise aus aggregiertem oder fibrösem Fibronectin
oder aus fibronectinhältigen
Zusammensetzungen (z. B. Fibronectin-Fibrin-Zusammensetzungen).
Diese Substanzen fördern
die Zellbindung und können
als form- und dehnbare Materialien gebildet werden, die wesentliche
Verlängerungen
aushalten können.
Alternativ dazu oder zusätzlich
dazu kann das Substrat zumindest eines der Folgenden umfassen: Fibrin,
Fibrinogen, Laminin, vitronectinbasierte Materialien und Kollagen.
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Das
Substrat kann in der Lage sein, durch die Einführung einer wirksamen Menge
eines Abbaumittels in das Substrat, z. B. durch das Kulturmedium, aktiv
abgebaut zu werden. Das Material des Substrats kann z. B. Ziele
für das
Abbaumittel enthalten, die das Substrat bei Einwirkung durch das
Abbaumittel zu Komponenten abbauen, die durch die Strömung des
Kulturmediums abtransportiert werden können. Solche Ziele können Peptidsequenzen
sein, die auf eine spezifische Proteasespaltung empfindlich reagieren,
so dass die Addition der geeigneten aktivierten Protease zum Kulturmedium
in einem geeigneten Stadium der Gewebeentwicklung das Substrat in
solche Komponenten spaltet. Alternativ dazu kann es sich bei den
Peptidsequenzen um Proenzyme handeln, die aktivierbar sind, um das
Substrat abzubauen. In jedem Fall können mit diesem Ansatz potentielle
Probleme nachteiliger, allergischer, infektiöser oder toxischer Reaktionen
auf das Substrat vermieden werden, wenn das Gewebe anschließend für eine In-vivo-Implantation
verwendet wird. Für
auf Fibronectin basierende Materialien ist eine geeignete Proenzym-Peptid-Sequenz
Plasminogen, das aktivierbar ist (durch einen Aktivator, wie z.
B. einen Urokinase-Plasminogen-Aktivator
oder einen Gewebetyp-Plasminogen-Aktivator), um Plasmin zu bilden, das
wiederum Fibronectin abbaut. Derselbe Ansatz kann bei Fibrin, Fibrinogen,
Laminin oder vitronectinbasierten Materialien verwendet werden sowie
auch bei manchen Kollagenarten.
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Nicht-physiologische
Polymere, rekombinante Proteine oder Neoproteine, die zu einem passiven Abbau
in der Lage sind (d. h. ohne die Addition spezifischer Mittel, wie
z. B. aktivierter Proteasen), können
ebenfalls verwendet werden, um das Substrat zu bilden. Daher ist
ein anderes mögliches
Material für das
Substrat ein nicht-phy siologisches Polypeptid, das in vivo antigen
sein könnte,
normalerweise jedoch vollständig
resorbiert wird, bevor das Gewebe für eine medizinische Anwendung
verwendet wird.
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Synthetisches
Substratmaterial, das nicht für einen
Abbau vor der In-vivo-Implantation gedacht ist, kann z. B. RGDS-Zellbindungspeptidsequenzen
zur Förderung
der Zellbindung, Zelladhäsion
und/oder Zellmigration umfassen.
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Das
Substrat besitzt vorzugsweise eine Vielzahl parallel laufender Strömungskanäle. Das
Substrat kann z. B. eine Anordnung oder ein Bündel im Wesentlichen paralleler
länglicher
Elemente umfassen, die im Wesentlichen parallel zur Richtung der
Lastanlegung angeordnet sind, so dass sich das Kulturmedium entlang
der Zwischenräume
(d. h. Strömungskanäle) zwischen
den länglichen
Elementen bewegt und quer zu den Elementen diffundiert, um den wachsenden
Zellen Nährstoffe
zuzuführen.
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In
einer Ausführungsform
bestehen die länglichen
Elemente aus im Wesentlichen festen Fasern (z. B. aus Fibronectin),
wobei das Zellwachstum auf der Oberfläche der Fasern auftritt. Diese
Fasern besitzen z. B. einen Durchmesser im Bereich von 5–500 μm.
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In
einer anderen Ausführungsform
umfassen die länglichen
Elemente einen im Wesentlichen festen Kern (z. B. aus Fibronectin)
und eine relativ formbare Gelbeschichtung (z. B. aus Fibrin, Kollagen, Proteoglycan,
Glycosaminoglycan, wie z. B. Hyaluronan, Polysaccharid oder einem
synthetischen bioresorbierbaren Polymer, wie z. B. Polymilchsäure, Polyglycolsäure und
Polycaprolacton). Der Gesamtdurchmesser des Kerns plus Gelbeschichtung
kann wiederum im Bereich von 5–500 μm liegen,
der feste Kern kann jedoch einen Durchmesser von nur 20–50 nm aufweisen.
Das Zellwachstum kann auf der Oberfläche und/oder innerhalb der
Gelbeschichtung auftreten. Die Gelbeschichtung erhöht die Gesamt-Formbarkeit
des Substrats und ermöglicht
dadurch größere Substratverformungen.
Dies kann wiederum die Strömung
des Kulturmediums entlang der Zwischenräume zwischen den länglichen
Elementen erhöhen.
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In
einer anderen Ausführungsform
bestehen die länglichen
Elemente aus feinen Röhrchen
(wie z. B. in S. I. Harding et al., The Scaleable Preparation of Fibronectin-Based Tubes, Suitable
as Tissue Engineering Scaffolds, 1. NELSIC-Zusammentreffen, UCL,
London (September 2000), sowie S. I. Harding, Doktorarbeit, University
College London (1999), beschrieben). Hier kann sich das Kulturmedium
auch entlang der Innenseiten der Röhrchen bewegen, und das Zellwachstum
kann auf den inneren Oberflächen und/oder
den äußeren Oberflächen der
Röhrchen auftreten.
Typischerweise werden diese röhrenförmigen länglichen
Elemente aus Fibronectin, Fibrin und/oder Fibrinogen gebildet. Sie
können
einen internen Durchmesser von 0,1–2 mm, vorzugsweise von 0,1–1 mm, aufweisen.
Die Wanddicke kann im Bereich von 5–250 μm liegen.
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Das
Substrat kann weiters ein Gemisch länglicher Elemente verschiedener
Typen umfassen (z. B. ein Gemisch aus beliebigen zwei oder drei
der oben genannten Ausführungsformen).
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In
vivo ist ein Massenübergang
aus dem Gefäßsystem
zu Zellen über
eine Distanz von mehr als etwa 0,4 mm nicht ausreichend, um zahlreiche
Zelltypen zu unterstützen,
und auf ähnliche
Art und Weise können
Nährstoffe
in vitro allgemein nicht ausreichend durch eine Gewebedicke von
mehr als etwa 0,4 mm perfundieren, um Zellen und Zellwachstum zu
unterstützen.
Trotzdem benötigen
manche medizinische Anwendungen künstlich gezüchtetes Gewebe, das eine größere Dicke
als diese aufweist, und durch die Bereitstellung eines Substrats,
das eine Anordnung oder ein Bündel
länglicher
Elemente darstellt, ist es möglich,
relativ dichtes Gewebe bis auf Größen zu züchten, die signifikant größer als
die maximale Perfusionstiefe sind. Im Wesentlichen ist es so, dass
die mehrfachen Zwischenraum-Strömungskanäle für das Kulturmedium,
die durch die Anordnung oder das Bündel gebildet werden, In-vivo-Gefäßsysteme
imitieren, so dass, obwohl jeder Strömungskanal nur eine Perfusion
von bis zu einer Radialdistanz von 0,4 mm vom Kanal unterstützen kann, die Kanäle in Kombination
signifikant größere Gewebewachstums-Dicken
mit Nährstoffen
versorgen können.
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In
einem zweiten Aspekt stellt die vorliegende Erfindung eine Gewebewachstumsvorrichtung nach
Anspruch 9 bereit.
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Die
Vorrichtung des zweiten Aspekts kann verwendet werden, um das Verfahren
des ersten Aspekts durchzuführen,
und kann weiters bevorzugte optionale Merkmale umfassen, die hinsichtlich
des ersten Aspekts beschrieben werden.
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Das
Befestigungsmittel kann z. B. eine mechanische, magnetische oder
klebende Befestigung zur Verbindung des Substrats mit der Lastanlegevorrichtung
umfassen. Alternativ dazu kann das Befestigungsmittel nur das Substrat
relativ zur Vorrichtung halten, und das Substrat kann mit magnetischen Endstücken ausgestattet
sein, die durch Fernsteuerung durch ein extern aufgebrachtes elektromagnetisches
Feld bewegbar sind, um das Substrat zu belasten. Das Lastanlegemittel
kann eine computergesteuerte Vorrichtung, wie z. B. ein elektrischer
Motor, sein. Es kann jedoch auch hydraulisch angetrieben sein. Alternativ
dazu können
die Kontraktionen exogen gesteuerter kontraktiler Zellen oder die
Flüssigkeitsströmung durch
und/oder um das Substrat verwendet werden, um die Last anzulegen.
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Das
Lastanlegemittel kann eine Messvorrichtung zum Messen einer Veränderung
einer mechanischen Eigenschaft (z. B. Steifheit) des Substrats sowie
eine Kontrollvorrichtung zum Variieren des Lastregimes als Reaktion
auf die sich verändernde mechanische
Eigenschaft, die durch die Messvorrichtung gemessen wird, umfassen.
Die Messvorrichtung kann z. B. ein innewohnender oder ein Fernsensor
für das
Substrat sein.
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Nun
werden nur als Beispiel bevorzugte Ausführungsformen der Erfindung
hinsichtlich der begleitenden Zeichnungen beschrieben, in denen:
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1 eine
schematische Zeichnung einer Gewebewachstumsvorrichtung zeigt,
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2 eine
schematische Querschnittsansicht einer Faser zeigt, die am Anfang
eines Gewebewachstumsprogramms mit Zellen geimpft ist,
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3 eine
schematische Querschnittsansicht der Faser aus 2 nach
Belastung mit Gewebe zeigt, das um die Faser wächst,
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4 eine
schematische Querschnittsansicht einer anderen Faserform zeigt und
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5 eine
schematische Querschnittsansicht noch einer weiteren Faserform zeigt.
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Für das künstliche
Wachstum von Bindegewebearten kann es wichtig sein, aussagekräftige mechanische
Kontroll-Auslösesignale
bereitzustellen, um Gewebe zu züchten,
das natürliches
Gewebe so weit wie möglich
imitiert. Die lokale mikromechanische Umgebung einer jeden Zelle,
die in das Gewebe inkorporiert ist, beeinflusst die Reaktionsfähigkeit
der Zellen auf chemische Vermittler, die Morphologie und das Verhalten
der Zelle und schließlich
die Matrix von korrigierendem Gewebe, das von der Zelle produziert wird.
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Fibroblasten
und Glattmuskelzellen reagieren z. B. auf eine angelegte Belastung
durch die Produktion von Kollagen, das anisotrop ist, und zwar dahingehend,
dass das Kollagenprotein sowie Fibril/Faserstränge in Richtung der Belastung
angeordnet werden. Dadurch wird Stress von den Zellen genommen,
d. h. Stress, der auf die angelegte Belastung zurückzuführen ist,
wird vom Kollagen aufgenommen, so dass weiteres von den Zellen produziertes Kollagen
nicht angeordnet wird, falls nicht eine weitere Belastung aufgebracht
wird.
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Folglich
führt die
Anlegung einer statischen Belastung auf ein geimpftes Substrat lediglich
zur Anordnung des anfänglich
gezüchteten
Gewebes. Anschließend
gezüchtetes
Gewebe kann nicht auf ähnliche
Art und Weise angeordnet werden, es sei denn, die auf das Substrat
aufgebrachte Belastung wird variiert.
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Ein
weiterer wichtiger Faktor ist die Zufuhr von Nährstoffen zu den Zellen (sowie
die Entfernung von Abfallprodukten von diesen), die das Gewebe bilden.
Die Erfinder haben herausgefunden, dass diese Zufuhr durch Anlegung
einer zyklisch variierenden Belastung (durch eine zyklisch variierende
Last) auf das Substrat, auf dem die Zellen gezüchtet werden, gefördert werden
kann, wodurch die angelegte Last dem zweifachen Zweck der Bereitstellung
mechanischer Auslösesignale
sowie der Erneuerung des Kulturmediums, das den Zellen Nährstoffe
zuführt,
dient.
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1 zeigt
eine schematische Zeichnung eines Teils einer Vorrichtung 10 gemäß der vorliegenden
Erfindung zur In-vitro-Gewebezucht. Die Fasern 14, die
mit Fibroblastenzellen 20 geimpft sind, werden parallel
zueinander in einem Substratbündel 12 angeordnet
(das hier mit einem rechteckigen Querschnitt dargestellt wird, es
können
jedoch auch andere, z. B. runde, Querschnitte verwendet werden)
und durch das äußere Gehäuse 13 zusammengehalten, das
z. B. aus Kollagen, Fibronectin, Fibrin, Fibrinogen oder synthetischem
Polymer besteht. Das Bündel
weist sich in Längsrichtung
erstreckende parallele Zwischenraumlücken 15 auf, die als
Strömungskanäle dienen,
wobei die Lücken
durch die Packungsanordnung der Fasern 14 mit rundem Querschnitt
gebildet werden. Die Vorrichtung kann eine Vielzahl solcher Substratbündel enthalten.
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Das
Gehäuse
ist auf entfernbare Art und Weise an einem Ende durch eine mechanische
Befestigung 19a am Körper 23 (in 1 nur
schematisch dargestellt) der Vorrichtung fixiert. Das andere Ende
des Gehäuses
ist auf entfernbare Art und Weise durch eine Befestigung 19b an
eine Belastungsvorrichtung (nicht dargestellt) gebunden, die dem
Faserbündel
eine zyklische Last, L, anlegt, wobei die Last durch das Gehäuse auf
das Bündel übertragen wird.
Die Ladevorrichtung kann ein computergesteuerter elektrischer Motor
sein.
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Die
zyklische Last produziert eine stufenweise zunehmende zyklische
Belastung im Faserbündel.
Die Häufigkeit
der zyklischen Belastung ist etwa 1 Zyklus pro Stunde, und die Belastung
besitzt eine Amplitude von etwa 0,5% pro Zyklus. Die maximale Belastung
in anschließenden
Zyklen nimmt um etwa 0,001% zu.
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Das
Zufuhrmittel (nicht dargestellt, es kann jedoch ein Flüssigkulturmedium-Reservoir und einen Zufuhrkanal
zum Transport des Kulturmediums zum fixierten Ende des Gehäuses umfassen)
führt das Kulturmedium
dem fixierten Ende des Gehäuses
zu, wo ein Klappenventil 21 das Eintreten des Kulturmediums
in das Gehäuse
ermöglicht,
jedoch einen Rückfluss
in die entgegengesetzte Richtung verhindert. Das Kulturmedium, das
durch Bündel 12 geflossen
ist, fließt
aus dem anderen (sich bewegenden) Ende des Gehäuses aus.
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Die
Erfinder glauben, dass die zyklische Verformung des Substratbündels eine
entsprechende Druckänderung
in dem in den Lücken 15 enthaltenen Kulturmedium
schafft. Ist der Druck relativ hoch, so verhindert das Klappenventil 21 großteils den
Ausfluss des Kulturmediums aus dem fixierten Ende des Gehäuses, und
Kulturmedium fließt
daher aus dem sich bewegenden Ende des Gehäuses aus. Umgekehrt ermöglicht das
Klappenventil 21 bei relativ niedrigem Druck das Einfließen von
frischem Kulturmedium aus dem Zufuhrmittel. So entsteht insgesamt
ein Nettofluss an Kulturmedium entlang der Lücken vom fixierten Ende zum
sich bewegenden Ende des Gehäuses,
wobei frisches Kulturmedium durch das Klappenventil dem Substratbündel zugeführt wird.
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Da
die Fasern relativ schmal sind (im Vergleich zur Größe des vollständigen Bündels) und
jede nur einen geringen Anteil der Gesamtanzahl wachsender Zellen
trägt,
ist das Kulturmedium in der Lage, quer zu im Wesentlichen allen
der auf dem Substrat wachsenden Zellen zu perfundieren. Im Wesentlichen
bildet die Konstruktion des Faserbündels eine Anordnung paralleler „Kapillaren", entlang derer das Kulturmedium
fließen
kann. Die Druckänderung
im Kulturmedium hilft wahrscheinlich auch bei der Verbesserung der
quer verlaufenden Perfusion zu den Zellen. Das „Kapillarnetz" stellt eine starke
Imitation von natürlichem
Gewebe dar, was zu der Erwartung führt, dass auf diese Art und
Weise gebildetes Gewebe sich bei In-vivo-Implantation gut integrieren
sollte. D. h. Blutkapillaren und Nervenzellen des Wirts können vorzugsweise
entlang der Kapillaren wachsen.
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Das
Substratbündel 12 und
das Gehäuse 13 können vollständig oder
teilweise in das flüssige
Kulturmedium getaucht werden. Dies kann dabei helfen, das Substratbündel zu
unterstützen,
und, falls das Gehäuse
durchlässig
ist, ebenfalls bei der Zufuhr von Nährstoffen zum Substrat helfen.
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Jede
Faser
14 besitzt einen Durchmesser von etwa 100–200 μm und besteht
aus Fibronectin, einem Material, an das viele Arten von Zellen binden und
haften können.
Fibronectin-Fasern sind auch in der Lage, sich auf ein Vielfaches
ihrer ursprünglichen Länge zu verformen,
wie z. B. von den Erfindern bereits zuvor in
WO 92/13003 beschrieben.
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Im
Allgemeinen wird davon ausgegangen, dass die für das Zellwachstum benötigten Nährstoffe nicht
durch eine Gewebedicke von mehr als etwa 0,4 bis 1 mm angeliefert
werden können,
abhängig
z. B. von der Dichte des Gewebes, der Zellstoffwechselaktivität etc. Daher
würde,
falls die Zellen z. B. auf einem flachen Substrat gezüchtet würden, die
maximal mögliche
Gewebedicke, die mit gesunden, reifen Zellen erhalten werden könnte, etwa
0,4 bis 1 mm betragen. In der vorliegenden Erfindung bedeutet die
Bereitstellung von Strömungskanälen im gesamten Substrat,
dass eine Gesamt-Gewebedicke erzielt werden kann, die signifikant
höher als
0,4 bis 1 mm ist.
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Die
Fibronectin-Fasern sind resorbierbar, und während des Gewebewachstumsprogramms wird
das Fibronectin allmählich
resorbiert. Daher nimmt das wachsende Gewebe mit der Resorbierung des
Fibronectins mehr und mehr der angelegten Last auf, die ursprünglich von
der Faser getragen wurde. Wurde das gesamte Fibronectin resorbiert,
so nimmt das Gewebe die gesamte der angelegten Last auf.
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2 zeigt
eine schematische Querschnittsansicht einer Faser 14, die
mit Zellen 20 geimpft wurde, am Beginn eines Gewebewachstumsprogramms. 3 zeigt
eine schematische Querschnittsansicht derselben Faser 14 zu
einem späteren
Zeitpunkt des Gewebewachstumsprogramms. Die Faser wurde in Bezug
auf die Querschnittsfläche
reduziert, da sie durch die Belastung verlängert wurde und ebenfalls resorbiert wurde.
Die Zellen haben sich multipliziert und produzierten eine extrazelluläre Matrix
aus Kollagen-Bindegewebe 22.
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4 zeigt
eine Querschnittsansicht einer alternativen Faserform zur Bildung
des Substratbündels,
bei dem ein fester Kern 24 aus Fibronectin von einer relativ
formbaren Fibrin- oder Kollagen-Gelbeschichtung 26 umgeben
ist. Der Gesamt-Durchmesser des Kerns plus Gelbeschichtung beträgt etwa
250 μm,
der feste Kern besitzt jedoch einen Durchmesser von nur etwa 40
nm. Das Zellwachstum kann auf der Oberfläche und innerhalb der Gelbeschichtung
auftreten.
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5 zeigt
eine Querschnittsansicht einer röhrenförmigen Fibronectin-Faser,
die auch verwendet werden kann, um das Substratbündel zu bilden. Diese Faser
besitzt einen inneren Durchmesser von etwa 0,2 mm und eine Wanddicke
von etwa 100 μm. Mit
dieser Faserart kann das Kulturmedium entlang der Innenseite der
Röhrchen
sowie entlang der Zwischenraum-Lücken
zwischen den röhrenförmigen Fasern
des Substratbündels
fließen.
Das Zellwachstum kann auf den inneren und den äußeren Oberflächen der
röhrenförmigen Fasern
auftreten.
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Das
Substratbündel
kann auch aus einem Gemisch dieser Faserarten gebildet werden, wobei die
relative Anzahl und Position im Substratbündel einer jeden Art optimiert
wird, um die gewünschten Substrateigenschaften
bereitzustellen. Feste Fibronectin-Fasern mit einem relativ weiten
Durchmesser (2) versteifen z. B. die Matrix
und stellen weite Zwischenraum-Lücken
bereit, mit Gel beschichtete Fasern (4) stellen
ein verstärktes
Ausmaß an Zellimpfung
und eine verbesserte Perfusion bereit, und röhrenförmige Fasern (5)
verbessern die Perfusion im frühen
Stadium, insbesondere in tiefere Regionen des Substratbündels.
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Während verschiedene
Ausführungsformen der
vorliegenden Erfindung ausführlich
beschrieben wurden, sind für
den Fachmann Modifikationen und Adaptierungen dieser und weiterer
Ausführungsformen
erkennbar. Es ist jedoch explizit davon auszu gehen, dass solche
weiteren Ausführungsformen
innerhalb des Umfangs der vorliegenden Erfindung liegen.