DE4422246C1 - Verfahren zum mikrobiellen Abbau von Leder - Google Patents
Verfahren zum mikrobiellen Abbau von LederInfo
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Description
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum mikrobiellen
Abbau von Leder, insbesondere von rohem, gegerbtem
und/oder zugerichtetem Leder, Lederprodukten, Leder
abfällen oder Lederresten mit thermophilen Mikroorga
nismen.
Bei der Herstellung von Lederartikeln und durch die
Beseitigung von Altleder (z. B. Schuhe) fallen erheb
liche Mengen zu entsorgenden Leders an. Dieser Leder
abfall wird bisher ähnlich wie Hausmüll entsorgt,
d. h. der Abfall wird entweder deponiert oder ver
brannt (Verband der Deutschen Schuhindustrie). Infol
ge des Inkrafttretens der TA Siedlungsabfall (1. Juni
1993) wird die Deponierung von Materialien mit hohem
organischen Anteil stark eingeschränkt, der Lederab
fall muß demnach hauptsächlich durch thermische Ver
fahren entsorgt werden. Thermische Behandlungsverfah
ren können jedoch zum Ausstoß ökologisch bedenklicher
Verbrennungsprodukte führen, sind sehr aufwendig und
kostenintensiv und stoßen auch auf Akzeptanzschwie
rigkeiten in der Bevölkerung.
Es existieren bisher auch keine speziellen Verfahren
zum biologischen Abbau von gegerbten Lederresten bzw.
-abfällen. In der Literatur gibt es lediglich Beiträ
ge zur Zersetzung von Leder während des Gerbungspro
zesses. Die mikrobielle Zersetzung wird dabei haupt
sächlich auf die Stoffwechselaktivität von Pilzen
zurückgeführt,wobei das Temperaturoptimum im meso
philen Bereich (ca. 30-40°C) zu finden ist (Rehm,
H.J.: Einführung in die industrielle Mikrobiologie,
2. Aufl., Berlin: Springer, 1980, S. 697).
Aus Hagenauer (Fachkunde für lederverarbeitende Beru
fe, Essen: Ernst Meyer, 1982, S. 58) ist weiter be
kannt, daß die bei der Herstellung verwendeten Gerb
stoffe beim mikrobiellen Abbau von Leder hinderlich
sind, da durch die Gerbung u. a. ein mikrobieller An
griff auf das Leder verhindert werden soll. Insbeson
dere die zur Gerbung vielfach verwendeten Chromsalze
wirken auf Mikroorganismen toxisch; in chromgegerbten
Leder kann bis zu 6% CR(III)-Salz enthalten sein.
Neben den konventionellen Methoden zum Entfernen von
Leder ist demnach aus dem Stand der Technik bisher
kein weiteres Verfahren bekannt, das es erlaubt, Le
der umweltschonend und kostengünstig abzubauen.
Ausgehend hiervon, ist es die Aufgabe der vorliegen
den Erfindung, ein Verfahren zum Abbau von Leder bzw.
Leder enthaltenden Materialien, insbesondere von ro
hem, gegerbtem und/oder zugerichtetem Leder, Leder
produkten, Lederabfällen oder Lederresten vorzuschla
gen, wobei nahezu ausschließlich ungefährliche Zer
setzungsprodukte entstehen sollen.
Die Erfindung wird durch die kennzeichnenden Merkmale
des Patentanspruchs 1 gelöst. Die Unteransprüche zei
gen vorteilhafte Weiterbildungen auf.
Überraschenderweise konnte die Anmelderin zeigen, daß
bei Einwirkung von thermophilen, mit molekularem Sau
erstoff versorgten Mikroorganismen auf Leder oder le
derhaltige Materialien ein rascher und weitgehend
biologischer Abbau der Lederstruktur erfolgt. Dabei
entstehen zunächst Zwischen- und Spaltprodukte, die
in an sich bekannten, aerob und/oder anaerob geführ
ten, biologischen Behandlungsprozessen in unschädli
che Endprodukte, meist Bestandteile natürlicher
Stoffkreisläufe, überführt werden. Erfindungswesent
lich ist demnach der Einsatz von thermophilen mit
molekularem Sauerstoff versorgten Mikroorganismen.
Derartige Mikroorganismen sind z. B. in H. G. Schle
gel, Allgemeine Mikrobiologie, G. Thieme Verlag
Stuttgart 1992, Seite 197, ausführlich beschrieben.
Weitere derartige Mikroorganismen sind in Bergey′s
Nanual Of System Bacteriology, Vol. 2 und Vol. 4,
Eds.: S.T. Williams u. a., Williams & Wilkins, Balti
more, 1989, aufgeführt. Die Erfindung umfaßt grund
sätzlich alle aus dem Stand der Tech
nik bekannten thermophilen Mikroorganismen. Beispiele
hierfür sind Bacillus stearothermophilus, Thermoacti
nomyces vulgaris, Thermus aquaticus, Bacillus coagu
lans, Bacillus licheniformis, Bacillus schlegelii,
Thermoactinomyces thalpophilus, Thermoactinomyces
sacchari, Thermoactinomyces dichotomicus, Thermoacti
nomyces intermedius.
Besonders bevorzugt ist es hierbei, wenn die thermo
philen Mikroorganismen Mischkulturen sind, die als
Impfkultur eingesetzt werden. Ganz besonders bevor
zugt ist es, wenn die thermophilen Mischkulturen aus
dem Inneren eines Komposthaufens stammen. In diesem
Fall werden die thermophilen Mischkulturen während
der thermophilen Phase (im Temperaturbereich von 40
bis 80) gewonnen. Als Komposthaufen können alle Kom
posthaufen eingesetzt werden, sofern sie organisches
zersetzungsfähiges Material enthalten. Beispiele
hierfür sind Grünabfalle, Lebensmittelabfälle (Grüne
Tonne, Biotonne), Mist.
Erfindungsgemäß wird nun so vorgegangen, daß das Le
der bzw. lederhaltige Material entweder im mit Wasser
befeuchtetem Zustand oder in wäßriger Suspension ab
gebaut wird. Wichtig hierbei ist, daß so viel Feuchte
enthalten ist, daß die Mikroorganismen sich entwic
keln können. Der Abbau erfolgt dabei
in einem Temperaturbereich von 55 bis 80°C,
bevorzugt bei ca. 60°C. In einer weiteren
bevorzugten Ausgestaltungsform wird vorgeschlagen,
daß der Abbau pH-kontrolliert, und zwar in einem
pH-Bereich zwischen 5 und 10, besonders bevorzugt im
pH-Bereich zwischen 7 und 9, durchgeführt wird. Der
pH kann dabei gegebenenfalls durch Zugabe von Säure
bzw. Lauge eingestellt werden.
Die Dauer des Abbaus ist dabei von den Verfahrenspa
rametern wie pH, Temperatur und Feuchtigkeit abhän
gig. In allen Fällen war der Abbau spätestens nach
ca. 3 Wochen beendet. Es sind jedoch deutlich kurze
Abbauzeiten (wenige Tage) bei Optimieren und Kon
stanthalten von pH-Wert und Temperaturen
möglich.
Entgegen den bisherigen Erkenntnissen aus dem Stand
der Technik, aus denen ja in den Beiträgen zur Zer
setzung von Leder während der Gerbungsprozesse be
kannt ist, daß nur ein sehr ungenügender Abbau von
Leder mit Mikroorganismen erfolgt, konnte nun die
Anmelderin erstmalig zeigen, daß bei der Verwendung
von thermophilen mit Sauerstoff versorgten Mikroorga
nismen nach dem erfindungsgemäßen Verfahren die Masse
und das Volumen des lederhaltigen Materials innerhalb
von wenigen Tagen um bis zu 90% vermindert wird.
Gleichzeitig erfolgt, beispielsweise bei der Behand
lung von chromgegerbtem Leder, eine Anreicherung der
anorganischen Inhaltsstoffe, die als festes
Chrom(III)-Oxid oder Chrom(III)-Salze anfallen und so
einer weiteren Aufbereitung bzw. Rückgewinnung zuge
führt werden können. Das erfindungsgemäße Verfahren
ist deshalb ganz besonders bevorzugt für gegerbtes
Leder anwendbar.
Die Erfindung wird nachstehend anhand eines Ausfüh
rungsbeispiels näher erläutert.
Die thermophile Mischkultur stammte aus einer Probe,
die bei der Kompostierung von Grünabfällen in einer
Komposttrommel während der Hochtemperaturphase
(60°C) entnommen wurde. Die Kompostprobe wurde in
einem Mineralsalzmedium suspendiert, dem als einzige
Kohlenstoff- und Energiequelle gemahlenes, chromge
gerbtes Leder zugesetzt wurde. Der pH-Wert wurde auf
ca. 8 eingestellt, die Inkubation erfolgte in Erlen
meyerkolben in einem Schüttelwasserbad bei 60°C. Das
Wachstum der Mikroorgansimen wurde mikroskopisch kon
trolliert und die Ansätze mehrfach überimpft. Abioti
scher Abbau konnte durch Sterilkontrollen ausge
schlossen werden. Nach mehreren Subkulturen konnte
man davon ausgehen, daß ausschließlich das Leder als
Kohlenstoff- und Energiequelle von den Mikroorgansi
men genutzt wurde.
Die Abbauuntersuchungen mit chromgegerbtem Leder er
folgen in einem 2 l-Rührfermenter (Fa. Braun, Meisun
gen) in Mineralsalzmedium bei thermophilen Bedingun
gen (60°C) und ca. pH 8. Das Arbeitsvolumen betrug
1,5 l und die Ledereinwaage 3 bis 7% (Trockensub
stanz). Die Ledercharakteristik ist Tabelle 1 zu ent
nehmen. Der pH-Wert wurde konstant gehalten und mit
Natronlauge bzw. Salzsäure reguliert. Die Konzentra
tion an Gelöstsauerstoff wurde kontinuierlich gemes
sen und mit Hilfe der Rührerdrehzahl bei Bedarf gere
gelt. Die Rührerdrehzahl betrug 500-1, bei Unter
schreiten der Gelöstsauerstoffkonzentration von 10%
wurde die Drehzahl automatisch erhöht. Alle 2 bis 3
Tage wurden der Fermentationsbrühe Proben entnommen,
der Feststoff von der Flüssigkeit durch Zentrifuga
tion getrennt und der Gehalt an Ammonium, Nitrit,
Nitrat und TOC in der Flüssigkeit bestimmt.
Analyse des eingesetzten Leders | |
Parameter | |
Analysenwert | |
Wassergehalt|14,1% | |
Glührückstand | 7,4% |
TOC | 51,1% |
Chromgehalt | 3,0% |
Nach einer Inkubationszeit von 2 Wochen wurde der
Versuch beendet, da kein weiterer Sauerstoffverbrauch
mehr festzustellen war. Es wurden die noch vorhande
nen Lederpartikel durch Sieben der Fermentationsbrühe
gesammelt und die Trockensubstanz, der Glühverlust,
der TOC und der Chromgehalt ermittelt. Der fein sus
pendierte Feststoff in der Fermentationsbrühe wurde
durch Membranfilter filtriert und ebenfalls die
Trockensubstanz bestimmt. Zur Chrombestimmung wurden
Proben mit suspendiertem Feststoff eingedampft und wie
Feststoffproben behandelt. In der feststofffreien
Flüssigkeit wurde der TOC, der Gehalt an Ammonium,
Nitrit, Nitrat und der Chromgehalt analysiert. Die
Ergebnisse sind in Tabelle 2 dargestellt.
In der Fermentationsbrühe waren nur noch wenige Le
derpartikel vorhanden, der meiste Feststoff lag in
fein suspendierter Form vor. Es war demnach eine
starke Volumenreduzierung des ursprünglich eingesetz
ten Leders erfolgt. Anhand der Trockensubstanz des
übriggebliebenen Gesamtfeststoffs wurde ein Massever
lust von 80% ermittelt. Gleichzeitig fand eine starke
Anreicherung von Chrom im Feststoff statt, insbeson
dere im suspendierten Anteil mit ca. 24% Chromgehalt.
Durch anschließende mesophile Prozeßführung konnte
mit einem äußerst chromtoleranten geeigneten Inokulum
eine erheblich weitere TOC-Reduzierung im Fermenta
tionsüberstand um ca. 60% auf etwa 700 mg/l erreicht
werden.
Claims (6)
1. Verfahren zum Abbau von Leder, insbesondere von
rohem, gegerbtem und/oder zugerichtetem Leder,
Lederprodukten, Lederabfällen oder Lederresten,
dadurch gekennzeichnet, daß das
gegebenenfalls vorzerkleinerte Leder oder leder
haltige Material in befeuchtetem Zustand oder in
wäßriger Suspension thermophilen, mit Sauerstoff
versorgten Mikroorganismen bei einer Temperatur
zwischen 55°C und 80°C ausgesetzt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1,
dadurch gekennzeichnet, daß die thermophilen
Mikroorganismen Mischkulturen sind, die als Ino
kulum eingesetzt sind.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2,
dadurch gekennzeichnet, daß die thermophilen
Mischkulturen aus der thermophilen Phase der
Kompostierung gewonnen sind.
4. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche
1 bis 3,
dadurch gekennzeichnet, daß die Einwirkung der
thermophilen Mikroorganismen bei einem pH-Wert
zwischen 5 und 10 erfolgt.
5. Verfahren nach Anspruch 4,
dadurch gekennzeichnet, daß die Einwirkung bei
einem pH-Bereich zwischen 7 und 9 erfolgt.
6. Verfahren nach mindestens einem der Ansprüche
1 bis 5,
dadurch gekennzeichnet, daß nach dem thermophi
len Abbau ein zusätzlicher Abbau unter mesophilen
Bedingungen erfolgt.
Priority Applications (1)
Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
---|---|---|---|
DE4422246A DE4422246C1 (de) | 1994-06-24 | 1994-06-24 | Verfahren zum mikrobiellen Abbau von Leder |
Applications Claiming Priority (1)
Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
---|---|---|---|
DE4422246A DE4422246C1 (de) | 1994-06-24 | 1994-06-24 | Verfahren zum mikrobiellen Abbau von Leder |
Publications (1)
Publication Number | Publication Date |
---|---|
DE4422246C1 true DE4422246C1 (de) | 1996-01-25 |
Family
ID=6521483
Family Applications (1)
Application Number | Title | Priority Date | Filing Date |
---|---|---|---|
DE4422246A Expired - Fee Related DE4422246C1 (de) | 1994-06-24 | 1994-06-24 | Verfahren zum mikrobiellen Abbau von Leder |
Country Status (1)
Country | Link |
---|---|
DE (1) | DE4422246C1 (de) |
Cited By (1)
Publication number | Priority date | Publication date | Assignee | Title |
---|---|---|---|---|
DE102004009161A1 (de) * | 2004-02-25 | 2005-09-15 | HöFer Bioreact GmbH | Optimierte Induktion und gerichtete selektive Festphasen-Kultivierung stabiler, mikrobieller Mischkulturen zur kontinuierlichen Herstellung definierter Enzym- und Metabolitgemische und Verfahren und Vorrichtung dazu |
-
1994
- 1994-06-24 DE DE4422246A patent/DE4422246C1/de not_active Expired - Fee Related
Non-Patent Citations (4)
Title |
---|
A.L., in: Waste Treat. Util., Proc. Int. Symp., 2nd 1982 (eds. M. Moo-Joung et.al.) Pergamon Oxford, S. 325-7 * |
CA 96:148 393h * |
DATTA, S. CHAUDRA * |
REHM, H.-J.: Industrielle Mikrobiologie, 2. Aufl.,Springer-Verlag 1980, S. 697 * |
Cited By (1)
Publication number | Priority date | Publication date | Assignee | Title |
---|---|---|---|---|
DE102004009161A1 (de) * | 2004-02-25 | 2005-09-15 | HöFer Bioreact GmbH | Optimierte Induktion und gerichtete selektive Festphasen-Kultivierung stabiler, mikrobieller Mischkulturen zur kontinuierlichen Herstellung definierter Enzym- und Metabolitgemische und Verfahren und Vorrichtung dazu |
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