DE4404419A1 - Verfahren und Vorrichtung zum gesteuerten Festziehen von Schraubverbindungen - Google Patents

Verfahren und Vorrichtung zum gesteuerten Festziehen von Schraubverbindungen

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Description

Die Erfindung betrifft ein Verfahren zum gesteuerten Fest­ ziehen von Schraubverbindungen von der im Oberbegriff des Anspruchs 1 angegebenen Art, sowie eine Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens.
Bei dem üblichen Anziehen von Schrauben bis zum Erreichen eines vorgegebenen Drehmoments ergibt sich der Nachteil, daß die dem erreichten Drehmoment zugeordnete Axialkraft der Schraube von der Reibung sowohl in den Gewindegängen der Schraube als auch zwischen den Anlageflächen von Schraubenkopf bzw. Mutter und Werkstück abhängt. Da die Reibbeiwerte oftmals Toleranzen von ± 50% aufweisen, müssen die verwendeten Schraubverbinder stark überdimensio­ niert sein, damit eine Mindestvorspannkraft gewährleistet ist.
Das ebenfalls bekannte Anziehen der Schraube bis zum Errei­ chen der Streckgrenze erlaubt eine Montage, die bei Annahme relativ konstanter Materialeigenschaften der Schraube eine definierte Vorspannkraft gewährleistet. Dabei kann jedoch nicht erkannt werden, ob das Einsetzen der plastischen Ver­ formung auf Torsion oder Längung der Schraube zurückzufüh­ ren ist, d. h. es besteht die Möglichkeit, daß trotz Errei­ chen der Streckgrenze die Mindestvorspannkraft nicht ge­ währleistet ist. Außerdem erfordert das Verfahren ein An­ ziehen der Schraube bis in den Fließbereich, so daß zusätz­ liche Belastungen der Schraube im Betrieb nur bedingt auf­ genommen werden können.
Bekannt ist es auch, beim Anziehen einer Schraube die Mo­ mentanwerte des Drehmoments und des Drehwinkels laufend zu messen und den Schraubvorgang so zu steuern, daß ein vorge­ gebener Zusammenhang zwischen Drehwinkel und Drehmoment, vorzugsweise ein vorgegebener Wert des Verhältnisses von Drehmoment zu Drehwinkel, innerhalb vorgegebener Toleranzen eingehalten wird. Ein solches Verfahren entsprechend dem Oberbegriff des Anspruchs 1 ist aus der EOS 2751885 be­ kannt. Hierbei wurde auch bereits erkannt, daß die großen Toleranzen der Reibungskräfte im Gewinde und unter dem Schraubenkopf sowie der Mutter erhebliche Fehlerquellen darstellen, welche die Genauigkeit der erhaltenen Axiallast bzw. Vorspannkraft der Schraube beeinträchtigen. Bei dem vorbekannten Verfahren wird ausgehend von einem von durch Extrapolation der Drehmoment/Drehwinkel-Abhängigkeit ermittelten theoretischen spannungslosen Winkellage, die Schraube um ein Winkelintervall Dϕ festgezogen, das auf­ grund der als bekannt unterstellten Federkonstante, d. h. dem Axiallast/Drehungsverhältnis der jeweiligen Schraubver­ bindung, ermittelt wird. Dieses Verhältnis muß durch Ver­ suchsreihen für die jeweilige Schraubverbindung im voraus ermittelt werden. Da diese Messungen durch die jeweiligen Reibungsverhältnisse beeinflußt werden, setzt das bekannte Verfahren voraus, daß das Axiallast/Drehungsverhältnis nicht nur für alle in Frage kommenden Typen von Schraubver­ bindern, sondern für jede in Betracht kommende Paarung ei­ nes bestimmten Schraubverbinders mit einem bestimmten Werk­ stück gemessen wird. Auch bei diesem bekannten Verfahren kann nicht berücksichtigt werden, daß in der Praxis die Reibbeiwerte sehr stark schwanken können, z. B. durch Öl, Verschmutzung, Oberflächenbeschichtung od. dgl.
Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung der angegebenen Art so auszubilden, daß für den jeweils zu steuernden Schraubvorgang der Einfluß der konkret vorliegenden Reibungsverhältnisse berücksich­ tigt werden kann, ohne daß zuvor entsprechende Versuche durchgeführt werden müssen.
Die Lösung der Aufgabe ist in den Ansprüchen 1 und 7 ange­ geben. Die Unteransprüche beziehen sich auf vorteilhafte weitere Ausgestaltung.
Gemäß der Erfindung kann während der Montage der aktuelle Reibbeiwert µ aus Drehmoment und Drehwinkel ermittelt wer­ den. Somit kann bei einer konventionellen Schraubmontage auf ein vorgegebenes Drehmoment durch Heranziehung des Drehwinkels der Reibbeiwert, und damit die tatsächlich er­ zielte Vorspannkraft in der Schraubverbindung ermittelt werden. Damit können existierende Montageverfahren dahinge­ hend verbessert werden, daß die tatsächliche Beanspruchung der Schraube erkannt werden kann, insbesondere daß zwischen den sich überlagernden Kräften aufgrund von Axialkraft und Torsion, unterschieden werden kann.
Eine Ausführungsform der Erfindung wird auch an der Zeich­ nung näher erläutert. Diese zeigt in schematischer Darstel­ lung einen Schrauber mit einer Steuereinrichtung gemäß der Erfindung.
Die dargestellte Vorrichtung enthält einen Kraftschrauber 1 und ein daran angeschlossenes Steuergerät 3. Der Schrauber 1 hat einen Drehmomentsensor 5 zum Erfassen des Momentan­ wertes des Montagedrehmoments MD und einen Drehwinkelgeber zum Erfassen des Drehwinkels ϕ. Die gemessenen Werte gelan­ gen über entsprechende Signaleingänge des Steuergerätes 3 an dessen Recheneinheit 9. Eventuell erforderliche Verstär­ ker- und/oder Signalformerstufen sind der Einfachheit hal­ ber weggelassen. Die Recheneinheit 9 vergleicht in an sich bekannter Weise die Momentanwerte von ϕ und MD mit Vorgabe­ werten und erzeugt entsprechende Steuersignale für ein Steuerglied 11 des Schraubers 1, z. B. ein Absperr- und/oder Drosselventil in einer an den Schrauber 1 angeschlossenen Druckluftleitung 13. Insbesondere kann die Recheneinheit 9 den Schrauber so steuern, daß der Quotient MD/ϕ innerhalb vorgebener Toleranzen gehalten wird und daß der Schrauber abgeschaltet wird, wenn ein vorgegebener Maximalwert des Drehmomentes MD erreicht wird. Diese Steuerung des Schrau­ bers 1 ist konventionell und wird deshalb nicht im einzel­ nen näher erläutert.
Zusätzlich errechnet die Recheneinheit 9 erfindungsgemäß den Momentanwert des Reibbeiwertes µ als Funktion des Dreh­ momentes MD und des Drehwinkels ϕ. Dabei werden folgende Zusammenhänge berücksichtigt.
Es werden die folgenden Symbole verwendet:
As:
Spannungsquerschnitt der Schraube
d₂: mittl. Flankendurchmesser des Gewindes
DKM: mittl. Kopfdurchmesser der Schraube
E: E-Modul der Schraube
FV: Vorspannkraft (Klemmkraft)
l: Klemmlänge der Schraube
Δl: Längenänderung bei Vorspannung
MD: Montagedrehmoment
MF: Drehmoment nach Fügen aller Klemmteile
µ: Vergleichsreibungszahl (Reibbeiwert)
p: Gewindesteigung
ϕ: Drehwinkel ab Kopfauflage der Schraube
Δϕ: Drehwinkel ab Fügedrehmoment
In Schraubverbindungen gilt folgender Zusammenhang zwischen Drehmoment und Vorspannkraft (bei DIN-Schrauben mit Flan­ kenwinkel von 60°):
Bezüglich der Längung der Schraube gilt folgender Zusammen­ hang:
Wird der Torsionswinkel innerhalb der Schraube gegenüber dem Verdrehwinkel vernachlässigt, so können folgende Größen gleichgesetzt werden.
Diese Abhängigkeit kann in Formel (2) eingesetzt werden:
Die Gleichungen (1) und (4) können gleichgesetzt werden:
Die Gleichung (5) enthält nur noch Meßgrößen, die mittels einer entsprechenden Meßtechnologie während des Schraubpro­ zesses ermittelt werden können. Aus der Gleichung (5) kann der Reibbeiwert µ ermittelt werden:
Der Rechner 9 ist so programmiert, daß er den Wert von µ anhand der vorstehenden Gleichung (6) errechnet. Die dafür erforderlichen Werte der Konstanten in der Gleichung (6) sind in einem Speicher 15 des Steuergerätes 3 gespeichert. Der Speicher kann mehrere Sätze dieser Konstanten für Schrauben unterschiedlichen Nenndurchmessers enthalten. Das Steuerge­ rät kann eine Tastatur 17 aufweisen, mit der die Werte über den Rechner 9 in den Speicher 15 eingegeben werden können. Das Steuergerät 3 kann eine numerische Anzeige 19 aufwei­ sen, mit der der jeweils errechnete Reibbeiwert µ angezeigt wird.
Da der Zusammenhang von Drehmoment und Drehwinkelweg wäh­ rend des Fügevorgangs nicht linear verläuft, kann das Ver­ fahren zu falschen Ergebnissen führen, wenn der Drehwinkel ab Kopfauflage ermittelt wird. Deshalb kann erfindungsgemäß vorgesehen sein, den Drehwinkel erst ab Erreichen eines be­ stimmten Drehmoments zu messen, insbesondere ab Erreichen des Drehmomentes MF nach Fügen aller Klemmteile. In diesem Fall ist die Gleichung (6) wie folgt abzuändern:
Das Erreichen des Fügedrehmoments MF kann vom Rechner 9 an­ hand des Verlaufes der Drehmoment-Drehwinkel-Kurve erkannt werden.
Die Erfindung gibt die Möglichkeit, nicht nur, wie bekannt, die Meßgrößen Drehmoment und Drehwinkel, sondern auch die errechneten Größen, d. h. den Reibbeiwert bzw. nach Glei­ chung (1) auch die Vorspannkraft, während der Messung auf Toleranzen zu überwachen. Insbesondere ergibt eine Abwei­ chung des Reibbeiwertes eine Qualitätsaussage über die ver­ schraubten Teile, die Vorspannkraft gibt eine Aussage dar­ über, ob die Mindestklemmkraft erreicht wurde.
Aus dem Reibbeiwert und der Vorspannkraft kann z. B. nach der Hypothese der größten Gestaltungsänderungsarbeit über­ prüft werden, wie die Schraube durch Torsion und Vorspann­ kraft belastet wurde.
Durch die Kombination der Meßwerte und der errechneten Werte kann das Meßsystem eine Nacharbeitsstrategie automa­ tisch vorschlagen, da erkannt wird, ob die Schraube über­ dehnt ist, ob die Mindestklemmkraft erreicht ist bzw. ob sie bei den errechneten Reibbeiwerten erreicht werden kann, ohne die Schraube zu überlasten.
Das Verfahren erlaubt eine Minimierung von Ausschußteilen, da die Fehlerursache besser definiert werden kann.
Außerdem erlaubt das Verfahren den Einsatz von weniger überdimensionierten Schrauben, da der größte Unsicherheits­ faktor, der Reibbeiwert, gezielt erfaßt und berücksichtigt werden kann.

Claims (8)

1. Verfahren zum gesteuerten Festziehen von Schraubverbin­ dungen, bei dem während des Festziehens einer Schraube oder einer Mutter laufend der Drehwinkel ϕ und das aufgebrachte Drehmoment MD gemessen und aus den gemessenen Werten Steu­ ergrößen für den Schraubvorgang errechnet werden, dadurch gekennzeichnet, daß aus den laufend gemessenen Werten MD und ϕ laufend ein Reibbeiwert µ der Schraubverbindung errechnet wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß der Reibbeiwert nach der Formel errechnet wird, wobei C₁, C₂ und C₃ Konstanten sind, die in Abhängigkeit von den Abmessungen und Materialeigenschaften der Schraubverbindung vorgegeben sind.
3. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die laufende Be­ rechnung des Reibbeiwertes µ von dem Zeitpunkt an vorgenom­ men wird, an welchem der Schraubenkopf oder die Mutter zur Auflage kommt und das aufgebrachte Drehmoment MD dadurch über einen Fügemomentwert MF ansteigt, wobei der Drehwinkel Δϕ ausgehend von dem bei Erreichen des Fügemomentes MF er­ reichten Drehwinkel ϕF gemessen wird und der Reibbeiwert µ nach der Formel berechnet wird.
4. Verfahren nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß die Konstanten C₁, C₂ und C₃ definiert sind durch die Formeln wobei
l die Klemmlänge der Schraube,
p die Gewindesteigung,
d₂ der mittlere Flankendurchmesser,
DKM der mittlere Kopfdurchmesser der Schraube oder Mutter,
As der Spannungsquerschnitt der Schraube,
E der Elastizitätsmodul der Schraube sind, und das Gewinde einen Flankenwinkel von 60° hat.
5. Verfahren nach Anspruch 2 oder 3, dadurch gekennzeichnet, daß aus dem errech­ neten Reibbeiwert µ laufend die wirksame Vorspannkraft FV nach der Formel errechnet wird.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß der errechnete Reibbeiwert µ und/oder die errechnete Vorspannkraft FV lau­ fend auf Abweichungen von vorgegebenen Sollwerten überwacht werden.
7. Vorrichtung zum gesteuerten Festziehen von Schraubver­ bindungen, mit einem Schraubgerät (1), das einen Drehmo­ mentsensor (5) und einen Drehwinkelgeber (7) aufweist, und einem Steuergerät (3), das anhand der Momentanwerte MT, ϕ von Drehmoment und Drehwinkel den Schraubvorgang steuert, dadurch gekennzeichnet, daß das Steuergerät (3) einen Rechner (9) zum Errechnen des momentanen Reibbei­ wertes (µ) nach der Formel wobei C1, C2 und C3 im Gerät gespeicherte oder aus gespei­ cherten Größen errechnete Konstanten sind,
und eine Anzeigeeinrichtung (19) zum Anzeigen des errechne­ ten Reibbeiwertes (µ) aufweist.
8. Vorrichtung nach Anspruch 6, dadurch gekennzeichnet, daß das Gerät ein Eingabemittel (17) zum Eingeben von der jeweils vorliegen­ den Schraubverbindung zugeordneten Werten für l Klemmlänge der Schraube p Gewindesteigung d₂ mittlerer Flankendurchmesser DKM mittlerer Kopfdurchmesser der Schraube oder Mutter As Spannungsquerschnitt der Schraube E Elastizitätsmodul der Schraube
sowie einen an den Rechner (9) angeschlossenen Speicher (15) zum Speichern dieser Werte aufweist.
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