DE4314755C2 - Kapillarelektrophoretisches Trennverfahren sowie Vorrichtung zur Durchführung von chemischen oder biochemischen Analysen - Google Patents
Kapillarelektrophoretisches Trennverfahren sowie Vorrichtung zur Durchführung von chemischen oder biochemischen AnalysenInfo
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Description
Die Erfindung betrifft ein kapillarelektrophoretisches Trennverfahren sowie eine Vorrich
tung zur Durchführung von chemischen oder biochemischen Analysen.
Es ist bekannt, daß auf dem Gebiet der Umweltanalytik kontinuierliche oder zumindest
schnelle, quasi-kontinuierlich repetierbare Messungen sehr gefragt sind, weil häufig eine
Schadstoff-Dosis erfaßt werden soll, um das toxikologische Gefährdungspotential hinrei
chend seriös abschätzen zu können. (Die Dosis ist das Produkt aus Konzentration und Ein
wirkungsdauer.) Um auch plötzliche Konzentrationsänderungen zuverlässig erfassen zu
können, werden mindestens quasi-kontinuierliche Analyseverfahren benötigt.
Es ist ferner bekannt, daß schon weit mehr als 100 000 toxikologisch bedenkliche Stoffe in
die Umwelt gelangt sind. Dies bedeutet, daß die chemische Analysemethode für einen be
stimmten (Schad-) Stoff äußerst selektiv sein muß. Wegen des Mangels an selektiven Rea
gentien müssen in der Regel effiziente Trennoperationen vor die eigentliche Messung
(Bestimmung) vorgeschaltet werden. Für unzersetzt verdampfbare Stoffe hat sich hierbei die
Kapillar-Hochleistungs-Gas-Chromatographie bestens bewährt. Andere Moleküle wurden
bisher überwiegend mit der High Performance Flüssigkeitschromatographie (HPLC) ge
trennt, wobei in jüngster Zeit die Chromatographie unter überkritischen Bedingungen
(Superfluid Chromatography, SFC) als schnellere Methode mit besseren Trennleistungen an
Bedeutung gewonnen hat. Sie ist jedoch apparativ wegen der Randbedingungen für den
überkritischen Gaszustand (meist CO₂, N₂O, SF₆ etc. mit < 70 atm und < 33°C) sehr
aufwendig.
In jüngster Zeit wurde die Kapillarelektrophorese (CE) als eine alternative flüssigkeitschro
matographische Trennmethode entwickelt. Sie benötigt im Gegensatz zu der HPLC in der
Regel keine organischen Lösungsmittel unterschiedlicher Eluationskraft, sondern nur
Pufferlösungen, bzw. einen überwiegend wäßrigen Grundelektrolyten.
Die Trennung beruht auf mehreren Effekten, auf die hier nur sehr kurz eingegangen werden
soll, da sie dem Fachmann bekannt sind.
Bei der elektrophoretischen Trennung wandern die Kationen zur Kathode und die Anionen
zur Anode. Wegen ihrer unterschiedlichen Wanderungsgeschwindigkeiten, die von der Art,
der Größe, Form und der Ladung abhängt, wandern die zu trennenden Ionen entsprechend
ihrem Ladungsvorzeichen auch in unterschiedliche Richtungen und können so getrennt wer
den.
An der Grenzfläche zwischen Kapillarinnenwand und dem Elektrolyten bilden sich auf
grund von dort lokalisierten Oberflächenladungen eine innere und eine äußere "Stern"-
Schicht aus. In der diffusen äußeren "Stern"-Schicht kommt es zusätzlich zum elektropho
retischen auch zu einem elektroosmotischen Fluß.
Dieser elektroosmotische Fluß kann auch ungeladene Moleküle transportieren, die dann
aufgrund unterschiedlicher Wechselwirkungskräfte mit oberflächennahen Regionen ebenfalls
aufgetrennt werden.
Die Kapillarelektrophorese kann also Ionen und neutrale Moleküle trennen. Die Trennlei
stung ist der angelegten elektrischen Feldstärke in etwa proportional. Bei den üblicherweise
verwendeten Glas- oder Quarzkapillaren mit Innendurchmessern zwischen 20 und 100 µm
und Längen zwischen 20 und 100 cm werden dazu elektrische Spannungen bis 50 kV benö
tigt.
Organische Substanzen, die sich in einer wäßrigen Pufferlösung nicht ausreichend lösen las
sen, können mittels der micellaren Kapillarelektrophorese durch Tensidzugabe in micellarer
Form gelöst und ebenfalls getrennt werden.
Ähnlich der trägergestützten klassischen Elektrophorese, die Papier oder Kunststoff-Folien
als Träger verwendet, kann bei der CE die Trennleistung auch noch durch analog wirkende
Füllmaterialien optimiert werden.
Die Kapillarelektrophorese steht bezüglich ihrer Trennleistungen zwischen der Kapillar-
Hochleistungs-Chromatographie und der SFC, also mit an der Spitze aller Chromatographiear
ten, wobei sie jedoch äußerst schnelle Trennungen ermöglicht. So konnten beispielsweise
die extrem schwer zu trennenden seltenen Erden mit der CE in weniger als 10 Minuten
vollständig aufgetrennt werden. Die wichtigsten Anionen der Wasseranalytik sind in weni
ger als 5 Minuten aufzutrennen.
Neben dieser hohen Trennkraft und hohen Trenngeschwindigkeit fallen bei der CE auch
keine zu entsorgenden Lösungsmittel an. Dies macht sie zu einer idealen Trennmethode.
Nachteilig sind allerdings noch der komplizierte Aufbau und die Probendosierung in die
Kapillarenden, die in der Regel in Trögen enden, die mit Pufferlösung gefüllt sind und in
die auch die Hochspannungselektroden tauchen. Dies ergibt einen relativ großen Geräteauf
bau. Andere Detektoren wie optische, die die Kapillare auf einem kurzen Bereich einfach
durchstrahlen oder integrierbare Detektoren, sind schwer adaptierbar, weil Totzonen und
Verwirbelungsstrecken, scharfe Kanten oder enge Blindkapillaren im Interesse der hohen
Auflösung vermieden werden müssen.
Da das Trennvermögen nicht vom Absolutwert der angelegten Spannung sondern von der
Feldstärke abhängt, lassen sich die Arbeitsspannungen proportional zur Verkürzung der
Kapillaren herabsetzen. Wegen der Unhandlichkeit und Zerbrechlichkeit kurzer Glas- oder
Quarzkapillaren bietet sich hierzu ein mikrosystemtechnischer Ansatz auf einer flachen
Substartoberfläche (Chip) an. In die Oberfläche geätzte Strömungskanäle können so leichter
und ohne Vergrößerung des Totvolumens mit ebenfalls mikrosystemtechnischen Detektoren
auf dem gleichen Chip und vorteilhafterweise mit der gleichen Massenproduktionstechno
logie integriert werden.
So ist in der Vergangenheit schon versucht worden, solche miniaturisierten Trennvorrich
tungen auf Silizium-Chips oder Glasträgern zu realisieren (vergl.: A. Manz, D.J. Harrison,
E.M.J. Verpoorte, J.C. Fettinger, A. Paulus, H. Lüdi and M. Widmer: "Planar chips
technology for miniaturization and integration of separation techniques into monitoring sy
stems", Journal of Chromatography, 593 (1992) 253-258).
Mit Hilfe dieser Techniken könnten sich zukünftig die Vorteile der Massenprodukti
onstechnologien zur Herstellung solcher Analysensysteme sowie die Möglichkeiten der
Integration und Kombination mit anderen miniaturisierten Analyseverfahren oder Sensoren
ausnutzen lassen.
Nachteilig bei diesen miniaturisierten Vorrichtungen und Verfahren ist, daß hohe elektrische
Spannungen (bis ca. 50 000 Volt) auf dem Chip auftreten. Dies stellt extreme Anforderun
gen an die Isolationsschichten des Chips. Diese Schichten müssen sehr dick sein und hohe
Durchbruchfeldstärken aufweisen.
Mit den mikroelektronik-kompatiblen Technologien lassen sich solche Schichten auf Silizi
um-Chips kaum realisieren.
Wird ferner versucht, die Anoden- und Kathodenkontakte in den Kapillarkanal zu integrie
ren, stellt sich das Problem der Gasbildung an den Kontaktoberflächen durch Elektrolyse.
Bei den für die kapillarelektrophoretische Trennung notwendigen elektrischen Spannungen
und den im Kapillarkanal für die Elektroden verfügbaren Flächen ist diese Gasbildung nicht
vermeidbar.
Der vorliegenden Erfindung liegt darum die Aufgabe zugrunde, die obigen Nachteile zu
vermeiden und ein kapillarelektrophoretisches Trennverfahren zur Durchführung von che
mischen und biochemischen Analysen zu realisieren, das ohne Verlust von Trennleistung
mit geringeren elektrischen Spannungen arbeitet, und bei dem das Problem der elektrolyti
schen Gasbildung an den Elektrodenoberflächen gelöst ist.
Darüber hinaus sollen sich miniaturisierte Vorrichtungen zur Durchführung dieses Verfah
rens mit Hilfe mikroelektronik-kompatibler Technologien auf Silizium-Chips oder anderen
Trägern herstellen lassen.
Geringere elektrische Spannungen (weit unterhalb des kV-Bereichen und typisch < 100 V)
erleichtern ferner die Transportierbarkeit der gesamten miniaturisierten CE-Vorrichtung.
Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß anders als in allen anderen bis
herigen Mikrochip-CE-Ansätzen eine kaskadenförmige Elektrodenanordnung gewählt wird,
mit der die elektrischen Spannungen pulsartig und in zeitlicher Folge über unterschiedlichen
und einander überlappenden Abschnitten eines gestreckten oder gefalteten Trennkanals so
angelegt werden, daß die Pulsdauern mit den Migrationszeiten der zu trennenden Analytmo
leküle korreliert sind, daß ferner die Elektroden außerhalb des Trennkanals angeordnet und
über Verbindungskanäle mit dem Trennkanal verbunden sind.
Erfindungswesentlich ist hierbei, daß die Trennkanalabschnitte zwischen den Verbindungs
kanälen so kurz sind, daß auch durch niedrige elektrische Spannungen (kompatibel zu
Strukturen der Siliziumtechnologie) die zur optimalen Trennung erforderlichen Feldstärken
erreicht werden, und daß durch die erfindungsgemäß gesteuerte Aufschaltung von
Spannungspulsen auch eine Anordnung erhalten werden kann, die wie ein extrem selektives
Molekül- oder Ionenfilter wirkt (Molecular Tuning).
Nur durch mehr als zwei Elektroden lassen sich allein durch elektrisches Schalten die unter
schiedlichen Mikroströme der CE (elektrophoretischer und elektroosmotischer Fluß) über
die gesamte Trennstrecke lokal individuell regeln und optimieren.
Die weitere Aufgabe einer Spannungsversorgung mit blasenfreien Elektrodenoberflächen ist
durch den niedrigen Spannungsbereich leicht mittels redoxaktiver Hilfsreagentien lösbar,
die in die unmittelbare Elektrodennähe eingebracht werden. Hierdurch wird verhindert, daß
es an den Elektroden zu einer nachteiligen Wasserstoff- bzw. Sauerstoffentwicklung kommt,
was zu undefinierten Änderungen der elektrischen Feldstärke führt. Hierbei wird der Hilfs
stoff jeweils oxidiert oder reduziert. Alternativ können auch die Elektrodenoberflächen
chemisch modifiziert werden (z. B. auf der Anodenseite mit Polypyrrol; auf der Kathoden
seite mit einem ähnlichen jedoch unter kathodischen Bedingungen leitfähigen Material), so
daß es zu keiner Gasentwicklung kommt.
Erfindungsgemäß müssen die Dimensionen der Verbindungskanäle zu denen des Trennka
nals in einem solchen Verhältnis stehen, daß die die Trennung ermöglichende Feldstärke
auch über dem jeweils wirkenden Teil des Trennkanals erreicht wird.
Vorteilhaft haben sich hierbei auch zusätzliche diffusionsmindernde, gelartige Füllmateriali
en wie PHema ect. bewährt.
Es lassen sich erfindungsgemäß auch Kaskaden unterschiedlicher Detektoren (z. B. optische,
konduktometrische, potentiometrische, amperometrische Detektoren bzw. Sensorelemente)
durch die modernen Verfahren der Mikrosystemtechnik in die Trennstrecke integrieren.
Auch lassen sich Chemo- und Biosensoren viel leichter in einen Trennkanal integrieren, der
sich auf einem planaren Substrat befindet. Die genannten Sensoren sind bis in den
Mikrometerbereich hinein miniaturisierbar. So können die Vorteile der CE erst voll genutzt
werden, da die notwendigen Meßzellenvolumina im Nanoliterbereich gehalten werden
können.
In den folgenden Figuren sollen das Verfahren und die Vorrichtung näher beschrieben wer
den. Aus Gründen der Einheitlichkeit werden immer Anionen betrachtet. Selbstverständlich
lassen sich alle beschriebenen Effekte auch auf Kationen sowie ungeladene Moleküle über
tragen, die sich jeweils mit ihren spezifischen Migrationsgeschwindigkeiten im Trennkanal
bewegen.
Die Fig. 1 zeigt das Prinzip der Korrelation zwischen der Migrationsgeschwindigkeit eines
Anions und einer zeitlich verschiebbaren Potentialrampe.
In einem Kapillarkanal, dessen Achse in x-Richtung orientiert ist, sei über der Strecke xu
eine elektrische Spannung U angelegt, die eine Potentialrampe ϕ(x,t) hervorruft. Diese Po
tentialrampe wird nach jeweils der Zeitdauer Δt in x-Richtung verschoben, so daß sich nach
der ersten Verschiebung der Potentialverlauf ϕ(x,t+Δt) einstellt. Die Verschiebung der Po
tentialrampe erfolgt dabei so, daß die Verschiebung Δx kleiner ist als der Bereich xu, über
dem die Spannung U abfällt.
Befindet sich im Bereich der Potentialrampe ein Anion, so bewegt es sich im elektrischen
Feld E=U/xu mit der Migrationsgeschwindigkeit
va = (µe+µo)·E
in x-Richtung.
In dieser Gleichung stehen die Größen µe für die elektrophoretische und µo für die elektro
osmotische Mobilität.
Da sich die Potentialrampe schrittweise verschiebt und das Anion kontinuierlich driftet,
kann das Anion nur unter folgender Bedingung im Bereich der Potentialrampe bleiben:
Δx/Δt = va = (µe+µo)·U/xu
Anionen, die diese Bedingung einhalten, driften unter der Wirkung des elektrischen Feldes
E=U/xu über die gesamte Länge der Trennstrecke. Dies ist in Fig. 2 für drei Anionen mit
unterschiedlichen Migrationsgeschwindigkeiten gezeigt.
Die Figur zeigt drei Anionen, die zur Zeit t₀ an der gleichen Stelle in den Trennkanal inji
ziert werden. Während der Zeit t₁ liegt über einem Abschnitt des Trennkanals ein Potenti
algradient vor, der die Anionen gemäß ihrer Migrationsgeschwindigkeiten
unterschiedliche Strecken zurücklegen läßt.
Anschließend wird der Potentialgradient verschoben. Während der Zeit t₂ mit (t₁ = t₂)
nehmen jetzt nur noch die Anionen 1 und 2 am Transport teil, da das langsamere Anion 3
während der Zeit t₂ nicht mehr im Wirkungsbereich des elektrischen Feldes ist. Analog ge
schieht dies bei Zeittakt t₃ für das Anion 2, das nur eine größere Migrationsgeschwindigkeit
als Anion 3 hat.
Da in diesem Beispiel nur die Migrationsgeschwindigkeit des Anions 1 mit der mittleren
Verschiebungsgeschwindigkeit der Potentialrampe korreliert ist, bleibt nur dieses im Trenn
kanal und kann dessen Ende erreichen. Am Ende des Trennkanals befindet sich ein Detek
tor, der das von den anderen Anionen getrennte Anion 1 anzeigt.
Eine erfindungsgemäße Realisierung einer verschiebbaren Potentialrampe ist in Fig. 3
schematisch in der Draufsicht dargestellt.
Die Fig. 3a zeigt einen Trennkanal 1 (Durchmesser z. B. 30 µm), der sich als Vertiefung
z. B. in einem oxidierten Siliziumwafer befindet. Der Trennkanal 1 ist über Kanaläste 2
(Durchmesser z. B. 50 µm) mit größerflächigen Kontaktwannen 3 (Fläche z. B. 1 mm²) ver
bunden, die sich auch auf dem Siliziumwafer befinden und in denen sich die Edelmetallkon
takte 4 befinden.
Die Kontakte sind so großflächig (Größenordnung mm²) ausgeführt, daß beim Anlegen der
elektrischen Spannung U an den Kontakten die Zersetzungsspannung nicht erreicht wird und
damit elektrolytisch hervorgerufenen Gasbildung ausgeschlossen ist.
Der Kapillarkanal und die Kanaläste haben typische Durchmesser zwischen 10 und 50 µm.
Diese Kanäle und die Kontaktwannen sind mit Pufferlösung gefüllt. Die gesamte Struktur
ist z. B. mit einem Glasdeckel abgedeckt.
In der Fig. 3b ist gezeigt, wie sich durch Umschaltung der Spannung U für die Zeiten t₁
und t₂ die Potentialrampe über der Kanalachse verschiebt.
Liegt zum Beispiel die Spannung U = 30 Volt über einem Kanalabschnitt der Länge von 1
mm an, so wird in diesem Kanalabschnitt eine Feldstärke von 30 kV/m erreicht, die ver
gleichbar mit der Feldstärke in konventionellen Vorrichtungen der Kapillarelektrophorese
ist.
Anionen, deren Migrationsgeschwindigkeiten mit der mittleren Verschiebungsgeschwindig
keit der Potentialrampe korreliert sind (vergl. Anion 1 in Fig. 2) unterliegen während ihres
gesamten Transports im Kapillarkanal der oben genannten hohen Feldstärke.
Bei der gezeigten Konfiguration nach Fig. 2 und 3 ist es notwendig, jeden Kanalabschnitt
einzeln mit der für jeden Zeitabschnitt t₁ bis tn notwendigen Spannung zu beaufschlagen.
Dies ist selbstverständlich möglich und läßt sich besonders gut realisieren, wenn die Trenn
vorrichtung mit Kanälen und Kontakten gemeinsam mit einer Ansteuerelektronik auf dem
selben Silizium-Chip integriert wird.
Im Gegensatz dazu ist in den Fig. 4 und 5 dargestellt, wie die elektrischen Potentiale in
regelmäßiger Folge so an den Kanalabschnitten aufgeschaltet werden können, daß nur noch
vier Ansteuerspannungen für den Betrieb dieser Trennstrecke notwendig sind.
Die Fig. 4 zeigt die Potentialverläufe und die Fig. 5a die grobe schematische Darstellung
der Trennvorrichtung mit den zugeordneten Potentialverläufen für zwei Taktzeiten.
Zur Zeit t₁ liegen die elektrischen Spannungen so an, daß sich der in Fig. 4 dargestellte
Verlauf ergibt. Zur Zeit t₂ wird dieser Potentialverlauf verschoben. Die Potentialverläufe
der Zeiten t₄, t₆, t₈ sowie aller anderen geradzahligen Zeiten entsprechen dem Potential
verlauf von t₂. Die Potentialverläufe der Zeiten t₃, t₅, t₇ sowie aller anderen ungeradzah
ligen Zeiten entsprechen dem Potentialverlauf von t₁ (vergl. Fig. 4).
Analog zum Beispiel nach Fig. 2 und 3 bleibt nur das Anion (Anion 1) im Trennkanal, des
sen Migrationsgeschwindigkeit mit der mittleren Verschiebungsgeschwindigkeit korreliert
ist. Die langsameren Anionen werden zunächst in die Kanaläste und dann weiter in die Kon
taktwannen transportiert.
Eine besonders einfache Möglichkeit zur Trennung von Analytmolekülen mit relativ großen
Unterschieden ihrer Migrationsgeschwindigkeiten ist in Fig. 6 dargestellt. Hier werden an
einer sehr kurzen Trennstrecke (1 . . . 10 mm) wieder zwei unterschiedliche Potentialver
läufe in zeitlicher Folge erzeugt. Nur Anionen, deren Migrationsgeschwindigkeit mit der
Umschaltfrequenz der Potentialverläufe korreliert sind, erreichen das Ende des Trennkanals.
Alle langsamere Anionen werden währen der Zeit t₂ (sowie aller geradzahligen Zeittakte)
um den gleichen Betrag der Trennstrecke zurücktransportiert, den sie während der Zeit t₁
(bzw. aller ungeradzahliger Zeittakte) zurückgelegt haben. Diese langsamen Anionen sind
also in diesem Kanalabschnitt aufgrund ihrer geringen Laufzeiten gefangen, so daß eine
solche Anordnung als Laufzeitfalle eingesetzt werden kann.
Werden nach der Probenaufgabe am Ort xi die Taktzeiten t₁ bis ti kontinuierlich verlängert,
so erreichen die Anionen je nach ihrer Migrationsgeschwindigkeit in zeitlicher Folge das
Ende der Trennstrecke, an der sich am Ort xd ein Detektor befinden kann.
Die Fig. 7 zeigt die schematische Darstellung der beschriebenen Trennanordnung.
Die mit der Erfindung erzielten Vorteile bestehen insbesondere darin, daß die elektrische
Spannung nicht wie sonst üblich über der gesamten Länge des Trennkanals anliegt, sondern
nur über kurzen Kanalabschnitten.
Somit lassen sich bei einer Beibehaltung der für kapillarelektrophoretische Trennverfahren
üblichen Feldstärken elektrische Spannungen verwenden, die um mehrere Größenordnungen
unter den sonst üblichen Werten liegen.
Darüber hinaus liegen bei diesem Verfahren die elektrischen Kontakte nicht im Trennkanal.
So lassen sich Elektrodenflächen verwenden, die nicht durch die Kanalgeometrie beschränkt
sind.
Die Realisierung solcher miniaturisierten Trennvorrichtungen erlaubt es, die Vorteile der
eingeführten Massenproduktionstechnologien wie sie aus der Mikroelektronik bzw. Mikro
systemtechnik bekannt sind, zu nutzen.
In der Fig. 8 ist eine konkrete Ausführungsform der Erfindung gezeigt. Als Beispiel wurde
eine Struktur nach Fig. 7 gewählt, deren Potentialverhältnisse in Fig. 6 beschrieben sind.
An der Oberfläche eines Siliziumsubstrates 7 wurde z. B. durch anisotropes Ätzen ein Sy
stem aus Trennkanal 1, Verbindungskanälen 2 sowie Kontaktwannen 3 realisiert. Die ge
samte Oberfläche des Siliziumwafers wurde anschließend z. B. thermisch oxidiert oder mit
tels bekannter CVD-Verfahren mit einer SiO₂-Schicht überzogen.
An der Oberfläche des Wafers wurden mit Hilfe bekannter lithographischer Verfahren
Edelmetall-Strukturen (z. B. Au) erzeugt, die als elektrische Kontakte 4 in den Kontaktwan
nen und z. B. als Leitfähigkeits-Sensorelement 6 am Kanalende dienen.
Die Probe bzw. der Analyt wird über eine Zuleitung am Punkt 10 zugeführt und mittels
einer zwischen den Kontakten der Kontaktwannen 5 und 9 angelegten Spannung in den
Trennkanal transportiert.
Die gesamte Struktur ist z. B. mit einem Glasdeckel 8 z. B. durch anodisches Bonden ver
schlossen.
Analyt und Elektrolyt können über die Kanalenden 10 bzw. 10′ zugeführt werden.
Ein weiteres Ausführungsbeispiel ist vereinfacht in Fig. 9 schematisch dargestellt. Hier ist
ein langer Trennkanal einer mit dem Beispiel nach Fig. 3 vergleichbaren Struktur nicht ge
streckt sondern in gefalteter Form in der Draufsicht gezeigt.
Eine solche Faltung minimiert den Flächenbedarf des Chips und begrenzt dessen Ausdeh
nung in einer Dimension.
Claims (16)
1. Kapillarelektrophoretisches Trennverfahren zur Durchführung von chemischen oder
biochemischen Analysen, dadurch gekennzeichnet, daß an eine kaskadenförmige
Elektrodenanordnung elektrische Spannungen pulsartig und in zeitlicher Folge über
unterschiedlichen und einander überlappenden Abschnitten eines gestreckten oder gefalteten
Trennkanals so angelegt werden, daß die Pulsdauern mit den Migrationszeiten der zu
trennenden Analytmoleküle korreliert sind.
2. Kapillarelektrophoretisches Trennverfahren zur Durchführung von chemischen oder
biochemischen Analysen nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß durch mehr als zwei
Elektroden durch elektrisches Aufschalten elektrischer Potentiale unterschiedliche
Mikroströme der Kapillarelektrophorese (elektrophoretischer oder elektroosmotischer Fluß)
über den gesamten Trennkanal lokal individuell geregelt und optimiert werden.
3. Kapillarelektrophoretisches Trennverfahren zur Durchführung von chemischen oder
biochemischen Analysen nach den Ansprüchen 1 oder 2, dadurch gekennzeichnet, daß zur
Gewährleistung von blasenfreien Elektrodenoberflächen redoxaktive Hilfsreagentien in
unmittelbare Elektrodennähe eingebracht werden.
4. Kapillarelektrophoretisches Trennverfahren zur Durchführung von chemischen oder
biochemischen Analysen nach einen der Ansprüche 1 bis 3, dadurch gekennzeichnet, daß
über eine Strecke xu eine elektrische Spannung U angelegt wird, die eine Potentialrampe
ϕ(x,t) hervorruft, daß ferner diese Potentialrampe nach jeweils der Zeitdauer Δt in
x-Richtung verschoben wird, so daß sich nach der ersten Verschiebung der Potentialverlauf
ϕ(x,t+Δt) einstellt, und daß die Verschiebung der Potentialrampe dabei so erfolgt, daß die
Verschiebung Δ kleiner ist als der Bereich xu, über dem die Spannung U abfällt.
5. Kapillarelektrophoretisches Trennverfahren zur Durchführung von chemischen oder
biochemischen Analysen nach den Ansprüchen 1 bis 4, dadurch gekennzeichnet, daß
die elektrischen Potentiale in regelmäßiger Folge so an den Kanalabschnitten angelegt
werden, daß nur vier Ansteuerspannungen für den Betrieb dieses Trennkanals notwendig
sind.
6. Kapillarelektrophoretisches Trennverfahren zur Durchführung von chemischen oder
biochemischen Analysen nach den Ansprüchen 1 bis 5, dadurch gekennzeichnet, daß
zur Trennung von Analytmolekülen mit relativ großen Unterschieden ihrer
Migrationsgeschwindigkeiten an einer sehr kurzen Trennstrecke (1 . . . 10 mm) zwei
unterschiedliche Potentialverläufe in zeitlicher Folge erzeugt werden.
7. Kapillarelektrophoretische Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens nach
wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch gekennzeichnet, daß entlang eines
gestreckten oder gefalteten Trennkanals mittels einer kaskadenförmigen
Elektrodenanordnung, deren Elektroden außerhalb des Trennkanals angeordnet und über
Verbindungskanäle mit dem Trennkanal verbunden sind, unterschiedliche und einander
überlappende Abschnitte ausgebildet sind.
8. Kapillarelektrophoretische Vorrichtung nach Anspruch 7, dadurch gekennzeichnet,
daß die Trennkanalabschnitte zwischen den Verbindungskanälen so kurz sind, daß auch
durch niedrige elektrische Spannung (kompatibel zur Siliziumtechnologie) die zur
optimalen Trennung erforderlichen Feldstärken erreicht werden und daß durch die
gesteuerte Aufschaltung von Spannungspulsen auch eine Anordnung erhalten werden kann,
die wie ein extrem selektives Molekül- oder Ionenfilter wirkt (Molecular Tuning).
9. Kapillarelektrophoretische Vorrichtung nach wenigstens einem der Ansprüche 7 oder
8, dadurch gekennzeichnet, daß zur Gewährleistung von blasenfreien
Elektrodenoberflächen die Elektrodenoberflächen chemisch modifiziert werden.
10. Kapillarelektrophoretische Vorrichtung nach wenigstens einem der Ansprüche 7 bis
9, dadurch gekennzeichnet, daß die Dimensionen der Verbindungskanäle zu denen des
Trennkanals in einem solchen Verhältnis stehen, daß die die Trennung ermöglichende
Feldstärke auch über dem jeweils wirkenden Teil des Trennkanals erreicht wird.
11. Kapillarelektrophoretische Vorrichtung nach wenigstens einem der Ansprüche 7 bis
10, dadurch gekennzeichnet, daß die in die Trennstrecke konduktometrische, potentiometrische
oder amperometrische Sensorelemente integriert sind.
12. Kapillarelektrophoretische Vorrichtung nach wenigstens einem der Ansprüche 7 bis
11, dadurch gekennzeichnet, daß sich ein Trennkanal 1 als Vertiefung in einem oxidierten
Siliziumwafer befindet und der Trennkanal 1 über Kanaläste 2 mit größerflächigen
Kontaktwannen 3 verbunden ist, in denen sich die Edelmetallkontakte 4 befinden.
13. Kapillarelektrophoretische Vorrichtung nach wenigstens einem der Ansprüche 7 bis
12, dadurch gekennzeichnet, daß die Kontakte so großflächig (Größenordnung mm²)
ausgeführt sind, daß beim Anlegen der elektrischen Spannung U an den Kontakten die
Zersetzungsspannung nicht erreicht wird und damit elektrolytisch hervorgerufene
Gasbildung ausgeschlossen ist.
14. Kapillarelektrophoretische Vorrichtung nach wenigstens einem der Ansprüche 7 bis
13, dadurch gekennzeichnet, daß der Trennkanal und die Kanaläste typische Durchmesser
zwischen 10 und 50 µm haben, die Kanäle und die Kontaktwannen mit Pufferlösung gefüllt
sind und die gesamte Struktur mit einem Glasdeckel abgedeckt ist.
15. Kapillarelektrophoretische Vorrichtung nach wenigstens einem der Ansprüche 7 bis
14, dadurch gekennzeichnet, daß die Trennvorrichtung mit Kanälen und Kontakten
gemeinsam mit einer Ansteuerelektronik auf dem selben Silizium-Chip integriert ist.
16. Kapillarelektrophoretische Vorrichtung nach wenigstens einem der Ansprüche 7 bis
15, dadurch gekennzeichnet, daß an der Oberfläche eines Siliziumsubstrates 7 durch
anisotropes Ätzen ein System aus Trennkanal 1, Verbindungskanälen 2 sowie
Kontaktwannen 3 realisiert ist, die gesamte Oberfläche des Siliziumwafers anschließend
thermisch oxidiert oder mittels bekannter CVD-Verfahren mit einer SiO₂-Schicht überzogen
ist, daß ferner an der Oberfläche des Wafers mit Hilfe bekannter lithographischer Verfahren
Edelmetall-Strukturen erzeugt sind, die als elektrische Kontakte 4 in den Kontaktwannen
und z. B. als Leitfähigkeits-Sensorelement 6 am Kanalende dienen, daß ferner die Probe
bzw. der Analyt über eine Zuleitung an einem Punkt 10 zugeführt und mittels einer
zwischen den Kontakten der Kontaktwannen 5 und 9 angelegten Spannung in den
Trennkanal geführt wird und die gesamte Struktur mit einem Glasdeckel 8 durch anodisches
Bonden verschlossen ist.
Priority Applications (1)
Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
---|---|---|---|
DE19934314755 DE4314755C2 (de) | 1993-05-05 | 1993-05-05 | Kapillarelektrophoretisches Trennverfahren sowie Vorrichtung zur Durchführung von chemischen oder biochemischen Analysen |
Applications Claiming Priority (1)
Application Number | Priority Date | Filing Date | Title |
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