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1. Stand der Technik
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Die
Säulenchromatographie
ist ein grundlegendes Verfahren der Biochemie zur Trennung von Proteinen
und Peptiden entsprechend ihrer Größe bzw. ihres Molekulargewichts
(sogenannte Gelfiltration) oder entsprechend ihres elektrischen
Ladungszustandes (sogenannte Ionenaustausch-Chromatographie).
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Bei
der Gelfiltration wird eine Chromatographiesäule mit einem in Wasser quellenden
Polymer oder mit einem Silicagel (Kugeln aus Siliziumdioxid mit
Poren auf der Kugeloberfläche)
gefüllt
und das zu trennende Proteingemisch wird (in Puffer gelöst) von oben
auf die Säule
gegeben. Danach wird der Säule von
oben kontinuierlich Pufferlösung
zugeführt
und das Proteingemisch wird langsam durch die Säule zum Säulenausgang gespült. Auf
dem Weg durch die Säule
werden kleinere Proteine verlangsamt, da sie stärker (d.h. länger) mit
dem Chromatographiematerial Wechselwirken. Auf diese Weise kann
man am Säulenausgang
mit einem Fraktionensammler die einzelnen Proteinfraktionen, entsprechend
ihrer Größe geordnet,
sammeln (sh. z.B. Cooper, T.G. "Biochemische
Arbeitsmethoden" Kapitel
5 pp 157.Verlag de Gruyter, Berlin, New York, 1981).
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Die
Ionenaustausch-Chromatographie ist im grundsätzlichen Aufbau der Gelfiltration ähnlich.
Im Unterschied verwendet sie jedoch Chromatographiegele mit kovalent
gebundenen, elektrisch geladenen Gruppen. Diese Gele binden Proteine
mit der entsprechenden Gegenladung und lassen andere Proteine (Proteine
mit gleicher Ladung wie das Gel oder elektrisch neutrale Proteine)
ungehindert oder sogar beschleunigt (infolge elektrostatischer Abstoßung) die
Säule passieren.
Nachdem die nichtgebundenen Proteine aus der Säule gespült worden sind, gibt man eine
Pufferlösung über die
Säule,
die eine hohe Konzentration von zum Gel entgegen gesetzt geladenen Ionen
enthält.
Diese verdrängen
die Proteine von ihren Bindungsstellen im Gel und ermöglichen
damit ein Sammeln dieser Proteine am Säulenausgang. In bestimmten
Fällen
werden zum Abtrennen der Proteine auch Detergenzlösungen verwendet.
Das Resultat des Verfahrens sind entsprechend ihrer Ladung getrennte
Proteinfraktionen (sh. z.B. Cooper, T.G. "Biochemische Arbeitsmethoden" Kapitel 4 pp 126.Verlag
de Gruyter, Berlin, New York, 1981).
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Ein
Problem bei beiden Arten von Chromatographie kann die Denaturierung
empfindlicher Proteine während
des Chromatographielaufes sein. Derartige Prozesse geschehen u.a.
bei Kontakt zwischen den Proteinen und anorganischen Substanzen.
Dies kann insbesondere bei Silicagelen zu einem beträchtlichen
Verlust an Proteinaktivität
führen.
Um dies zu verhindern, werden Silicagele mit verschiedenen organischen
(z.B. polymeren) Beschichtungen (Coatings) angeboten. Ziel ist hierbei,
eine Oberfläche
durch das Coating so zu gestalten, daß das mit ihr wechselwirkende
Protein sie als natürliche
Umgebung "empfindet" (biokompatible Oberfläche). Beispiele
hierfür
ist die Bindung von Dextranmolekülen auf
der Oberfläche
von Latexgelen oder die kovalente Bindung einer Monoschicht von
Phospholipiden (dem Hauptbestandteil biologischer Membranen) auf der
Oberfläche
von Silicagelen (immobilisierte Membran). Diese Verfahren sind technisch
aufwendig und somit sind derartige Chromatographiegele relativ teuer.
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Eine
weitere Möglichkeit
zur Trennung von Proteinen und Peptiden ist die sogenannte Affinitätschromatographie.
Hierbei werden Proteine aufgrund einer spezifischen Wechselwirkung
mit einem anderen Molekül
isoliert. Eine solche Wechselwirkung kann beispielsweise eine Antikörper-Antigen-Wechselwirkung sein.
Einer der beiden Wechselwirkungspartner wird hierfür auf einem
Trägermaterial
immobilisiert. Unter Verwendung dieses Materials wird die säulenchromatographische
Isolierung des anderen Wechselwirkungspartners durchgeführt. Die
DE 37 33 303 beschreibt
beispielsweise ein Trägermaterial mit
immobilisierten, biologisch aktiven Makromolekülen, welches für eine Affinitätschromatographie
geeignet ist. Hierbei sind die Makromoleküle innerhalb einer Lipidmonoschicht
eingebettet. Diese Schicht ist auf einer mit hydrophoben Resten
derivatisierten Oberfläche
fixiert.
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Bei
der Ionenaustausch-Chromatographie kommt noch ein Problem hinzu:
Das Abtrennen der durch Ladungswechselwirkung an das Chromatographiegel
gebundenen Proteine durch eine Pufferlösung hoher Ionenstärke oder
Detergenzien kann zu einem Ausfällen
der Proteine (und damit zur Denaturierung) führen. Das vorgeschlagene neue
Verfahren reduziert den technischen Aufwand zur Biokompatibilisierung
von Silicagelen beträchtlich
und soll darüber
hinaus neue Möglichkeiten
zum Abtrennen der Proteine vom Gel ohne Gefahr ihrer Denaturierung eröffnen.
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2. Beschreibung des Verfahrens
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Gegenstand
der vorliegenden Erfindung ist ein Verfahren zur säulenchromatographischen
Trennung von Proteinen gemäß Anspruch
1. Bevorzugte Ausführungsformen
des Verfahrens sind in den abhängigen
Ansprüchen
definiert. Das neue Verfahren baut auf dem bereits vorhandenen Kenntnisstand
der Säulenchromatographie
(Gelfiltration, Ionen-Austausch-Chromatographie) auf. Als Chromatographiematerial
für das
neue Verfahren werden Silicagele (d. h. poröse Kugeln aus Silica) oder
Silicakugeln mit glatter Oberfläche
verwendet, deren Dimensionen im Bereich nm-μm liegen.
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Der
wesentliche Unterschied zu allen bisherigen Verfahren besteht darin,
daß jede
dieser Kugeln an ihrer Oberfläche
vollständig
mit einer ca. 50-60 Å dicken
Doppelschicht aus Lipiden (die sogenannte Lipiddoppelschicht oder
Lipidbilayer) beschichtet ist. Zwischen der Lipiddoppelschicht und
der Kugeloberfläche
existiert außerdem
noch eine 10-20 Å dicke Wasserschicht.
Die 1 zeigt schematisch die Darstellung einer Silicakugel
mit glatter Oberfläche, welche
mit einer Doppelschicht aus Lipiden beschichtet wurde. Die Lipide
selbst können
je nach den Anforderungen des Chromatographie-Experimentes entweder natürliche,
aus Gewebe extrahierte Lipidspezies sein oder auf synthetischem
Weg erzeugt worden sein. Die Präparationsmethode
zur Erzeugung derartig beschichteter Kugeln wurde von einem der
Anmelder dieses Patentes entwickelt und ist veröffentlicht worden (T. M. Bayerl & M. Bloom, 1990, „Physical
properties of single phospholipid bilayers adsorbed to micro glass
beads", Biophysical
Journal 58: 357-362 Rockefeller Press, New York. Der Anmelder konnte
in derselben Veröffentlichung
zeigen, daß ein
derartig präpariertes
Kugelsystem mit einem adsorbierten Lipidbilayer über einen Zeitraum von Wochen
stabil ist und die Lipiddoppelschicht auch durch hydrodynamische
Kräfte
und mechanische Einwirkung (wie sie z. B. beim Waschen einer solchen
Probe im strömenden
Medium oder bei Zentrifugation im wäßrigen Medium entstehen) nicht
von den Kugeln abgelöst
wird.
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Die
Vorteile der Verwendung solcher mit einem Lipidbilayer beschichteter
Silicagele für
säulenchromatographische
Zwecke sind wie folgt:
- 1) Durch die vollständige Abschirmung
der Silicaoberfläche
durch den Lipidbilayer wird ein Kontakt der zu trennenden Proteine
mit dem Silica unterbunden. Damit wird die möglicherweise bei einem solchen
Kontakt stattfindende Denaturierung eines Teiles der Proteine vermieden,
denn die Proteine können
nun nur mit der hydrophilen Lipidoberfläche in Wechselwirkung treten.
Da Lipide biologische, amphiphile Moleküle sind (wie sie auch in jeder
Zellmembran zu finden sind) und ein Lipidbilayer weiterhin ein extrem
weiches Material („soft
surface") darstellt,
findet an solchen Oberflächen
praktisch keine Proteindenaturierung statt. Durch den Lipidbilayer
ist die Kugel mit einer sogenannten „biokompatiblen Oberfläche" versehen.
Damit
läßt sich
die Ausbeute eines Chromatographielaufes bezüglich Proteinaktivität beträchtlich steigern
und die Trennung von sehr empfindlichen, bisher als schwer trennbar
erachteten Proteinen, erscheint möglich (sh. Beispiel 1).
- 2) Ein weiterer Vorteil des Verfahrens ist die gezielte Ausnutzung
elektrostatischer Oberflächenladungseffekte
zur ladungsselektiven Trennung von Proteinen. Obwohl das in eukariotischen
Zellen am häufigsten
vorkommende Phospholipid, das Lezithin (Phosphatidylcholin), über einen
weiten pH Bereich nach außen
elektrisch neutral ist, existieren eine Vielzahl anderer Lipide,
die bei neutralem pH Wert eine negative Überschußladung aufweisen (z. B. Phosphatidylserine,
Phosphatidylglycerole, Cardiolipin). Durch gezielte Beimischung
solcher Lipide zur Beschichtung der Silicagele läßt sich somit eine definierte
negative Oberflächenladung
auf dem die Kugel umgebenden Lipidbilayer erzeugen. Dadurch werden
Proteine mit positiver Überschußladung
auf ihrem Weg durch die Säule
infolge anziehender Coulomb Wechselwirkung mit dem Lipidbilayer
verzögert
bzw. gebunden (ohne dabei zu denaturieren, sh.1), negativ geladene
Proteine hingegen werden beschleunigt. Durch Einsatz von Amphiphilen mit
positiver Überschußladung
kann auch eine positive Oberflächenladung
des Lipidbilayers erzeugt werden, falls das zu trennende Gemisch dies
erfordert.
Damit gestattet das neue Chromatographieverfahren
die Durchführung
von Ionen-Austausch-Chromatographie
(sh. Beispiel 2).
- 3) Ein wesentlicher Vorteil liegt in der Verwendung eines Lipidbilayers
(anstelle der bisher verwendeten immobilisierten Membran = Lipidmonoschicht) zur
Beschichtung der Kugeln begründet.
Die vom Antragsteller entwickelte Präparationsmethode (wird im Beispiel
unten erläutert)
erlaubt eine Beschichtung der Kugeln in der Chromatographiesäule unmittelbar
vor dem Aufbringen der zu trennenden Proteinmischung. Dieses Verfahren
ist damit äußerst vielseitig
und kostengünstig,
da nur Kugeln der gewünschten
Größe (die
problemlos über
Jahre gelagert werden können)
in die Säule gepackt
werden und dann erst die Beschichtung mit dem Lipidbilayer vorgenommen
wird. Auch können
Veränderungen
in der Lipidzusammensetzung der Kugeloberflächen (und damit Veränderungen
der Oberflächenladung
der die Kugeln umgebenden Lipidbilayer) ohne Entfernen der Kugeln
aus der Säule
vorgenommen werden (sh. Beispiel). Damit ist das vorgeschlagene
Verfahren gegenüber
der immobilisierten Membran (kovalent an die Geloberfläche gebundene
Lipidmonoschicht) weit überlegen,
da letztere nur mit hohen technischen Aufwand und keinesfalls in
der Säule selbst
erzeugt werden kann.
- 4) Schließlich
kann ein solches Lipidbilayer – beschichtetes
Silicagel zur ladungsempfindlichen Trennung von Proteinen unter
Ausnutzung des Mischungsverhaltens binärer Lipidgemische angewandt
werden. Reine synthetische Lipide (i.a. Lipide mit gesättigten
Fettsäureketten)
weisen einen scharfen, reversiblen Phasenübergang 1. Ordnung zwischen
kristalliner und flüssig – kristalliner
Struktur des Lipidbilayers auf (sh z.B. Sackmann, E."Polymorphism of Lipid/water
systems" in "Biophysics" (Hoppe, W., Lohmann,
W., Markl, H., Ziegler, H., eds) pp. 425. Springer Verlag Berlin,
Heidelberg 1983). Durch Mischung von 2 Lipiden (eines davon elektrisch
neutral, das andere negativ geladen), von denen mindestens eines gesättigt ist
und über
eine Phasenübergangstemperatur
(PÜT) verfügt, die
in einem für
die zu eluierenden Proteine verträglichen Bereich liegt (z.B. zwischen
0-8°C),
können
nun durch Veränderung der
Temperatur Ladungsmuster auf der Oberfläche des die Kugeln umgebenden
Lipidbilayer erzeugt werden (sh z.B. Sackmann, E."Chargeinduced changes
in the microstructure of membranes" in "Biophysics" (Hoppe, W., Lohmann,
W., Markl, H., Ziegler, H., eds) pp. 438-444. Springer Verlag Berlin,
Heidelberg 1983). In der kristallinen Phase (Temperatur < PÜT) kann
unter geeigneten Bedingungen eine quasi-zweidimensionale Domänenbildung
im Lipidbilayer (Domänengröße im nm bis μm Bereich)
stattfinden, die durch unterschiedlich hohe Anteile an negativ geladenen
Lipid gekennzeichnet ist. Kristalline Bereiche mit hoher negativer
Oberflächenladung
können
dann in eine fluide Matrix mit geringer negativer Oberflächenladung
eingebettet sein. Positiv geladene Proteine werden unter diesen
Bedingungen mit hoher Bindungskraft (Coulomb Wechselwirkung) an
die kristallinen Bereiche gebunden. Wird nun die Temperatur erhöht (Temperatur
der Säule > PÜT) wird die Domänenstruktur
aufgelöst
(durch Schmelzen der kristallinen Bereiche) und die negativ geladene
Lipidkomponente verteilt sich gleichmäßig (durch laterale Diffusion) über den gesamten
Lipidbilayer. Damit sinkt die Bindungskraft zwischen Protein und
Oberfläche
drastisch und das zuvor gebundene Protein kann sich vom Lipidbilayer
lösen (sh.
Anwendungsbeispiel 3).
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Im
folgenden sollen die Vorteile des Verfahrens in drei Beispielen
dargestellt werden.
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3. Beispiele
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3.1. Anwendungsbeispiel 1:
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Gelfiltration von Proteinen
mit unterschiedlichem Molekulargewicht
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Eine
Chromatographiesäule
wird mit kommerziell erhältlichen
Silicagel (Kugeln aus Siliziumdioxid (Durchmesser 3 μm), die mit
Poren auf der Oberfläche
(Porendurchmesser 100 nm) versehen sind) gepackt und Puffermedium
(der pH Wert kann zwischen pH3-9, je nach den Elutionsbedingungen, frei
gewählt
werden) wird aufgefüllt.
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3.1.1 Beschichtung des Silicagels mit
einem Lipidbilayer
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Als
Lipid zur Beschichtung wird ein natürlich vorkommendes Phosphatidylcholin,
das sogenannte Lecithin, verwendet. Das lyophilisierte Lipidpulver wird
in 10 ml Puffermedium gelöst
und (bei Zimmertemperatur) 15 min. unter leichtem Schütteln inkubiert.
Anschließend
wird die Lösung
in einem Ultraschall-Disintegrator für 10-15 min. bei hoher Leistung beschallt,
bis die zuvor milchige Lipidlösung
klar geworden ist. Die Lipidmenge ist so berechnet, daß die von
den Lipiden in einer Doppelschichtanordnung zu bedeckende Fläche etwa
der doppelten Oberfläche der
Silicakugeln (einschließlich
Porenoberfläche) entspricht
(Oberflächenbedarf
eines Lezithinmoleküls
ca. 80 Å2). Die durch Ultrabeschallung erzeugten kleinen
unilamellaren Lezithinvesikel (Durchmesser 40-100nm) werden nun
auf die Säule
gegeben und langsam eluiert. Dabei fusionieren die Vesikel auf der Oberfläche der
Silicakugeln (und in den Poren) und bilden einen abgeschlossenen,
stabilen Lipidbilayer auf der Oberläche aus. Überschüssige Vesikel, die keine freien
Plätze
zur Fusion auf der Kugeloberfläche
finden, werden eluiert. Nach Spülen
der Säule mit
Puffer ist diese für
die Filtration bereit.
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Alternativ
kann die Beschichtung der Kugeln auch außerhalb der Säule (vor
dem Packen) durchgeführt
werden. Hierzu wird die Lezithinvesikellösung mit den Kugeln (Silicagel)
im Puffermedium unter leichten Schütteln für ca. 1 min. gemischt. Mittels
einer Tischzentrifuge wird das Säulenmaterial
dann ca. 5 mal gewaschen (d.h. Dispersion der beschichteten Kugeln
in einem größeren Volumen
von Puffer, Zentrifugation der Dispersion und Absaugen des, die überschüssigen Vesikel
enthaltenden, Überstandes) und
kann dann in der Säule
gepackt werden.
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3.1.2 Gelfiltration
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Das
zu trennende Gemisch von Proteinen wird (im Elutionspuffer gelöst) auf
die Säule
gegeben. Auf dem Weg durch die Säule
werden nun die kleinen Proteine des Gemisches (durch Wechselwirkung
mit den Poren) verzögert.
Die Lezithinbilayerschicht verhindert dabei eine mögliche Denaturierung
der Proteine. Die einzelnen Fraktionen unterschiedlicher Größe (Molekurargewicht)
werden am Ausgang der Säule
mit einem Fraktionssammler getrennt aufgefangen.
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3.2 Anwendungsbeispiel 2:
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Ionen-Austausch-Chromatographie eines
Proteingemisches mit unterschiedlicher elektrischer Ladung der Einzelkomponenten
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3.2.1 Vorbereitung der Säule
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Präparation
der Säule
wie in Beispiel 1 beschrieben, allerdings wird statt reinem Lezithin
nun ein binäres
Lipidgemisch von Lezithin und Phosphatidylserin (molares Mischungsverhältnis 4:1)
verwendet. Da Phosphatidylserin bei neutralem pH Wert eine negative Überschußladung
trägt,
wird die gesamte, das Kugelmaterial bedeckende Lipiddoppelschicht
nun mit einer negativen Oberflächenladung versehen.
Da Phosphatidylserin insbesondere stark gekrümmte Lipiddoppelschichtbereiche
bevorzugt, wird es sich in den Poren der Kugel anreichern und dort
ein besonders starkes elektrisch negatives Oberflächenpotential
bewirken.
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Eine
weitere Methode der Säulenpräparation ist
möglich,
falls eine mit reinen Lezithindoppelschichten präparierte Säule bereits vorhanden ist und
nicht neu gepackt werden soll. In diesem Fall werden durch Beschallung
mit Ultraschall (sh. Beispiel 1) unilamellare Vesikel aus Phosphatidylserin hergestellt
und auf die Säule
gegeben und langsam eluiert. Auf dem Weg durch die Säule tauschen
die negativ geladenen Phosphatidylserin-Vesikel Lipide mit dem aus
dem Kugelmaterial adsorbierten Lipidbilayer (Lezithin) aus. Dadurch
erhält
der Lipidbilayer auf dem Kugelmaterial eine negative Oberflächenladung.
Nach Spülung
der Säule
zur Entfernung der Austauschvesikel ist diese für die Chromatographie bereit.
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3.2.2 Chromatographie
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Das
zu trennende Proteingemisch wird auf die Säule gegeben und unter neutralen
pH Bedingungen (und relativ niedriger Ionenstärke) eluiert. Auf dem Weg durch
die Säule
werden elektrisch positiv geladene Proteine durch Coulomb Wechselwirkung in
den Poren oder auf der Kugeloberfläche gebunden, negativ oder
neutral geladene Proteine passieren die Säule beschleunigt (repulsive
Coulomb Wechselwirkung) oder unbeeinflußt. Der Lipidbilayer verhindert
eine Denaturierung der gebundenen Proteine. Nachdem die negativ
oder neutral geladenen Bestandteile des Gemisches die Säule verlassen
haben, wird diese mit einem Puffer hoher Ionenstärke (z.B. 200 mM NaCl) gespült. Alternativ
können
Detergenzlösungen
niedriger Konzentration verwendet werden. Die Ionen verdrängen hierbei
die elektrostatisch gebundenen Proteine von den Oberflächen und die
Proteine können
im Fraktionssammler am Säulenausgang
aufgefangen werden. Damit wurden positiv geladene Proteine aus dem
Gemisch ohne Gefahr einer Denaturierung (und damit höchstmöglicher Proteinaktivität) abgetrennt.
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3.3 Anwendungsbeispiel 3:
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Ladungsselektive Elution von Proteinen
durch temperaturinduzierte Veränderung
der Bindungseigenschaften der Chromatographiesäule
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3.3.1 Präparation der Säule
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Es
werden Kugeln aus Siliziumdioxid mit glatter Oberfläche (ohne
Poren) zum Packen der Säule
verwendet. Der Lipidbilayer wird, wie in Beispiel 1 beschrieben,
auf der Oberfläche
der Kugeln adsorbiert. Als Lipidmischung wird ein binäres Gemisch
aus 1-palmitoyl-2-oleoyl-sn-3-glycero-phosphocholine (POPC) mit
20 mol% 1,2-dimyristoyl-sn-3-glycero-phosphatidylglycerol (DMPG)
verwendet. Diese Mischung hat einen Phasenübergang bei einer Temperatur
(PÜT) von
ca. 4°C.
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3.3.1 Chromatographie
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Das
zu eluierende Proteingemisch (mit Proteinen gegensätzlicher
elektrischer Überschußladung)
wird bei einer Säulentemperatur
von 1°C
auf die Säule
gegeben. Bei dieser Temperatur sind kristalline Domänen mit
einem hohen Anteil von negativ geladenen DMPG im Lipidbilayer vorhanden.
Während
der Elution werden positiv geladenen Proteine (und von diesen bevorzugt
jene mit der höchsten Überschußladung)
an den Lipidbilayer gebunden. Nachdem negativ geladene und elektrisch
neutrale Proteine die Säule
verlassen haben, wird die Säulentemperatur
auf 8°C
erhöht,
die gebundenen Proteine lösen
sich von der Oberfläche
(infolge der Auflösung der
kristallinen Domänen)
und können
eluiert werden.