DE3527065A1 - Verfahren zur taktilen darstellung der gliederungsstruktur von text- und grafik-seiten im zusammenhang mit der zeilenweisen ausgabe des textes in blindenschrift oder synth. sprache - Google Patents

Description

1. Stand der Technik

Die Ausgabe digital gespeicherter Informationen in Blindenschrift erfolgt nach dem heutigen Stand der Technik durch elektro-mechanische Braille-Zeilen, die als Einzelzeilen oder in der Zusammenschaltung mehre­ rer Zeilen ein sukzessives Auslesen ermöglichen.

Entsprechende Terminals werden im Zusammenhang z. B. mit Textverarbeitungssystemen für Blinde, EDV- Anlagen oder als Ausgabeeinheiten für die Medien Bild­ schirmtext und Videotext verwandt.

Des weiteren ist ein sukzessives Auslesen der Text­ zeilen mit Hilfe eines Sprachsynthezizers möglich.

Die Zusammenschaltung einer größeren Zahl von Braille-Zeilen - z. B. 24 Zeilen mit je 40 Stellen zur Darstellung ganzer Btx-Seiten - ist zwar grundsätzlich möglich, in der Praxis jedoch aus Kostengründen (z. Z. mehr als DM 100000) nicht von Bedeutung.

2. Aufgabenstellung

Die Erfassung von Textseiten - wie von "Bildern" überhaupt - durch das sehende Auge erfolgt in der Regel zunächst ganzheitlich-simultan, wobei die Erfas­ sung der Gliederungsstruktur der Seite dem eigentli­ chen Leseakt voraufgeht. Diese vorgängige strukturelle Erfassung (z. B. Gliederung in Abschnitte, Anteile von Leerzeilen, Einschübe von Grafiken, Spaltengliederung u. a. m.) vermittelt dem sehenden Leser erste Ordnungs­ kriterien und erleichtert ein rationelles und gezieltes Arbeiten am Textbild.

Bei der sukzessiven, d. h. zeilenweisen Abarbeitung solcher Seiten durch Blinde mit Hilfe einer Braille-Zeile bzw. mittels synthetischer Sprachausgabe ist diese we­ sentliche Vorinformation und Gliederungshilfe nicht verfügbar. Die Aufbaustruktur einer solchen Seite kann bestenfalls erst nach Abarbeitung sämtlicher Zeilen psy­ chisch rekonstruiert werden.

Vorentscheidungen z. B. hinsichtlich des Übersprin­ gens nicht übersetzbarer Grafik-Anteile, von Leerzei­ len-Blöcken, das Erkennen von Spaltengliederungen, das gezielte Einspringen in Textpassagen, eine Defini­ tion des Standes der aktuell dargebotenen Zeile inner­ halb der Seitenstruktur sind blinden Nutzern unter die­ sen Umständen nicht oder nur bedingt möglich.

Das gleiche Problem stellt sich im Prinzip beim Mo­ dus der Sprachausgabe.

Die Aufgabe der Entwicklung bestand somit darin, ein Verfahren zu entwickeln, das Blinden trotz des aus­ schnitthaft-sukzessiven Textangebotes in Braille oder Sprache von vornherein und auch während der Arbeit an einer Textseite einen strukturellen Gesamtüberblick vermittelt, um die oben dargestellten Beschränkungen weitgehend aufzufangen. Dieses Verfahren sollte außer­ dem kostengünstig, d. h. auch beim Angebot z. B. nur einer Braille-Lesezeile zu realisieren sein.

3. Lösung

Zur Lösung des Problems wurde folgendes Verfahren entwickelt.

• a) Der Seitenspeicher wird unmittelbar nach Auf­ füllung von einem Prozessor-System zeilenweise auf die wesentlich erscheinenden Strukturierungs­ merkmale (Textzeile, Leerzeile, Grafikzeile usw.) abgefragt.
• b) Zur Erkennung von Spaltengliederungen wird der Seitenspeicher auf etwaige′′vertikale Durch­ schüsse′′ (Kriterium z. B.: drei oder mehr Leerzei­ chen untereinander) geprüft.
• c) Auf einer vertikal zur Lesezeile angeordneten Konfiguration von Taststiften erfolgt eine analoge taktile Darstellung der unter a) und b) ermittelten Strukturierungskriterien. Mehrere Taststifte sind hierbei je einer Zeile zugeordnet.
• d) Innerhalb dieser vertikal angeordneten Tastkon­ figuration übernimmt eine Tastpunktgruppe pro Zeile die Cursor-Funktion, d. h. die Anzeige der Po­ sition der aktuell dargestellten Lesezeile innerhalb der Seitenstruktur (Zeilen-Cursor).

Beschreibung

Mit dem dargestellten Verfahren wird es blinden Nut­ zern ermöglicht, auf einem Braille-Terminal mit einer Hand (vertikale Tastpunktgruppe) simultan die Gliede­ rungsstruktur einer ganzen Seite zu erfassen, mit der anderen Hand (horizontale Tastpunktgruppe) die aktu­ ell ausgegebene Zeile zu lesen und gleichzeitig auf dem vertikalen "Struktur-Indikator" die Position dieser Zeile innerhalb der Seitenstruktur (Zeilen-Cursor) zu bestim­ men. (Vgl. Skizzen 1 und 2).

Bei der Ausgabe synthetischer Sprache arbeitet der Struktur-Indikator entsprechend.

Mit der dargestellten Lösung ist ein Verfahren be­ schrieben, das die unter 2. dargestellten Probleme Blin­ der bei der Arbeit mit elektronischen Textmedien ko­ stengünstig zu lösen vermag.

Claims (1)

1. Verfahren zur taktilen Darstellung der Gliede­ rungsstruktur von Text- und Grafikseiten im Zu­ sammenhang mit der zeilenweisen Ausgabe des Textes in Blindenschrift oder synthetischer Spra­ che, dadurch gekennzeichnet,

   • 1. daß die vertikale Gliederungsstruktur einer Seite (Textzeilen, Leerzeilen, Spalten, Grafi­ ken) mittels eines Feldes von Taststiften (Struktur-Indikator) analog dargestellt wird,
   • 2. daß der Struktur-Indikator nach 1. mit einer elektronisch gesteuerten Blindenschrift-Aus­ gabe gekoppelt ist,
   • 3. daß der Struktur-Indikator nach 1. mit einer elektronisch gesteuerten Sprachausgabe ge­ koppelt ist,
   • 4. daß die Position der aktuell anstehenden Zeile innerhalb der Seite durch den Struktur- Indikator nach 1. angezeigt wird (Zeilen-Cur­ sor),
   • 5. daß die Strukturanzeige nach 1. auf einem von der Braille-Lesezeile getrennten Tastfeld dargestellt wird,
   • 6. daß die Strukturanzeige nach 1. ganz oder teilweise auf einer Braille-Lesezeile dargestellt wird.