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Beschreibung
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Die Erfindung betrifft einen Blutersatz auf der Basis von bioverträglichen
Polymeren und Hämoglobin.
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Sauerstofftransportierende Präparate mit und ohne Plasmaexpanderwirkung
sind bereits als Blutersatz bekannt. Läßt man die Fluorkarbone wegen ihres vollsynthetischen
Charakters außer acht, so gibt es noch eine Reihe halbsynthetischer und natürlicher
Produkte.
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Das von der Herstellung einfachste Präparat ist die stromafreie Hämoglobinlösung.
Da diese weder Membranstrukturen noch Antigendeterminaten enthält, entfallen sowohl
die Probleme der Typisierung als auch der Sensibilisierung.
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Der wesentliche Nachteil der stromafreien Hämoglobinlösung liegt
in der zu kurzen intravasalen Halbwertzeit, die für ein Blut- bzw. Plasmaersatzmittel
sechs bis zwölf Stunden betragen sollte. Die mittlere zirkulatorische Halbwertzeit
liegt für Chargen 6 %iger stromafreier Hämoglobinlösungen bei 100 bis 140 Minuten.
240 Minuten nach Austausch von 2 ml/kg Vollblut sind nur noch ca. 20 % stromafreier
Hämoglobinlösung im Blutkreislauf nachweisbar. Ein weiterer Nachteil der stromafreien
Hämoglobinlösung ist die in vitro deutlich nach links verschobene Sauerstoff-Bindungskurve
gegenüber der Sauerstoffdissoziationskurve des Normalblutes. Das bedeutet, daß die
Sauerstoff-Affinität des Hämoglobins wesentlich erhöht ist und dadurch der Sauerstoff
im Gewebe zu schwer wieder abgegeben wird. Als Blutersatzmittel kann die stromafreie
Hämoglobinlösung nur akzeptiert werden, wenn es gelingt, einerseits die intravasale
Verweildauer zu erhöhen und andererseits die Abgabe des Sauerstoffs von
dem
sauerstoffbeladenen Hämoglobintetramer zu erleichtern.
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Methoden zur Lösung des Problems der zu kurzen intraversalen Verweildauer
der stromafreien Hämoglobinlösungen sind bekannt. Man kann z. B. das Hämoglobintetramer
einfach oder mehrfach über kovalente chemische Bindungen entweder an einen polymeren
löslichen Träger binden oder über kürzere Kopplungsstücke mit weiteren Hämoglobintetrameren
zu größeren Einheiten polymerisieren. Durch dieses Vorgehen erhält man Einheiten,
die meist mehrere Hämoglobintetramere enthalten und so groß sind, daß sie nicht
mehr ohne vorangegangenen chemisch-physiologischen Abbau durch die Niere ausgeschieden
werden können. Abgesehen von den unterschiedlichen Resten, die zur kovalenten Bindung
nötig sind oder als polymere Träger fungieren, wird das Hämoglobintetramer immer
an mindestens einer reaktiven Stelle durch die kovalente Bindung verändert. Da die
zugänglichen reaktiven Gruppen im Hämoglobin jedoch auch für deren typische biologische
Eigenschaften wie Sauerstoff- und Kohlendioxidtransport verantwortlich sind, erfolgt
mit einer kovalenten Bindung zu diesen Gruppen zwangsweise auch eine andere biologische
Funktion des Hämoglobins. Es könnten zwar Präparate hergestellt werden, deren intravasale
Halbwertzeit den ausreichenden Wert von zwölf Stunden besitzen, jedoch erfolgt meist
gleichzeitig eine Erhöhung der Sauerstoffaffinität. Auf der anderen Seite kann man
eine stromafreie Hämoglobinlösung durch Kopplung von Pyridoxalphosphat an die endständigen
Aminogruppen mit einer auf Dauer erniedrigten Sauerstoffaffinität herstellen. Zur
Verbesserung der intravasalen Halbwertzeit gibt es Produkte, bei denen durch Bindungseinheiten
mehrere Hämoglobinmoleküle chemisch kovalent miteinander verbunden werden. Durch
diesen Vorgang der kovalenten Verknüpfungen sind diese Produkte vom Prinzip her
mit den polymergebundenen Produkten vergleichbar.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Hämoglobin-
präparat
mit erhöhter intravasaler Verweildauer und erniedrigter Sauerstoffaffinität zu entwickeln.
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Diese Aufgabe ist erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß das Hämoglobin
mit einem wasserlöslichen Polymeren über Phosphat-, Sulfat-, und/oder Sulfonat-Gruppen
absorptiv gebunden ist. Unteransprüche 2 bis 4 betreffen vorteilhafte Ausbildungen
des erfindungsgemäßen Blutersatzes.
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Das erfindungsgemäße Mittel wird dadurch hergestellt, daß ein wasserlösliches
Polymer durch Einführung von freien OH-, NH-, SH- und/oder COOH-Gruppen aktiviert
und anschließend mit einer Verbindung, die die Fähigkeit besitzt Hämoglobin absorptiv
zu binden, und Phosphat-, Sulfat- und/oder Sulfonat-Gruppen enthält, umgesetzt wird
und daß das entstehende Produkt anschließend mit Hämoglobin zusammengebracht wird.
Weiterbildungen des erfindungsgemäßen Verfahrens sind in den Unteransprüchen 6 bis
10 beschrieben.
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Erfindungsgemäß werden Affinoren, die eine hohe Affinität zu Hämoglobin
aufweisen und gleichzeitig die Sauerstoffdissoziationskurven nach rechts verschieben,
kovalent an verschiedene Polymere, die als Trägerverbindung fungieren, gebunden.
Dadurch wird erreicht, daß das Polymermolekül über die Affinorkomponente fest an
Hämoglobin adsorbiert wird und somit die Ausscheidung des Hämoglobins über die Niere
durch das höhere Molekulargewicht erschwert wird. Gleichzeitig wird die Sauerstoffaffinität
des adsorptiv gebundenen Hämoglobins gegenüber dem stromafreien Hämoglobin erniedrigt.
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Erfindungsgemäß kann als Polymer jedes bekannte Plasmaersatzmittel
verwendet werden. Vorzugsweise werden jedoch Polysacharide, insbesondere Dextran,
eingesetzt.
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Als Affinoren sind insbesondere Phosphorsäure bzw. Derivate 8-Hydroxy-1,3,6-pyren-trisulfonat,
Pyridoxalphosphat,
N- (2, 4-Diphosphobenzyl ) -1 -amino-5-naphthalinsulfonsäure,
2, 3-Disphosphoglycerat, Adenosintriphoshat, Inositoltetraphosphat, Inositolpentaphosphat,
Inositolhexasulfat und vorzugsweise Inositolhexaphosphat geeignet. Einerseits bewirkt
Inositolhexaphosphat in der Reihe 2,3-Diphosphoglycerat/ Adenosintriphosphat/Inositoltetraphosphat/Inositolpentaphosphat/Inositolhexasulfat/Inositolhexaphosphat,
die größte Abnahme der Sauerstoffaffinität des Hämoglobins. Andererseits besitzt
der Komplex Hämoglobin/Inositolhexaphosphat in der Reihe: 2 , 3-Diphosphoglycerat/Inositolpentaphosphat/
Inositolhexasulfat/Inositolhexaphosphat die kleinste Dissoziationskonstante. Abgesehen
von diesen Eignungsfaktoren kommt Inositolhexaphosphat im menschlichen Organismus
natürlich vor. Prinzipiell gibt es Verbindungen, die eine noch größere Affinität
zum Hämoglobin und eine noch kleinere Dissoziationskonstante des entsprechenden
Komplexes besitzen als Inositolhexaphosphat. Das sind vor allem analog aufgebaute
Substanzen, die mehr als sechs Phosphorsäure-oder Sulfatreste besitzen.
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Zur Herstellung des erfindungsgemäßen Blutersatzes wird das wasserlösliche
Polymer aktiviert. Am Beispiel von Dextran läßt sich dies synthetisch am einfachsten
und mit den besten Umsetzungsgraden durch katalytische Reaktion mit Epichlorhydrin
durchführen. Als Katalysator wird z.B.
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Zinktetrafluoroborat verwendet. Auf diese Weise entsteht zunächst
die nicht reaktive Verbindung (I), die während der Herstellung nicht schon zu Vernetzungen
führt. Im alkalischen Medium wandelt sich diese Verbindung (I) in die sehr reaktive
Epoxidvariante (II) um:
Die Kopplung des Hämoglobin-Affinors, z.B. Inositolhexaphosphats
(IHP), an lösliches Dextran kann dann z.B. entsprechend folgender Reaktion erfolgen:
wobei R einen Inositolring mit restlichen fünf Phosphorsäuregruppen darstellt.
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Ebenso läßt sich ein erfindungsgemäßes Produkt ausgehend von 3-Amino-2-hydroxypropyl-dextran
(IV) herstellen, das durch Reaktion des 3-Chlor-2-hydroxypropyl-dextran (I) oder
der Epoxydvariante (II) im wäßrigen Medium mit Ammoniak erhalten werden kann. In
diesem Fall muß die unreaktive Aminogruppe des 3-Amino-2-hydroxypropyl-dextrans
(IV) aktiviert werden, z.B. durch Dicyclohexylcarbodiimid (DCC) oder Epichlorhydrin.
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wobei R die obige Bedeutung besitzt.
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Um eine Erhöhung der Zahl der Phosphatgruppen des Affinors zu erreichen,
können mehrere aktivierte Inositolhexaphosphat-Gruppierungen oder einfach Phosphorsäuregruppen
über Polyamine, z.B. Triethylentetramin- oder Polyethylenimin-Gruppierungen auf
dem modifizierten Dextran örtlich angereichert werden.
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Hierzu wird epoxydaktiviertes Dextran z.B. mit Triethylentetramin
umgesetzt. Dieses besitzt zwei endständige, primäre Aminogruppen, wovon eine bei
der Reaktion mit 2,3-Epoxypropyldextran umgesetzt wird. Das entstandene Produkt
enthält 3 sekundäre und eine primäre Aminogruppe. Diese Aminogruppen dienen als
Reaktionszentren bei der Umsetzung mit den durch Epichlorhydrin aktivierten Phosphatgruppen,
den mit Epichlorhydrin aktivierten Inositolhexaphosphat sowie den ebenfalls mit
Epichlorhydrin behandelten Alkalihydrogenphosphat.
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Triethylentetramin
...(Restl. Triethylentetramingruppe) Die Erfindung wird anhand nachfolgender Beispiele
näher erläutert: Beispiel 1 Aktivierung von Dextran mit Zinketrafluoroborat/Epichlorhydrin
In
einem 100-ml-Dreihalskolben mit Rückflußkühler und Tropftrichter werden 5 g Dextran
(M=81600) unter Erwärmen im Ölbad in einer Mischung von 5 ml Wasser und 7,5 ml 25%iger
Zinktetrafluoroborat-Lösung aufgelöst.
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0 Hat die Temperatur 80 C erreicht, tropft man unter starkem Rühren
langsam insgesamt 25 ml Epichlorhydrin zu. Die Mischung wird drei Stunden bei 80
C und anschließend bei Raumtemperatur ca. 10 Stunden gerührt.
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Das Polymer wird durch tropfenweises Eingießen in 1 1 Aceton gefällt
abfiltriert, mit Aceton gewaschen und im Vakuum getrocknet. Zur weiteren Reinigung
wird das Produkt wiederholt in wenig Wasser aufgelöst und abwechselnd durch Eintropfen
in Aceton oder Methanol gefällt. Man erhält 4 g 3-Chlor-2-hydroxypropyl-dextran
als weißes Pulver, das in Wasser löslich ist.
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Durchschnittlicher Chlorgehalt: ca. 3 %.
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Umsetzung von 3-Chlor-2-hydroxypropyl-dextran mit Triethylentetramin
10 g 3-Chlor-2-hydroxypropyl-dextran (M=4oooo) werden in 1 1 Wasser (pH 9) aufgelöst.
Nachdem einige Zeit gerührt wurde, gibt man 10 ml Triethylentetramin zu und rührt
bei Raumtemperatur über Nacht weiter. Anschließend wird, wie üblich, ultrafiltriert
und das Konzentrat durch Einrühren im Aceton gefällt.
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Elementaranalyse Stickstoff: 4,92 % Chlor: 0,44 % Herstellung von
aktiviertem Inositolhexaphosphat 54 g Natriumphytat pH 7 werden in 100 ml Wasser
gelöst, mit 0 10 ml Epichlorhydrin versetzt und bei 30 C 36 Stunden magnetisch gerührt.
Anschließend wird die Lösung am
Rotationsverdampfer bis zur Trockene
eingeengt. Man erhält ein feines, weißes Pulver.
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Elementaranalyse Chlor: 10,6 % Phosphor: 15,1 % Umsetzung von triethvlentetraminmodifiziertem
Dextran mit aktiviertem Inositolhexaphosphat Mit Triethylentetramin modifiziertes
3-Chloro-2-hydroxypropyl-dextran wird in Wasser gelöst, mit einer wäßrigen Lösung
des aktivierten Phosphats versetzt und gerührt.
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Anschließend wird die Reaktionslösung in einer Ultrafiltrationszelle
über ein PM-10-Membran konzentriert.
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Durch Eingießen in Methanol wird das Umsetzungsprodukt ausgefällt.
Nach dem Absetzen des Niederschlags saugt man ab, wäscht mit Methanol und trocknet.
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Durchschnittlicher Phosphorgehalt: ca. 6 % Beispiel 2 Herstellung
von 3-Amino-2-hydroxypropyl-dextran 4 g 3-Chlor-2-hydroxypropyl-dextran werden wie
im Beispiel 1 beschrieben hergestellt und in einem 200 ml-Erlenmeyerkolben in einem
Gemisch aus 60 ml Wasser und 20 ml 25%iger wäßriger Ammoniaklösung aufgelöst und
bei Raumtemperatur 20 Stunden magnetisch gerührt. Anschließend gibt man die Lösung
tropfenweise in 1 1 Methanol. Der gebildete Niederschlag wird abfiltriert, mit Aceton
gewaschen und im Vakuumexsikkator getrocknet. Zur Reinigung wird das Produkt ebenfalls
wiederholt in wenig Wasser aufgelöst und durch Eintropfen in 1 1 Methanol gefällt.
Man erhält 3,5 g weißes Pulver.
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Durchschnittlicher Stickstoffgehalt: ca. 1 %.
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Umsetzung von 3-Amino-2-hydroxypropyl-dextran mit Natriumshvtat
18
g Natriumphytat werden nach und nach unter Rühren und gleichzeitiger Kühlung mit
Eiswasser in 200 ml Wasser eingetragen. Nach beendeter Zugabe wird so lange gerührt,
bis die Lösung klar ist. Dann stellt man mit Salzsäure auf pH 7 und fügt 2 g 3-Amino-2-hydroxypropyl-dextran
und 300 ml Hexamethylphosphorsäuretriamid unter Rühren hinzu.
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10 g Dicyclohexylcarbodiimid werden in einer Mischung von 40 ml Hexamethylphosphorsäuretriamid
und 20 ml Wasser aufgelöst (eventuell unter Erwärmen) und dann zu der obigen Lösung
getropft. Nach beendeter Zugabe wird die Lösung bei Raumtemperatur für 48 h gerührt.
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Das Hexamethylphosphorsäuretriamid wird im Vakuum entfernt und die
wäßrigen Lösungen ultrafiltriert. Die Konzentrate werden gefriergetrocknet.
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Durchschnittlicher Phosphorgehalt: ca. 8 .
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Beispiel 3 Umsetzung von Phosphatpuffer pH 7 mit Epichlorhydrin 142
g (1 mol) Dinatriumhydrogenphosphat und 136 g (1 mol) Kaliumhydrogenphosphat werden
in 2 1 Wasser aufgelöst und die Lösung mit verdünnter Natronlauge auf pH 7 eingestellt.
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Dann gibt man 111 g (1,2 mol) Epichlorhydrin zu und rührt 72 Stunden
bei Raumtemperatur. Danach wird am Rotationsverdampfer das Volumen der Lösung auf
einen Liter eingeengt Für die Analyse werden 50 ml dieser Lösung zur Trockne eingedampft.
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Elementaranalyse Chlor: 8,2 % Phosphor: 14,4 % Die Umsetzung des aktivierten
Phosphats mit triethylentetramin-modifiziertem Dextran erfolgt nach dem im Beispiel
1 beschriebenen Verfahren.
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Durchschnittlicher Phosphorgehalt: ca. 5 %
Beispiel
4 Umsetzung von Phosphorsäure mit Epichlorhydrin 10 g Epichlorhydrin werden unter
Rühren und Eiskühlung innerhalb von 45 Minuten zu 20 g 84 %iger Phosphorsäure getropft.
Nach erfolgter Zugabe wird für weitere 30 Minuten gerührt. Man verdünnt anschließend
mit Wasser auf 350 ml und versetzt die Lösung dann unter Rühren nach und nach mit
insgesamt 75 g Bariumhydroxid bis zur alkalischen Reaktion.
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Die weitere Umsetzung mit aktiviertem Dextran erfolgt nach dem in
Beispiel 1 oder 3 beschriebenen Verfahren.
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Durchschnittlicher Phosphorgehalt: ca. 5 % Beispiel 5 Dit Inositolhexaphosphat/Dextran-Kopplungsprodukte
werden mittels Gelchromatographie auf die erfolgte Kopplung sowie ihre Eignung zur
Adsorption an Hämoglobin untersucht. Verschiedene Mischungen der Kopplungsprodukte
mit Hämoglobin werden gelchromatographisch nach ihrem Molekulargewicht aufgetrennt.
Im Gegensatz zum reinen Hämoglobin, bei dem immer nur ein einzelner scharfer Peak
auftritt, zeigen die Chromatogramme der Mischungen von Hämoglobin mit den Kopplungsprodukten
in allen Fällen zwei je nach den Chromatographiebedingungen (Gele, Laufmittel usw.)
mehr oder weniger voneinander getrennte Peaks. Dies zeigt, daß neben dem reinen
Hämoglobin die Fraktion eines höhermolekularen, hämoglobinhaltigen Produktes enthalten
ist, die sich gelchromatographisch abtrennen läßt.
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Die Kopplungsprodukte bewirken die zu erwartende Rechtsverschiebung
der Sauerstoffdissoziationskurve des Hämoglobins.