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Verwendung von N-substituierten Brenztraubensäure-
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hydrazonen zur Prophylaxe und/oder Behandlung von Herz-und Kreislauferkrankungen
sowie entsprechende Arzneimittel Die vorliegende Erfindung betrifft neue Verwendungen
von für andere Indikationen in der Medizin an sich bereits bekannten Verbindungen.
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Es ist bekannt, daß einige Monoaminoxidasehemmer, z. B.
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Phenelzin (2-Phenylethyl-hydrazin) oder Mebanazin (l-Phenyläthyl-hydrazin)
in hoher Dosierung hypoglykämisch wirksam sein können (Adnitt, P. I.: Hypoglycemic
action of monoamino oxidase inhibitors, Diabetes 17: 628 - 633 [1968], Wickström,
Petterson, K.: Treatment of diabetes with monoamino oxidase inhibitors, Lancet 2:
995 - 997 [1964], Cooper, A. J., Reddie, K. M. G.: Hypotensive collapse and hypoglycaemia
after mebanazine - a monoamine-oxidase inhibitor, Lancet 1: 1133 - 1135 [1964]).
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Die Hauptwirkung ist jedoch die Inhibitorwirkung der Monoaminoxidase
(MAO), so daß diese Verbindungen zwar in der Therapie von psychischen Erkrankungen
Verwendung gefunden haben (van Praag, H. M., Leijnse, B.: The influence of some
antidepressant drugs of the hydrazine type on the glucose metabolism in depressed
patents, Clin. chim. Acta 8: 466 - 475 [1963]), aber als blutzuckersenkende Medikamente
nicht eingesetzt werden konnten.
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In EP-A1-1144 sind N-substituierte Brenztraubensäurehydrazone der
Formel I beschrieben, die eine ausgeprägte hypoglykämische Wirkung zeigen. Der Rest
X in Formel I bedeutet dabei einen Valenzstrich oder eine niedere Alkylengruppe.
Gemäß EP-A1-46554 wurde gefunden, daß die Einführung eines Heteroatoms in den Rest
X zu Verbindungen führt, welche die Absorption von Glucose aus dem Intestinaltrakt
in einem Dosisbereich hemmen, in dem die blutzuckersenkende Wirkung noch nicht oder
nur unwesentlich auftritt. Die Verbindungen eignen sich daher zur Behandlung von
Krankheiten, bei denen nach Aufnahme von kohlenhydrathaltigen Nahrungsmitteln starke
und langanhaltende Hyperglykämien auftreten. Insbesondere sind sie geeignet als
Therapeutika für die Indikationen Diabetes, Prädiabetes, Adipositas und Atherosklerose.
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Gegenstand der dortigen Erfindung sind daher Brenztraubensäurehydrazone
der allgemeinen Formel I
in der R einen Arylrest oder einen geradkettigen oder verzweigten, gesättigten oder
ungesättigten Alkylrest, der durch einen niederen Alkoxy-, einen Cycloalkyl-oder
einen gegebenenfalls substituierten Arylrest substituiert sein kann und
X
die Gruppe -A-B- bedeutet, mit der Maßgabe, daß A an das Stickstoffatom und B an
den Rest R gebunden sind, wobei A eine geradkettige oder verzweigte Alkylengruppe
mit 2 - 8 Kohlenstoffatomen darstellt, mit einem geradkettigen Teilstück von mindestens
2 Kohlenstoffatomen, das B mit dem Stickstoffatom verbindet, und B ein Sauerstoff-
oder ein Schwefelatom bedeuten, deren physiologisch unbedenklichen Salze, Ester
und Amide, Verfahren zur Herstellung derselben, sowie ihre Verwendung zur Herstellung
von Arzneimitteln mit antidiabetischer Wirkung.
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Unter einem Arylrest sind aromatische Kohlenwassersto£fe mit 6 bis
14 Kohlenstoffatomen, insbesondere der Phenylrest, zu verstehen.
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Unter der Alkylgruppe des Substituenten R sollen geradkettige oder
verzweigte, gesättigte oder ungesättigte Kohlenwasserstoffreste mit 1 bis 5 Kohlenstoffatomen
verstanden werden. In diesem Sinne bevorzugt sind der Methyl-, der Ethyl-, der Propyl-,
der Allyl- und der Methallylrest.
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Der Begriff Cycloalkylgruppe umfaßt Carbocyclen mit 5 bis 7 Kohlenstoffatomen.
Vorzugsweise ist die Cyclohexylgruppe gemeint.
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Unter substituierten Arylresten werden solche aromatische Kohlenwasserstoffe
mit 6 - 14 Kohlenstoffatomen verstanden, die in einer oder mehreren der möglichen
Positionen Halogen, niedere Alkyl- oder niedere Alkoxygruppen tragen. Dabei versteht
man unter Halogen vorzugsweise Fluor, Chlor und Brom.
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Unter niederen Alkylgruppen sind in allen Fällen geradkettige oder
verzweigte Reste mit 1 bis 4 Kohlenstoffatomen zu verstehen. Diese Definition gilt
auch für den Alkylrest der niederen Alkoxygruppen. Vorzugsweise finden als niederer
Alkylrest die Methylgruppe und als niederer Alkoxyrest die Methoxy- und die Ethoxygruppe
Verwendung.
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Unter geradkettigen und verzweigten Alkylengruppen des Restes A seien
insbesondere die folgenden verstanden: -(CH2)x-, mit x = 2 bis 6, und
Bevorzugt sind solche Verbindungen, in denen B ein Sauerstoffatom bedeutet.
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Als physiologisch unbedenkliche Salze kommen insbesondere Alkali-,
Erdalkali- und Ammoniumsalze (sowie ggf. Salze mit ebenfalls blutzuckersenkenden
Biguaniden) infrage.
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Die Herstellungsverfahren sind in EP-A1-46 554 beschrieben. Andere
blutzuckersenkende Verbindungen verwandter Strukturtypen sind aus DE-A1-27 26 210
und EP-A2-48 911 bekannt.
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Es wurde nun überraschend gefunden, daß die Verbindungen der allgemeinen
Formel I neben den bekannten Wirkungen auf den Glucose-Stoffwechsel zusätzlich auch
eine positive Wirkung auf die Funktionsfähigkeit des Herzens haben.
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Freie Fettsäuren stellen im allgemeinen die bevorzugte Energiequelle
für den arbeitenden Herzmuskel dar. Zur Oxidation dieser Substrate ist eine ausreichende
Sauerstoffversorgung unabdingbar. Perfundiert man isoliert arbeitende Rattenherzen
mittels einer oxigenierten Krebs-Henseleit-Lösung unter Zusatz der Substrate Glukose
(5mM) und Laktat (lmM) und mißt die hämodynamischen Parameter sowie den Sauerstoffbedarf,
zeigt sich, daß bei gleichzeitiger Zufuhr von freien Fettsäuren die Sauerstoffaufnahme
beträchtlich ansteigt, ohne daß sich die hämodynamischen Parameter wie Herzzeitvolumen
(HZV), Schlagfrequenz sowie die maximale Druckanstiegsgeschwindigkeit verändern.
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Die Fettsäure-Oxidation sowie der daraus resultierende Anstieg des
Sauerstoffverbrauchs lassen sich durch Zusatz von Verbindungen der allgemeinen Formel
I aufheben.
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Dieser Sauerstoff-Spareffekt läßt sich auch am hypoxischen Organ nachweisen;
dazu wird das Herz über einen Zeitraum von ca. 30 min mit einer Lösung mit reduziertem
Sauerstoffpartialdruck unter erniedrigtem Fluß perfundiert. Dabei zeigt sich eine
signifikante Reduktion des Herzzeitvolumens HZV in Anwesenheit von Palmitinsäure.
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Dieser Hypoxie-Effekt kann durch Verbindungen der allgemeinen Formel
I teilweise oder vollständig aufgehoben werden.
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Eine solche Wirkung ist an Verbindungen dieses Typs bisher nicht bekannt
geworden. Einziges bekanntes Handelsprodukt von dem ein vergleichbares Wirkungsspektrum
angenommen wird, ist IntensainR (Carbocromen).
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Die Verbindungen der allgemeinen Formel I eigenen sich somit zur Behandlung
von Herz- und Kreislauf-Erkrankungen.
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Insbesondere aber für solche Erkrankungen, die mit einer Sauerstoffunterversorgung
(Ischämie) des Herzens verbunden sind, wie insbesondere Herzinsuffizienz, Angina
Pectoris und Herzinfarkt.
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Die Bereitstellung einer weiteren Verbindungsklasse (der an sich bekannten
Verbindungen der allgemeinen Formel I) für die neuen Indikationen stellt somit eine
Bereicherung der Pharmazie dar.
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Gegenstand der vorliegenden Erfindung ist daher die neue Verwendung
von Verbindungen der allgemeinen Formel I.
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Besonders bevorzugt im Sinne der Erfindung sind folgende Verbindungen:
1) 2-(2-p-Tolyloxyethylhydrazono)propionsäure 2) 2-[2-(2-Ethoxyethoxy)ethylhydrazono]propionsäure
3) 2-(2-Phenoxyethylhydrazono)propionsäure 4) 2-(3-Phenoxypropylhydrazono)propionsäure
5) Natrium-2-(2-phenoxypropylhydrazono)propionat 6) Natrium-2-[2-(2-methoxyethoxy)ethylhydrazono]propionat
7) Natrium-2-(2-benzyloxyethylhydrazono)propionat 8) Natrium-2-(2-allylthioethylhydrazono)propionat
9) Natrium-2-(2-phenylthioethylhydrazono)propionat
10) 2-( 2-Allyloxyethylhydrazono)propionsäure
11) 2-(6-Methoxyhexylhydrazono)propionsäure 12) 2-(5-Ethoxypentylhydrazono)propionsäure
13) 2-(4-Propoxybutylhydrazono)propionsäure 14) 2-[2-(2-Cyclohexylethoxy)ethylhydrazono]propionsäure
15) 2-(3-Benzyloxypropylhydrazono)propionsäure 16) 2-[2-(2-Methoxyethylthio)ethylhydrazono]propionsäure
17) 2-[2-(ß-Methylcinnamyloxy)ethylhydrazono]propionsäure sowie die jeweils zugehörigen
freien Säuren bzw.
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physiologisch unbedenklichen Salze, Ester und Amide.
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Als erfindungsgemäßte herz- und kreislaufwirksame Zubereitungen kommen
alle üblichen oralen und parenteralen Applikationsformen infrage, beispielsweise
Tabletten, Kapseln, Dragees, Sirupe, Lösungen, Suspensionen, Tropfen, Suppositorien
etc.. Bevorzugt ist die orale Applikation, aber auch eine i. v.-Applikation ist
denkbar, z. B. bei einer post-infarktischen Behandlung zur Verhinderung der Vergrößerung
des Infarktherdes.
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Gegenstand der Erfindung sind daher auch Arzneimittel enthaltend Verbindungen
der allgemeinen Formel I soweit sie für die neue Indikation konfektioniert sind
und insbesondere mit Anweisungen für ihre Verwendung versehen sind.
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Zur Herstellung von Arneimitteln vermischt man den Wirkstoff mit festen
oder flüssigen Trägerstoffen und bringt sie anschließend in die gewünschte Form.
Feste Trägerstoffe sind z. B. Stärke, Lactose, Mannit, Methylcellulose, Talkum,
hochdisperse Kieselsäure, höher-molekulare Fettsäuren (wie Stearinsäure), Gelatine,
Agar-Agar,
Calcium-phosphat, Magnesiumstearat, tierische und pflanzliche Fette, feste hochmolekulare
Polymere (wie Polyäthylenglykole). Für die orale Applikation geeignete Zubereitungen
können gewünschtenfalls Geschmacks- und Süßstoffe enthalten.
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Als Injektionsmedium kommt vorzugsweise Wasser zur Anwendung, welches
die bei Injektionslösungen üblichen zusätze wie Stabilisierungsmittel, Lösungsvermitteler
und/oder Puffer enthält. Derartige Zusätze sind z. B.
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Acetat- oder Tartrat-Puffer, Äthanol, Komplexbildner (wie Athylendiamin-tetraessigsäure
und deren nicht-toxische Salze) oder hochmolekulare Polymere (wie flüssiges Polyäthylenoxid)
zur Viskositätsregulierung.
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Die Dosierung kann von verschiedenen Faktoren, wie Applikationsweise,
Spezies, Alter und/oder individuellen Zuständen abhängen. Bei Menschen von ca. 70
kg Körpergewicht ist normalerweise von einer Dosis von 20 -700 mg/Tag, vorzugsweise
100 - 400 mg/Tag in 1 - 4 Einzeldosen auszugehen. Jedoch können durchaus höhere
Dosierungen angebracht oder bei lokaler Applikation geringere Mengen gerechtfertigt
sein.
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Als Ester der Carbonsäuren der allgemeinen Formel I sind im Sinne
der Erfindung generell die Reaktionsprodukte der Carbonsäuren mit Alkoholen zu verstehen.
Bevorzugt sind als Alkoholkomponenten die niederen einwertigen Alkohole wie Methanol,
Ethanol, Propanol oder Isopropanol.
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Die erfindungsgemäßen Amide der allgemeinen Formel I enthalten als
Aminkomponenten, z. B. Ammoniak, Mono- und Dialkylamine, z. B. 2-Hydroxyethylamin
und l-Methyl-piperazin sowie Aminosäuren, wobei p-Aminobenzoesäure, Anthranilsäure,
Phenylalanin, - und ß-Alanin, Serin, Valin, Glycin, Arginin und viele mehr zu nennen
sind.