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Bei Milchkühen konnten in den letzten 30 Jahren parallel mit der
allgemeinen Einführung der Melkmaschine enorme Zuchtfortschritte in der Anpassung
an den maschinellen Milchentzug erreicht werden. So gibt es heute Hochleistungsrassen
(Holstein Frisian, deutsches Braunvieh, deutsche Schwarzbunte, dänische Rote) bzw.
deren Kreuzungsprodukte (Israel Frisian, brown Swiss, Braunvieh x Holstein Frisian),
die bei
sehr hohen Milchleistungen sehr vollständig maschinell gemolken
werden können. Auf der anderen Seite sind jedoch aufgrund unterschiedlicher Zuchtziele
(z. B.
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Betonung der Fleischleistung, geringere Empfindlichkeit, niedrigere
Anforderungen an das Futterangebot) die klassischen Landrassen (deutsches Fleckvieh,
Schweizer Braunvieh) durchaus aktuell und weit verbreitet. Auch diese Tiere lassen
sich willig melken, eine befriedigende Euterentleerung ist jedoch nur nach einer
vollwertigen Stimulation möglich. Selbst dann erreicht man jedoch nicht immer den
hohen Grad der Euterentleerung reiner Milchviehrassen. Wie wissenschaftliche Untersuchungen
zeigen, reagieren jedoch auch diese Rassen deutlich positiv in der Jahresmilchleistung
und Jahresfettleistung (Größenordnung plus 10%), wenn statt der gewöhnlichen Eutervorbereitung
(Dauer 12 bis 20 Sekunden) laufend eine vollwertige Stimulation (Dauer 40 bis 60
Sekunden) durchgeführt wird. Eine gute Stimulation wirkt sich zudem zu Beginn der
Laktation direkt auf das Wachstum der Milchdrüse aus.
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Grundsätzlich wird die Melkbereitschaft durch eine Stimulation hergestellt.
Das gilt sowohl für den natürlichen Saugakt wie für die Milchgewinnung mit der Maschine.
Die Stimulation ist ein sehr komplexer Prozeß. Ausgelöst durch den Stimulationsreiz
lockern nervöse Reflexe die Spannung der glatten Muskulator im Euter. Dadurch erweitern
sich insbesondere die feinen Milchgänge. Weiterhin wird von der Gehirnanhangdrüse
das Hormon Ocytocin in die Blutbahn ausgeschüttet und bewirkt eine Kontraktion der
Körbchenzellen, die die Milch bildenden Alveolen umgeben. Dadurch wird die in den
Alveolen kontinuierlich sekretierte Milch aus der schwammartigen Drüsenstruktur
ausgepreßt (Milchejektion) und kann dadurch erst in die unteren Hohlräume des Euters
abfließen und damit überhaupt erst abgemolken werden. Die Milchejektion bewirkt
eine Erhöhung des Euterinnendruckes auf etwa 30 bis 60 mbar, wodurch, unterstützt
durch eine vermehrte Durchblutung, die Zitzen prall werden und die Engstelle zwischen
Zitzen- und Drüsenzisterne (Fürstenbergscher Venenring) weit geöffnet wird. Nun
erst ist das Tier melkbereit.
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Unabhängig von der Art und der Rasse der Milchtiere ist eine optimale
Milchabgabe jeweils nur durch einen schnellen und schonenden Entzug der Milch unmittelbar
nach einer vollwertigen Milchejektion möglich.
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Eine möglichst vollständige Euterentleerung ist für die Milchleistung
deshalb äußerst wichtig, weil die Sekretionsrate (neben der Ausstattung mit Drüsengewebe
und dessen Stoffwechselaktivität) abhängig ist vom zur Vertügung stehenden Raum.
Mit steigender Füllung des Speichervolumens nimmt der Euterinnendruck zu. Da sich
die Milchsekretion gegen diesen Druck vollzieht, verlangsamt sie sich mit zunehmendem
Füllungsgrad des Speichervolumens. Aufgrund dieser Zusammenhänge ist die manchmal
vertretene Ansicht, daß die beim vorangegangenen Melken nicht ermolkene Milch beim
nächsten Melken zusätzlich anfällt, falsch.
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Sie ist vielmehr endgültig verloren. Entleert man längerfristig das
Euter andauernd unvollständig, so führt dies direkt zu einer Verminderung der Tagesleistung,
zu einer Verschlechterung des Durchhaltevermögens und zu einer Verkürzung der Laktationsdauer.
Der Einfluß des Euterentleerungsgrades auf die Leitung zeigt sich am deutlichsten
bei Hochleistungskühen, am geringsten bei Ziegen, da bei diesen das Speichervolumen
der Drüsenzisterne im Verhältnis zum Drüsengewebe
wesentlich größer ist.
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Allgemein gilt, je besser die Stimulation ist, desto schneller und
vollständiger kann die Milch gewonnen werden. Bei schlechter Stimulation steigt
das Maschinennachgemelk, und damit die Handarbeit beim Melken. Gleichlaufend mit
größer werdenden Nachgemelken treten auch vermehrt Eutererkrankungen auf.
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Die Stimulation kann grundsätzlich durch verschiedene Reizarten,
z. B. taktile, thermische, visuelle, akustische, olfaktorische Reizung, erfolgen.
Das größte Gewicht kommt dabei den berührungsempfindlichen und den druckempfindlichen
Reizrezeptoren in der Zitze und der Zitzenbasis zu. Diese werden bei der Handstimulation
durch Zitzenmassage gereizt, bis die Milchejektion erfolgt. Für diese Arbeit muß
der Melker mindestens 45 bis 60 sec aufwenden. Dies bedeutet bei Kühen im Durchschnitt
rechnerisch fast eine Verdoppelung der vom Melker pro Tier aufzuwendenden Routinezeit
im Verhältnis zu dem Fall, in dem keine dem Milchentzug vorausgehende Stimulation
vorgenommen wird. Praktisch ist jedoch die Verlängerung der Routinezeit geringer,
weil durch eine gute Stimulation das Nachgemelk deutlich kleiner ist und daher weniger
Handarbeit bei seiner Gewinnung aufgewendet werden muß.
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Beim Schaf sieht die arbeitswirtschaftliche Rechnung besonders schlecht
aus, vor allem, weil hier pro Melkung nur etwa 10 Prozent der Milchmenge ermolken
wird, die von einer Kuh gewonnen wird. Selbst wenn man auf das beim Schaf übliche
Handnachmelken verzichten würde, würde durch die Einführung einer vorausgehenden
manuellen Stimulation die ohnehin niedrige Arbeitsproduktivirät immer noch um 40%
sinken. Dementsprechend wird die Stimulation bei Schafen heute nirgends praktiziert.
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Auf der anderen Seite muß man sich darüber im klaren sein, daß der
Grad der Euterentleerung, der ohne Stimulation erreicht wird, auch von Tier zu Tier
innerhalb einer Herde sehr stark schwankt. Bei Tieren, die sich ohne Stimulation
nur sehr unvollkommen melken lassen, sind drastische Leistungseinbußen und Euterkrankheiten
die zwangsläufige Folge. Bei Schafen verlaufen solche Euterkrankheiten in der Regel
tödlich.
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Daneben zeigen unvoreingenommene ökonomische Überlegungen, daß letztlich
kein arbeitswirtschaftlicher Rationalisierungseffekt so groß sein kann, daß er auch
nur geringe Einbußen in der Milchleistung aufwiegen könnte. Zu einer möglichst vollständigen
Milchgewinnung, d. h. einer vollwertigen Stimulation, besteht also bei allen Milchtieren
letztlich wirtschaftlich gesehen keine Alternative.
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In der Praxis sind seit langem vielfältige Versuche unternommen worden,
die Arbeit der Stimulation zu mechanisieren. So sind verschiedenste Spezialbürsten,
Vibratoren und massierende Einrichtungen bekannt geworden. Diese Vorrichtungen haben
jedoch alle den Nachteil, daß der Melker nach wie vor während der ganzen Stimulationsdauer
an das Tier gebunden ist und somit keine Routinezeit einspart. Außerdem wird mit
derartigen Einrichtungen meist mehr der Euterkörper gereizt als die Zitzen, deren
Reizung wesentlich wirksamer ist.
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Bestrebungen, wenigstens im Melkstand diesen Nachteil durch Semiautomatisierung
zu beseitigen.
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konnten sich nicht durchsetzen, da die erforderliche Positionierung
eine technisch aufwendige und im rauhen Praxisbetrieb anfällige Technik nötig macht.
Insbesondere aber steht diesem Lösungsansatz entgegen, daß die
erforderliche
Einengung der Bewegungsfreiheit der Tiere häufig sogar zum gefürchteten Aufziehen
der Milch führt und damit im Effekt häufig das genaue Gegenteil einer wirksamen
Stimulation erzielt wird.
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Eine solche Positionierung macht insbesondere bei den unruhigen Schafen
große Schwierigkeiten.
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Aus der US-Patentschrift 35 54 166 ist auch bereits eine Euterdusche
bekannt geworden, bei der ein am Boden aufstellbares Gerät mit mehreren nach aufwärts
gerichteten Düsen hervorgeht, aus denen unter Druck warme Flüssigkeit gegen den
Euter gesprüht werden kann. Die Nachteile einer derartigen Lösung bestehen in einem
hohen Wasserverbrauch, zusätzliche Kosten für eine Erwärmung des Wassers sowie großen
hygienischen Schwierigkeiten, weil vorhandene Verschmutzungen am Euter eingeweicht
werden und die Zitzen durch das Herablaufen des Schmutzwassers verunreinigt werden,
was nur durch sorgfältige Handnacharbeit rückgängig gemacht werden kann.
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Gemäß der US-Patentschrift 40 34 713 wird zur Stimulation eine eigene
Vorrichtung im Melkstand vorgeschlagen, bei der jeweils pro Zitze eine mehrere Halterungen
aufweisende Einrichtung vorgesehen ist, bei der die Halterungen sich federnd von
verschiedenen Seiten gegen die Zitze anlegen und an ihren nach innen weisenden Seiten
Sprühköpfe besitzen, aus denen erwärmte Flüssigkeit gegen die Zitzen gesprüht werden
kann. Das genannte Gerät dient jedoch lediglich zur Stimulation. Es muß von dem
Melker eigens angesetzt und am Ende der Stimulationsphase wieder abgenommen werden,
um sodann erst anschließend das eigentliche Melkzeug an die Zitzen ansetzen zu können.
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Diese bekannten Stimulationsvorrichtungen, die unabhängig von der
eigentlichen Melkmaschine arbeiten, haben gezeigt, daß eine Koordination zwischen
Stimulation und einem unverzüglichen Ansetzen des Melkzeugs unter Praxisbedingungen
kaum zu gewährleisten ist. Bleibt ein Tier jedoch im melkbereiten Zustand auch nur
kurze Zeit stehen, bevor es gemolken wird, so verpufft nicht nur die Wirkung der
Stimulation, sondern sie wirkt sich zum Teil sogar noch zusätzlich negativ auf die
Euterentleerung aus. Gerade dies tritt in der Praxis häufig auf, weil der Melker
in der Regel mehr Melkzeuge bedient und mit Routinearbeit, insbesondere mit dem
Anrüsten und Nachmelken an einem anderen Tier beschäftigt ist. Mit einer im Sinne
der Erhöhung der Arbeitsproduktivität zunehmenden Anzahl von Melkzeugen befindet
sich der Melker in einer ständigen Streßsituation zwischen dem Erfordernis nach
einer vollwertigen Stimulation, dem zeitgerechten Ansetzen des Melkzeugs und einer
vollständigen Gewinnung des Maschinennachgemelks ohne vorheriges Blindmelken.
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Dabei muß sich der Melker praktisch immer gegen ein Tier entscheiden.
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Um den Melker sowohl von einer eigentlichen Stimulationsarbeit als
auch von dem zeitlichen Koordinationsproblem zwischen den einzelnen Arbeitsvorgängen
zu Melkbeginn zu befreien, wurden Melkmaschinen entwickelt, bei denen der Hauptmelkphase
eine Vorphase, die stimulieren soll, vorangeht.
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So ist aus der DE-AS 14 82 320 bereits ein übliches Melkverfahren
mit einem Zweiraumbecher bekanntgeworden, bei dem in der eigentlichen Melkphase
an den Becherzwischenraum durch den Pulsator abwechselnd ein Unterdruck und Atmosphärendruck
angelegt wird, während in dem Innenraum des Zitzengummis ein konstanter Unterdruck
herrscht. Bei diesem bekannten Melkzeug wird zu Beginn des Melkvorgangs nach dem
Ansetzen
der Melkbecher an die Zitzen eine Stimulationsphase derart ausgeführt, daß im Innenraum
des Zitzengummis ein Unterdruck angelegt wird von gleicher Höhe wie in der Melkphase.
In den Melkbecherzwischenraum wird jedoch in der Entlastungsphase der Druck über
den Atmosphärendruck hinaus erhöht, so daß sich eine stärkere Einfaltung des Zitzengummis
ergibt, wodurch eine massierende Wirkung auf die Zitze ausgeübt werden soll. Die
Druckerhöhung in der Pulsatorleitung wird erst dann wieder rückgängig gemacht, wenn
die Alveolarmilch in die Zisternen einschießt. Es ist jedoch nicht angegeben, wie
dies festgestellt wird. Da bereits während der Stimulationsphase der konstante Melkunterdruck
angelegt wird und der Pulsatordruck eine Saugphase mit denselben Parametern wie
beim Melkvorgang zeigt, tritt hier sogleich nach Ansetzen der Melkbecher der normale
Milchentzug ein.
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Aus der Zeitschrift »Deutsche Agrartechnik, 21.
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Jahrgang, Heft 4, April 1971« ist in dem Beitrag von L.
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Czech »Zur Automatisierung in der Milchgewinnung« Seite 164 ein Melkverfahren
entsprechend der DE-AS 14 82 320 bekanntgeworden. Auch bei diesem Verfahren wird
gleich nach dem Ansetzen des Melkzeugs der normale Unterdruck an den Melkbecherinnenraum
angelegt. Die Steuerung des Pulsatordrucks wird dagegen derart verändert, daß jeweils
im Entlastungstakt in den Melkbecherzwischenraum ein Überdruck von 0,5 kp/cm2 eingeleitet
wird, während in der Saugphase der Druck auf den üblicherweise angewandten Unterdruck
abgesenkt wird. Während des Entlastungstaktes wird somit auf die Zitzenspitzen eine
kräftige Massagewirkung ausgeübt. Diese verändzrten Bedingungen werden während einer
konstanten Zeit von 60 Sekunden aufrechterhalten bevor. auf den normalen Melkbetrieb
geschaltet wird, bei dem der Pulsatordruck während des Entlastungstaktes lediglich
bis auf Atmosphärendruck ansteigt. Da auch bei dieser Vorphase jeweils In den Saugtakten
der üblicherweise angewandte Unterdruck anliegt, tritt auch bei diesem Verfahren
sogleich nach Ansetzen der Melkbecher der normale Milchentzug ein.
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Gemäß der DE-AS 19 56 196 ist auch bereits ein maschinelles Milchentzugverfahren
mit Zweiraumbechern bekannt geworden, bei dem man festgestellt hat, daß ein Hochklettern
des Zweiraumbechers an der Zitze nach seinem Ansetzen an der Zitze erfolgt, wenn
die Kuh noch nicht ausreichend stimuliert ist Da dies zu einer Blockierung des Milchflusses
insgesamt führen kann, wurde gemäß diesem bekannten Verfahren zu Anfang des Melkvorgangs
sowohl der Unterdruck im Innenraum des Zitzengummis wie auch der Unterdruck im Zwischenraum
des Melkbechers in den Saugphasen herabgesetzt, um eine Beschädigung der Zitze zu
vermeiden und um überhaupt einen Milchentzug zu ermöglichen. Eine Änderung des Unterdrucks
im Melkbecherzwischenraum in Anpassung an den verminderten Unterdruck im Innenraum,
des Zitzengummis erfolgt deshalb, um den sogenannten »ballooning« Effekt zu vermeiden.
Eine solche Herabsetzung des Unterdrucks erfolgt auch insbesondere am Ende des Melkvorganges,
wenn der Milchfluß sinkt. Die Änderung des Unterdrucks erfolgt hierbei rein in Abhängigkeit
von dem gemessenen Milchfluß. Ebenso wird es für zweckmäßig gehalten, bei Absinken
des gemessenen Milchflusses die Pulsatorfrequenz zu erniedrigen, weil hierdurch
die Massagefrequenz der Zitze erniedrigt würde. Eine hohe Massagefrequenz bei geringem
oder
keinem Milchfluß wird als nachteilig angesehen, da hierdurch
Beschädigungen der Zitze auftreten könnten.
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Insgesamt erfolgt bei dem bekannten Verfahren jedoch eine Änderung
der Parameter lediglich in Abhängigkeit von dem gemessenen Milchfluß.
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Gemäß der US-Patentschrift 4011838 ist auch bereits ein Melkverfahren
mit einer Stimulationsphase bekanntgeworden, bei dem in der Stimulationsphase der
Unterdruck im Innenraum des Zitzengummis gegenüber dem Unterdruck in diesem Raum
während der Melkphase herabgesetzt ist. Außerdem wird vorgeschlagen, in der Stimulationsphase
die Massagefrequenz herabzusetzen und den Massagetakt möglichst kurz zu machen.
Die Umsteuerung dieser Parameter auf die Werte, die während der eigentlichen Melkphase
benötigt werden, erfolgt in Abhängigkeit von dem auftretenden Milchfluß.
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Die genannten Verfahren bringen zwar den Vorteil, daß für den Melker
das Problem einer entsprechenden Zeitkoordination entfällt. Die genannten Verfahren
bringen aber in der Praxis im Vergleich zur Handstimulation unbefriedigende Ergebnisse,
insbesondere schlechte Euterentleerungen und lange Melkzeiten.
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Diese Ergebnisse sind aber wider Erwarten äußerst ähnlich trotz der
völlig unterschiedlichen Auslegungen der Stimulationsphase.
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Der vorliegenden Erfindung liegt nunmehr die Aufgabe zugrunde, ein
Verfahren zum maschinellen Milchentzug mit einer automatischen Stimulation anzugeben,
durch das eine optimale Melkbereitschaft mit verbesserter Euterentleerung und erhöhter
Laktationsleistung und eine gesteigerte Arbeitsproduktivität des Melkens erzielbar
ist.
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Diese Aufgabe wird ausgehend von dem eingangs genannten Verfahren
erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß während einer Zeit von 40 bis 60 Sekunden ab
Beginn dieser Stimulationsphase keine Milch entzogen und erst unmittelbar hieran
anschließend mit dem Milchentzug begonnen wird.
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Diese technische Lehre wurde aufgrund der folgenden Beobachtungen
und Erkenntnisse gewonnen: Selbst beim Handmelken, das hinsichtlich seiner Stimulationswirkung
dem natürlichen Milchentzug. wohl am nächsten kommt, werden in bestimmten Schafhalterungen
die Tiere zweimal kurz hintereinander gemolken (Ripasseo). Dabei beträgt das zweite
Handgemelk bis zu 44% des vorangegangenen Handgemelks. Ersetzt man andererseits
das nach dem Maschinenmelken bei Schafen heute übliche Handnachmelken durch ein
nach kurzer Wartezeit erneutes Ansetzen der Maschine (double pose), so stellt man
bei Assaf- und Awassi-Schafen keine Einbuße in der Milchleistung fest. Aus dieser
Beobachtung wurde geschlossen, daß es offenbar nicht so sehr auf die Stimulationsart
ankommt, sondern daß das kurze Intervall zwischen den Melkungen eine Hauptrolle
spielt. Hieraus wurde zunächst geschlossen, daß das Schaf, das in der Regel einen
ja höheren Stimulationsbedarf hat, als die Kuh, durchaus durch die Melkmaschine
- ob mit oder ohne eine der bekannten Vorstimulationsphasen - einen adäquaten Stimulationsreiz
erfährt. (Diese Annahme steht im Gegensatz zur allgemein vertretenen Meinung, daß
ein Schaf nicht maschinell stimulierbar ist). Aus dem geschilderten Sachverhalt
wurde geschlossen, daß das eigentliche Problem bei der maschinellen Stimulation
vielmehr in der Verzögerungszeit - in der Regel 30 bis 60 Sekunden - liegt, die
vom Beginn der Stimulation bis zur vollen Wirkung der neuro-hormonellen Reaktion
(Ejektion
der Alveolarmilch) verstreicht.
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Wird ein nicht vorstimuliertes Tier an die Melkmaschine angeschlossen,
so wird offenbar anfangs die sogenannte Zisternenmilch, die ohne hormonales Zutun
ermolken werden kann, entzogen. Diese Milch ist in der Zwischenmelkzeit - aufgrund
des Sekretionsdruckes - aus den Alveolen abgetropft und ist lose in den unteren
Hohlräumen des Euters gespeichert. Ist nun die Zisternenmilch, wie es bei Schafen
mit einer Milchflußzeit von 30 bis 60 Sekunden meistens der Fall ist, ganz abgemolken,
bevor die im Oberbereich der Milchdrüse wie in einem Schwamm gebundene Alveolarmilch
durch die Ejektion ausgeschüttet und damit erst verfügbar gemacht wird, so ergibt
sich ein Vorgang, der nicht nur äußerlich eine Analogie zum sogenannten Nachgemelk
zeigt, sondern auch ähnliche anatomisch-physiologische Ursachen hat.
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Während des Milchentzugs nimmt der Euterinnendruck linear ab. Die
Geschwindigkeit der Abnahme ist abhängig von der Milchentzugsgeschwindigkeit und
der zur Verfügung stehenden, im Euter lose gespeicherten Milchmenge. Mit abnehmendem
Euterinnendruck verengen sich die Milchgänge im Euter und vor allem das Lumen zwischen
Zitzenzisterne und Drüsenzisterne in Höhe des Fürstenberg'schen Venenringes. Dieser
Vorgang läuft so lange, bis in die Zitze von oben weniger nachfließen kann als durch
den Strichkanal abgemolken wird. Dadurch geht das Melkvakuum in die Zitzenzisterne
über, die Zitze wird zusammengesogen und verliert den Halt im Zitzenbecher, so daß
dieser aufgrund des Melkvakuums hochklettert und den Milchfluß in die Zitze vollends
unterbindet.
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Gleichzeitig reiben in diesem Zustand die äußerst empfindlichen inneren
Schleimhäute der Zitze aufgrund der Pulsierung gegeneinander. Diese Irritation führt
neben der mechanischen Blockierung zu einer nervös gesteuerten Verengung der Milchabflußgänge
im Euter, was in einer deutlichen Melkunwilligkeit der Tiere trotz nur teilweiser
entleerter Milchdrüse zum Ausdruck kommt. Dieser Situation begegnet man bei Schafen
in der Regel, weshalb nach dem Entzug der ersten im Euter frei vorhandenen Milchmenge
zunächst eine Pause eingelegt und sodann nach einer Zwischenzeit von Hand nachgemolken
wird.
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Es wurde festgestellt, daß einige hochleistende Schafrassen (z. B.
Prealpes du Sud) ihre Milch in zwei deutlich voneinander abgegrenzten Emissionen
an die Melkmaschine abgeben, wobei der Milchfluß zwischenzeitlich bis nahe Null
abfällt. Der erneute meist langsamere Anstieg der Milchflußgeschwindigkeit liegt
etwa 40 Sekunden nach dem Melkbeginn. Bei diesen Tieren, die offenbar einen geringeren
Stimulationsbedarf haben, erfolgt also die Ejektion wenigstens noch so rechtzeitig,
daß eine vorzeitige totale Blockierung durch den wiederansteigenden Euterinnendruck
gerade noch vermieden wird. Somit kann wenigstens ein Teil der Alveolarmilch noch
mit der Maschine gewonnen werden, was den für eine befriedigende Euterentleerung
notwendigen Aufwand an Handarbeit bereits deutlich verkleinert.
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Auch bei nicht ausreichend vorstimulierten Kühen wurde häufig zwischenzeitlich
ein deutlicher Rückgang des Milchflusses nach 30 bis 60 Sekunden beobachtet.
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Ein totaler Zusammenbruch des Milchflusses wurde aber selten gefunden.
Dies erklärt sich dadurch, daß die Kuh bei etwa gleichgroßer Milchentzugsrate pro
Zitze wie das Schaf eine größere Zisternenmilchmenge als dieses aufweist, so daß
die Zisternenmilch meist noch
nicht völlig abgemolken ist, bevor
durch die Stimulationswirkung der Maschine die Alveolarmilch aus den oberen Bereichen
freigegeben wird. Es wurde jedoch gefunden, daß offensichtlich grundsätzlich gilt,
daß eine verspätete einsetzende Ejektion immer zu einem langsameren Melken und zu
einer schlechteren Euterentleerung führt. Dafür dürften sich mehrere Gründe angeben
lassen. Aufgrund des fehlenden erhöhten Euterinnendrucks zu Beginn des Melkens fehlt
das Melkverlangen des Tieres, wodurch es nicht zur vollen Tonuslockerung der glatten
Eutermuskulatur kommen kann. Zwar ergibt auch eine verspätete Ejektion eine Erhöhung
des Euterinnendruckes, jedoch ist der Grad der Erhöhung aufgrund des bereits teilweise
entleerten Speichervolumens in den unteren Hohlräumen des Euters niemals so groß
wie bei einer Ejektion unmittelbar vor dem Melken. Außerdem kann eine solche verspätete
Innendruckerhöhung nur teilweise die Verengung der Milchwege im Euter rückgängig
machen, die durch den vorangegangenen zu schnellen Abbau des Euterinnendrucks in
der ersten Melkminute verursacht wurde. Damit bleibt das Nachfließen der Milch aus
den oberen Euterbereichen entsprechend erschwert Die schlechtere Euterentleerung
wird noch verstärkt durch die mit der Melkdauer abnehmende hormonale Reizwirkung.
Dieser Faktor spielt zumindest bei Kühen, die eine durchschnittliche Melkzeit von
etwas mehr als 5 Minuten haben, eine wichtige Rolle.
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Aus diesen Erkenntnissen muß die Folgerung gezogen werden, daß bei
allen Milchtierrassen keine Milch entzogen werden darf, bevor das Tier nicht durch
eine vollwertige Milchejektion und einen hohen Euterinnendruck melkbereit und melkinteressiert
gemacht wurde. ein Milchentzug während der Stimulationsphase muß deshalb zwangsläufig
zu einer Herabsetzung der Milchmenge und den damit zusammenhängenden eingangs beschriebenen
weiteren Folgen führen.
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Wie sich aufgrund der Untersuchungen herausgestellt hat, ist es nicht
notwendig, daß während der gesamten Stimulationsphase kontinuierlich stimuliert
wird. Es hat sich herausgestellt, daß es auch ausreichend sein kann, wenn zu Beginn
der Stimulationsphase stimuliert wird und die Stimulation sodann zunächst wieder
unterbrochen wird. Wichtig ist, daß mit dem Milchentzug erst nach etwa 40 bis 60
Sekunden nach Beginn der Stimulation begonnen wird. So kann durchaus eine Stimulation
auch ausreichend sein, bei der während etwa der ersten 30 Sekunden stimuliert wird
und die Stimulation sodann während einer nachfolgenden Zeit von 10 bis 30 Sekunden
unterbrochen wird, während mit dem Milchentzug erst nach Ablauf dieser Unterbrechungszeit
begonnen wird.
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Wird das erfindungsgemäße Verfahren mit Hilfe eines Einraumbechers
durchgeführt, so wird vorzugsweise während der Stimulationsphase im Inneren des
Melkbechers lediglich ein solcher Unterdruck angelegt, daß dieser ausreicht, um
den Melkbecher an der Zitze zu halten, ohne daß dieser Unterdruck einen Entzug von
Milch aus der Zitze bewirken kann. Die eigentliche Stimulation kann sodann etwa
durch Erwärmung der Zitze etwa mit Hilfe einer elektrischen Heizung, die in das
Innere des Melkbechers eingebaut ist oder mit Hilfe von vorgewärmter Luft erfolgen,
die etwa in den Einraumbecher eingeleitet wird. Hierzu kann an der Außenseite des
Einraumbechers ein zusätzliches ferngesteuertes Ventil vorgesehen sein, das während
der Stimulationsphase geöffnet und ansonsten geschlossen
gehalten wird.
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In dem vorgenannten Ausführungsbeispiel unter Verwendung eines Einraumbechers
kann die Stimulation auch dadurch erfolgen, daß auf der Innenreise des Einraumbechers
Elektroden eingelegt oder auf die Innenseite aufgedampft sind, mit deren Hilfe an
die Zitze elektrische Impulse vorzugsweise mit einer Frequenz zwischen 5 und 70
Hz gegeben werden.
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Gemäß einer anderen Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens,
das mit Hilfe eines Zweiraummelkbechers durchgeführt wird, kann während der Stimulationsphase
der Unterdruck in der Pulsatorleitung gegenüber der Milchentzugsphase so weit vermindert
werden, daß der Zitzengummi auch während des sonstigen Saugtaktes in einem mehr
als halbgeschlossenen Zustand verbleibt und den Entzug von Milch verhindert. Aufgrund
des sich unter diesen Umständen einfaltenden Zitzengummis, das sich gegen die Zitze
legt, kann der Melkunterdruck in gleicher Höhe aufrechterhalten bleiben wie während
des Melkvorganges, ohne daß während der Stimulationsphase Milch entzogen wird. In
dieser Phase wird auch bei schlaffer Zitze ein unerwünschtes Klettern des Melkbechers
verhindert, da sich der Zitzengummi immer im mehr oder weniger eingefalteten Zustand
befindet und lediglich oszilliert Die Herabsetzung des Unterdrucks in der Pulsatorleitung
kann etwa in einfacher Weise durch Begrenzung des Unterdrucks mittels eines Unterdruckbegrenzungsventils
erfolgen, das an dem Melkbecher oder in der Pulsatorleitung angebracht ist und etwa
ferngesteuert oder einfach zeitgesteuert betätigt wird. Sobald das Unterdruckbegrenzungsventil
abgeschaltet wird, kann sodann der Unterdruck in der Pulsatorleitung wieder seinen
vollen Wert wie bei der Melkphase erreichen, wodurch die eigentliche Melkphase eingeleitet
wird.
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Neben der Herabsetzung des Unterdrucks während des Saugtaktes kann
zusätzlich noch der Druck in den Entlastungstakten dadurch erhöht werden, daß die
Pulsatorleitung an eine entsprechende Überdruckleitung angeschlossen wird. In diesem
Falle ergibt sich eine besonders gute Massage der Zitze. Eine solche Ausführungsform
erfordert Jedoch eine etwas aufwendigere Steuerschaltung, da die Zilzen zunächst
in den Melkbecher eingeführt sein müssen, bevor der Überdruck angeschaltet wird,
da ansonsten die Zitzen aufgrund des Überdrucks nicht mehr in den Becher einführbar
sind.
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Die zusätzlich eingeleitete Druckluft kann einen Druck zwischen 1,3
und 1,7 bar aufweisen.
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Eine Stimulation kann auch derart durchgeführt werden, daß bei einem
Zweiraummelkbecher der Melkbecherzwischenraum kontinuierlich unter einem Überdruck
gehalten wird, der jedoch pulsiert wird. Die Grenzen des pulsierenden Überdrucks
können hier etwa zwischen 1,2 und 1,7 bar liegen. Bei dieser Art der Stimulation
wird eine gute Massage der Zitze erreicht.
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Ferner kann ein Unterdruck im Innenraum des Zitzengummis zur Halterung
des Melkbechers an der Zitze entfallen, wodurch die Zitze besonders geschont wird.
In der Pulsatorleitung wäre ein entsprechendes Überdruckpulsatorventil vorzusehen,
das für den normalen Milchentzug außer Betrieb gesetzt oder auf Durchgang geschaltet
wird. Für den Milchentzug werden sodann die üblichen bekannten Melkparameter ap
dem Melkbecher eingestellt.
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Eine weitere einfache Möglichkeit, die Zitze mit Hilfe des bereits
angelegten Melkzeuges selbst durch
einfache Verfahrensmittel zu
stimulieren, besteht darin, daß die Pulsatorfrequenz auf etwa 100 bis 170 Cyclen/min
erhöht wird, während die sonstigen Pulsatordrucke wie auch der Unterdruck im Innenraum
des Melkbechers die gleichen Werte beibehalten wie während der Melkphase. Bei einer
Erhöhung der Pulsation auf solche Frequenzen verharrt der Zitzengummi aufgrund der
Trägheit cies Systems in einem mehr oder weniger geschlossenem, nur noch leicht
oszillierendem Zustand.
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Gemäß einer weiteren Ausführungsform der Erfindung kann die Stimulation
derart erfolgen, daß die Zitze bei angelegtem Melkbecher erwärmt wird oder daß auf
die Zitze elektrische Impulse gegeben werden. Hierbei kann der Unterdruck in den
Raum des Zitzengummis auf derselben Höhe gehalten werden wie während der Melkphase,
während lediglich der Pulsator in seinem Entlastungstakt angehalten wird, d. h.
daß also der Zwischenraum des Melkbechers unter Atmosphärendruck steht. Zum Übergang
von der Stimulationsphase in die Melkphase braucht somit lediglich der Pulsator
wieder
in Lauf gesetzt zu werden.
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Insgesamt wird durch die vorliegende Erfindung eine optimale Stimulation
und damit eine optimale Milchabgabe erreicht. Dadurch, daß die Stimulation mit dem
Melkzeug seibst ausgeführt werden kann und die Stimulationsphase in genauer zeitlicher
Folge zu der eigentlichen, sich unmittelbar anschließenden Melkphase steht, ist
gewährleistet, daß der Milchentzug erst beginnt, wenn eine vollwertige Stimulation
erreicht worden ist und daß andererseits nicht erst mit dem Milchentzug begonnen
wird, nachdem der Höhepunkt der Stimulation längst überschritten worden ist. Es
hat sich herausgestellt, daß die Euterentleerung und Melkgeschwindigkeit jeweils
aufgrund der optimalen Stimulation im wesentlichen herabgesetzt werden konnten.
Für den Melker ergibt sich somit ein zweifacher Vorteil zum einen daraus, daß er
selbst keine Stimulation an dem Tier mehr auszuführen braucht, sondern lediglich
nur noch das Melkzeug anzuhängen braucht, und zum anderen daß sich aufgrund der
guten Stimulation die Menge des Nachgemelks erniedrigt.