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Im Forschungsheft 13 der Reihe "Kraftfahrtechnische For-
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schungsarbeiten im Auftrage des RVM" hat der Anmelder theoretisch
und praktisch die Bremskraftverteilung bei schnellen Kraftwagen untersucht. Der
in dieser Arbeit vorgeschlagene hydraulische Bremskraftverteiler wurde erst 20 Jahre
später zunächst bei französischen Kraftwagen serienmässig eingeführt und gehört
heute zur Standardausrüstung der meisten Personenkraftwagen in der Welt.
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Dadurch wurde die Sicherheit der Kraftfahrzeuge bei Bremssituationen
wesentlich verbessert. "Die Gefahr des Blockierens wird durch Bremskraftverteiler
nicht ganz aufgehoben" (Seite 7, Zeilen 33/34/35) wird allerdings zu Recht in dieser
Arbeit festgestellt. Erhöhte Sicherheit kann nur durch Blockierregelung erzielt
werden, wofür in der zitierten Arbeit auf Seite 8, Zeilen 29/30 die Aufgabenstellung
"die beim Blockieren auftretende starke Anfangsverzögerung (des Rades) zum Verändern
des Bremsbetätigungsdruckes auszunützen" für Blockierregelung allgemein angegeben
ist. Nach diesem Prinzip arbeiten die heute bekannten Blockiersysteme, die jedoch
erst realisiert werden konnten, als elektronische Bauelemente zur praktisch verzögerungsfreien
Steuerung der Druckänderungen in der Betätigungshydraulik zur Verfügung standen.
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Bekannt gewordene Antiblockierregelungen erfordern infolge ihres relativ
komplizierten Aufbaues einen grossen Aufwand und werden deswegen nur bei teuren
Personenkraftwagen angewendet. Auch sind sie durch die beim Blockierregelvorgang
zur Veränderung des Oelvolumens der Bremskreise in die Kreise zwischen Hauptzylinder
und Bremsen eingeschalteten Pumpenmechanismus störanfällig. Um die notwendige Sicherheit
gewährleisten zu können, müssen deshalb für das Antiblockiersystem Ueberwachungselemente
installiert sein, die die'
Anlage ausser Betrieb setzen.
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Die Erfindung hat sich zur Aufgabe gesetzt, die genannten Nachteile
zu beseitigen und eine Bremsanlage mit Antiblockierregelung, insbesondere für kleine
und mittleres mit Vorderradantrieb ausgerüstete Personenkraftwagen zu schaffen,
die einfach im Aufbau sowie weitgehend wartungsfrei ist und durch welche die Strassenlage
in kritischen Bremssituationen verbessert wird.
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Erfindungsgemäss wird die besonders für vorderradangetriebene Personenkraftwagen
mit einem Antiblockiersystem ausgerüstete Bremsanlage mit einer Bremskraftverteilung,
welche zumindestens bei Bremsungen über 0,55 g ein Verhältnis von 75 zu 25 t bis
92 zu 8 t zwischen Vorder- und Hinterachsbremskraft ergibt, einer Zweikreisbetätigung,
bei welcher die linke Vorderrad- mit der rechten Hinterradbremse und die rechte
Vorderrad- mit der linken Hinterradbremse einen getrennten Bremskreis bilden sowie
einem Antiblockiersystem, bei dem die Messignale durch Sensoren aufgenommen werden,
welche ausschliesslich von, mit den Vorderrädern oder von, mit den Vorderrädern
umlaufenden Antriebselementen verbundenen Signalgebern beaufschlagt werden, versehen.
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In weiterer Ausbildung der Erfindung entspricht das Reibflächenverhältnis
der Vorderrad- zu Hinterradbremse der Bremskraftverteilung. Dadurch wird gewährleistet,
dass die Reibflächen der Vorderrad- und Hinterradbremsen mit gleicher spezifischer
Flächenleistung beansprucht werden. Somit ist auch die thermische Beanspruchung
und der wirksame Reibwert derselbe. Es wird mit dieser Relbflächenausbildung gewährleistet,
dass die installierte Bremskraftverteilung eingehalten wird.
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In noch weiterer Ausbildung der Erfindung ist die Vorderachse mit
Vollbelag- und die Hinterachse mit Teilbelagscheibenbremsen ausgerüstet.
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Bei der Bremsanlage der Erfindung ergeben sich gegenüber bisher bekannten
Bremsanlagen mit Antiblockierregelung entscheidende Vorteile. Die Verteilung der
Bremsbetätigungskraft von 75 bis 92 % auf die Vorderachs- und 8 bis 25 % auf die
Hinterachsbremse bewirkt von vornherein während der Bremsphase eine stabilere Strassenlage
des Fahrzeugs als bei einer heute gebräuchlichen Aufteilung 60/40. Schon aufgrund
dieser Bremskraftverteilung kann auf eine getrennte Einzelblockierregelung der Hinterradbremsen
verzichtet werden, da die Vorderräder hierbei in allen Bremssituationen eher zum
Blockieren neigen als die Hinterräder. Der Verzicht auf die Hinterradblockierregelung
bringt eine Ersparnis im Aufwand, eine Verminderung der Störanfälligkeit und eine
Vereinfachung der gesamten Antiblockiereinrichtung mit sich.
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Die Sensoren und die Signalgeber an den Hinterrädern, sowie die Magnetventile
für die Hinterräder können eingespart werden.
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Der wesentliche Vorteil in Bezug auf die Sicherheit des Fahrzeugs
bei Anwendung der Bremsanlage der Erfindung zeigt sich bei Kurverbremsungen. Das
blockiergefährdete kurveninnere Vorderrad wird direkt, das kurvenäussere Hinterrad
wegen der Diagonalbremskreisaufteilung von dem Sensor des Vorderrades aus mitgeregelt.
Dadurch ergibt sich eine Verminderung der Tendenz zum Schleudern. Bei einer Gewaltbremsung
in einer Kurve bleibt nämlich bei einem zum Blockieren neigenden kurveninneren Vorderrad
durch die Blockierregelung dieses Rades, zumindestens in der ersten, entscheidenden
Phase dieses Vorganges, der zur Verhinderung des Schleuderns des Fahrzeuges
wichtigste
Seitenkraftschluss des kurvenäusseren Hinterrades voll erhalten.
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Die Seitenführungskraft ist in diesem kritischen Zustand grösser als
bei einem getrennt blockiergeregelten kurvenäusseren Hinterrad einer Vierrad- oder
Zweirad- und Hinterachsblockierregelung, weil dabei die höchstnögliche Bremskraftkomponente
mit Aufhebung der Seitenführungskomponente erzeugt wird. Bei der Bremsanlage der
Erfindung ist deshalb eine Verminderung der Drehneigung um die Fahrzeughochachse
gegenüber einem mit einer unabhängigen Vierradregelung ausgerüsteten Fahrzeug gewährleistet.
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In den Zeichnungen Fig. 1 und Fig. 2 sind Ausführungen der Bremsanlage
der Erfindung schematisch wiedergegeben. Die beiden angetriebenen Vorderräder 1
und 2 sind mit Vollbelagscheibenbremsen 3 und 4 ausgerüstet. In den Naben sind die
Sensoren 5 und 6 für die Antiblockierregelung untergebracht.
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Die beiden nicht angetriebenen Hinterräder 7 und 8 weisen Teilbelagscheibenbremsen
9 und 10 auf.
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Die Vollscheibenbremse 3 des linken Vorderrades 1 und die Teilbelagscheibenbremse
10 des rechten Hinterrades 8 sind an die Bremsleitung 11 und die Vollscheibenbremse
4 des rechten Vorderrades 2 und die Teilbelagscheibenbremse 9 des linken Hinterrades
7 an die Bremsleitung 12 angeschlossen. Die Bremsölleitung 11 ist an den Hauptzylinder
15 über die Verbindungsleitung 13 und die Bremsölleitung 12 über die Verbindungsleitung
14 an den Hauptzylinder 16 angeschlossen.
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Vollbelagscheibenbremse 3> .Teilbelagscheibenbremse 10, Bremsleitung
11, Verbindungsleitung 13, Hauptzylinder 15 sowie Vollbelagscheibenbremse 4, Teilbelagscheibenbremse
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Bremsleitung 12, Verbindungsleitung 14, Hauptzylinder 16 bilden
je einen getrennten Bremskreis.
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Bei der Ausführung der Bremsanlage nach Fig. 1 werden beide Bremskreise
von einem Steuerventil 17 bedient, das durch das Bremspedal 18 betätigt wird. Bei
der Ausführung der Bremsanlage nach Fig. 2 werden die beiden Bremskreise von einem
Steuerventil 17 bedient, das durch das Bremspedal 18 über den Betätigungszylinder
44 und die Verbindungsleitung 45 betätigt wird.
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Bei beiden Ausführungen der Bremsanlage nach Fig. 1 und 2 wird in
dem mit Hydrauliköl gefüllten Servokreis das Oel aus einem Behälter 19 über eine
durch einen Motor 20 angetriebene Pumpe 21, welche Oel über eine Leitung 22 aus
dem Behälter 19 entnimmt, unter Druck gesetzt und über eine mit einem Rückschlagventil
23 ausgerüstete Leitung 24 in den Oeldruckspeicher 25 gefördert. Der Oeldruckspeicher
25 steht bei Ueberdruck mit dem Behälter 19 über ein Rückschlagventil 26 und eine
Leitung 27 in Verbindung. Ausserdem führt vom Speicher 25 die elektrische Leitung
33 zum elektronischen Steuergerät 34, welches bei Bedarf über die Leitung 35 den
Motor 20 ein- und ausschaltet.
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Das über die Rohrleitung 28 mit Drucköl versorgte Steuerventil 17
bedient bei der durch das Pedal 18 eingeleiteten Bremsung über die Leitungen 291,
292 und 301> 302 sowie die dazwischen geschalteten Magnetventile 31 und 32 der
Antiblockierregelung die Hauptzylinder 15 und 16 und ermöglicht so die Bremsung.
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Beim Lösen der Bremsen fliesst das Hydrauliköl über die in das Servoventil
17 einmündende Rohrleitung 36 in den Oelbehälten 19 zurück.
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Die Magnetventile 31 und 32 sind über die elektrischen Leitungen 38
und 37 mit dem Steuergerät 34 gekoppelt und über die Hydraulikleitungen 40 und 41
mit dem Behälter 19 verbunden.
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Bei der Ausführung der Bremsnalage nach Fig. 2 ist abweichend von
der Ausführung nach Fig. 1 eine das Servoventil 17 umgehende Hydraulikleitung 46
mit einem eingebauten Rückschlagventil 47 vorgesehen und die Druckleitung 28 mit
einem Rückschlagventil 48 ausgerüstet.
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Die Funktionsweise der Ausführungen der Bremsanlage der Erfindung
nach Fig. 1 und 2 soll für die drei Betriebsarten A. Normalbremsung mit Servounterstützung
B. Vollbremsung mit Antiblockierregelung C. Bremseung ohne Servounterstützung erläutert
werden.
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A. Normalbremsung mit Servounterstützung Bei der Ausführung nach Fig.
1 wird beim Treten des Bremspedals 18 das Servoventil 17 über die Regelfeder 42
betätigt.
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Bei der Ausführung nach Fig. 2 erfolgt die Betätigung des Servoventils
17 durch das Pedal 18 über den Kolben des Betätigungszylinders 44, die Hydraulikleitung
45 und die Regelfeder 42. Bei beiden Ausführungen erzeugt das Servoventil 17 einen
Regeldruck, welcher über die Leitungen 291/292 und 301/302 und die dazwischengeschalteten
Magnetventile 31 und 32 in die Hauptbremszylinder 15 und 16 weitergeleitet wird.
Der Regeldruck ist der durch das Pedal 18 aufgebrachten Spannung der Steuerventilfeder
42 proportional. In den Hauptzylindern 15 und 16 wird Bremsflüssigkeit unter Druck
gesetzt, wodurch die Scheibenbremsen 3/4/9/10 mit einer Kraft beaufschlagt werden,
die
der eingeleiteten Betätigungskraft entspricht. Die Magnetventile 31 und 32 befinden
sich bei dieser Betriebsart in ihrer Nullstellung, d.h. das Servoventil 17 ist direkt
mit den Hauptzylindern 15 und 16 verbunden.
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Das Hydrauliköl für die Betätigungskraftunterstützung wird bei den
Bremsungen vom Oelspeicher 25 geleiferta dessen Arbeitsbereich zwischen einem Maximal-
und Minimal druck bei bestimmten Ladevolumen liegt. Sinkt der Druck durch die für
die Pedalkraftunterstützungen verbrauchte Oelmenge im Speicher 25 auf den Minimaldruck,
so wird dies von dem elektronischen Steuergerät 34 über einen im Speicher 25 installierten
Messfühler registriert. Das Steuergerät 34 setzt den Elektromotor 20 in Betrieb,
worauf die mit dem Elektromotor 20 gekoppelte Zahnradpumpe 21 über die Leitungen
22 und 24 und das Rückschlagventil 23 Oel aus dem Behälter 19 in den Speicher 24
fördert und diesen in kurzer Zeit wieder auflVdt, d.h. wieder auf das maximale Druckniveau
und Ladevolumen bringt. Ist die höchste Ladepapazität erreicht, so wird dies über
einem im Speicher 25 angebrachten Messfühler dem Steuergerät 34 gemeldet und der
Elektromotor 20 und somit die Pumpe 21 ausgeschaltet. Elektromotor 20 und Pumpe
21 bleiben dann bis zum folgenden Aufladungsintervall ausser Betrieb. Tritt der
Fall ein, dass die Speicheraufladung nicht bewerkstelligt werden kann, was beispielsweise
durch einen Ausfall des Elektromotors 20 oder eine Undichtheit im Behälter 19 oder
den Leitungen 22 und 24 eintreten kann, so sind bis zur Leerung des Speichers 25
noch eine Anzahl Bremsungen mit allerdings geringer werdender Bremskraftunterstützung
möglich. Zur Information des Fahrers, ob er über eine betriebsbereite Bremskraftunterstützung
verfügt, kann im Speicher 25 eine mit einer Kontrollampe gekoppelte Druckmesstelle
untergebracht sein, welche dem Fahrzeuglenker den Ausfall der Servoanlage anzeigt.
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B. Vollbremsung mit Antiblockierregelung Während einer Bremsung mit
Blockiergefahr reagiert die Bremsanlage vorerst wie unter Abschnitt A beschrieben.
Zeigt nun beispielsweise das rechte Vorderrad 2 bei der Bremsung eine Blockierneigung,
d.h. übersteigt die Radverzögerung einen bestimmten Wert, so meldet dies der Sensor
6 dem elektronischen Steuergerät. Dieses betätigt das Magnetventil 32 und schaltet
es in die Endstellung, wodurch der Druck auf der Betätigungsseite des Hauptbremszylinders
16 abgebaut und somit die Bremskraft am rechten Vorderrad 2 und zugleich am linken
Hinterrad 7 dadurch.gesenkt wird, dass das Hydrauliköl über die in der Endstellung
des Magnetventils 32 verbundenen Leitungen 302 und 41 in den Behälter 19 fliesst.
Am Eingang des Ventils 32, also in der Leitung 301 bleibt der Regeldruck bestehen.
Der Druckabbau im Hauptbremszylinder 16 hat also keine Rückwirkungen auf das Bremspedal.
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Ist die Blockierneigung des rechten Vorderrades 2 durch die mit dem
Druckabbau einhergehende Drehgeschwindigkeitszunahme des Vorderrades 2 beseitigt,
so schaltet das Magnetventil 32 in die Mittelstellung, wodurch alle Zuleitungen
gesperrt und der Druck im Bremszylinder 16 konstant gehalten wird. Anschliessend
schaltet das elektronische Steuergerät 34 das Ventil 32 zwischen der Mittelstellung
und der Nullstellung kurzzeitig hin und her, wodurch wieder eine stufenweise Zunahme
des Druckes im Bremszylinder 16 und somit der Bremskraft am Vorderrad 2 und am Hinterrad
7 erfolgt. Entsteht durch die Bremskraftzunahme erneut eine Blockierneigung des
Vorderrades 2, so beginnt der Regelzyklus wieder von Neuem. Das Magnetventil 31
bleibt während der Regelung des rechten Vorderrades 2 in seiner Nullstellung, sofern
das linke Vorderrad 1 bei der Bremsung nicht auch zum Blockieren neigt.
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Die Magnetventile 31 und 32 können auch nur mit einer Nullstellung
und einer Endstellung ausgerüstet sein und bei einer Blockierneigung nur zwischen
diesen Stellungen kurzzeitig umgeschaltet werden.
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C. Bremsung ohne Servounterstützung Fällt bei den Ausführungen der
Bremsanlage nach Fig. 1 und 2 die Servounterstützung aus, so ist ein Bremsen ohne
Pedalkraftverstärkung möglich.
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Bei der Ausführung nach Fig. 1 wird durch das Treten des Pedals 18
das Servoventil 17 gegen die Kraft der Rückstellfeder 43 soweit ohne Bremswirkung
nach vorne verschoben, bis das Bremspedal 18 formschlüssig mit den Kolbenstangen
der Hauptbremszylinder 15 und 16 verbunden ist. Bei weiterem Durchtreten des Pedals
18 wird die Bremswirkung in der üblichen Weise dadurch erzielt, dass die Kolben
der Bremszylinder 15 und 16 die Bremsflüssigkeit unter Druck setzen.
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Bei der Ausführung nach Fig. 2 wird durch das Treten des Pedals 18
das Hydrauliköl im Betätigungszylinder 44 unter Druck gesetzt. Der Druck wird über
die Leitung 45, die Umgehungsleitung 46, das Rückschlagventil 47, die Leitungen
301/302 und 291/292 in die Hauptbremszylinder 15 und 16 weitergeleitet, da ein Ausfliessen
des Hydrauliköls über das Steuerventil 17 und die Leitung 28 durch das Rückschlagventil
48 verhindert wird.
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Der erzeugte Druck überträgt sich durch die Kolben der Bremszylinder
15 und 16 auf die Bremsflüssigkeit der entsprechenden Bremskreise, womit die Bremswirkung
erzielt wird.
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