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FROSTSCHUTZMITTEL
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Die Erfindung bezieht sich auf Wässrige Lösungen einer bestinunten
Gruppe von Stoffen und ihre Anwendung als Frostschutzmittel zur Verhinderung des
Einfrierens von Wasser und von Frost- oder Gefrierschäden in wasserhaltigen Substanzen.
Solche Frostschutzmittel werden z.B. benötigt als Zusatz zum Kühlwasser von Kraftfahrzeug-
und anderen Verbrennungsmotoren sowie in sonstigen geschlossenen Leitungssystemen
und als Kälteträger in Kühl-, Kä1-te- und Gefrieranlagen usw. Darüber hinaus werden
auch Anwendungsmöglichkeiten bei wasserhaltigen Substanzen in der Medizin, der Biologie
und deren Grenzgebieten zur Verhinderung des Einfrierens und der Frost schädigung
von Organen und Teilen aavon, von lebenden Organismen, beispielsweise Zellk ulturen
und -geweben, Kulturen von Mikroorganismen und Semen gesehen. In dieses Gebiet fällt
auch die Konservierung von Blut, Plasma und Erythrozytenpräparaten durch Gefriertemperaturen
und Wasserentzug.
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Schließlich bestehen noch Anwendungsmöglichkeiten für derartige Frostschutzmittel
in der Gefrierkonservierung von Lebensmitteln, die durch den Einfriervorgang oder
durch das Auftauen geschädigt werden können. Diese beispielhafte Aufzählung schließt
weitere Anwendungsmdglichkeiten der erfindungsgemäßen Frostschutzmittel nicht aus.
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Viele Substanzen sind bereits bekannt, mit denen die genannten Aufgaben
grundsätzlich erfüllt werden können. Die bekanntesten F:eostschutzmittelfür die
Herstellung von frostgeschützten wässeigen LÖsungen oder Nältesolerl sind einerseits
Salze wie Kochsalz (Na:Cl),Kalziumchlorld (CaC12) , andererseits ein- und mehrwerertige
Alkohole , wie Methanol, Aethanol , Glyzerin und, als Frostschutzmittel für Kraftfahrzeuge
am bekanntesten, Aethylenglykol und damit hergestellte Präparate mit Zusätzen zur
Verhinderung
von Korrosionen usw Ihrephysikalischen Eigenschaften sind grundsätzlich erforscht
und in der Fachliteratur beschrieben z 1 r 2 1.
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Der Frostschutz durch die genannten Substanzen beruht auf der Dampfdruckerniedrigung
der Lösung durch den Zusatz des löslichen Stoffes zum Losungsmittel Wasser, wodurch
der Gefrierpunkt der Lösung in Abhängigkeit von der Molkonzentration des Zusatzes
unter den Gefrierpunkt reinen Wassers von 0°C gesenkt wird.
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Diese Abhängigkeit, die durch das van t'Hoff'sche Gesetz beschrieben
wird, gilt Jedoch nur bei sehr verdünnten Lösungen und kleinen Gefrierpunktserniedrigungen.
Die Abweichungen vom van t'Hoff'schen Gesetz bei höherer Konzentration des Zusatzes
-werden durch den sog. Aktivitätskoeffizienten dargestellt. Gemessene Gefrierkurven
und Gefrierpunkte sowie einige Aktivitätskoeffizienten sind in Tabellenwerken, z.B.
von Landolt-Börnstein [ 3 1 und Timmermans C 4 1 für die meisten technisch und chemisch
wichtigen Lösungen vertafelt.
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Die größte erreichbare Gefrierpunktserniedrigung ist durch die Löslichkeit
des Frostschutzmittels im Wasser und den Schnittpunkt zwischen Löslichkeits- und
Gefrierkurve, den eutektischen Punkt, begrenzt. Wenn die eutektische Temperatur
erreicht ist und die Temperatur weiter abgesenkt wird, kristallisiert das Wasser
zusammen mit dem Frostschutzmittel restlos aus oder erstarrt zu einer glasähnlichen
Substanz. Die eutektische Temperatur liegt z.B. bei NaCl um -210C, für CaCl2 um
-55°C und bei Aethylenglykol in wässriger Lösung um 470C Durch die Abhängigkeit
der Gefrierkurve von der Molkonzentration erzielen niedrigmolekulare Stoffe bei
gleicher Massekonzentration in der Lösung die größere Gefrierpunkterniedrigung.
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Damit beschränkt sich der Kreis verfügbarer und technisch brauchbarer
Stoffe auf wenige niedrigmolekulare organische und anorganische Substanzen. Die
niedrigsten Molekulargewichte wasserlöslicher substanzen weisen einige anorganische
Salze und Säuren auf, die Jedoch wegen ihrer Korrosivität und z.T. Giftigkeit
sowie
ätzenden Wirkung nur in korrosionsgeschützten und überwachten Anlagen verwendet
werden, keinesfalls Jedoch in so alltäglichen Applikationen wie Kraftfahrzeugmotoren
und Sprinklersystemen oder für den Frostschutz von organischen Substanzen.
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Geeignete wasserlösliche organische Substanzen gibt es nicht in sehr
großer Zahl. Die Alkohole mit den größten Gefrierpunktserniedrigungen haben einen
unerwünscht hohen Dampfdruck und würden bei Betriebstemperaturen um 70 bis 80°C
aus der Lösung, z.B. Motorenkühlwasser, abdestilliert. Als brauchbarer Kompromiß
zwischen der geforderten Gefrierpunktserniedrigung und niedrigem Dampfdurck erwies
sich Aethylenglykol, das jedoch wegen seines relativ hohen Molekulargewichts in
hoher Massekonzentration verwendet werden muß und daher die Nachteile hoher Kosten,
merkllcher Viskositätserhöhung und umständlichen Einfüllens mit vorheriger Teilentleerung
des Kühlersystems bei der Verwendung im Kühlwasser von Kraftfahrzeugmotoren besitzt.
Wegen der relativen Giftigkeit verbietet sich dessen Anwendung im Nahrungsmittelsektor
und auch bei der Konservierung der sonstigen genannten organischen Substanzen.
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Fig. 1 zeigt eine Auswahl von Gefrierlurven von Kältesolen, die durch
wässrige Lösung von Frostschutzmitteln hergestellt wurden 1 5 1. In das Diagramm
wurde außer den herkömmlichen Frostschutzmitteln die an einem der zu schützenden
Frostschutzmittel gemessene Gefrierkurve eingetragen. Es zeigt sich, daß von dem
neuen Frostschutzmittel etwa ein Viertel der bei Aethylenglykol erforderlichen Konzentration
ausreicht, um die gleiche Gefrierpunktserniedrigung zu erzielen. Das Ergebnis überrascht,
da es den an herkömmlichen Frostschutzmitteln bestätigten physikalischen Gesetzen
nicht gehorcht. Die Eigenartigkeit zeigt sich auch am Verlauf der Gefrierkurve.
Während der Kurvenverlauf in Nähe der Gefriertemperatur des Wassers noch durch die
angewandte Meßtechnik begründet ist, hätte bei tieferen Temperaturen eine anders
gekrümmte Gefrierkurve erscheinen müssen. Vielmehr setzt sich die Kurve bis zum
niedrigsten bisher gemessenen Wertepaar von -54,80C und einer Konzentration von
19,8 Masseprozent schwach
nach links gekrümmt oder fast linear fort.
Auch mit diesem für Frostschutzmittel extrem niedrigen Temperaturwert ist das Ende
der Gefrierkurve noch nicht erreicht, er stellt lediglich die Leistungsgrenze der
bei der Messung verwendeten Kälteanlage dar.
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Die angewandte Meßmethode ist in der Offenlegungsschrift OS 17 98
309 über ein Verfahren zur Bestimmung der Gefrier- und Schmelzkurven von Stoffgemi-schen
ausführlich beschrieben.
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Eine Probe der zu untersuchenden Lösung wird in ein Refraktometer
gebracht, das durch einen Kältethermostaten gekühlt werden kann. Durch Ab senken
der Temperatur des Refraktometerprismas unter den Gefrierpunkt der Probe wird sie
gefroren und scheidet infolgedessen Lösungsmittelkristalle, hier Eis, aus, bis die
Restlösungskonzentration auf das durch die Temperatur und durch die Komponenten
der Lösung gegebene neue Gleichgewicht angestiegen ist. Die in der testlösung vorliegende
Konzentration ist dann dieselbe wie die einer Probe, deren Gefrierpunkt mit der
im Prisma eingestellten identisch ist. Durch Erhöhen und Senken der Temperaturen
lassen sich beliebige Gleichgewichtskonzentrationen einstellen, ausgenommen natürlich
solche, die niedriger als die Anfangskonzentrszion der Probe sind, und Konzentrationen,
die die Löslichkeitsgrenze für den untersuchten Stoff überschreiten.Die Konzentration
wird aus den am Refraktometer abgelesenen Brechungsindex unter I3erücksichtigung
der Konzentrations- und Temperaturabhängigkeit des Brechungsindex der Lösung mit
Hilfe eines Computers berechnet. Hierfür existieren bereits mehrere Rechenprogramme.
Die Genauigkeit, Zuverlässigkeit und Schnelligkeit der neuen Methode, durch durch
Messungen und Vergleiche von mehr als einhundert verschiedenen Substanzen und -gemischen
belegt ist, hat wesentlichen Anteil am Auffinden des angegebenen ungewöhnlichen
Frostschutzmittels gehabt. Am wichtigsten war jedoch die Eigenschaft der neuen Methode,
an so steilen Getrierkurven, wie sie di neuen Substanzen liefern, überhaupt Messungen
durchfünren zu können, da dort die herkölemliche Methode der Thermischen Analyse
versagt.
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In Fig. 2 sind die Gefrierkurven einiger ähnlicher Lösungen aufgetragen
und deren Zusammensetzungen angegeben, darunter die des erfindungsmäßigen Frostschutzmittels
aus lo Teilen Dextrose-Monohydrat, ib Teilen Fruktose und 5 Teilen Zitronensäureanhydrat,
das beispielhaft für die Gruppe der zu schützenden Frostschutzmittel steht. Der
Vergleich der Kurven lehrt, daß offensichtlich die Fruktose der wichtigste, jedoch
alleine oder nur im Gemisch mit Dextrose unwIrksame Partner ist. So zeigt auch ein
Gemisch von Saccharose und Zitronensäure in keiner der untersuchten Zusammensetzung
irgendwelche bemerkenswerte Abweichungen von den Gefrierkurven der reinen Komponenten
Saccharose und Zitronensäure in wässriger Lösung. Hingegen weist auch ein anderes
Mischungsverhältnis der Komponenten Dextrose, Fruktose und Zitronensäure bei hinreichend
tiefer Feststoffkonzentration bereits schwach die typischen Merkmale auf, die die
erfindungsmäßige Stoffgruppe kennzeichnen.
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Im Zusatz von Saccharose oder ähnlichen Zuckern wird ein Weg gesehen,
den vielfach unerwünschten Zusatz von Zitronensäure später durch chemIsch neutrale
Substanzen zu ersetzen. Die Eignung beliebiger Mischungen aus dieser Stoffgruppe
als Träger exzessiver Gefrierpunktsernledrigungen kann mit der angegebenen Meßmethode
ausgehend von dem oben angegebenen Gemisch als Ausgangs- und Vergleichsbasis durch
systelatisches empirisches Vorgehen leicht und schnell ermittelt werden.
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Das gemeinsame Merkmal der zu schützenden Stoffgruppe ist ihre außerordentlflch
starke Neigung Wasser in Hydratforin zu binden.
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WEhrend in Lösungen von reiner Saccharose nur Undekahydrate als maximale
Anlagerung von primären Wassermoleklen an wässrig gelöste Saccharose nachgewiesen
werden konflten,ist die Hydratisierung bei der infragekommenden Gruppe von Stoffgemis-chen
weitaus größer. Die hohe Hydratisierung wird vorwiegend bei niedrigen Anfangskonzentrationen
gefunden, bei hohen Anfangskonzentrationen tritt div auffällige Abweichung von normalen
Gefrierkurven nicht aug oder ist sehr abgeschwächt, da die bei niedriger Konzentration
vorherrschenden Hydratkonfigurationen C 6 1 nach
unseren Messungen
bei zunehmender Konzentration zusammenbrechen.
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In den zu schützenden Mischungen scheint dagegen eine Stabilisierung
der bei niedriger Anfangskonzentration vorhandenen Hydratkonfiguration stattzufinden.
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Die bevorzugte Feststoffkonzentration liegt daher bei 2 bis 5 Masse-Prozent
für Jede einzelne Komponente; die Gesamte Feststoffkonzentration kann lo oder mehr
Masse-Prozent erreichen.
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Diese Eigenschaft wurde bisher nur an Stoffen, die eine oder mehrere
exponierte Hydroxylgruppen aufweisen, beobachtet, so bei Methanol, Aethanol, Glyzerin,
Saccharose, Fruktose bzw. Invertzucker, Zitronensäure und Milchsäure. Die abnormale
Gefrierpunkterniedrigung von Gelen 1 7 1 könnte in Abweichung von der dort angegebenen
Theorie auf denselben Hydratationseffekt zurückgeführt werden, allerdings eignen
sich Gele nur in Ausnahmefällen als Frostschutzmittel.
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Literatur: t 1 3 Baeckström-Emblik: Kältetechnik. 3.A. Karlsruhe 1965
2 2 zu R. Planck: Handbuch der Kältetechnik. Berlin-Heidelberg-Göttingen: Springer-Verlag
(lo Bände) [ 3 1 Landolt-Börnstein: Zahlenwerte und Funktionen, Bd.2 Berlin-Göttingen-Heidelberg:
Springer-Verlag 1962 1 4 1 J. Timmermans: The Physico-Chemical Constants of Binary
Systems in Concentrated Solutions. New York Interscience Publishers Inc. 1960 t
5 1 L. Feind: Kältetechnik-Klimatisierung 18(1966),H.lo t 6 1 W. Luck: Über die
Struktur des Wassers. Informationsdienst Arbeitsgem. Pharmaz. Verfdhrenst. 16(1970),H.3,
S.127-159 t 7 1 Kanig, G.: Kolloid-Z. 173(1960),H.2,S.97-117
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