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Verfahren und Vorrichtung zur Herstellung von Mehrflächengleitlagern
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Die Erfindung betrifft ein Verfahren und eine Vorrichtung zur Herstellung
von Mehrflächengleitlagern aus einem Rohling mit kreisförmiger Bohrung.
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Mehrflächengleitlager, kurz MFG-Lager genannt, unterscheiden sich
von den herkömmlichen, klassischen Zylinderlagern durch ihre unrunde Bohrung. Zusammen
mit einer runden Welle ergeben sich auf dem Wellenumfang mehrere Schmierkeilspalte,
in denen beim Rotieren der Welle ebenso viele hydrodynamische Druckberge erzeugt
werden gegenüber nur einem Druckberg beim zylindrischen Lager. Der Lauf der Welle
wird dadurch stabil und ruhig. Außerdem gestattet diese Bohrungsform eine vom Lagerspiel
unabhängige, aber genau festlegbare und für den Speziallagerfall günstige Keilspaltsteilheit.
Mit diesen Eigenschaften hat das Mehrflächengleitlager das Anwendungsgebiet der
Gleitlager beachtlich erweitert. Seine speziellen Vorzüge liegen im Werkzeugmaschinenbau
mit kleinsten Betriebslagerspielen von 0, 002 bis 0, 010 mm und im hochtourigen
Maschinen- und Getriebebau aller Art, wobei der verschleißlose und geräuschlose
Lauf besonders vorteilhaft sind.
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Mehrflächengleitlager werden üblicherweise dadurch hergestellt, daß
die runde Bohrung eines büchsenförmigen Rohlings, z. B. durch Kopierdrehen, ausgedreht
wird, wobei die Mittelachse der Büchse und die Mittelachse des Werkzeugs nicht zusammenfallen.
Dieser Herstellungsvorgang ist bei den geforderten Toleranzen und der erforderlichen
geringen Oberflächenrauhigkeit aufwendig und wenig kostengünstig. Insbesondere Mehrflächengleitlager
mit geringem Bohrungsdurchmesser lassen sich mit diesem Verfahren kaum herstellen,
da Feinstdrehwerkzeuge kleiner Abmessungen nicht verfügbar sind.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren und eine Vorrichtung
zur Herstellung von Mehrflächengleitlagern zu schaffen, das eine serienmäßige und
kostengünstige Lagerherstellung ermöglicht, ein genaues Einhalten der Lagerspalte
sicherstellt und bei kleinsten wie auch bei großen und sehr großen Lagern mit gleich
gutem Erfolg anwendbar ist.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß ein büchsenförmiger
Rohling in seiner Wandung und/oder ein den Rohling am Umfang einspannendes Aufnahmewerkzeug
mit Aussparungen versehen ist, und daß durch die Bohrung des Rohlings ein Werkzeug
mit Übermaß hindurchgepreßt wird.
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Erfinderisch ist, daß Mehrflächengleitlager nach dem neuen Verfahren
nicht mehr spanabhebend hergestellt werden, sondern daß das unterschiedliche elastisch
-plastische Verhalten des Werkstoffs über den Umfang der Bohrung durch Aussparungen
im Rohling und/oder Aussparungen in einem Einspannwerkzeug ausgenutzt wird, wobei
entweder der Rohling oder aber das Werkzeug Aussparungen aufweisen.
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Vor Einbringung des Übermaßwerkzeugs in einen am Umfang eingespannten
Rohling, wobei das Aufnahmewerkzeug mit Aussparungen versehen ist, ist es vorteilhaft,
wenn der Rohling zuerst an seinem Mantel in eine glattwandige Aufnahmevorrichtung
ohne Aussparungen eingespannt wird und zur Erzielung einer gut maßhaltigen Bohrung
hoher Oberflächengüte ein Werkzeug mit geringem Übermaß durch die Bohrung hindurchgepreßt
wird. Danach wird der Rohling, der nunmehr eine Bohrung hoher Güte aufweist, in
das erfindungsgemäße Aufnahmewerkzeug, das über seinen Umfang verteilt Aussparungen
aufweist, eingesetzt. Nun wird ein zweites Werkzeug, das gegenüber dem ersten Werkzeug
und gegenüber der Bohrung des Rohlings Übermaß hat, durch die Bohrung hindurchgepreßt,
wobei auf Grund des unterschiedlichen elastisch-plastischen Verhaltens des Werkstoffs
in Bereichen mit und ohne Einspannung das Mehrflächengleitlager entsteht.
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Eine Ausführungsform des erfindungsgemäßen Verfahrens ist dadurch
gekennzeichnet, daß als Werkzeuge Kugeln, insbesondere Wälzlagerkugeln mit Übermaß
gegenüber der Bohrung des Rohlings, durch die Bohrung hindurchgepreßt
werden.
Als Werkzeuge können auch Stempel verwendet werden. Während bei Kugeln als Werkzeuge
Wälzlagerkugeln mit exakten Abmessungen sortiert erhältlich sind, muß der konische
Stempel im Werkzeugbau hergestellt werden.
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Erfindungsgemäß ist es ferner vorteilhaft, wenn die Bohrung des Rohlings
nach einem ersten Durchpressen eines Werkzeugs mit einer aushärtbaren Legierung
beschichtet und anschließend mittels des zweiten Werkzeugs zum Mehrflächengleitlager
verformt wird. Im Anschluß daran wird das Gleitlager ausgelagert, um eine verschleißfeste
Oberfläche zu erzielen.
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Eine erfindungsgemäße Vorrichtung zur Durchführung des Verfahrens
ist dadurch gekennzeichnet, daß die Aussparungen in der Bohrungswand des Aufnahmewerkzeugs
mehrere, über den Umfang verteilt angeordnete, in Achsrichtung verlaufende Nuten
sind. Die Nuten können auch wendelförmig gestaltet sein.
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Bei einer weiteren vorteilhaften Ausführungsform der Erfindung befindet
sich mindestens eine radial umlaufende Ringnut in der Bohrung des Aufnahmewerkzeugs
im Abstand von der Stirnfläche des in das Aufnahmewerkzeug eingebrachten Rohlings.
Hierdurch wird erreicht, daß das elastisch-plastische Verhalten über die gesamte
Länge der Bohrung des Rohlings gleichmäßig ist.
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Weitere Vorteile, Merkmale und Anwendungsmöglichkeiten der Erfindung
ergeben sich aus den Figuren, die nachfolgend beschrieben sind.
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Es zeigen: Fig. 1 die Herstellung eines Mehrflächengleitlagers der
erfindungsgemäßen Art in axonometrischer Darstellung, Fig. 2 eine Draufsicht auf
das Lager von Fig. 1, Fig. 3 die Herstellung eines erfindungsgemäßen Lagers mittels
eines Aufnahmewerkzeugs, Fig. 4 die Draufsicht auf das Lager von Fig. 3, Fig. 5
eine Schnittansicht eines erfindungsgemäßen Lagers und Fig. 6 abgewandelte Werkzeuge
zur Herstellung der erfindungsgemäßen Mehrflächengleitlager.
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Fig. 1 zeigt einen büchsenförmigen Rohling 2, der eine kreisförmige
Bohrung 4 und einen ebenfalls kreisförmigen Mantel 6 aufweist. In der Wandung 8
des Rohlings sind vier Durchgangsbohrungen 10 angeordnet, die parallel zur Achse
12 des Rohlings 2 verlaufen.
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Wird nun durch den Rohling 2 eine Kugel 14, die ein Übermaß gegenüber
der Bohrung 4 besitzt, hindurchgepreßt, so verformt sich die Bohrungswandung 16
so, wie es in Fig. 2 im Vollstrich gezeigt ist, wobei die ursprüngliche, kreisförmige
Form der Bohrung in Fig. 2 gestrichelt angedeutet ist. Diese Verformung beruht darauf,
daß der Werkstoff im Bereich der Durchgangsbohrungen 10 sich anfänglich elastisch
verformt und dann erst plastisch verformt wird, während der Werkstoff im Bereich
des Vollmaterials im Bereich der Wandung 8 schon früher plastisch verformt wird.
Hierdurch wird die vorher kreisförmige Bohrung, die in Fig. 2gestrichelt eingezeichnet
ist, verformt, so daß im Ausführungsbeispiel eine symmetrische, unrunde Bohrung
entsteht, wie sie für ein Mehrflächengleitlager typisch ist. Im Ausführungsbeispiel
sind vier Bohrungen 10 angeordnet, so daß vier Schmierkeilspalte 18 entstehen.
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Werden nur zwei Bohrungen angeordnet, so entsteht ein Lager mit zwei
Gleitflächen (Zitronenlager); bei drei Durchgangsbohrungen drei Gleitflächen usw.
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Die Anordnung und Größe der Durchgangsbohrungen 10 im Verhältnis zu
den Verformungseigenschaften des Materials wird bei der Anwendung des erfindungsgemäßen
Verfahrens berücksichtigt. Die Kugel 14 besitzt vorzugsweise eine Oberfläche aus
gehärtetem Stahl. Kugel 14 kann eine Wälzlagerkugel sein, die bei Verschleiß gegen
eine Wälzlagerkugel gleicher Größenordnung ausgetauscht wird. Hierdurch wird die
Serienherstellung von Mehrflächengleitlagern mit geringen Abmessungen ermöglicht.
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Ein weiteres, vorteilhaftes Herstellungsverfahren der erfindungsgemäßen
Mehrflächengleitlager ist in Fig. 3 und 4 gezeigt. Hier ist der büchsenförmige Rohling
2 in ein Aufnahmewerkzeug 20 eingespannt, das in seiner Bohrungswandung 22 mehrere,
über den Umfang verteilt und parallel zur Achse 24 verlaufende Aussparungen 26 aufweist.
Wird nun in die Bohrung 4 des büchsenförmigen Rohlings 2 ein Werkzeug 14 mit Übermaß
hindurchgepreßt, so entsteht eine verformte Bohrung 4, die in Fig. 4 genauer gezeigt
ist. Im Ausführungsbeispiel
sind drei Aussparungen 26 am Umfang
der Bohrung 22 vorgesehen. Das Aufnahmewerkzeug 20 mit seinen Ausnehmungen 26 ist
in Fig. 4 gestrichelt angedeutet, während der verformte Rohling 2 in Vollstrichen
gezeichnet ist. Aus Fig. 4 ist deutlich zu erkennen, daß im Bereich der Aussparungen
26 Druckkeilspalte 18 entstehen. Im Ausführungsbeispiel entsteht ein Mehrflächengleitlager
mit drei Gleitflächen 28. Je nach der Anzahl der Aussparungen 26 können Lager mit
Zitronenspiel, mit drei Gleitflächen, vier Gleitflächen usw. hergestellt werden.
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Zur Erzielung eines büchsenförmigen Rohlings mit exakt kreisförmiger
Bohrung 4 und glatter Oberfläche kann der Rohling vor dem in Fig. 3 gezeigten Verfahrensschritt
in ein in den Fig. nicht gezeigtes Aufnahmewerkzeug ähnlich dem Aufnahmewerkzeug
20 eingespannt werden. Dieses Werkzeug weist in seiner Bohrung keine Aussparungen
auf und umgreift den Rohling vollständig. Nun wird ein Werkzeug mit geringem Übermaß
durch die roh bearbeitete Bohrung 4 hindurchgetrieben, wodurch eine exakt kreisförmige
Zylinderbohrung 4 mit guter Oberflächengüte erzielt wird. Dieser Verfahrensschritt
bietet den Vorteil, daß zuvor die Bohrung 4 des Rohlings nur grob bearbeitet werden
muß.
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Jedes spanende Feinstbearbeiten oder Sortieren kann entfallen.
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Besonders vorteilhaft läßt sich das erfindungsgemäße Verfahren, das
an Hand von Ausführungsbeispielen beschrieben wurde, bei der Herstellung von Mehrflächengleitlagern
mit geringem Bohrungsdurchmesser (beispielsweise zwischen 3 und 6 mm) verwenden.
Das Verfahren ist jedoch auf diese Anwendungsfälle nicht begrenzt und auch in anderen
Abmessungsbereichen anwendbar.
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Fig. 5 zeigt eine Schnittansicht eines erfindungsgemäßen Mehrflächengleitlagers
2, wobei wegen des Hindurchpressens der Kugel 14 die sonst üblicherweise scharfen
Kanten wulstartig verformt sind. Diese Wulste ergeben sich durch den Materialfluß
und sind erwünscht, da hierdurch die Kantenpressung auf im Lager umlaufende Wellen
erheblich vermindert wird.
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Erfindungsgemäß ist es möglich, die Bohrung 4 nach dem erstmaligen
Hindurchpressen eines Werkzeugs mit einer aushärtbaren Legierung zu versehen und
in
einem zweiten Arbeitsgang (Fig. 1 und 3) die Mehrflächenkonfiguration
herzustellen. Daran anschließend wird das beschichtete Mehrflächengleitlager ausgelagert.
Hierdurch wird zusätzlich eine im Bedarfsfall erwünschte verschleißfeste Oberfläche
erzielt. Die Bohrung 4 kann beispielsweise mit einer Nickel-Legierung beschichtet
werden, die bei etwa 290° C ausgehärtet wird.
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Fig. 6 zeigt ein Preßwerkzeug 30, das an Stelle der bei Werkzeug 14
verwendeten Kugel eine kegelige oder kugelige Fläche 32 aufweist. Dieses Werkzeug
wird in der beschriebenen Weise in die Bohrung 4 des Rohlings 2 eingepreßt; dies
ist in Fig. 6 nicht gezeigt. In Fig. 6 ist weiter ein abgewandeltes Aufnahmewerkzeug
34 zu sehen, das neben den Aussparungen 26 noch eine radial umlaufende Ringnut 36
aufweist. Mit Hilfe dieser Ringnut 36 wird erreicht, daß das elastisch-plastische
Verhalten über die Länge der Bohrung 4 des Rohlings 2 gleichmäßig ist.
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L e e r s e i t e