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Verfahren zur biologischen Beseitigung einer Verunreinigung aus einem
wäßrigen Medium Die Erfindung betrifft allgemein die biologische Abwasserbehandlung
und im besonderen die biologische Beseitigung einer Unreinheit aus einem wäßrigen
Medium.
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Beispiele für Unreinheiten enthaltende wäßrige Medien sind Industrieabwässer,
wie beispielsweise Kokereiabwässer und Abwässer von Gaswerken, sowie Haushaltsabwässer.
Derartige Abwässer können von bestimmten Bestandteilen teilweise oder vollständig
nach dem sogenannten aktivierten Schlammverfahren gereinigt werden, bei welchem
eine aerobische bakterielle Oxydation der Unreinheiten stattfindet.
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Im Fall von Kokereiabwässern sind Phenole und Thiozyanate zwei Verunreinigungen,
die auf diese Weise beseitigt werden können. Werden die Abwässer in einen sowohl
phenol- wie auch thiozyanat-vertilgende Bakterien enthaltenden Behälter eingeleitet,
so werden die Phenole sehr raseh nach dem
Bio-Oxydationsverfahren
beseitigt, während hingegen die Beseitigung der Thiozyanate weniger rasch vor sich
geht. Bisher wurde ein Behältergefäß#vorgesehen, das, bezogen auf die Abwassermenge
bzw. den Abwasserdurchsatz, hinreichend groß ist, um eine zur Entfernung im wesentlichen
des gesamten Thiozyanats ausreichende genügend lange Aufenthaltsdauer zu gewährleisten;
angesichts der verhältnismäßig geringen Geschwindigkeit der Thiozyanatbeseitigung
bzw. -vertilgung war hierfür ein verhältnismäßig großes Behältergefäß#erforderlich.
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Die Erfindung betrifft ein kontinuierliches Verfahren zur biologischen
Beseitigung einer Unreinheit aus einem wäßrigen Medium mit Hilfe eines die Verunreinigung
beseitigenden Mikro-Organismus in einer aktivierten Schlämme, beispielsweise zur
Beseitigung von Thiozyanat aus Kokereiabwässern mittels thiozyanat-vertilgender
Bakterien.
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Erfindungsgemäß ist bei einem derartigen Verfahren vorgesehen, daß
in einer ersten Stufe Bedingungen aufrechterhalten werden, welche eine Vervielfältigung
des betreffenden Mikro-Organismus und das Wachstum einer großen Population im Wege
eines Anreicherungsprozesses begünstigen und eine teilweise Beseitigung der Unreinheit
gewährleisten, und daß in einer oder mehreren nachfolgenden Stufen eine vollständige
oder teilweise Entfernung des restlichen Unreinheitsgehaltes stattfindet.
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Bei dem biologischen Beseitigungsprozess handelt es sich normalerweise
um aerobische Oxydation. Die verwendeten Mikro-Organismen sind üblicherweise Bakterien,
können jedoch auch andere Mikroorganismen wie beispielsweise Hefen und Pilze sein.
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Die Verunreinigung liegt normalerweise in Lösung in dem sie enthaltenden
wäßrigen Medium vor.
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In den bisher bekannten einstufigen kontinuierlichen Behandlungs-
und Aufbereitungsverfahren liegt die zu beseitigende
Unreinheit,
welche den Hauptnährstoff für die betreffenden Mikro-Organismen darstellt, in einer
effektiven Konzentration vor, die kontinuierlich Null oder etwa Null beträgt. Die
Population der die betreffende Unreinheit vertilgenden Mikro-Organismen liegt in
dem in Abhängigkeit von der jeweiligen Nährstoffzufuhr ermöglichten Maximum vor;
sie vermag nicht weiter zu wachsen, ist jedoch noch zu endogener Aktivität fähig.
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Indem man erfindungsgemäß eine erste Stufe vorsieht, in welcher eine
Anreicherung der Organismen gefördert wird, werden die Organismen in kontinuierlichem
Wachstum und kontinuierlicher Vervielfachung gehalten, so daß die Population als
Ganze jünger und robuster ist als eine auf ihrem Sättigungspunkt gehaltene Population
wie bei den bisher bekannten Behandlungsverfahren.
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Der Erfindung liegt die Erkenntnis zugrunde, daß auf diese Weise die
Gesamtaufenthaltsdauer für den Reinigungsprozeß verringert werden kann, was eine
Verringerung der zur Behandlung einer gegebenen Abwasserzufuhrmenge erforderlichen
Größe der Anlage ermöglicht. Außerdem hat sich ergeben, daß die kontinuierliche
Erzeugung gesunder neuer Mikro-Organismen in der ersten Stufe den gesamten Behandlungsprozeß
weniger anfällig für einige der toxischen Komponenten in dem die Unreinheit enthaltenden
Medium zu machen vermag. Es sind schon Verfahren bekannt, in welchen zwei oder mehr
Stufen vorgesehen sind. Jedoch dienen bei diesen bekannten Verfahren entweder die
verschiedenen Stufen der Beseitigung verschiedener Unreinheiten, oder aber, falls
die zweite und die nachfolgenden Stufen zur weiteren Verringerung der aus der ersten
Stufe übertragenen Unreinheitsmenge beitragen, sind die Bedingungen in den einzelnen
Stufen jedenfalls nicht solcher Art, daß sie eine Anreicherung der die Verunreinigung
vertilgenden Mikro-Organismen bewirken.
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Bedingungen, welche erfindungsgemäß eine derartige Anreicherung begünstigen,
können dadurch geschaffen werden, daß man kontinuierlich die Mikro-Organismen aus
der ersten Stufe in einem Ausmaß entfernt, daß ihre Zahl unterhalb dem angesichts
der Nährstoffzufuhr an sich möglichen Maximum gehalten wird. Ein alternatives Verfahren
bestünde darin, daß man die Aufenthaltsdauer in der ersten Stufe kürzer als für
eine vollständige Entfernung der Unreinheit erforderlich wählt, wenngleich es auch
in diesem Fall notwendig werden wird, von Zeit zu Zeit einen Teil der wachsenden
Bakterien-Population abzuführen.
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Im Fall der Beseitigung von Thiozyanat aus Kokereiabwässern hat sich
ergeben, daß die für das erfindungsgemäße Verfahren geeigneten Bedingungen dadurch
einstellbar sind, daß man Mutterlauge und Schlamm in einem solchen Ausmaß und solcher
Geschwindigkeit an die zweite Stufe abführt, daß in der ersten Stufe eine konstante
Laugenflüssigkeitsmenge verbleibt, und daß ferner eine kontrollierte Rückführung
einer geeigneten Menge abgesetzten Abfallschlamms vom Ende des Prozesses her vorgesehen
wird, um die Verarmung an Mikro-Organismen in der ersten Stufe zu kompensieren.
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Zu den Bedingungen,welche eine Anreicherung begünstigen, gehören auch
solche für die Mikro-Organismen besonderen Bedingungen wie beispielsweise spezifische
Temperaturen, angemessene Sauerstoffzufuhr, pH-Pegel, anorganische Salzkonzentrationen
usw. Im Fall von Thiozyanat in Kokerei- oder anderweitigen Industrieabwässern, wo
die Anfangskonzentration etwa 800 oder 1200 ppm betragen kann, können als geeignete
Werte der in der ersten Stufe aufrechtzuerhaltenden Thiozyanatkonzentration ein
Minimum von 50 bis 100 ppm, ein Maximum von 300 ppm und ein bevorzugter Pegel von
200 bis 250 ppm gelten.
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Bei der Behandlung von Abwässern, welche Phenole und Thiozyanat zusammen
enthalten, wird vorzugsweise das gesamte Phenol in der ersten Stufe gleichzeitig
mit dem Hauptanteil des Thiozyanats beseitigt, derart daß ein Phenolgehalt von
nicht
mehr als 20 ppm aufrechterhalten wird.
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Das wäßrige Medium mit seinem restlichen Unreinheitsgehalt wird sodann
der zweiten Stufe zugeführt, gewöhnlich zusammen mit der aus der ersten Stufe abgeführten
Population von Mikro-Organismen. In der zweiten Stufe wird die Unreinheit sodann
vorzugsweise dadurch beseitigt, daß man die Aufenthaltsdauer genügend lange wählt,
um eine im wesentlichen vollständige Beseitigung zu gewährleisten. Auch anderweitige,
an sich bekannte Verfahren können verwendet werden, indem man das aus der ersten
Stufe austretende Abwasser als frisches Abwasser niedrigerer Konzentration ansieht
und behandelt, das in lebhaftem Wachstum befindliche Mikro-Organismen in der Nährflüssigkeit
enthalten kann oder auch nicht. Es wäre sogar auch möglich, das Verfahren erster
Stufe vor der endgültigen-restlichen Beseitigung der gesamten Unreinheit zu wiederholen.
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Im folgenden wird ein Ausführungsbeispiel der Erfindung anhand der
Zeichnung beschrieben; in dieser zeigen Fig. 1 eine schematische Darstellung ainer
bevorzugten Ausführungsform der Erfindung, Fig. 2 eine graphische Darstellung typischer
Ergebnisse wie sie mit dem in Fig. 1 veranschaulichten erfindungsgemäßen Verfahren
erzielt werden.
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In Fig. 1 werden Kokereiabwässer kontinuierlich über eine Leitung
11 einem ersten aktivierten Schlammbehälter 12 zugeführt, der mit einem Rührwerk
13 zur Umwälzung und Durchlüftung des Inhalts versehen ist. Die Abwässer enthalten
etwa 800 ppm Phenole und 800 ppm Thiozyanat. Der Schlamm in dem Behälter enthält
phenol- und thiozyanat-zerstörende bzw. -vertilgende Bakterien.
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Die Phenole werden dabei rasch beseitigt, mit der Folge, daß der Behältertank
eine mittlere oder durchschnittliche Phenolkonzentration nahe Null besitzt; das
Thiozyanat wird jedoch weniger schnell entfernt. Flüssigkeitslauge und aktivierter
Schlamm werden aus dem Behältertank 12 über eine Leitung 14 kontinuierlich abgeführt,
und zwar mit solcher Geschwindigkeit, daß der Behältertank auf einem konstanten
Volumen gehalten wird. Dieses Volumen steht dabei zur Strömungsgeschwindigkeit bzw.
zum Durchsatz der Abwässer in einer solchen Beziehung, daß sich eine Aufenthaltsdauer
von 4 Stunden in diesem Behälter ergibt; dies hat eine mittlere Thiozyanatkonzentration
in dem Behälter von etwa 200 ppm zur Folge.
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Ein im wesentlichen konstanter Nährpegel dieser Größenordnung hat
eine ständig wachsende und sich vervielfältigende, lebhaft gedeihende Population
von thiozyanat-vertilgenden Bakterien in dem Tank 12 zur Folge.
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Das über die Leitung 14 aus dem Behältertank 12 abgeführte Material
wird einem zweiten aktivierten Schlammbehälter 16 zugeführt, der ebenfalls mit einem
Rührwerk 17 zur Umwälzung und Belüftung seines Inhalts versehen ist.
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Die Aufenthaltsdauer in diesem zweiten Tank beträgt ebenfalls etwa
4 Stunden und ist ausreichend, um eine mittlere Thiozyanatkonzentration von praktisch
Null zu gewährleisten; daß dies in nur 4 Stunden erreicht wird beruht u.a. auf der
niedrigen Anfangs-Thiozyanat-Konzentration von 200 ppm und der kontinuierlichen
Zufuhr einer großen Population junger und kräftiger thiozyanat-vertilgender Bakterien
aus dem ersten Behältertank 12.
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Aus dem Behälter 16 werden aktivierter Schlamm und Flüssigkeitslauge
durch eine Leitung 18 in einen Schlammabsetzbehälter 19 abgeführt, aus welchem thiozyanat-
und phenolfreie Abwasser-Flüssigkeit über die Austrittsleitung 20 austritt. Der
abgesetzte Schlamm aus phenol- und thiozyanat-vertilgenden Bakterien wird aus dem
Absetzbehälter über eine Leitung 21 abgelassen:
ein Teil dieses
Schlamms wird bei 22 als Abfall abgeführt, der Hauptteil wird jedoch über eine Leitung
23 in den ersten aktivierten Schlammbehälter 12 zurückgeführt, um eine Bakterienverarmung
in diesem Behälter zu vermeiden.
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In Fig. 2 veranschaulicht die oberste Linie die anfängliche Thiozyanatkonzentration
in den dem ersten Behältertank 12 zugeführten Abwässern; die mittlere Linie zeigt
die Thiozyanatkonzentration in dem ersten Behältertank 12, und die unterste Linie
die Thiozyanatkonzentration in dem zweiten Behältertank 16, bei Beobachtung über
eine Betriebsperiode von 8 Tagen.
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Die Entfernung des Thiozyanats benötigt eine Gesamt aufenthaltsdauer
von 8 Stunden. In einem vergleichbaren einstufigen Aufbereitungsverfahren wäre eine
Aufenthaltsdauer von etwa 20 Stunden erforderlich.
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Patentansprüche: