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Calciumsulfat-ß'-Halbhydrat und Verfahren zu seiner Herstellung Die
Erfindung betrifft ein neues Calciumsulfat-Halbhydrat mit gegenüber bekannten Dehydratationsprodukten
des Calciumsulfat-Dihydrats (Gips) besonderen Eigenschaften. Des weiteren ist Gegenstand
der Erfindung ein Verfahren zur Herstellung des neuen Produktes.
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Das System CaS04-H20 ist in vielen wissenschaftlichen Arbeiten untersucht
worden. Danach existieren in Abhängigkeit vom Dehydratations- und Brenngrad die
folgenden Phasen und Formen: Dihydrat (Gips) CaSO -. 2H20 α-Halbhydrat CaSO4
. 1/2H20 ß-Halbhydrat CaSO .- 1/2H20 α-Anhydrit III CaSO 4 ß-Anhydrit III
CaSO4 Anhydrit II CaSO 4 Anhydrit I CaSO4
Da nur Dihydrat und Anhydr
it II als natürliche Gesteine vorkommen, kann man bei der Bindemittelherstellung
vornehmlich lediglich von diesen natürlichen Rohstoffen ausgehen. Hinzu kommen synthetische
Gipse, sogenannte Abfallgipse, die bei verschiedenen chemischen Verfahren, beispielsweise
bei der nassen Phosphorsäuregewinnung anfallen.
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Die Verwendung von Dehydratationsprodukten des Gips es als Bindemittel
beruht bekanntlich auf der Fähigkeit des ganz oder teilweise entwässerten Gipses,
durch Wasseraufnahme wieder in die Hydrate überzugehen und dabei zu erhärten. Dabei
stehen wesentliche Eigenschaften der erhärteten Bindemittel im Zusammenhang mit
der dehydratisierten Ausgangsphase, aus der sie sich gebildet haben. Beispielsweise
unterscheiden sich technologisch die Halbhydrate insbesondere in bezug auf Einstreumenge,
Ausdehnung beim Abbinden, Versteifungsende sowie Biege- und Druckfestigkeit der
erhärteten Produkte. Hinzu kommt die Abhängigkeit dieser spezifischen Eigenschaften
von der Korngröße und der Art des Ausgangsmaterials (z.B. Naturgipse verschiedener
geologischer Formationen wie Zechstein- oder Keupergips und auch Chemiegips).
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Die insbesondere für die Bindemittelherstellung wichtigen Phasen des
Systems CaS04-H20 sind unter anderem die Halbhydrate und Anhydrite III. In Abhängigkeit
von der Temperatur bilden sich nach herrschender Lehre und Meinung zunächst die
Halbhydrate, die dann in die entsprechenden Anhydrit .IIII-Phasen übergehen.
Dabei
können die Herstellungsbedingungen derart gewählt und beeinflußt werden, daß vornehmlich
die gewünschten Phasen im calcinierten Produkt vorliegen. Beispielsweise werdeni-Halbhydrat
und -Anhydrit III im Naßverfahren, insbesondere Autoklavverfahren hergestellt. Ihre
Kristalltracht ist dabei durch Mineralisatoren beeinflußbar. Dagegen bilden sich
ß-Halbhydrat und ß-Anhydrit III im sogenannten trockenen Verfahren, die zum Beispiel
in Gipskochern, Drehöfen oder Mahlbrennanlagen durchgeführt werden. In den calcinierten
Produkten liegen häufig Gemische von Halbhydrat und Anhydr-it III vor. Die Anhydrite
III sind hygroskopisch und wandeln sich durch Rehydration in die entsprechenden
Halbhydrate um.
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Gegenstand der Erfindung ist ein neues Calciumsulfat-Halbhydrat, das
Calciumsulfat-ß'-Halbhydrat, herstellbar aus der Calciumsulfat-Phase Anhydrit III'.
Das neue Produkt zeichnet sich in der Regel gegenüber dem bekannten ß-Halbhydrat
insbesondere durch eine höhere Einstreumenge, sowie höhere Biege- und Druckfestigkeiten
des erhärteten Gipses aus. Eine nicht übermäßige Härte des Gips es bewirkt eine
hohe Elastizität der aus dem neuen Bindemittel herstellbaren Produkte.
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Das neue ß'-Halbhydrat ist von dem bekannten ß-Halbhydrat analytisch
zu unterscheiden. Beispielsweise liegt die spezifische Oberfläche im Bereich von
etwa 4,9 bis 6,2-, insbesondere bei -5,4 bis 5,9 m2/g. In der Differenzthermoanalyse
besitzt das ß'--Halbhydrat einen exothermen Peak bei etwa 3460 C, während
der
endotherme Peak bei etwa 1620 C liegt. Charakteristisch sind darüber hinaus insbesondere
die Röntgenbeugungspeakintensitäten. Während die bekannte ß-Halbhydrat-Phase die
stärkste Intensität bei einem d-Wert von 2,272 aufweist, liegt die stärko ste Intensität
des ß'-Halbhydrats bei d = 2,18A. Die folgenden Intensitätsverteilungen der d-Werte
sind unter anderem für das neue ß'-Halbhydrat charakteristisch: o d-Wert ( A ) 2,18
2,23 2,27 2,34 Peak-Höhe (cm) 8,4 1,5 4,5 4,2 Das neue ß'-Halbhydrat ist in der
Regel frei von Dihydratkeimen und nach dem Altern frei von Spannungen und Störungen.
Es führt nach dem Anmachen zu relativ hohen Biege- und Druckfestigkeiten.
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Die Abbindezeiten liegen bei etwa 3 bis 9 Minuten, das Schüttgewicht
um 0,72 g/ml. Während handelsübliche Halbhydrate dicke bis mittlere relative Konsistenzen
aufweisen, ist die des ß'-Halbhydrats dünn, was eine außerordentlich gute Verarbeitbarkeit
zur Folge hat.
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Das erfindungsgemäße Verfahren,mit dem das neue ß'-Halbhydrat herstellbar
ist, beruht auf der Dihydratentwässerung bei niedrigen Wasserdampfpartialdrücken.
Dabei sind die Reaktionsbedingungen derart zu wählen, daß eine Dihydrat-ß-Anhydrit
III'-Direktumwandlung und anschließend eine Rehydratation stattfindet.
Bei
einer derartigen Direktumwandlung kommt es zu keiner Bildung von Halbhydrat während
der Dehydratation, so daß unmittelbar aus Dihydrat ein Anhydrit entsteht. Während
die bekannten Herstellungsprozesse nach dem folgenden Schema dargestellt werden
können: Dihydratisß-Halbhydrat (->ß-Anhydrit III) ist das neue Verfahren so ausgelegt,
daß erst eine Anhydrit-Zwischenphase entsteht, die dann zß'-Halbhydrat rehydratisiert.
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Das Schema dieses neuen Prozesses kann wie folgt veranschaulicht werden:
Dihydratß-Anhydrit III' + ß'-Halbhydrat.
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Das Zwischenprodukt ß-Anhydrit III'unterscheidet sich vom normalen
ß-Anhydrit III durch charakteristische Kenndaten und Eigenschaften, so daß das Verfahren
zur Herstellung von ßl-Halbhydrat auf einfache Weise kontrolliert werden kann. So
liegen die spezifischen Oberflächen des ß-Anhydrit III' in der Regel über 10 m2/g,
insbesondere zwischen 18 bis 30 m²/g, während die der ß-Anhydrit III-Phase regelmäßig
unter 10 m² /g liegt.
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Die Mikroporen des ß-Anhydrit III' sind rasterelektronenmikroskopisch
bei einer Vergrößerung von 30 000 x nicht aufzulösen.
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Die ß-Anhydrit III-Kristalle besitzen parallel zur c-Achse verlaufende
Risse. Die mit einem Quecksilberdruckporosimeter ermittelbaren Porenverteilungen
zeigen, daß die aus ß-Halbhydrat hergestellten rissigen Anhydrit III-Aggregate eine
Poreno verteilung besitzen, die um 1000 A stark abfällt. In diesem-Bereich liegt
also der größte Teil der Poren. Direkt aus dem Dhydrat gebildete Anhydrite besitzen
dagegen einen gleichmäßigen Abfall der Porenverteilung. Vor allem im Porenfeinbeo
reich unter 500 A besitzt der ß-Anhydrit III' wesentlich mehr Porenvolumen. Dabei
sind Mikroporen bis in Größen von kleiner o 75 A nachweisbar. Die beiden verschiedenen
löslichen Anhydrite lassen sich pulverdilatometrisch voneinander unterscheiden,
da die Anhydrit III-Anhydrit II-Umwandlung mit einer Gitterkontraktion also mit
einer Schwindung einhergeht. Die Pulverdilatometer-Kurven lassen erkennen, daß ß-Anhydrit
III' reaktiver ist und intensiveres Sintern stattfindet, das zu höheren Schwindungen
führt.
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Das Rehydratationsverhalten der Anhydrite III in der Thermowaage bei
einem Restdruck von 1 Torr läßt zwei Bereiche deutlich unterscheiden; nämlich eine
Vor- und Hauptrehydratation.
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Während ß-Anhydrit III bei etwa 39 ° C mit der Hauptrehydratation
beginnt,
die dann wesentlich rascher abläuft (etwa 1 Stunde) als bei ß-Anhydrit III' (etwa
2 1/2 Stunden) zeigt letzterer eine höhere und längere Reaktivität bei Temperaturen
oberhalb 25 ° C. Die Hauptrehydratation beginnt erst bei etwa 25 OC, bei einer Tem-peratur,
bei der die Hauptrehydratation des ß-Anhydrit III bereits abgelaufen ist.
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Auf Grund des Rehydratationsverhaltens ist der ß-Anhydrit III' insbesondere
zur Verwendung als Trockenmittel und Trägerstoff für Katalysatoren geeignet. Darüber
hinaus kann ein Zumischen zu handelsüblichen Gipsprodukten deren Lagerfähigkeit
erhöhen.
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Er wirkt außerdem als Verzögerer in Gipsmörteln und begünstigt deren
Verarbeitbarkeit.
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Das erfindungsgemäße Verfahren zur Herstellung von ßt-Halbhydrat ist
vorteilhaft in kontinuierlich arbeitenden Brennaggregaten, zum Beispiel im Drehrohrofen,
auf dem Rostband oder in einem Zyklon durchzuführen. Besonders geeignet ist das
Wirbelschichtverfahren. Bei den kontinuierlichen Brennverfahren wird der bei der
Dehydratation entstehende Dampf sofort durch die am Brenngut vorbeistreichende Luft
abgeführt, so daß sich zumindest in der Umgebung der einzelnen Brenngutgrtikel ein
entsprechend niedriger Wasserdampttialdruck einstellt. Selbstverständlich sind auch
Verfahren geeignet, die mit Vakuum arbeiten.
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Sehr gute Ergebnisse werden zum Beispiel erzielt, wenn der Wasserdampfpartialdruck
im Brennaggregat bei der Dehydratation unter 20 Torr, insbesondere zwischen 5 bis
10 Torr liegt und der Rohstoff Korn-Größen unter etwa 20 mm, insbesondere zwischen
0,2 bis 0,9 mm aufweist. Die Dehydratation wird bei Ofentemperaturen um etwa 130
bis 200 ° C, insbesondere bei 170 bis 190 0 C durchgeführt. Bei Anwendung eines
Wirbelschichtverfahrens kann unter diesen Voraussetzungen die Verweilzeit im Brennaggregat
etwa nur bis zum 20 Minuten betragen.
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Besonders günstig auf die Eigenschaften des ß'-Halbhydrats wirkt sich
aus, wenn das dehydratisierte Produkt unter Vakuum beispielsweise in einem Kühl
schacht auf Außentemperatur abge -kühlt und anschließend durch atmosphärische Luft
rehydratisiert wird.
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Das erfindungsgemäße ß'-Halbhydrat eignet sich auf Grund seiner Geschmeidigkeit
gut zur Verwendung als Baugips. Die hohe Druck- und Biegefestigkeit verbunden mit
einer hohen Elastizität ermöglichen in. besonderem Maße die Herstellung von Fertigteilen.
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Besondere Bedeutung erlangen dabei Wandbauplatten und Gipsdielen zur
Herstellung leichter Trennwände sowie Gipskarton- und Gipsfaserplatten, die zur
Verkleidung von Wänden und Decken sowie als Putzträger dienen. Auch geschoßhohe
Gipsbauelemente und Gipsdeckenbaukörper für Stahlbetonrippendecken
sowie
großformatige Gipsbausteine können erzeugt werden.Gelochte Deckenplatten zur Nachhallregulierung
oder für Belüftungszwecke sind ebenfalls daraus herstellbar. Darüber hinaus eignet
sich das erfindungsgemäße Produkt insbesondere wegen der hohen Geschmeidigkeit zur
Verwendung als Modell- und Formengips sowie als Dentalgips.
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Anhand des folgenden Beispiels wird der Gegenstand der vorliegenden
Erfindung näher erläutert: Beispiel 1 Einem Drehrohrofen, der mit trockener Luft
einer Temperatur von 120 0 C gespült wurde, wurde Gips einer Körnung von 0,2 bis
0, 9 mm aufgegeben. Die Temperatur im Ofen betrug 140 ° C.
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Die Spülluftmenge wurde so bemessen, daß der WasserdamptarEaldruck
bei etwa 7 Torr lag.
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Mittels Messung der spezifischen Oberfläche wurde die Direktumwandlung
Dihydrat in Twß-Anhydrit III' kontrolliert. Das dehydratisierte Produkt wanderte
aus dem Drehrohrofen in einen Vakuumbehälter (Restdruck etwa 1 Torr) und wurde dort
auf Außentemperatur abgekühlt. Anschließend wurde mittels Außenluft die Rehydratation
durchgeführt. Das rehydratisierte Produkt konnte als ß'-Halbhydrat analysiert werden
und war frei von Dihydratkeimen. Das Schüttgewicht lag bei 0,82 g/ml. Es besaß eine
Einstreumenge
von 183 g/ml und Abbindezeiten zwischen 3,45 Minuten
(Beginn) und 9 Minuten (Ende). Die relative Konsistenz des Gipsbreies war dünn.
Die Druckfestigkeit der aus dem rehDrdratisierten Produkt hergestellten Prismen
( 4 x 4 x 16 cm) betrug 205 kp/cm2, die Biegefestigkeit lag bei 77 kp/cm2.
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Es ist möglich, das erfindungsgemäße neue ß'-Halbhydra-t mit handelsüblichen
Gipsbindemitteln zu mischen, um die Eigenschaft dieser Produkte zu variieren. Selbstverständlich
ist es auch möglich, durch Steuerung des Herstellungsprozesses im Endprodukt die
gewünschten Phasengemische herzustellen. Dabei wird und man zunächst bei niedrigen
Wasserdampfpartialdrücken anschließend unter Normal- oder Wasserdampfatmosphäre
arbeiten, um auf diese Weise Produkte der jeweils gewünschten Qualität herzustellen.
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Patentansprüche