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Substanzgemisch zur Erzeugung eines ungiftigen Gases Die Erfindung
bezieht sich auf die Gaserzeugung, insbesondere die Erzeugung ungiftiger Gase.
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Eine Aufgabe der Erfindung ist die Erzeugung von für Mensch und Tier
ungefährlichen Gasen.
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Unter Umständen kann es erforderlich sein, ungiftige Gase zu erzeugen,
die sich normalerweise in der Luft befinden, beispielsweise für Raumfahrzeuge, Unterseeboote,
für den Untertagebergbau und für sonstige abgeschlossene Räume. Ein wesentlicher
Bedarf an derartigen
Gasen besteht für die Füllung von Luftsäcken,
wie sie verwendet und vorgeschlagen werden als Sicherheitsvorrichtung für die Insaßen
von Fahrzeugen.
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Die Gaserzeugung und Gaserzeuger sind seit langem bekannt. Beispielsweise
ist es an sich bekannt, zur Gaserzeugung Treibmittelansätze zu verwenden, wie sie
beispielsweise als Schuberzeuger für Luftfahrzeuge und Geschoße oder als Antrieb
für sonstige Maschinen benutzt werden. Die für solche Zwecke verwendeten Ansätze
enthielten im allgemeinen einen Sauerstoffträger und ein Bindemittel, in dem der
Sauerstoffträger dispergiert ist und in diesen Ansätzen wurde das im allgemeinen
kohlenstoffhaltige Substanz enthaltende Bindemittel verbrannt, wobei giftige und
gefährliche Endprodukte erzeugt wurden, wie Kohlenmonoxid und Kohlendioxid neben
ungiftigem Wasser.
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Andere bislang verwendete gaserzeugende Treibmittel arbeiteten mit
Nitrocellulose, entweder als einzigem Grundstoff oder in Verbindung mit Nitroglycerin
als zweitem Treibmittelgrundstoff, das den Sauerstoffträger in innermolekularer
Form enthält. Die Gaserzeugung mit Nitrocellulose-Grundstoffen erfolgt auch in einem
Verbrennungsvorgang.
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Da die Treibmittel auf Nitrozellulosegrundlage ebenfalls Kohlenstoff
enthalten, werden auch die gleichen kohlenstoffhaltigen Endprodukte erzeugt, die
giftig und gefährlich insoweit sind, als sie die Umgebung von Menschen beeinf lus
sen.
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Diese bekannten gaserzeugenden Substanzen können offensichtlich nicht
ohne Gefahr in einer für die Aufrechterhaltung menschlichen Lebens bestimmten Atmosphäre
verwendet werden. Was Luftsäcke betrifft, so sind diese benutzt und vorgeschlagen
worden, um die Insaßen von Fahrzeugen gegen Verletzungen bei Unfällen zu schützen.
Bei einem Fahrzeugzusammenstoß
wird durch eine geeignete mechanische
Vorrichtung ein Gaserzeuger in Betrieb gesetzt, der den Luft sack schnell aufbläst,
der daraufhin eine Lage zwischen einem Fahrzeuginsassen und Teilen des Fahrzeugs
einnimmt, auf die er aufprallen würde, wenn nicht der aufgeblasene Luftsack dazwischen
läge. Derartige Luftsäcke müssen innerhalb eines kleinen Bruchteils einer Sekunde
aufgeblasen sein, und sie sind im allgemeinen ausserdem so ausgebildet, daß sie
den Gasinhalt des Sacks mit gesteuerter Geschwindigkeit abblasen. Natürlich wäre
es gefährlich, in das Innere eines Fahrzeugs oder eines sonstigen abgeschlossenen
Raums ein giftiges Gas oder ein Gas abzulassen, das die ständige Gegenwart von Sauerstoff
nicht erlauben würde. Der schnelle Reaktionsablauf muß ein kontrollierter Prozeß
sein und muß ohne Explosionswirkung ablaufen.
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Gemäß der Erfindung sind Zusammensetzungen von festen Stoffen vorgesehen,
die weder Bindemittel noch Lösungsmittel enthalten und Gase in einer schnellablaufenden
chemischen Reaktion erzeugen, wobei keine unerwünschten giftigen kohlenstoffhaltigen
Gase entstehen.
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Der erfindungsgemäße Ansatz führt zur Bildung von Stickstoff, Wasser
und Sauerstoff als typischen ungiftigen Gasen, wie sie auch in der Luft vorkommen
und die Gase werden plötzlich, innerhalb von Millisekunden nach Einleitung der Reaktion,
aber ohne Explosionswirkung erzeugt. Derartige Gase erfüllen daher die Voraussetzung
der Erzeugung ungiftiger Gase, die gefahrlos in Luftsäcken und anderen abgeschlossenen
Räumen, die für die Aufrechterhaltung menschlichen und tierischen Lebens bestimmt
sind, verwendet werden können.
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Es ist nicht immer erforderlich, daß jedes dieser ungiftigen Gase
in dem von einem Generator für ungiftige Gase erzeugten Produkt enthalten ist. Beispielsweise
braucht das erzeugte Gas unter bestimmten Umständen keinen Sauerstoff zu enthalten
und kann doch ein unbedenkliches Medium für den Fall sein, daß das erzeugte Gas
in eine Atmosphäre einzubringen ist, die bereits einen ausreichend großen Sauerstoffgehalt
hat.
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Zur Ausübung unserer Erfindung verwenden wir ein bindemittelfreies
Gemisch von festem, anorganischem Sauerstoffträgermaterial und festem, anorganischen
reduzierenden Agens, die zu einer exothermen Reaktion zusammentreten können, bei
der ungiftige und ungefährliche Gase erzeugt werden. Für diesen Zweck geeignete
feste anorganische, reduzierend wirkende Agentien sind beispielsweise die Salze
des Hydrazins, des Hydroxylamins und der Stickstoffwasserstoffsäure. Als für den
genannten Zweck geeignete, oxydierend wirkende feste Substanzen kommen beispielsweise
in Betracht: die Salze oder Salpetersäure, der salpetrigen Säure, der Chlorsäure
und der Perchoorsäure; mindestens eines der anorganischen Reduktionsmittel wird
mit mindestens einem der Oxydationsmittel vermischt, und zu diesem Zweck können
die Substanzen zu passender Korngrösse vermahlen und vermischt werden, so daß eine
Verdichtung des Gemischs bei Verbleib von mögffichst wenig Hohlräumen möglich ist.
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Die Reagenzien werden vorzugsweise zu geringstmöglicher Korngröße
pulverisiert, getrocknet, damit sie frei von Feuchtigkeit sind und dann in einer
inerten, feuchtigkeitsfreien Atmosphäre vermischt. Diese innige Mischung wird dann
in eine Form gepreßt. Als Pressen sind Carverpressen oder Tablettenpressen geeignet,
die das lockere
Pulvergemisch bis annähernd zur theoretisch möglichen
Verdichtung zusammendrücken. Das entstandene, gepreßte Produkt kann die Form einer
Tablette, eines Zylinders, eines Würfels, eines Kegels, eines Hohlzylinders oder
einer Kugel entsprechend der jeweils verwendeten Preßform haben. Durch die Pressung
wird gewöhnlich eine harte, geformte Masse erzeugt, deren Verdichtung bis zu 96
bis 99 % der theoretisch möglichen Dichte führt.
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Die Einleitung einer chemischen Reaktion in einem derartigen Gemisch
kann in üblicher Weise erfolgen, beispielsweise mit einem erhitzten elektrischen
Draht, oder mit einem üblichen Zünder, wie der gewöhnlich in Sprengsätzen verwendet
wird, oder mit einem Schlagbolzen wie bei einer Pistole oder durch irgendeinen Schlag,
wie er sonst für die Zündung von Sprengladungen erforderlich ist. Wenn die Reaktion
auf diese Weise eingeleitet ist, setzt sie sich wegen ihres exothermischen Charakters
fott und verläuft vollständig.
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Als Beispiel für eine erfindungsgemäße Reaktion wurde die Reaktion
nach Gleichung (1) in Tabelle I unter verdichtetem Helium in einer Crawford-Bombe
durchgeführt.
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Die Gasanalyse nach abgeschlossener Reaktion ergab 67 Mol-% Stickstoff,
30 Mol-% Sauerstoff und Spuren von Wasser.
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Unter den Versuchsbedingungen erschien das erzeugte Wasser kondensiert
undin der Gasanalyse wurde nur die für die Sättigung dieser Gase erforderliche Wasserdampfmenge
gefunden. Die Restmasse wurde als Natriunclorid identifiziert. Die Bildung der Reaktionsgase
verlief im wesentlichen nach der Gleichung (1) in Tabelle I. Nur eine geringfügige
Menge Stickstoffoxydul (Lachgas) war als Ergebnis einer unbedeutenden Nebenreaktion
nachzuweisen;
es entstand möglicherweise während der Zündphase.
Stickstoffoxydul ist ein für medizinische Zwecke verwendetes ungiftiges Gas.
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Die Reaktion verlief in meßbarer Form. Die nachstehenden Tabellen
III und IV zeigen, daß der Substanzansatz nicht als Explosivstoff sondern als Gemisch
wirkte, das die Gase im Rahmen einer chemischen Reaktion ohne Explosionswirkung
bildete.
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Diese Auswahl von Reduktionsmitteln und Oxydationsmitteln erzeugt
in ihrer chemischen Reaktion nur Gase, die weder Kohlenstoff noch N02 oder NO oder
andere giftige Gase enthalten. Die Substanzen werden in Anteilen gemischt, die vorzugsweise
zu stöchiometrischen Ansätzen führen, wenn auch eine gewisse Abweichung von stöchiometrischen
Verhältnissen möglich ist, ohne daß giftige Gase entstehen.
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Eine in nicht-stöchiometrischem Verhältnis vorliegende Substanz darf
nicht so weit vom stöchiometrischen Verhältnis entfernt sein, daß der Reaktionsverlauf
verändert wird und die Erzeugnisse ungefährlicher Gase nicht mehr sicher ist.
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Als im Rahmen der Erfindung verwendbare Reduktionsmittel sind zu nennen:
Natriumazid (NaN3), Hydroxylaminhydrochlorid (NH20H.HC1), Natriumnitrid (Na3N),
Siliciumnitrid (Si3N4), Natriumamid (NaNH2), Magnesiumnitrid (Mg3N2), Natrimnyponitrit
(Na2N202), Hydrazinsulfat (N2H4 H2SO4), Hydrazinhydrochlorid (N2H.2HC1), Titanhydrid
(TiH4), Zirkonhydrid (ZrH2), Magnesiumnitrid (Mg3N2) und Calciumnitrid (Ca3N2).
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Als verwendbare Oxydationsmittel sind zu nennen: Ammoniumperchlorat
(NH4C104), Natriumperchlorat (NaC103) Kaliumperchlorat
(KC104),
Natriumchlorat (NaClO3), Kaliumchlorat (KClO3), Natriumnitrat (NaN03), Kaliumnitrat
(KNO3), Lithiumnitrat (LiN03), Ammoniumnitrat (NH4N03), Bariumnitrat (Ba(N03)2),
Strontiumnitrat (Sr(N03)2), Calciumnitrat (Ca(N03)2), Magnesiumnitrat (Mg(N03)2),
Zinknitrat (Zn(N03)2).
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Natriumperoxid, Bariumperoxid und Kaliumperoxid können entweder als
Reduktionsmittel oder als Oxydationsmittel verwendet werden, je nach der speziellen
Auswahl der Substanzen und dasselbe gilt für Natriumnitrit und Kaliumnitrit. Das
oben unter den Reduktionsmitteln aufgeführte Natriumazid kann unter gewissen, aussergewöhnlichen
Umständen als Oxydationsmittel benutzt werden.
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Typische Reaktionen, bei denen die angegebenen Substanzen verwendet
werden, sind in der untenstehenden Tabelle I beschrieben, und in diesen Reaktionsgleichungen
sind die Reduktionsmittel bzw. die Oxydationsmittel jeweils mit einem über der zugehörigen
Verbindung oder den Gruppen von Verbindungen geschriebenen Buchstaben r bzw. o gekennzeichnet.
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Tabelle I
Tabelle I:
1. N aN 3 ( c ) + WH(C;1OL!c,) -?u'uC1 (cj ( 2L;2(S) 2 0 zu1
2ItO(1,0) ° 2 ( .g ) OL(g), |
r 0 |
2 N 02 (c ) N 74 L'JkC) r 2 (Ct7) ,0 t 2 .oo |
3. 2N0aN02(c) + N.2:,,r)tS04(c);Na2S04(c) T 2N2 (g ) t 3 t)
3tO(l2g) V2G(g) |
4. 2NTaS03(c) '.f2ts4f^^ 4vc)7*aSS04(c) + 2.X72(X + 3fIL0(l,g)
-r3/2O2 (g) |
r (c) -P7Na2S04(c) t- 22(5 -. i!Li3il,g) - 3/237'ri 1' |
5. NllOÜt11Ci'c + ;)2 (C ---Kacl(c) + N + N2(") Ozw 2820i1. |
r ZO.lic) 0 |
6. Nu2011 L-Cr (c) + WatX03(c) aCl(c) -r N(g) + 27n20t gj NaC1 |
-r |
7* Na3tz7T(c) + 3NI:Lc104(c)---> ;NaCl(c) .+ (g) 1 6H0(1>g)
1 302() |
8. Si3N54(c) + t'3(c) + FA4C5CA {c)" 3S'102(c) + 3Nsr=3.(c)
+ |
8N2(g) + 67E20(1,g). |
-r 0C1UL(c)--;j3S;02((=) 0 |
9. Si3N4 Ta3NsC) 7;HsrCl04( 3S~02vc) + JNaC12C3 14N2(g) |
61120(1>g). |
13. Si3'(c) Si3N4 (C ) + 6N GA 65ÅLZ7 C l + 54C1CZC- 30() w
6NaCi(c) i (c ) 2 (f, J |
l I20(1s) |
r 0 |
11. 2WH2(C) + ÀN 4C104(C) r CS 72(-{->) + 3HvCJ "L1/20 |
r |
12. Mgj.N2 + WaC103 , NaCl + 3MgO -t- |
O |
13.a202 + 7,"I4C102 221aCl + N2 + 47X2G + 302. |
r o |
14. Na2N202 v 2NR4C104->- 2Nach. + 2S2 + 302 oL 41120. |
r o |
15. 7KNT02 + N7l4C104 9 CI. C1 + N2 + 202-:?Ä2o. |
16. Ba&.tO3)2 BaSO4 o 2?T2 +31120 + 3/202. |
16. N27n74 HS04 + |
17. N27l4 2jin1 + 2t\0aNO3- 2NaCl + 2N2 3E20 t 3/202. |
18. Ti7LI4 + K8104 TiOj + 27l20 + KC1. |
r o |
19. Zur112 + KC104 " ZrO2 + 1120 1 1/2es + kl. |
r o |
20. Mo3y2 + T.LC104 KCl + 3MgO + N2 3M,gO + 1/20,. |
. . |
21. CafN2 - KzlO4r 7wr.Cl + ^iCciO +N-2 + 2- |
Die Buchstaben in Klammern, (c) bzw. (g) bzw. (1), neben den Verbindungen
oder Produkten bezeichnen deren Aggregatzustand, nämlich "kondensiert" bzw. "gasförmig"
bzw. "flüssig". Man sieht, daß in den Gleichungen Ba durch Sr,- Ca, Mg oder Zn und
Na durch K, Li, Rb oder Cs ersetzt werden kann.
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Nachstehend werden anhand von Beispielen ausfgeführte Reaktionsabläufe
und deren Ergebnisse beschrieben.
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Beispiel 1 Ein Gemisch aus 65 Teilen gemahlenem Natriumazid (Korngröße
10 bis 100 »i) und 117,5 Teilen gemahlenem Ammoniumperchlorat (Korngröße 5 bis 250
µ) ) wurde in einer Carverpresse bis annähernd zur theoretisch möglichen Verdichtung
gepreßt. Das entstandene verdichtete Produkt kann, je nach der verwendeten Form,
Tabletten-, Zylinder-, Würfel-oder Kegelgestalt haben. Die Dichte des Gemischs betrug
1,78 bis 1,785 g/cm3. Die Reaktion wurde folgendermaßen geführt: Eine Crawford-Bombe
wurde in einem Vakuumofen getrocknet, und eine Tablette von 1,7466 g Gewicht und
den Abmessungen 8,6 x 9,8 x 12,4 mm (0,337 " dick, 0,386 breit, 0,488 " lang) aus
dem oben bezeichneten stöchiometrischen Gemisch von Natriumazid und Ammoniumperchlorat
wurde in die Bombe getan. Das Gerät wurde durchgespült und anschliessend mit Helium
(60,9 kg/cm² - 870 psi) beschickt. Das Volumen der Bombe betrug etwa 328 cm3 (20
in3).
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Die Tablette wurde mit einem Chromnickeldraht gezündet.
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Nach einer Verzögerungszeit von ungefähr 0,26 sec erreichte der Druck
innerhalb von 0,27 sec 102 kg/cm2 (1458 psi) und nahm dann sehr langsam ab. Die
Analyse des Gases ergab, abgesehen von Helium:
Stickstoff 67 Mol-%
Sauerstoff 30,0 Stickstoffoxydul 1,7 Wasser 2,5 Ammoniak kein (aus Ultrarotanalyse
und Massenspektrometeruntersuchung) Der Rückstand in der Bombe hatte einen pH von
7,0 und enthielt Chlorid. Offensichtlich war die Zusammensetzung des Gases nahe
derjenigen, die aus einer theoretischen stöchiometrischen Reaktion zu erwarten war,
nämlich Stickstoff und Sauerstoff im Molverhältnis 2 : 1 zu liefern.
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Beispiel 2 Ein getrocknetes Gemisch von 65 Teilen gemahlenem Natriumazid
(Korngröße 10 bis 100 Xu ) und 117,5 Teilen gemahlenem Ammoniumperchlorat (Korngröße
5 bis 250 /u) und 3,65 Teilen Eisenoxid (Korngröße 1 bis 3 /U ) wurde in einer Rechteckform
bis annähernd zur theoretisch möglichen Verdichtung gepreßt. Das entstandene verdichtete
Produkt wurde in Stücke von 8,6 x 9,8 x 12,4 mm (0,337 x 0,386 x 0,488 in.) zersägt.
Nach Zündung mittels eines Chromnickeldrahts in einer Crawford-Bombe unter denBedingungen
des Beispiels 1, jedoch unter Verwendung von Stickstoff als Gas, wurde das Material
in der in Tabelle IV angegebenen Weise abgebaut und ergab die theoretisch zu erwartenden
Gase.
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Beispiel 3 Eine getrocknete, stöchiometrische, innige Mischung von
feingemahlenem
Natriumazid und feingemahlenem Ammoniumperchlorat, Korngröße bei beiden 5 bis 19
,u, wurde in einer Tablettenpresse zu Pillen von 12 mm (1/2 inch) Durchmesser und
3 mm (1/8 inch) Stärke gepreßt. Die Dichte der Tabletten betrug 1,78 g/cm3. Diese
Tabletten wurden bei Zimmertemperatur in Luft aufbewahrt. Nach 24 Stunden war keine
Gewichtszunahme infolge Feuchtigkeitsaufnahme festzustellen.
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Beispiel 4 Eine getrocknete, innige Mischung von feingemahlenem Natriumazid
und feingemahlenem Ammoniumperchlorat, Korngröße bei beiden 5 bis 19 /u, hergestellt
nach Beispiel 3, wurde einer Sicherheitsprüfung unterzogen. Die Ergebnisse an dem
gemahlenen Pulver zeigten, daß das Material nicht besonders empfindlich gegen Schlag,
Reibung oder erhöhte Temperatur ist.
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Beispiel 5 Eine gesättigte wäßrige Lösung von Natriumazid und eine
gesättigte wäßrige Lösung von Ammoniumperchlorat, in stöchiometrischem Verhältnis
vorliegend, wurden in eine Vakuumkammer gesprüht, wodurch das Lösungsmittel schnell
verdunstete und Natriumazid- und Ammoniumperchloratkristalle sehr geringer Teilchengröße
erzeugt wurden. Das getrocknete Gemisch wurde anschliessend gesammelt und zu der
gewünschten Form verdichtet. Die Dichte des Produkts betrug 1,77 g/cm3, und das
Produkt verhielt sich bei seiner chemischen Reaktion ebenso wie das nach Beispiel
1 hergestellte.
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Beispiel 6 Eine innige Mischung von 19,8 Teilen feingemahlenem Hydrazinsulfat
und 30,2 Teilen feingemahlenem Bariumnitrat wurde einem SicherheiStest unterworfen
und in Form gepreßt. Seine Stoßempfindlichkeit t50 9s-Punkt) betrug 55 cm (2 kg
Gewicht). Beim Rotationsreibungsversuch zündete es nicht bei 4000 g Belastung und
3000 U/min. Bei der DTA entstand eine plötzliche Wärmeentwicklung mit Zündung bei
132 0C (2700F). Die Dichte der Tablette betrug 2,0 g/cm².
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Wie oben angegeben, müssen die chemischen Reaktionen zu einer starken
Wärmeentwicklung führen, so daß die Gasentwicklung innerhalb kurzer Zeit abgeschlossen
ist, vergleichbar einem Verbrennungsvorgang. Die Wärmeentwicklungsberechnungen für
die Serie der in Tabelle I angeführten Reaktionen werden nachstehend in Tabelle
II gegeben; die Gleichungsnummern dort entsprechen den in Tabelle I aufgeführten
Gleichungen.
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Tabelle II
Tabelle II Wärmeentwicklung-Berechnungen
#H kcal #H kcal #n (Gase) #n (Gase) Molgewicht H2O (l) H2O (g) je Mol je Mol des
Ansatzes Mol g Mol g H2O(g)/H2O(l) H2O(g)/H2O(l) 1. 182.312 -168.655 -.924 -147.601
-.808 5/3 2.739/1.643 2. 186.496 -78.025 -.418 -56.915 -.305 5/3 2.681/1.608 3.
268.128 -364.06 -1.357 -332.29 -1.239 5.5/2.5 2.051/.932 4. 300.128 -81.180 -.270
-49.474 -.164 6.5/3.5 2.165/1.167 5. 138.489 -72.595 -.524 -51.528 -.372 3.5/1.5
2.527/1.083 6. 154.489 -46.955 -.303 -25.772 -.166 4/2 2.589/1.294 7. 435.471 -443.765-1.019
-380.62 -.874 11/5 2.526/1.148 8. 744.711 -976.09 -1.315 -912.23 -1.229 14/8 1.887/1.078
9. 575.751 -913.88 -1.587 -850.60 -1.477 10/4 1.736/0.694 10. 1079.352 -1691.6 -1.576
-1502.0 -1.391 26/8 2.408/0.741 11. 156.512 -203.575-1.300 -171.905 -1.098 4.5/1.5
2.875/958 12. 207.43 --- -1.635 -333.19 -1.635 1/1 .482/.482 13. 312.99 -205.22
-.656 -163.14 -.521 8/4 2.556/1.278 14. 341.01 --- --- --- --- 9/5-15. 202.61 -
81.58 -.403 60.54 - .299 5/3 2.470/1.483
Molgewicht Mol g Mol g
H2O(g)/H2O(l) H2O(g)/H2O(l) des Ansatzes * 16. 391.51 - 86.50 - .221 - 54.94 - .140
6.5/3.5 1.660/.894 17. 274.97 - 89.60 - .326 - 58.04 - .211 6.5/3.5 2.364/1.273
18. 190.50 --- --- --- --- 2/0-19. 231.80 -291.50 -1.258 - 280.98 -1.212 1.5/0.5
.647/.216 20. 239.54 --- -1.343 - 321.74 -1.343 1.5/1.5 .626/.626 21. 286.82 ---
-1.122 -321.74 -1.122 1.5/1.5 .523/.523 * Tatsächlich entstehen können BaO + SO2
+ 1/2 O2 In obiger Tabelle bedeutet der Ausdruck "#H" einen Wärmeunterschied; der
Ausdruck "kcal" bedeutet Kologrammkalorien (entweder je Mol oder je Gramm); der
Ausdruck "#n (Gase)" gibt die Zahl der Mole Gas an.
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Die Wärmeentwicklungsberechnungen aus Tabelle I zeigen, daß bei den
Reaktionen tatsächlich Wärme erzeugt wird. Betrachtet man beispielsweise die Gleichung
1, so zeigt sich, daß 182,512 g, die 1 Mol des Ansatzes entsprechen, 168,655 kcal
(je Mol) erzeugen, wobei angenommen wird, daß das Wasser als Flüssigkeit anfällt.
Wird das Wasser in Gasform erzeugt, so erzeugt das gleiche Mol des Ansatzes 147,601
kcal (je Mol).
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Diese Zahlen zeigen ferner, daß für jedes Gramm des Ansatzes 0,924
kcal für den Fall erzeugt werden, daß Wasser in flüssiger Form anfällt, und 0,808
kcal, wenn Wasser in Dampfform vorliegt. Im Hinblick auf die Zahl der nach Gleichung
(1) produzierten Mole Gas erzeugten 182,512 g des Ansatzes 5 Mole Gas, wenn Wasser
in Gasform erzeugt wird, und nur 3 Mole Gas, wenn Wasser in flüssigem Zustand entsteht.
Betrachtet man 100 g anstelle von 182,512 g, so werden 2,739 Mole Gas beim Vorliegen
von dampfförmigem Wasser und 1,643 Mole Gas beim Entstehen von flüssigem Wasser
erzeugt.
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Der Schrägstrich zwischen den Zahlen eines Paars bedeutet, daß die
linke Zahl des Zahlenpaars die gasförmige Phase betrifft, die- rechte dagegen die
flüssige Phase. Noch einmal zurückkommend auf de Werte für Gleichung 1: der Ausdruck
5/3 bedeutet: 5 Mole im Falle des Gases und 3 Mole im Falle der Flüssigkeit; und
2,739/1,643 bedeutet: 2,739 Mole Gas und 1,643 Mole im kondensierten Zustand. Diese
Zahlen zeigen, wie ein Luftsack zusammenfällt, nachdem er von einer gasbildenden
Reaktion gemäß Gleichung (1) aufgeblasen worden ist. Es ist erforderlich, möglichst
viele Mole Gas und dabei nicht zu viel Wärme zu erzeugen.
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Die Zahlen der anderen Gleichungen in Tabelle II haben entsprechende
Bedeutung, wie zur Gleichung (1) erläutert.
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Die Schnelligkeit der chemischen Reaktion läßt sicn'vergrössern
oder
beeinflussen, indem Katalysatoren verwendet werden, und man kann Katalysatoren auswählen,
die die Zersetzungsgeschwindigkeit der in dem Ansatz verwendeten Oxydationsmittel
erhöhen oder herabsetzen. Typische Katalysatoren zur Beschleunigung der Zersetzung
von als Oxydationsmittel verwendetem Ammoniumchlorat sind Eisenoxide, Chromsalze
u. dgl..
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Zersetzungsgeschwindigkeiten für spezielle Gleichungen sind nachstehend
in Tabelle III genannt: Tabelle III Zersetzungsgeschwindigkeiten 2 Substanz Druck
(kg/cm² - psia) Geschw.(cm/sec -in./sec) NH4ClO4/NaN3 70 1000 4,4 1,75 141 2000
6,9 2,70 NH4ClO4/NaN3 + 2 % Fe2O3 70 1000 4,4 1,75 141 2000 6,5 2,55 Ein Druckversuch
anhand r Gleichung (1) ergab die nachstehend in Tabelle IV wiedergegebenen Resultate:
Tabelle IV Druckversuche Druck Druckzunahme Substanz Gewicht,g Anfang/Spitze/Ende
beob. berechn.
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NH4ClO4/NaN3 1,569 2450 3215 2470 20 20 psia 1,569 172 227 174 1,40
1,40 kg/cm2
Der Versuch wurde in einer Bombe von 479 cm3 (29,24
cubic inch) vorgenommen, die mit Stickstoff gefüllt war und eine Anfangs- und Endtemperatur
von 22,8 # 0,3°C (73 # 0,5 °F) aufwies.
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Neben der Messung der tatsächlichen Zersetzungsgeschwindigkeit bei
der zur Entstehung ungefährlicher Gase führenden chemischen Reaktion ließ sich durch
andere Sicherheitstests begründen, daß die Zersetzung der Substanzen nicht gefährlich
ist. Das ergibt sich aus der Differentialthermoanalyse (DTA), den Stoßempfindlichkeitswerten
und den Reibungsempfindlichkeitswerten der untenstehenden Tabelle V, die anzeigt,
daß die sichere Handhabung dieser Substanzgemische gewährleistet ist.
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Tabelle V
Tabelle V Zusammenfassung von Daten über
Gaserzeuger Sicherheitstest Substanz Stoßempfindlichkeit* Rotationsreibung** DTA
(50%-Punkt) cm/2 kg Belastung, Temp. °C Temp. °F Beobachtung Gramm/Geschw.Umdr/min.
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NH4ClO4/NaN3 24 4000/6000 negativ 243 469 endotherm 323 638 endotherm
349 685 exotherm 408 791 exotherm NH4ClO4 + 2 % Fe2O3 16,5 4000/3000 negativ 4000/7000
positiv 238 460 endotherm 303 603 exotherm 325 642 exotherm * RDX-Kontrolle 32 **
Kontrollversuch mit üblichem festen Treibmittel: 2080 - 2200 g Belastung bei 3000
Umdr/min
Natürlich kann man bei den beschriebenen Reaktionen oxydierend
wirkende Substanzen benutzen, die aus mindestens zwei beliebigen Oxydationsmitteln
bestehen, und ebenfalls reduzierend wirkende Agentien, die aus mindestens zwei beliebigen
Reduktionsmitteln bestehen.
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Die angegebenen Substanzgemische können auf verschiedenen Anwendungsgebieten
eingesetzt werden. Ausser ihrer Verwendung als Gaslieferer, die ungiftige, in Luftsäcken
anzuwendende Gase erzeugen, kommen andere Anwendungen in Betracht. Beispielsweise
könnten diejenigen Substanzgemische, die bei der Zersetzung Sauerstoff entwickeln,
in einem Notaggregat zur Sauerstofferzeugung eingesetzt werden. Derartige Sauerstoffaggregate
dienen als Rettungsmittel bei Raumunternehmungen, Bergwerksunglücken, beim Unterseebootbetrieb
oder in anderen Fällen, in denen Sauerstoff zur Erhaltung des Lebens verwendet wird.
Die Reaktionstemperatur und die bei der Zersetzung gebildeten heissen Gase lassen
diese Substanzgemische für Feststoffraketenantriebe geeignet erscheinen, als Turbostarter
für Strahltriebwerke, in Gasgeneratoren, in denen Gase auf Kommando erforderlich
sind, etwa für die Steuerung von Geschossen, Schiffen und sonstigen Transportfahrzeugen.
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Schnelle Gasentwicklung wird auch beim Gebrauch von Notbremsen und
bei militärischen Anwendungen gefordert, etwa bei Leuchtkugeln oder Brandsätzen.
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Patentansprüche: