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Verfahren zur Sterilisation von Wasser und/oder wässrigen Lösungen
durch anodische Oxidation mit Gleichstrom und Impulskomponente Die Erfindung betrifft
ein Verfahren zur Entkeimung und/oder Desinfektion von Wasser und/oder wässrigen
Lösungen, wie sie zum Beispiel in der Wasserwirt schaft, in der pharmazeutischen
und chemischen In= dustrie, in Nahrungsmittelbetrieben und in Kranken= häusern anfallen.
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Unter den Oberbegriff ~Keime" fallen folgende Arten von Mikroorganismen:
Viren, Bakterien, Pilze und Protozoen. Entkeimung bedeutet nach DIN 4046 Abtöten
oder Abscheiden der Mikroorganismen durch physika= lische oder chemische Mittel
und Desinfektion bedeu= tet Abtöten von Erregern übertragbarer Krankheiten.
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Abtöten oder Abscheiden aller Mikroorganismen wird als Sterilisation
bezeichnet.
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Mit Mikroorganismen kontaminiertes Wasser und/oder wässrige Lösungen
kommen praktisch in allen Berei= chen der Industrie und Bebenshaltung vor. Sie bilden
für den Umweltschutz ein ernstes Problem.
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Neu errichtete Trinkwasserversorgungsanlagen mit Rohrleitungen, Wasserbehältern,
Filtern, Wasserauf= bereitungsanlagen sowie Druckwindkesseln müssen vor der Inbetriebnahme
sorgfältig entkeimt werden, des= gleichen Anlagen, deren Verkeimung durch routinemäs=
sige Analysen festgestellt wurde.
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Die pharmazeutische und chemische Industrie erzeugt oftmals durch
Mikroorganismen erheblich kontaminierte Abwässer, die gleichzeitig größere Mengen
an oxidier= baren organischen Verbindungen enthalten und somit beim Einleiten in
Gewässer den ohnehin vielfach ge= ringen Sauerstoffgehalt noch mehr vermindern können.
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Die pharmazeutische Industrie hat außerdem einen zunehmenden Bedarf
an Sterilisationsverfahren für Forschungs- und Entwicklungszwecke.
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Die Nahrungsmittelindustrie erzeugt Abwässer, die entweder keimhaltig
sind oder aufgrund ihrer Zusam mensetzung für Mikroorganismen gute Vermehrungsbe=
dingungen bieten. Auch hier sei wieder auf den ho= hen Anteil oxidierbarer Verbindungen
hingewiesen.
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Es sind sehr viele chemische und physikalische Ver= fahren bekannt,
um Mikroorganismen sicher und schnell abzutöten.
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In der Wasserwirtschaft ist Chlorung nach wie vor das Mittel der Wahl.
Hierzu wird Chlorgas in das zu ent= keimende Wasser eindosiert oder es werden chlorabspal=
tende Agenzien zugemischt. (Lit.: DVGW-Arbeitsblatt W 203 "Begriffe der Chlorung")
In neuer Zeit findet das aufwendigere Verfahren der Ozonisierung immer stärkere
Anwendung, weil hierbei nicht nur eine Ver= minderung der Keimzahl festzustellen
ist, sondern auch eine deutliche Geruchs- und Geschmacksverbesserung.
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Zur Entkeimung von Trinkwasserversorgungsanlagen wurden diverse Chemikalien
entwickelt, die auf verkeimte Flächen aufgesprüht werden und dort nach gewisser
Kontaktzeit die Mikroorganismen abtöten.
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Rein physikalische Verfahren, also Hitze sterilisation, Ultraviolettbestrahlung
oder Anwendung ionisierender Strahlen sind in der Wasserwirtschaft aus wirtschaft=
lichen Gründen ungebräuchlich.
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Die pharmazeutische und chemische Industrie verwendet auf der Abwasserseite
-wenn überhaupt- entweder ent= keimende Chemikalien oder in seltenen Fällen Chlorgas.
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Für Laborarbeiten wurden weit subtilere Methoden entwickelt. Die zuverlässige
Hitzesterilisation ist nur auf wärmeunempfindliche Gegenstände beschränkt, wässrige
lösungen werden vorzugsweise bei Temperaturen zwischen 110 und 12000 autoklaviert.
Bei Wasser und/ oder wässrigen Lösungen ist es möglich, die thermischen Wirkungen
von hochfrequenten Wechselströmen zu Steri= lisationszwecken auszunützen. Mikrowellen
sind gute indirekte Wärmequellen und vermögen Wasser und#wässrige Lösungen ohne
störenden Wärmegradienten zwischen Kon taktfläche und Probe innerem zu sterilisieren.
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Auch nichtthermische Sterilisationsverfahren sind bekannt und werden
speziell bei der Entkeimung und/ oder Desinfektion wärmesensibler Gegenstände und/oder
Substanzen angewandt. Hierzu zählen Bestrahlung mit elektromagnetischen Wellen hinreichend
hoher Quanten= energie, also Ultraviolett#, Röntgen- oder Gamma= strahlen. Letztere
dienen neuerdings zum sicheren Entkeimen und Haltbarmachen von Nahrungsmitteln.
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Chemische Sterilisationsverfahren sind für die An= wendungen in Forschung
und Entwicklung problematisch, da grundsätzlich Nebenprodukte entstehen, die ihrer=
seits stören. Für Sterilisation empfindlicher Substra= te, zum Beispiel von Arzneimitteln
oder Impfstoffen,
sind chemische Mittel so gut wie ausgeschlossen.
Die Anwendung von Chlor zum Reinigen oder selektiven Beeinflussen von Bakterien-
und/oder Viruskulturen wurde bereits versuchsweise geprüft, wegen der schlechten
Dosierbarkeit aber nicht weiterverfolgt.
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Rest von freiem Chlor vergiften die empfindlichen Substrate und sind
deswegen ein Hindernis für Bak= teriologie und Virologie, Wie schon erwähnt, fallen
bei Nahrungsmittelbetrieben große Mengen protein- und fettreicher Abwässer an, die
außerdem noch gewisse Mengen von Mineralien enthalten.
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Für Mikroorganismen aller Art sind derartige Medien zur Vermehrung
ideal geeignet. Um solche Abwässer zu sterilisieren, ist es gleichzeitig notwendig,
die Proteine und Fette zu denaturieren, am besten zu oxi= dieren, um sie als Nährstoff
für Mikroorganismen un= brauchbar zu machen.
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Für die Entkeimung von Lebensmitteln selbst gelten strenge Bestimmungen,
die chemische Zusätze hinsicht= lich ihrer Art und Zugabemenge definieren.
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Als physikalische Methoden sind zu erwähnen die Pas teurisierung,
die Gammabestrahlung und schließlich die Verbindung von Tiefkühlung mit energiereicher
Bestrahlung oder die intermittierende Tiefkühlung.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Ver= fahren zu finden,
um Wasser und/oder wässrige Lösun= gen zu entkeimen und/oder zu desinfizieren, ohne
daß ätzende oder giftige Chemikalien zugesetzt werden müssen oder die Temperatur
erhöht werden muß. Die Sterilisation soll automatisch gesteuert werden könnenlum
jeweils optimale Wirkung zu erzielen.
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Diese Aufgabe wurde erfindungsgemäß dadurch gelöst, daß vorzugsweise
zwei Elektroden aus elektrisch leitendem Werkstoff in das zu sterilisierende und/oder
zu entkeimende Wasser und/oder die wässrige Lösung eingetaucht wurden, an denen
eine Gleichspannung und eine impulsförmige Wechselspannung lagen. Die Gleich= spannung
hat einen Wert zwischen 5 und 500 Volt, in besonderen Fällen noch darüber, die impulsförmige
Wechselspannung, kurz Impulsspannung, io bis 800 Volt.
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Die Frequenz der Impulsspannung, also die Folgefrequenz, beträgt zwischen
0,8 und 8 kHz, vorzugsweise 1 kHz, die jeweilige Impulsdauer o,1 bis o.oo1 ms (Millisekunden).
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Die Impulsform ist vorzugsweise rechteckförmig und darf an der Anstiegsflanke
nicht mit einer hohen Spannungs= spitze abschließen. Außerdem hat die Impulsspannung
vor= zugsweise nur Anteile einer Polarität und wird zur Gleich= spannung gegenpolig
angekoppelt. Die Ankoppelung geschieht induktiv oder kapazitiv.
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Besteht der Behälter, in welchem das Wasser und/oder die wässrige
Lösung sterilisiert werden soll, selbst aus einem elektrisch leitfähigen Material,
so kann er vorzugsweise als Anode verwendet werden, wobei gleichzeitig ein rei=
nigender Effekt auftritt.
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Das zu sterilisierende Wasser und/oder die wässrige Lö= sung muß bei
Volumina von über 200 ml mechanisch durch= mischt werden, was vorzugsweise mit einem
Rührwerk oder auch einer Pumpe geschieht.
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Das zu sterilisiernde Wasser und/oder die wässrige Lö= sung soll,
falls aerobe Mikroorganismen abzutöten sind, einen Gehalt von o,1 bis 1,5 %, vorzugsweise
0,5 % lös= licher Chloride haben.
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Weitaus die meisten Abwässer haben derartige Chlorid= konzentrationen,
auch Nährlösungen für Bakterienundphysiologisches Material. Sollte in Ausnahmefällen
kein Chlorid enthalten sein, dann muß eine wie oben beschriebene Konzentration durch
Hinzufügen von bei= spielweise Natrium-, Kalium- oder Ammoniumchlorid eingestellt
werden. Anaerobe Mikroorganismen benötigen zur Abtötung keine Chloride.
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In Fällen, wo besonders starke sterilisierende Wirkung erzielt werden
soll, können zusätzlich lösliche Fluor= ide, wie beispielsweise Natrium- oder Kaliumfluorid,
in einer Konzentration von 0,5 bis 1,7 mg/l beigefügt werden.
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Auch Zugabe löslicher Jodide steigert die entkeimende und/oder desinfiziernde
Wirkung.
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Durch den Elektrolyseeffekt beim Anlegen einer Gleich spannung, wobei
dann ein Gleichstrom fließt, entsteht in Wasser und/oder einer wässrigen Lösung,
die Chloride enthält, atomares Chlor und Sauerstoff an der Anode sowie Wasserstoff
und das entsprechende Kation an der Katode. Die Kationen werden aber im Falle der
Alkali-und Erdalkalimetalle nicht abgeschieden, sondern als tydroside gelöst. Auch
das Chlor wird hydrolysiert und in das C1O -Ion übergeführt. Wasserstoff und Sauerstoff
entweichen als Gase, wobei sich Sauerstoff je nach Tem= peratur bis zu einem gewissen
Grade in Wasser löst.
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Die an der Katode entstehenden Hydroxide steigern die sterilisiernde
Wirkung, da sie Chlorgasbildung vermeiden helfen. Im Falle einer guten Durchmischung
wird das gesamte sich bildende Chlor vom Wasser und/oder der wässrigen zu sterilisierenden
Lösung aufgenommen. Um Knallgas= bildung zu vermeiden, wird die Katode vorzugsweise
mit
einem Diaphragma aus porösem keramischem Material umgeben. Die
Füllung des Diaphragmas erfolgt mit konzentrierter Alkalichloridlösung.
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Die impulsförmige Wechselspannungskomponente hat die Aufgabe, die
Elektroden gleich welcher Bauart und Form ständig von hochohmigen Zwischenschichten
zu befreien. Bei der anodischen Oxidation tritt bei Anwesenheit von Proteinen, Zuckern,
Fetten und oberflächenaktiven Stoffen ein unerwünschter Elektrophoreseeffekt ein,
das bedeutet, die beschrie= benen Stoffe wandern aufgrund ihrer eigenen Ladungen
zur Anode, werden dort in dünner Schicht oxidiert und lagern sich als schwer oder
fast unlösliche Filme dort ab. Die Folge ist, daß nach kurzer Zeit der Innenwiderstand
im System erheblich steigt.
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Durch die impulsförmige Wechselspannungskomponente entsteht an der
Anode eine Turbulenz, die verhindert, daß eine Adsorption in nennenswertem Maße
einsetzt.
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Die Impulsform ist notwendig, damit keine reversiblen Elektrodenprozesse
den Wirkungsgrad der anodischen Oxidation mindern.
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Ein Maß für die keimtötende Wirkung des Verfahrens ist das Redoxpotential,
das mit Hilfe verschiedener Methoden, vorzugsweise mit einer Kalomel- und einer
Platinelektrode zusammen mit einem Elektrometer, gemessen und registriert werden
kann. Bei einem Redoxpotential von ca. 600 mV setzt die Keimtötung bereits ein,
bei 650 mV werden mit Sicherheit schon Viren inaktiviert. (Lit.: Schriftenreihe
des Vereins für Wasser-,Boden- und Bufthygiene Nr. 14b, Seite 23)
Bei
sehr hohen Redoxpotentialen, die hohen Konzentrationen von freiem Chlor bzw. ClO
-Ionen entsprechen, und hohen Konzentrationen an gelöstem Sauerstoffjist die sterilisierende
Wirkung erheblich.
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Die anodische Oxidation kann bei Erreichen einer gewissen Chlorkonzentration
oder eines bestimmten Redoxpotentials jederzeit abgebrochen werden. Ist an den Meßwertaufnehmer
ein Regler angebaut, so kann dies sogar vollautomatisch geschehen, sodaß eine sehr
feinfühlige Arbeitsweise möglich wird.
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Die mit der Erfindung erzielten Vorteile liegen darin, daß Wasser
und/oder wässrige Lösungen durch eine rela= tiv unkomplizierte und störungsunempfindliche
Vorrich tung schnell und nachhaltig entkeimt und/oder desinfi= ziert werden können,
wobei gleichzeitig eine Anreicherung mit Sauerstoff erfolgt. Es ist möglich, die
anodische Oxidation durch Messung des Redoxpotentials innerhalb der zu sterilisiernden
Flüssigkeit fortlaufend zu überwachen und gegebenenfalls sofort abzubrechen. Durch
die impulsförmige Wechselspannung, kurz Impulsspannung genannt, die der Gleichspannung
zugeschaltet wird, kann Adsorption von oberflächenaktiven Substanzen an die Anode
verhindert werden, wodurch sonst der Betrieb nach kurzer Zeit gestört wäre. Die
Entkeimung geschieht durch Abspaltung von atomarem Chlor aus Chloriden, die im Wasser
und/oder der wässrigen Lösung enthalten sein müssen und durch gleichzeitige Sauerstoffbildung.
Die Anwesenheit von löslichen Fluoriden steigert den sterili= sierenden Effekt stark,
weil atomares Fluor entsteht.
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Einige praktische Ausführungsbeispiele des Verfahrens sollen im folgenden
beschrieben werden 1.) Ein Stück Eisenrohr von 200 mm Durchmesser und 1000 mm Länge,
das an einem Ende mit einem Deckel verschlossen war, wurde mit ~leitung= wasser
befüllt, dem noch O,2ja Natriumchlorid zugesetzt waren. In das Rohr wurde konzentrisch
eine Kohlenelektrode von 750 mm Länge und 25 mm Dicke eingesetzt.
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Das Rohrstück war Teil einer alten Abwasser leitung gewesen und hatte
deswegen einen harten Belag von teilweise bis zu 10 mm Stärke auf der Innenwand,
der hauptsächlich aus Fäkalienresten, Sand und Kalkablagerungen bestand. Das Wasser
blieb 24 Stunden bei einer Raumtemperatur von 20 bis 22°C im Rohr stehen und hatte
danach eine Keimzahl von 5000/ml.
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Es wurde nun eine Gleichspannung von 15 Volt an= gelegt und zwar
der Pluspol an das Rohr und der minuspol an die Kohlenelektrode. Die Impulsspan=
nung hatte einen Wert 100 Volt bei einer Folge freauenz von 1 kHz und einer Impulsdauer
von o,o1 ms.
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Die Ankoppelung erfolgte kapazitiv, an der Anode, also am Rohr, waren
negative Impule oszillogra= phisch zu beobachten. Beim Einschalten setzte so= fort
Ga#sbildung ein, der Gleichstrom betrug 2 A bei steigender Tendenz. Schon nach wenigen
Minuten Betriebsdauer konnte deutlich beobachtet werden, daß sich Teile des Belags
im Rohr ablösten, wobei gleichzeitig der Strom anstieg.
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Nach 10 Minuten Einwirkungszeit war das Rohr an einigen Stellen bereits
merklich blank und der Gehalt an freiem Chlor betrug 12 mg/l. Das Redox potential
war auf 950 mV gestiegen. Schon nach ins= gesamt 15 Minuten konnte die anodische
Oxidation abgebrochen werden, weil eine Chlorkonzentration von 35 mg/l bestand.
Der Gehalt an freiem Sauer= stoff in der Probe betrug 8,9 mg/l bei einer Temperatur
von 20°C. Die solchermaßen mit Chlor und Sauerstoff angereicherte wässrige Lösung
blieb anschließend 2 Stunden im Rohr stehen, danach war infolge der natürlichen
Zehrung durch die großen Mengen an oxidierbaren Stoffen der Chlorgehalt auf 10 gll
und der Sauerstoffgehalt auf 3,5 mgjl bei 19 0C abgesunken. Eine Bestimmung der
Keimzahl er= gab, daß nur noch 2 vermehrungsfähige Keime/ml vor handen waren. Nach
weiteren 3 Stunden Wartezeit war die wässrige Lösung vollkommen steril. Das noch
verbliebene freie Chlor wurde mit Natriumthiosul= fat gebunden. Nachdem die wässrige
Lösung abgelassen war, konnte festgestellt werden, daß fast alle teer= krustungen
sich abgelöst hatten, der Rest war bequem durch Abspülen mit Frischwasser zu beseitigen;
Bei diesem Experiment wurde also nicht nur eine Sterili= station erreicht,sondern
auch eine intensive Reinigung.
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2.) Eine Schmutzwasserprobe von 60 1, die einen Keim= bestand von
105/ml hatte und gleichzeitig mit Algen verunreinigt war, wurde einer anodischen
Oxidation von 20 Minuten Dauer ausgesetzt. Die Gleichspannung
betrug
15 Volt, die Impulsspannung 150 Volt bei 1 kHz Folgefrequenz und o,o1 ms Impuls
dauer. Da sich die Wasserprobe in einem Ge= fäß aus nich#tleitend#em Werkstoff befand,
so mußte mit zwei Elektroden gearbeitet werden.
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Die Anode bestand aus einem Kohlenstab von 750 mm Länge und 25 mm
Dicke, die Katode aus einem Edelstahlstab, der mit einem zylindri= schen Diaphragma
aus porösem keramischem Ma= terial umgeben war. Als Füllung wurde konzen= trierte
Natriumchloridlösung verwendet. Durch einen Absaugstutzen konnte an oberen Ende
des Diaphragmas laufend das sich bildende Wasser= stoffgas abgesaugt werden.
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Die Wasserprobe hatte einen hohen natürlichen Chloridanteil, folglich
mußte kein Elektrolyt mehr zugegeben werden. Zur besseren Durchmischung war ein
Rührwerk angebaut worden. Die beiden Elektroden waren 300 mm voneinander entfernt
montiert.
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Kurze Zeit nach Einschalten des Stroms stellte sich ein Gleichstrom
von 15 A ein. Die anodische Oxidation verlief sehr rasch, so daß bereits nach 15
Minuten ein Chlorgehalt von 20 mg/l und ein Sauerstoffgehalt von 13 mg/l bei 15°C
zu messen war. Der oauerstoffgehalt lag sogar jenseits der normalen Sättigungsgrenze.
Die ursprünglich trübe Wasserprobe klärte sich zusehends. Nach insgesamt 25 Minuten
konnte die anodische Oxidation bei Erreichen eines Redoxpotentials von 1000 mV und
einem Chlorgehalt von 40 mg/l abgebrochen werden.
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Nach 48 Stunden Standzeit war der Chlorgehalt auf 15 mg/l gesunken
und der Sauerstoffgehalt hatte sich auf 1o mg/l bei 150C eingependelt. Eine Keimzahlbestimmung
zeigte, daß die Probe steril geworden war.
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3.) Eine Probe von 100 1 protein- und fetthaltigem Abwasser einer
Nahrungsmittelfabrik, das außer= dem noch eine Keimzahl von 106/ml hatte, wurde
in einem Edelstahlgefäß der anodischen Oxidation ausgesetzt. Als Anode diente das
Gefäß, während die Katode wie im Beispiel Kr.3 aus einem Stahl= stab mit Diaphragma
und Natriumchloridlösung be stand. Der großen Menge wegen war auch hier ein Rührwerk
erforderlich.
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Die Gleichspannung betrug 25 Volt. Zur Vermeidung von Abscheidungen
wurde die Impulsspannung auf 400 Volt erhöht, die Folgefrequenz betrug wie in den
vorangegangenen Beispielen 1 kHz bei o,o1 ms Impulsdauer. Der Gleichstrom betrug
kurz nach dem Einschalten 15 A. Die Abwasserprobe hatte vor Beginn der anodischen
Oxidation keinen gelös= ten Sauerstoff, der Gehalt an löslichen Chloriden betrug
1,1%. ir1rotz einwandfreien Funktionierens der Apparatur konnte in den ersten 10
Minuten kein Anstieg des Redoxpotentials und des freien Chlors festgestellt werden,
lediglich der Sauerstoffgehalt stieg langsam. Nach weiteren 10 Minuten war dann
ein sprunghafter Anstieg des Redoxpotentials zu beobachten, offenbar war der sog.
Knickpunkt er= reicht, also alle oxidierbaren Verbindungen waren oxidiert. Der Gehalt
an freiem Chlor stieg sofort auf 45 mg/l an, der Sauerstoff auf 1o.1 mg/l bei 17°C.
Eine kontrolle der Keimzahl ergab wesent=
liche Veränderungen,
denn es konnten nur noch 15 Keime/ml nachgewiesen werden. Nach einer Standzeit von
12 Stunden sank der Gehalt an freiem Chlor auf 25 mg/l ab, die Keimzahl auf 1 Keim/ml.
Der Geruch der Wasserprobe hatte sich deutlich verändert. Der penetrant faulige
Geruch war nämlich nicht mehr feststellbar, sondern die Probe roch nur noch leicht
nach Chlor mit einem undefinierbaren Nebeneruch.
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Nach weiteren 12 Stunden Standzeit war die Probe völlig steril geworden,
der Chlorgehalt blieb mit 25 El=/l unverändert. Durch Zugabe von 10 g Natrium= thiosulfat
wurde das freie Chlor gebunden und die nunmehr sterile und sauerstoffangereicherte
Wasser= orobe konnte gefahrlos in ein offenes Gewässer ge= leitet werden 4.) Es
wurde eine Kultur chlorresistenter Keime mit einer Keimzahl von 107/ml angezüchtet
und 10 ml davon einer anodischen Oxidation unterzogen. Die benötigte Bouillon hatte
eine Natriumchloridge= halt von 0,9%. In ein Reagenzglas wurden zwei Stahl= elektroden
von 2,5 mm Dicke und 170 mm Länge mit einem Abstand von 12 mm eingesetzt und daran
eine Gleichspannung von 6 Volt gelegt. Die Impulsspan= nung betrug 30 Volt mit 1
kHz Folgefrequenz und o,o1 ms Impulsdauer. Der Gleichstrom betrug 1 A.
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Schon nach 5 Minuten Betriebsdauer war eine Chlor konzentration von
100 mg/l und eine Sauerstoff= konzentration von 1 ob 1 mg/l bei 150C erreicht.
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Nach 5 Minuten Wartezeit war die Kultur steril.
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Zum Vergleich wurde aus derselben Kultur wieder eine Menge von 10
ml entnommen und mit Hilfe von Chlorgas auf 100 mgChlor/l eingestellt. Nach ins
gesamt 10 Minuten hatte die Probe noch eine Keim= zahl von 100/ml. Erst nach 12
Stunden Wartezeit war die Probe völlig steril.
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Dieser Vergleich zeigt, daß die anodische Oxidation einer herkömmlichen
Chlorung signifikant überlegen ist.
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5.) 10 ml der in Beispiel Nr. 4 bereits verwendeten Kultur von 107/mlKeimen
chlorresistenter Stämme amide mit der gleichen- Apparatur bei gleichen elektrischen
Einstelldaten wiederum anodisch oxi= diert, nur wurden vorher 0.5mg Natriumfluorid
zu gesetzt. Die Sterilisationswirkung war stark er= hoht, denn nach 30 Sekunden
Einwirkungszeit bei 1 A war die Probe vollkommen frei von vermehrungsfähigen Keimen.
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6.) 10ml einer Kultur von 107/ml der anaeroben Sporen= bildner Clostridium
perfringens wurden in einem absolut sauerstoff- und chloridfreien Spezialnähr= medium
angezüchtet. Durch anodische Oxidation mit der Apparatur von Beispiel Nr. 4 und
den gleichen Einstelldaten gelang es, die Keimzahl innerhalb von 20 sec. auf 101
zu bringen. Diese Wirkung wur de allein durch den abgespalteten Sauerstoff er= zielt,
denn die zuvor sauerstofffreie Probe hatte anschließend einen Wert von 9,1 mg/l
bei 200C.
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7.) Eine mit Fäkalkeimen und Enteroviren stark verkeimte Probe aus
einem Schwimmbad sollte durch anodische Oxidation keimfrei gemacht werden, ohne
daß die Chlorkonzentration die Normgrenze für Badewasser von o,6 mg/l über= schreitet.
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10 1 dieses Wassers mit einer Gesamtkeimzahl von 1200/ml, einer Colikeimzahl
von 240/iooml und einer Virenkonzentration von 130 plaquebildenden Viruseinheitenil
wurden in einem Glasgefäß anodisch oxidiert, wobei zwei Elek= troden aus Edelstahl
verwendet wurden, die an einem gemeinsamen Träger befestigt waren. Die Elektroden
waren stabförmig gebaut und hatten eine Dicke von 5 mm und eine Länge von 500 mm.
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Der Abstand der beiden Elektroden betrug 100 mm. Auch hier war wieder
ein Rührwerk vonnöten, da die große Wassermenge ständig an den Elektroden vorbeigeführt
werden mußte.
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Bei einer Gleichspannung von 12 Volt und einem Gleichstrom von 10
A, verbunden mit einer Im= pulsspannung von 100 V , einer Folgefrequenz von 1 kHz
und einer Impulsdauer von o,oi ms, war das Wasser nach 20 Minuten steril. Das Redox=
potential betrug während der Behandlung 650 mV, die Chlorkonzentration o,5 mg/l,
der Sauerstoff= gehalt stieg von 2,5 mg/l auf 9.3 mg/l bei 200C.
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8.) 10 ml einer Wasserprobe, die 100 plaque-bildende Viruseinheiten/l
und eine Colikeimzahl von 10#/ml hatte, wurde derart schonend anodisch oxidiert,
daß ein Redoxpotential von 600 mV nicht überschrit= ten wurde. Hierzu diente wiederum
der Versuchs=
aufbau von Beispiel Nr. 4.
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Die Gleichspannung war auf 4 Volt reduziert, eben= so die Impulsspannung,
die jetzt 10 Volt betrug.
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Die Folgefrequenz war 1 kHz, die Impulsdauer wie üblich o,o1 ms.
Die Expositionszeit war war auf 2 Stunden festgesetzt, die Inkubations temperatur
auf 25 0C.
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Nach dieser Zeit wurde eine Restkonzentration von 0,3 ing/l Chlor
ermittelt, das mit 2 mg Natriumthiosulfat gebunden wurde. Die Kontrolle der Keimzahlen
ergab, daß alle Colikeime ab= getötet waren, die Viren jedoch mit 90 plaquebildenden
Viruseinheiten nur geringgradig in= aktiviert waren.
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Durch feinfühliges Einstellen des Redoxpotentials ist es also möglich,
Bakterien bei An= wesenheit von Viren selektiv abzutöten, weil viele Viren erst
ab einem gewissen, für die jeweilige Art typischen Redoxpotential inak= tiviert
werden.
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9.) 100 ml Humanserum mit einem Gesamtproteinge= halt von 7,5% wurden
mit Escherichia coli an= gereichert und hatten deswegen einen Keim= bestand von
107/ml. Eine Probe davon wurde mit 5 Volt bei 500 mA und einer Impulsspannung von
25 V bei 1 kHz Folgefrequenz und o,o1 ms Impulsdauer 30 Minuten lang anodisch oxidiert.
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Die Inkubationstemperatur betrug 37 0C, das Redoxpotential war auf
genau ir 625 mV ein= gestellt. Es gelang während der festgesetzten Zeit durch Regelung
der Gleichspannung, das Serum zu
sterilisieren, ohne daß Proteine
aufgrund des Elektrophoreseeffektes die Anode mit einem Film überzogen hätten.
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Das Humanserum war anschließend natürlich für medizische oder biologische
Zwecke unbrauch bar. Der Versuch sollte nur als Modell für proteinhaltige wässrige
Lösungen dienen.
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1o.) Ein 100 Behälter für Melasse, der im Inneren einen starken Schimmelpilzbefall
zeigte, sollte durch anodische Oxidation gereinigt und ent= keimt werden. Als Anode
wurde wiederum der metallische Behälter selbst gewählt, als Katode diente wie in
Beispiel r. 3 ein Edelstahlstah, der von einem mit Natriumchloridlösung gefüllten
Diaphragma umgeben war.
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Der Behälter wurde mit o,3 zeiger Natriumchlorid= lösung gefüllt,
eine Umwälzpumpe diente zur Durchmischung. Es zeigte sich, daß der Innenwi= derstand
sehr hoch war, weil sich Melassereste in der Natriumchloridlösung auflösten. Es
war deswegen notwendig, daß mit 380 V Gleichspannung bei 10 A Gleichstrom gearbeitet
wurde. Die Im= puls spannung mußte dementsprechend auf 600 Volt erhöht werden, Folgefrequenz:1
kHz, Impulsdauer: o,o1 ins.
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Xtwa 15 Minuten nach Beginn der anodischen Oxida= tion begann sich
der Schimmelrasen abzulösen, Chlor und Sauerstoff waren noch nicht nennenswert erhöht.
Das Redoxpotential lag bei 300 mV.
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Kach weiteren 20 Minuten stieg das Redoxpotential allmählich an und
erreichte schließlich~750 mV.
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Durch Regelung der Gleichspannung konnte dieser vorgegebene Wert
1 Stunde lang konstant gehalten werden, danach wurde die anodische Oxidation abgebrochen.
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Die wässrige Lösung hatte nur einen Chlorgehalt von o,3 mg/l, also
war sie für das Abwasser un= bedenklich und konnte in die Kanalisation gelei tet
werden.
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Der Behälter war im Inneren frei von Schimmer befall und völlig blank.
Ein Abstrich zeigte, daß keine keimfähigen Sporen mehr vorhanden waren.
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ii.) In einer Nährlösung befanden sich 106/ml Serra= tia-Keime. Da
diese Lösung für analytische Zwecke noch benötigt wurde, so bestand die Auf= gabe,
die Keime abzutöten, ohne daß auch nur Spuren von Schwermetallen-aller Art absichtlich
oder zufällig hineinkommen.
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Es--mußten also Elektroden für die anodische Oxi= dation verwendet
werden, die aus einem nicht metallischen Werkstoff bestehen. Es wurden Ker= amikstäbe
verwendet, die einen Widerstand von ca. 50 MOhm hatten. Die Elektrodenstäbe waren
12 Stunden lang mit Chromschwefelsäure entfettet und gereinigt worden, danach wurden
sie mit dest.
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Wasser gespült und 2 Tage in konzentrierte Koch= salzlösung gelegt.
Der Widerstand sank nach dieser Behandlung auf 10 M0hm ab. Die Katode war wieder
von einem gleichfalls mit Chromschwefelsäure behan delten und gut gespülten Diaphragma
umgeben, die
Füllung bestand aus reinster Natriumchlorid= lösung.
Die beiden Elektroden waren in der Nährlösung ca. 40 mm voeinander entfernt, der
Innenwiderstand betrug insgesamt 30 MOhm.
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Da die Nährlösung o,9% Natriumchlorid enthielt, so war keine Elektrolytzugabe
mehr erforderlich.
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Wegen des sehr hohen Widerstands mußte die Spannung an den Elektroden
auf 1500 Volt eingestellt werden, bis ein Gleichstrom von 650 mA zu messen war.
Die Impulsspannung mußte dement= sprechend auf 2500 Volt bei 1 kHz eingestellt werden,
die Impulsdauer betrug o.o1 ins. Bei diesen Einstelldaten arbeitet die anodische
einwandfrei.
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Der Gehalt an freiem Chlor stieg schon nach 5 Minuten Behandlungszeit
auf 5 mg/l an, der Sauerstoff lag bei 9,3 mg/l, die Temperatur der Probe betrug
200C. Nach dieser Zeit wurde die anodische Oxidation abgebrochen und die Probe 2
Stunden lang bei 22 0C inkubiert. Die Keimzahl ergab bei der Kontrolle einen Wert
von ioo/ml. Bei nochmaliger anodischer Oxi= dation mit den gleichen Einstelldaten,
die wiederum 5 Minuten dauerte, stieg der Gehalt an freiem Chlor auf 7 mg/l, das
Redoxpotential betrug 950 mV. Nach 1 Stunde Inkubationszeit bei 22 0C war die Probe
völlig steril. Das noch freie Chlor wurde mit reinster Natriumsulfit= lösung gebunden.
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Es zeigte sich bei der später vorgenommenen Analyse, daß die anodische
Oxidation keinen Einfluß auf die Zusammensetzung der Nährlösung hatte, die Menge
von entstanden Natriumsulfat störte nicht.