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Die Erfindung betrifft einen Zuschlagstoff als Schüttgut für Tretschichten für den Reitplatzbau, bestehend aus einem Gemenge von Naturfasern.
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Als Schüttgut wird ein Gemenge aus Einzelbestandteilen in einem Fluid (Luft) bezeichnet, wobei das Gemenge schüttfähige Eigenschaften aufweist und die Bestandteile sich nicht ineinander auflösen.
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Erfindungsgemäß werden Bastfasern als Zuschlagstoff für Schüttgut verwendet, die auch in einer oder in unterschiedlich aufbereiteten Zustandsformen vorliegen können.
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Bastfasern besitzen einen Stängel, der von Fasern, den Elementarfasern, bündelig umgeben ist. Bei einer mechanischen Aufbereitung werden diese Fasern dann durch das Aufbrechen der Stängel von der Pflanze getrennt, was auch als Faseraufschluss bezeichnet wird.
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Beim anschließenden maschinellen Prozess der Entholzung des Pflanzenstängels wird das anfallende Stroh in Fasern und Schäben getrennt.
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Die Schäben stellen den mengenmäßig größten Teil des Faseraufschlusses dar.
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In jüngster Zeit werden Bastfasern und Schäben verstärkt in der Automobilindustrie für den Innenraumausbau verwendet, beispielsweise für das Armaturenbrett und die Instrumentenabdeckung oder auch für die Türverkleidung als Formteile aus Flachs, Hanf, Jute oder Kenaf zusammen mit Kunststoff als Bioverbundstrukturen. Hier sind die thermischen Eigenschaften wie Hitzebeständigkeit und Wärmeleitfähigkeit der Bastfasern von besonderer Bedeutung.
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Durch Weiterverarbeitungen und als entsprechender Zuschlagstoff finden die erfindungsgemäß bevorzugt verwendeten lignocellulosehaltigen Fasern von Hanf, Flachs, Jute und Kenaf ihre Verwendung auch in der Bauindustrie.
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Nach dem Stand der Technik sind Hanf- und Flachsfasern und deren Schäben in Dämmstoffplatten enthalten. Beispielsweise ist entsprechend der
DE 198 4 704 A1 eine Dämmstoffmatte beschrieben, die eine Füllung aus im Wesentlichen ungerösteten Hanffaserprodukten, nämlich ein Gemisch von Langfasern, Kurzfasern und Schäben aufweist. Weiterhin sind aus der
DE 43 33 758 A1 und der
DE 43 17 239 A1 Dämmstoffe bekannt, bei denen die Füllung aus Naturfasern wie Flachs, Baumwolle, Kokos, Sisal und Stroh oder ähnlichen Stoffen besteht.
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Eine weitere Schrift, die
DE 10 2015 003 373 A1 , betrifft ein Verfahren zur Herstellung eines Dämmstoffes, der aus pflanzlichem Ausgangsmaterial besteht, welches nachträglich hydrophobiert wird, um dieses dadurch zu imprägnieren und um sicherzustellen, dass das pflanzliche Ausgangsmaterial genug wasserabweisende Eigenschaften besitzt.
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In ihrem ursprünglichen Zustand finden entsprechend dem Stand der Technik lingocellulosehaltige Fasern nur Verwendung in Form von Nahrungsmittelzusätze oder als Einstreu für Tiere aller Art.
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Den Tretschichten entsprechend diesen beiden Schriften werden als Zuschlagstoff entweder textile Schnitzel aus Baumwolle oder Viskose beigemengt oder es erfolgt eine Beimengung von Naturkorkgranulat. Beide Zuschlagstoffe zeichnen sich zwar durch umweltfreundliche Eigenschaften aus, jedoch sind Festigkeit und Steifigkeit von Baumwolle und Kork geringer als die von Bast und sowohl Baumwolle wie auch Kork sind nicht beständig gegenüber Säuren und Mikroorganismen wie Pilzen. Baumwolle kann zudem auch 25 % des Gewichts an Wasser aufnehmen. Die Eigenschaften der Zuschlagstoffe bestimmen weitestgehend auch die der Tretschichten.
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Ausgehend von diesem Stand der Technik ist es nun Aufgabe der vorliegenden Erfindung, einen Zuschlagstoff als Schüttgut für Tretschichten bereitzustellen, der umweltfreundlich, staubabsorbierend und gleichzeitig gegen Verrottung weitestgehend stabil ist und sich durch besonders gute chemische und physikalische Eigenschaften auszeichnet.
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Gelöst wird diese Aufgabe durch einen Zuschlagstoff als Schüttgut für Tretschichten für den Reitplatzbau, bestehend aus einem Gemenge von Naturfasern, das dadurch gekennzeichnet ist, dass als Naturfasern ausschließlich Häcksel und/oder Schäben und/oder Vliesgebilde von lignocellulosehaltigen Bastfasern vorgesehen sind.
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Vorzugsweise Ausgestaltungen ergeben sich aus den Unteransprüchen.
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Der erfindungsgemäße Zuschlagstoff für Tretschichten für den Reitplatzbau weist eine hohe Festigkeit, d.h. eine hohe Zug- Druck- und Biegefestigkeit auf, einen geringen Abrieb und eine hohe Elastizität, sodass die Pferdehufe nicht zu tief in die Tretschicht eindringen und auch keine tiefen Spuren hinterlassen. Die Staubentwicklung ist ebenfalls eingedämmt und der Zuschlagstoff ist umweltfreundlich, so dass auch eine problemlose Entsorgung beim Austausch der Tretschicht gesichert ist. Erfindungsgemäß können alle Bestandteile des Bastfaseraufschlusses verwendet werden: die Schäben, die als holzige, große und gleichmäßig gebrochene Bestandteile des Pflanzenstängels bei der maschinellen Dekortikation anfallen und die entsprechenden Häcksel, ebenso wie die den Stängel umgebenden Elementarfasern. Erfindungsgemäß werden Schäben, Häcksel und Vliesgebilde mit einer Länge von 10 bis 40 mm verwendet.
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Besonders gute Eigenschaften für den Reitplatzbau weisen die Vliesgebilde auf. Vliesstoffe sind zunächst lose zusammenliegende Fasergebilde, die durch mechanische, thermische oder chemische Verfestigung der Elementarfasern entstehen.
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Die mechanische Verfestigung erfolgt durch Vernadelung, Wasserstrahlverfestigung oder Kalandrierung. Bei der chemischen Verfestigung wird der Zusammenhalt der Fasern durch die Zugabe eines Bindemittels, beispielsweise von Leim, bewirkt und die thermische Verfestigung erfolgt durch Verschmelzung von hitzesensiblen Komponenten.
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Der erfindungsgemäße Zuschlagstoff in Form von Vliesgebilden, die aus den Elementarfasern der Bastfasern hergestellt sind, weist hervorragende Eigenschaften als Schüttgut für Tretschichten von Reitplätzen auf.
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Es ist weithin auch möglich, die Bastfasern nicht nur als Schüttgut, sondern auch als komplette Tretschicht zu verwenden.
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Anliegend werden nun die physikalischen Eigenschaften wie Faserlänge, Durchmesser, Dichte, Zugfestigkeit, Steifigkeit und Dehnung der Elementarfasern der vier erfindungsgemäß vorgesehenen Bastfasern dargestellt. Tabelle 1:
Stoffe | Faserlänge mm | Durchmesser µm | Dichte g/cm 3 | Zugfestigkeit MPa | Steifigkeit KN/mm 3 | Dehnung % |
Kenaf | 1,5 - 4,0 | 10 - 30 | 1,2 - 1,4 | 150-700 | 10,0 - 30,0 | 1,7 - 2,1 |
Flachs | 20 - 100 | 11 - 33 | 1,4 - 1,5 | 195 - 800 | 60,0 - 80,0 | 1,5 - 4,0 |
Hanf | 15 - 30 | 15 - 50 | 1,5 | 173 - 1000 | 70,00 | 1,0 - 6,0 |
Jute | 1,5 - 2,5 | ca. 20 | 1,4 | 320 | 10,0 - 30,0 | 1,8 |
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Bei den angegebenen Werten ist zu berücksichtigen, dass alle Naturfasern generell eine sehr hohe Variabilität Ihrer Fasereigenschaften innerhalb der Wachstumsphase und entsprechend ihrem Anbaugebiet -und dies innerhalb eines Pflanzenstängels- aufweisen. Die physikalischen Eigenschaften der Fasern sind auch insbesondere von der Luftfeuchte und der Temperatur abhängig, da diese Fasern hygroskopisch sind.
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Nachfolgend werden die Wasseraufnahmefähigkeit und chemischen Bestandteile aufgeführt. Tabelle 2:
| Wasseraufnahme % | Zellulose % | Hermicellulose % | Lignin % | Pectin % |
Kenaf | - | 44,0 - 57,0 | 13,3 | 15,0 - 19,0 | - |
Flachs | 7,0 | 70,0 - 72,0 | 14,0 | 4,0 - 5,0 | 4,0 |
Hanf | 8,0 | 74,0 | 18,0 | 4,0 | 1,0 |
Jute | 12,5 | 71,5 | 13,3 | 13,1 | - |
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Literatur: Pflanzenbauwissenschaften, 4 (1), S. 26 - 41, 2000, ISSN 1431-8857, © Verlag Eugen Ulmer GmbH & Co., Stuttgart, Wikipedia und Juteko 2007, www.juteko.de
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Die vorliegende Tabelle 1 zeigt, dass die einzelnen Faserlängen und Durchmesser stark variieren, während die Dichte der Bastfasern weitestgehend identisch ist und einen Bereich von 1,2- 1,5 g/cm3 abdeckt.
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Die größte Zugfestigkeit der vier Bastfasern besitzen Hanf und Flachs, während Jute eine Zugfestigkeit von 320 MPa (Höchstzugkraft bezogen auf Faserbündeldurchmesser aufweist).
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Gemäß der Erfindung ist entsprechend den gewünschten physikalischen und chemischen Eigenschaften die Zugabe einer ausgewählten Einzelkomponente oder aber auch eine Kombination einzelner oder aller vorgesehenen Bestandteile möglich.
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Entsprechend der Tabelle 2 enthält Kenaf den höchsten Ligningehalt von 19 %. Während die Cellulose für die Zug- und Biegefestigkeit verantwortlich ist, bestimmt Lignin die Druckfestigkeit der Faser bzw. des Zuschlagstoffs.
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Bei Lignineinlagerungen handelt es sich um Polymere mit einer dichten Struktur, die darüber hinaus für Enzyme schlecht zugänglich sind und so die Fasern vor Verrottung und Schädlingen schützen.
Alle Bastfasern weisen einen Ligninanteil auf und verrotten nur schwer. Die Fasern können zusätzlich durch die Behandlung mit Öl oder einer Wasser abweisenden Schicht aus Siliziumpartikeln gegen Verrottung geschützt werden.
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Die Hanffaser (Cannabis sativa L) ist eine sehr robuste und widerstandsfähige Faser, die zusätzlich auch noch großen Zugkräften standhält.
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Entsprechend obiger Tabelle besitzt Hanf eine Zugfestigkeit von bis zu 1000 MPa. Die Wasseraufnahme liegt bei nur 8,5 bis 10 %. Hanffasern sind weiterhin sehr widerstandsfähig gegenüber Säuren.
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Kenaf oder (Hibiscus cannabinus) ist ein tropisches Malvengewächs aus der Familie der Bastfaserpflanzen und macht entsprechend einer bevorzugten Ausführungsform zwischen 10 bis 30 Gewichts% des Schüttguts aus. Kenaf besitzt im Vergleich zu Hanf und Flachs eine große Feinheit sowie Reinheit der Faser. Kenaf weist auch bei einer geringeren Dichte von 1,2-1,4 g/cm3 eine ausreichend hohe Zugfestigkeit von bis zu ca. 700 MPa auf und besitzt gleichzeitig eine hohe Biegefestigkeit.
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Flachs oder Faserlein (Linum usitatis-simum L) weist eine ähnlich hohe Zugfestigkeit und ähnliche Eigenschaften wie Hanf auf.
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Die Zugfestigkeit, insbesondere auch die von Hanffasern, nimmt aber mit zunehmender Einspannlänge ab. Als Begründung hierfür wird angegeben, dass entsprechend der wachsenden Länge der Faser auch eine wachsende Anzahl von Störstellen am Stängel der Pflanze vorhanden sind.
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Erfindungsgemäß wird daher eine Faserlänge zwischen 10 und 40 mm ausgewählt.
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Besonders bevorzugt besteht das erfindungsgemäße Schüttgut aus 20 bis 50 Gewichts% Hanf und 20 bis 50 Gewichts% Flachs, 10 bis 40 Gewichts% Jute und 10 bis 30 Gewichts% Kenaf.
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Für eine derartige Zusammensetzung des Schüttguts konnten besonders gute chemische und physikalische Eigenschaften ermittelt werden. Auch die gleichzeitige Verwendung der unterschiedlichen Zustandsformen der Bastfasern als Häcksel, Schäben und Vliesgebilde erwies sich als vorteilhaft.
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Der Durchmesser der Fasern der Vliesgebilde sollte zwischen 10 und maximal 50µm liegen, da auch die Faserfeinheit die technischen Eigenschaften des Schüttguts bzw. des erfindungsgemäßen Zuschlagstoffs der Tretschicht für Reitplätze bestimmt.
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Feinere Fasern in den Vliesgebilden führen zu einer größeren Festigkeit des Schüttguts bzw. der Tretschicht und beeinflussen so das Verschleißverhalten und die Formbeständigkeit positiv. Weiterhin weist eine Masse von feinen Fasern in ihrer Gesamtheit eine größere Oberfläche auf als eine Masse von groben Fasern, wodurch sich eine bessere Haftung der Pferdehufe infolge der Schüttgutschicht ergibt.
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Die Zugfestigkeit, die die querschnittsbezogene Höchstzugkraft bezeichnet, die Feinheit, Dehnung und Steifigkeit der Bastfasern sind wichtige Qualitätsmerkmale, die eine hohe technische Belastbarkeit einer Tretschicht unter Verwendung des erfindungsgemäßen Schüttguts gewährleisten.
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Das erfindungsgemäße Schüttgut weist in unbehandelter Form in seiner Gesamtheit eine durchschnittliche Wasseraufnahmekapazität von etwa 8-10 % auf, sodass auch die Staubentwicklung verhindert wird. Gleichzeitig verfügt das Schüttgut aber auch über eine hohe Feuchtigkeitsbeständigkeit und eine natürliche Resistenz, insbesondere gegenüber Schimmel, Insekten, Pilzen, Bakterien und Nematoden.
Das erfindungsgemäße Schüttgut verfügt über eine hohe Steifigkeit und Festigkeit, obwohl es nur eine sehr geringe Dichte aufweist und dementsprechend ist das Schüttgut mechanisch stark belastbar und weist aber gleichzeitig nur ein geringes Gewicht auf.
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Auch hinsichtlich des Gedankens der Nachhaltigkeit bietet das erfindungsgemäße Schüttgut große Vorteile.
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Das vollständig aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnene Fasermaterial weist durch den geringen Energiebedarf bei der Herstellung eine positive CO2- Bilanz auf und enthält bevorzugt keinerlei chemische Zusätze.
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Bastfasern weisen weiterhin eine der besten CO2- Absorptionsraten der Pflanzenwelt auf, sodass ein weiterer positiver Nebeneffekt die dynamische Speicherung von atmosphärischem Kohlendioxid im Verlauf der Nutzung ist.
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Insgesamt weist das erfindungsgemäße Schüttgut also in der Ökobilanz ein weitaus überdurchschnittliches CO2- Guthaben auf.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- DE 1984704 A1 [0009]
- DE 4333758 A1 [0009]
- DE 4317239 A1 [0009]
- DE 102015003373 A1 [0010]
- DE 102009019863 A1 [0012]
- DE 202005018255 U1 [0012]