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Die vorliegende Erfindung betrifft eine Vorrichtung zum Aktivieren und Verpressen von kaschierten Bauteilen, insbesondere in der Automobil- und Fahrzeugindustrie.
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Bauteile wie Innenverkleidungsteile, Instrumententafeln von Fahrzeugen oder Bedienteile werden oft mit Dekormaterialien wie Leder, Kunstleder, Kunststoff, TPO2®, TEPEO 2® oder Textilien kaschiert.
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Häufig befindet sich zwischen dem Dekormaterial und dem Bauteil zudem eine Haptikschicht, die einer weichen Haptik dient und die in der Regel aus einem weichen Gewirke („Abstandsgewirke“), einem Vlies, einem weichen schaumartigen Material o.Ä. hergestellt ist.
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Beim herkömmlichen Membranprozess werden die Dekormaterialien auf das Bauteil aufkaschiert, indem das Dekormaterial auf dem Bauteil mit einer dreidimensionalen Kaschiermembran, die den konvexen und konkaven Strukturen des Bauteils vollständig nachgebildet ist, abgedeckt und das Dekormaterial mit dem Bauteil durch Anlegen eines Vakuums verpresst wird. Anschließend kommen das Bauteil mit dem Dekormaterial und der Membran mit dem das Bauteil tragenden Träger in einen Ofen und werden auf ca. 100 °C erwärmt, um den zwischen Dekormaterial und Bauteil befindlichen Klebstoff zu aktivieren. Anschließend wird wieder auf eine Entformungstemperatur abgekühlt.
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Das externe Beheizen des zu kaschierenden Bauteils durch die thermisch isolierende Kaschiermembran hindurch ist sehr träge und führt zu langen Taktzeiten. Der Ofen ist sehr aufwändig und beheizt in jedem Zyklus nicht nur das Bauteil, sondern auch die Bauteilaufnahme und sonstige Peripherien.
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Die
FR 2 981 882 A lehrt ein Verfahren zum Aktivieren und Verpressen einer mit Epoxidharz imprägnierten Glasfaserschicht auf einem Träger. Aus der
GB 2 172 542 ist eine beheizbare Form bekannt, die Herstellung von Schichtmaterialien ist zudem in der
DE 2012/0231107 A1 beschrieben.
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Aus der
DE 102013 113 035 A1 ist eine Vorrichtung und ein Verfahren zum Aktivieren und Verpressen von kaschierten Bauteilen bekannt, bei dem ein Bauteil mit einem Dekormaterial auf einer Form angeordnet und anschließend mit einer beheizbaren Membran abgedeckt wird. Die Membran liegt an der Oberfläche des Dekormaterials an, und in oder an der Membran ist eine Heizstruktur aus einer Widerstandsheizung vorgesehen. Das Dekormaterial wird durch Anlegen eines Vakuums mittels einer Vakuumpumpe und durch Erwärmen der in/an der Membran vorgesehenen Heizstruktur aktiviert und mit dem Bauteil verpresst. Die Membran umfasst wenigstens drei Schichten, die untere Pressschicht, das Trägermaterial mit Heizstruktur und die Deckschicht und besitzt aufgrund der größeren Schichtdicke eine gewisse Eigenstabilität, durch die ein Glätten der Oberfläche des Dekormaterials bewirkt werden kann.
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Durch die mit der Widerstandsheizung beheizbare Membran können kürzere Aufheizzeiten erzielt werden. Die Kaschiermembran bringt jedoch Nachteile in Handling, Entformung und Haltbarkeit mit sich. Die durch den Schichtaufbau bedingte hohe Steifigkeit der Membran führt zu relativ hohen Entformungskräften. Die Membran ist relativ schwer, was zu einem recht hohen Aufwand beim Handling führt. Zudem sind die Abkühlzeiten relativ lang.
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Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, eine Vorrichtung anzugeben, die kürzere Aufheiz- und Abkühlzeiten ermöglicht und das Handling und das Entformen verbessert.
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Diese Aufgabe wird erfindungsgemäß dadurch gelöst, dass eine Membran zum Kaschieren mittels einer Induktionsheizung beheizbar ist.
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Hierzu ist die Membran mit einer elektrisch leitfähig ausgerüsteten Schicht versehen.
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Die Beheizung der Membran erfolgt indirekt und kontaktlos durch die von einem Induktor in der elektrisch leitfähig ausgerüsteten Schicht der Membran erzeugten Wirbelströme. Die Wärme entsteht somit unmittelbar in der Membran selbst und muss nicht durch Wärmeleitung übertragen werden. Die Wärmeleistung ist somit durch An- und Abschalten des Induktors gut steuerbar. Somit können sehr kurze Aufheizzeiten, ein hoher Energieeintrag und eine hohe Heizleistung erzielt werden und das Aufheizen von Werkzeugteilen und sonstigen Peripherien wird vermieden.
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Im Vergleich zur mittels der Widerstandsheizung beheizten Membran werden das Handling und die Haltbarkeit der Membran dadurch verbessert, dass für die Erwärmung dünnere, elastischere und leichtere Membrane verwendet werden können, welche den im herkömmlichen Membranprozess verwendeten Membranen ähnlich sind.
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Zudem können mit der erfindungsgemäßen Vorrichtung die Aufheiz- und Abkühlzeiten im Vergleich zu der mit der Widerstandsheizung beheizten Membran verkürzt, das gesamte Kaschierverfahren beschleunigt und somit die Prozesszeiten optimiert werden.
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Ein weiterer Vorteil der erfindungsgemäßen Vorrichtung ist, dass der zugrunde liegende Anlagenaufbau robust und einfach ist. Durch die Beheizung direkt auf der Dekoroberfläche müssen keine weiteren Anlagenkomponenten/Werkzeugteile thermisch isoliert und vor Personenkontakt abgeschirmt werden. Eine Verbrennungsgefahr ist ausgeschlossen. Der Wegfall eines anlagenseitigen Ofens macht auch den Einsatz kostspieliger Fördertechnik zum Einfahren der Werkzeuge in den Ofen unnötig.
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Die Membran ist vorzugsweise aus Kunststoff und besonders bevorzugt aus Silikon, Latex oder einem Elastomer. Für die notwendige Reißfestigkeit und zur Stabilisierung werden mindestens eine, bevorzugt zwei Stützgewebeschichten in die Membran eingebracht.
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Die Membran weist eine elektrisch leitfähig ausgerüstete Schicht auf. Diese Schicht ist vorzugsweise aus mit elektrisch leitfähigen Additiven wie Eisenpulver, Eisenglimmer, Zinkoxid oder Carbonanotubes modifiziertem Kunststoff oder einem elektrisch leitfähig ausgerüsteten Gewebe (Polyester- oder Nylongewebe/-gewirke mit eingewebten Kupfer- oder Stahllitzen) hergestellt. Im Allgemeinen befinden sich beidseitig der elektrisch leitfähig ausgerüsteten Schicht eine Stützgewebeschicht und eine Kunststoffschicht, vorzugsweise eine Silikonschicht.
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Unter einem „Gewebe“ ist im Rahmen der vorliegenden Erfindung ein textiler Flächenwerkstoff mit guter Drapierfähigkeit und Reißfestigkeit zu verstehen.
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Die Membran umfasst wenigstens vier, bevorzugt fünf Schichten, eine untere Pressschicht, die elektrisch leitfähig ausgerüstete Schicht, eine oder zwei Stützgewebeschichten und die Deckschicht.
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Die Überwachung der Temperatur kann durch ein Pyrometer erfolgen. Eine prozessbedingte Temperaturregelung ist hierdurch auch möglich.
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Die Erfindung wird nachfolgend anhand eines Ausführungsbeispiels näher beschrieben. Es zeigt:
- 1: einen Schnitt durch die Form mit einem kaschierten Bauteil,
- 2: den schematischen Aufbau des Dekormaterials mit Haptikschicht,
- 3: einen Schnitt durch eine Vorrichtung zum Aktivieren und Verpressen und
- 4: einen Schnitt durch die Membran zum Kaschieren.
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1 zeigt einen Teil der Vorrichtung 19 mit einer Form 20 und einer Vakuumpumpe 22. Ein dreidimensionales Bauteil 11, das beispielsweise eine Instrumententafel eines Fahrzeugs sein kann, auf dessen Oberseite ein Dekormaterial 13 drapiert ist, ist in der Form 20 aufgenommen.
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Das Dekormaterial 13 besteht aus einer Deckschicht 10, beispielsweise aus Leder, die die Sichtseite 15 bildet. An der Rückseite des Dekormaterials 13 ist eine Klebstoffschicht 14, die zur Verklebung mit dem Bauteil 11 oder der Haptikschicht 12 dient, vgl. 2.
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Unterhalb der ersten Klebstoffschicht 14 ist in 2 eine Haptikschicht 12 dargestellt, die auf ihrer Rückseite wiederum eine Klebstoffschicht 14' trägt.
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Die Aktivierungstemperatur der Klebstoffschicht 14, 14' beträgt häufig etwa 55 °C.
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Häufig werden Teilbereiche des Bauteils 11 mit einer aus Deckschicht 10, Klebstoffschicht 14, Haptikschicht 12 und Klebstoffschicht 14' bestehenden Schicht aus Dekormaterial 13' kaschiert und andere Bereiche des Bauteils 11 mit einer nur aus Deckschicht 10 und Klebstoffschicht 14 bestehenden Schicht aus Dekormaterial 13, vgl. 2.
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Die Haptikschicht 12 ist vorzugsweise ein Abstandgewirke oder ein Schaumstoff.
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In 3 ist die Vorrichtung 19 zum Verpressen und Aufkaschieren des Dekormaterials auf das Bauteil 11 dargestellt.
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Der Übersichtlichkeit halber ist in 1 und 3 die Schicht aus Dekormaterial 13 schematisch ohne den einzelnen Schichtaufbau dargestellt.
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Die Vorrichtung 19 umfasst die Form 20, in die das Bauteil 11 mit darauf drapiertem Dekormaterial 13 eingelegt ist, wie in 1 beschrieben. Im Inneren der Form 20 in 3 ist der Induktor 40 vorgesehen, der ein an die Bauteilkontur in Gestalt und Größe angepasstes magnetisches Wechselfeld erzeugt.
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In der Form 20 sind Öffnungen 21, die zu der Vakuumpumpe 22 führen. Oberhalb und seitlich der Form 20 befindet sich die Membran zum Kaschieren 24, deren Verlauf der Form 20 der Oberfläche des kaschierten Bauteils 11 entspricht und die über das Bauteil 11 mit der Schicht aus dem Dekormaterial 13 gestülpt werden kann. Die Membran zum Kaschieren 24 wird mittels des Induktors 40 erwärmt, indem der Induktor 40 in der elektrisch leitfähig ausgerüsteten Membran zum Kaschieren 24 kontaktlos Wirbelströme induziert.
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Die Membran zum Kaschieren 24, die in 4 schematisch dargestellt ist, besteht aus einer unteren Pressschicht 26 aus Silikon, einer elektrisch leitfähig ausgerüsteten Schicht 28, zwei Stützgewebeschichten 29 und einer Deckschicht 27 aus Silikon. Somit kann die Membran zum Kaschieren 24 an das Magnetfeld des Induktors 40 ankoppeln und somit wärmeerzeugende Wirbelströme in der Membran erzeugt werden.
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Die Dicke der Silikonmembran 24 beträgt im Allgemeinen zwischen 1,5 mm und 3 mm und vorzugsweise etwa 2,0 mm bis 2,5 mm. Ohne die zusätzliche elektrisch leitfähig ausgerüstete Schicht 28 ist die Membran zum Kaschieren 24 identisch mit der Membran des herkömmlichen Membranprozesses. Damit ist sie deutlich elastischer, leichter und dünner als die bei der mittels Widerstandsheizung beheizten Membran.
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Nachdem die Membran 24 über die Schicht aus Dekormaterial 13 gestülpt ist und der Raum zwischen der Membran 24 und der Form 20 luftdicht verschlossen ist, wird mittels der Vakuumpumpe 22 ein Vakuum erzeugt und dadurch die Schicht aus Dekormaterial 13 gegen das Bauteil 11 gepresst.
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Zudem wird das Dekormaterial 13 durch die mittels des Induktors 40 erwärmte Membran 24 beheizt. Durch die induktive Beheizung der Membran 24 erfolgen ein hoher Energieeintrag und eine hohe Heizleistung und damit sehr kurze Aufheizzeiten. Eine Erwärmung der Bauteilaufnahme und sonstige Peripherien finden vorteilhafterweise nicht statt.
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Durch den direkten Kontakt zwischen Membran 24 und Dekormaterial 13 wird die Wärme unmittelbar auf die Sichtseite 15 des Dekormaterials 13, nämlich die Deckschicht 10, übertragen. Die Wärme wird von der Sichtseite 15 des Dekormaterials 13 weg durch die Deckschicht 10 zu der Klebstoffschicht 14 geleitet, die aktiviert wird.
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Sofern eine Haptikschicht 12 vorhanden ist, wird die Wärme weiter durch die Haptikschicht 12 zu der zweiten Klebstoffschicht 14' geleitet, die ebenfalls aktiviert wird.
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Durch diese Art der Wärmeübertragung wird das Dekormaterial 13 von der Sichtseite 15 her durch den unmittelbaren Kontakt mit der induktiv beheizten Membran 24 erwärmt. Dadurch erwärmt sich das Dekormaterial 13 an der Sichtseite 15 schneller als der rückwärtige Bereich der Schicht aus Dekormaterial 13, insbesondere die Haptikschicht 12. Mit der Erwärmung geht eine Dehnung einher. Durch die unterschiedliche Erwärmung des Dekormaterials 13 wird auch die Sichtseite 15 mehr gedehnt als die Rückseite, was eine Glättung der Oberfläche zur Folge hat.
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Sobald die Aktivierung abgeschlossen ist, wird der Induktor 40 abgeschaltet und damit ein jedes weiteres Heizen unmittelbar unterbunden. Falls gewünscht kann ein Klimagerät 30 eingeschaltet werden, das die Oberfläche der Membran 24 mit kalter Luft überströmt. Dieser Vorgang entzieht dem Schichtaufbau aus Bauteil 11, Dekormaterial 13 und Membran 24 Energie und führt zur Abkühlung der Klebstofffuge bis auf Entformungstemperatur.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Patentliteratur
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- FR 2981882 A [0006]
- GB 2172542 [0006]
- DE 2012/0231107 A1 [0006]
- DE 102013113035 A1 [0007]