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Der Hörsturz oder akute bzw. plötzliche sensoneurale Hörverlust (SSHL) (Sudden Sensorineural Hearing Loss) ist eine ohne erkennbare Ursache (idiopathisch) plötzlich auftretende Erkrankung oder Störung, die das soziale Umfeld und Leben des Betroffenen stark beeinträchtigt. Es handelt sich um eine Funktionsstörung des Innenohrs, die sich in einem plötzlichen Hörverlust oder raschen Fortschreiten einer Beeinträchtigung des Hörvermögens, in vielen Fällen innerhalb eines kurzen Zeitraums von Stunden oder Tagen, manifestiert. Die Beeinträchtigung des Hörvermögens ist häufig eine einseitige Funktionsstörung mit variierendem Schweregrad. Der Hörverlust kann beim Hörsturz von geringgradig bis zur völligen Gehörlosigkeit (Taubheit) reichen, kann alle Frequenzen betreffen oder nur auf wenige Frequenzbereiche begrenzt sein. Man unterscheidet zwischen der sogenannten Hochton-Innenohrschwerhörigkeit (IOS), Mittelton-IOS und seltener Tiefton-IOS, IOS aller Tonlagen sowie fast vollständige oder vollständige Ertaubung. Vom Hörsturz, der einen plötzlichen Hörverlust ohne erkennbare Ursache darstellt, sind Hörstörungen mit erkennbarer Ursache zu unterscheiden. Der Verlauf des Hörsturzes ist sehr unterschiedlich. Ein Hörsturz tritt häufiger in fortgeschrittenem Alter auf, 75% aller Patienten sind bei der Diagnose älter als 40 Jahre.
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Die Ätiologie und Pathogenese von SSHL sind weitgehend unbekannt und können mit herkömmlichen, derzeit zur Verfügung stehenden diagnostischen Verfahren nicht aufgeklärt werden. Mögliche Ursachen können sein: Virusinfektionen, wie Mumps, Herpes, HIV-Erkrankung, Durchblutungsstörungen, Stress, Einblutungen und Verletzungen des Innenohrs, Schädigungen des Innenohrs, wie durch Bestrahlungen oder arzneimittelinduzierte Schädigungen, Tumoren, beispielsweise Akustikusneurinome, Autoimmunerkrankungen, Erkrankungen des zentralen Nervensystems, seelische Erkrankungen, Trauma, oder Innenohranomalien. Als zusätzliche Risikofaktoren werden Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes mellitus, Stoffwechselstörungen, Rauchen und Stress angesehen. Jedoch kann in den meisten Fällen keine definierte Ätiologie angegeben werden.
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Die Diagnose eines Hörsturzes ist daher eine Ausschlussdiagnose, ein akuter Hörverlust wird dann als Hörsturz bezeichnet, wenn keine Ursachen für den plötzlichen Hörverlust festgestellt werden können. Hierzu werden neben der Feststellung der Symptome durch die Befragung des Patienten verschiedene Untersuchungen zur Funktionsfähigkeit des Ohres durchgeführt. Charakteristisch ist ein plötzliches, meist einseitiges Auftreten des Hörverlustes, wobei auslösende oder verursachende Faktoren nicht feststellbar sind.
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Eine Anzahl von experimentellen und klinischen Studien besagt, dass der Einfluss der Gefäße (sog. vaskuläre Risikofaktoren) zur Entwicklung von SSHL signifikant beiträgt. Patienten, die eine kardiovaskuläre Vorerkrankung hatten oder haben, zeigen eine höhere Inzidenz für plötzlichen sensoneuralen Hörverlust (SSHL).
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Kardiovaskuläre Risikofaktoren, wie Diabetes mellitus, Rauchen und Bluthochdruck spielen in der Pathogenese von SSHL ebenfalls eine Rolle.
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Bei Patienten mit SSHL wurde festgestellt, dass eine hohe Blutviskosität und eine erhöhte Plättchenaggregation mit einer verringerten Wiedererlangung der Hörfähigkeit korrelieren. Die Viskosität von Vollblut und Plasma, genauso wie der Fibrinogenspiegel, waren bei Patienten mit SSHL signifikant erhöht, verglichen mit Kontrollen, so dass ein Zusammenhang zwischen der Mikrozirkulation der Cochlea und plötzlicher Taubheit vorzuliegen scheint.
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Mit einem Hörsturz sind häufig weitere Symptome verbunden, wie ein Ohrgeräusch (Tinnitus), das meist einen Ton im hochfrequenten Bereich darstellt, ein Druck(gefühl) im Ohr und/oder Schwindel. Die sensorische Wahrnehmung kann sich am betroffen Ohr auch verändern, da die Rückkopplung bei Berührung der Ohrmuschel fehlt, die Haut fühlt sich dann an wie betäubt oder man hat das Gefühl, man hätte Watte im Ohr. Ein Hörsturz ist jedoch nicht von Ohrenschmerzen begleitet.
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Im Stand der Technik wurde eine Vielzahl von konzeptionell völlig unterschiedlichen Behandlungsmöglichkeiten von Hörsturz beschrieben, von denen die meisten nicht behördlich zugelassen wurden. Da in den meisten Fällen die Ätiologie nicht festgestellt werden konnte, ist eine ursächliche Therapie nicht möglich. Beim Hörsturz werden eine Vielzahl von Therapien angewandt, deren Wirksamkeit jedoch umstritten ist. Die gängigen verwendeten Therapien sind die folgenden:
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• Antiinflammatorische Therapie:
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Zur Therapie werden Glucocorticoide gegeben, deren Einsatz auf der entzündungshemmenden Wirkung basiert, denkbare Schwellungen im Hörorgan sollen reduziert werden. In mehreren klinischen Studien konnte die Wirksamkeit dieser Therapie jedoch nicht eindeutig gezeigt werden.
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• Rheologische Therapie (Durchblutungsverbesserung)
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Diese Therapie umfasst die Verabreichung von Substanzen zur Blutverdünnung, z. B. Dextrane, oder zur Verbesserung der Blutfluidität, z. B. Pentoxifyllin zur Absenkung der Blutviskosität. In einer Fülle von klinischen Studien konnte keine besondere Wirksamkeit im Vergleich zur Glucocorticoidtherapie gezeigt werden.
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• Lokalanästhetika
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Die Behandlung des Hörsturzes erfolgt durch intravenöse Applikation von Lokalanästhetika, zum Teil als Kombinationstherapie mit durchblutungsfördernden Medikamenten. Lokalanästhetika sollen günstige Effekte auf die Funktion der Haarzellen ausüben. Von einer Abmilderung der Ohrgeräusche (Tinnitus) wird berichtet. Für diese teilweise umstrittene Therapie gibt es keine zugelassenen Präparate.
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• Volumenreduktion der Endolymphe
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Die Endolymphe ist eine kaliumreiche Flüssigkeit, die für die Funktion des Hörorgans und des Gleichgewichtsorgans notwendig ist. Die vorgeschlagene Therapie zielt auf die Dehydratation mit z. B. einer Glycerin-Bolus-Behandlung oder Osmotherapie ab.
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• Antioxidantien
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Es wird beispielsweise Vitamin E verabreicht.
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• Verringerung des Fibrinogenspiegel durch Apherese
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Es wird ein extrakorporales Blutreinigungsverfahren durchgeführt, bei dem über eine Fällungsreaktion Fibrinogen im Blut reduziert und abgetrennt wird.
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• Hyperbarische Sauerstofftherapie
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Hierzu wird in einer Druckkammer reiner Sauerstoff eingeatmet.
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Trotz der verschiedenen Behandlungsansätze in der klinischen Praxis ist der Beleg für einen Behandlungserfolg aus kontrollierten klinischen Versuchen sehr begrenzt. Die Beurteilung und der Vergleich der Wirksamkeit bei den verschiedenen Behandlungsverfahren wird durch die gewählten, nicht übereinstimmenden Studiendesigns, die verschiedenen klinischen Endpunkte, verschiedene Definitionen der Studienpopulationen und dergleichen erschwert. Ein weiteres Kriterium, das die erhaltenen Ergebnisse verfälscht, ist die relativ hohe Spontanheilungsrate (Spontanremissionsrate) beim Hörsturz. Man schätzt, dass sich das Hören nach einem Hörsturz ohne therapeutische Maßnahmen in ca. 20% der Fälle autogen bessert.
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Eine zuverlässige Prognose über das Auftreten einer Spontanheilung gelingt nach gegenwärtigem Kenntnisstand allerdings nicht.
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Sämtliche gängigen therapeutischen Ansätze zur Behandlung von Hörsturz werden als empirisch angesehen und keine der herkömmlichen verwendeten Therapien hat eine eindeutige Wirksamkeit gezeigt.
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Bei einer starken Hörbeeinträchtigung, insbesondere wenn sich weitere Symptome, wie ein Ohrgeräusch, Ohrdruck und/oder Schwindel zeigen, ist es jedoch sinnvoll, dass die Therapie so früh wie möglich beginnt, da die Prognose nicht abgeschätzt werden kann. Eine ursächliche Therapie kann bislang aufgrund des Umstandes, dass viele Gründe für einen Hörsturz vorliegen können, meistens nicht durchgeführt werden.
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Es besteht demnach ein Bedarf zur Bereitstellung einer wirksamen Behandlung eines Hörsturzes sowie der damit in Zusammenhang stehenden Symptome und Begleitumstände. Insbesondere soll auch eine Linderung bzw. Abschwächung der Symptome in Zusammenhang mit einem Hörsturz erreicht werden.
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Es wurde nun überraschenderweise gefunden, dass Ancrod bei der Behandlung von Hörsturz wirksam ist und eine positive Wirkung auf die Symptome in Zusammenhang mit einem Hörsturz aufweist.
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Gegenstand der Erfindung ist daher die Verwendung einer pharmazeutischen Zusammensetzung, enthaltend Ancrod, zur therapeutischen Behandlung von SSHL (Sudden Sensorineural Hearing Loss), gegebenenfalls einschließlich der damit in Zusammenhang stehenden Symptome.
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Ancrod (INN) ist ein Enzym, das aus dem Giftdrüsensekret der malayischen Grubenotter Calloselasma rhodostoma isoliert wird. Ancrod wurde für mehr als 15 Jahre in Kanada und Europa zur Behandlung von peripheren Gefäßerkrankungen, Thrombose der tiefen Beinvene, Thrombose der zentralen Retinalvene und zur Prophylaxe bei Gefahr einer Thromboembolie zugelassen und vermarktet. Bekannte Handelsnamen sind Viprinex® und Arwin.
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Zur Herstellung wird das Rohgift in eigenen Schlangenfarmen aus der Giftdrüse der Schlange gewonnen. Aus dem Rohgift wird der Wirkstoff in einem mehrstufigen Verfahren, bestehend aus einer Kombination von Filtrations- und Chromatographieschritten, bis zur finalen Reinheit gereinigt.
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Ancrod spaltet hochspezifisch die Arginin-Glycin-Bindung in der Aα-Kette des Fibrinogenmoleküls und bewirkt eine dosisabhängige und langandauernde Antikoagulationswirkung durch Absenkung der Fibrinogenkonzentration im Blut. Die Verringerung der Plasmafibrinogenkonzentration resultiert in einer klinisch relevanten Verbesserung der rheologischen Eigenschaften des Bluts, d. h. es resultiert eine erhöhte Durchblutung. In einem Versuch mit einem Stück Haut konnte gezeigt werden, dass der Blutfluss als Folge der reduzierten Viskosität durch die erfolgte Defibrinogenierung beträchtlich erhöht werden konnte. Diese therapeutisch induzierte und gesteuerte Hypofibrinogenämie verringert die Plasmaviskosität und die Tendenz der Erythrozyten zu aggregieren soweit, dass die Fließeigenschaften des Bluts bei der Mikrozirkulation entscheidend verbessert werden.
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Ohne durch eine Theorie gebunden sein zu wollen, wird angenommen, dass die Verwendung von Ancrod zur Behandlung eines Hörsturzes darauf beruht, dass vaskuläre (Risiko-)Faktoren die Mikrozirkulation beeinträchtigen und ihre Wechselwirkungen mit dem Koagulationssystem signifikant zur Entwicklung von SSHL beitragen.
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Aus einer Studie geht weiterhin hervor, dass eine Therapie unter Verwendung einer raschen Defibrinogenierung insgesamt zu höheren Besserungsraten bei Patienten mit mäßigen bis schweren Hörbeschwerden als Folge eines Hörverlusts führten, im Vergleich zu einer Behandlung mit Corticosteroiden, die als Standardbehandlung für SSHL gilt.
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Basierend auf den klinischen Ergebnissen zur Defibrinogenierung bei Patienten mit SSHL und den weitreichenden Erfahrungen mit klinischen Studien mit Ancrod im Hinblick auf verschiedene Indikationen scheint eine kurzeitig kontrollierte Hypofibrinogenämie eine sichere und vielversprechende Behandlung für SSHL darzustellen. Es wird daher vorgeschlagen, Ancrod zur Behandlung von SSHL einzusetzen.
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„SSHL” als Abkürzung für Sudden Sensorineural Hearing Loss und der Begriff „Hörsturz” werden im Rahmen der vorliegenden Erfindung als gleichbedeutend verstanden und sollen jede Form eines akuten oder plötzlichen Hörverlusts umfassen, der ohne erkennbare Ursache in einem oder beiden Ohren mit variierendem Schweregrad auftritt.
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Der Begriff ”Behandlung”, wie hier verwendet, soll die Verabreichung einer pharmazeutischen Zusammensetzung gemäß der vorliegenden Erfindung bedeuten, um die Beeinträchtigung des Hörvermögens durch SSHL und die Symptome von SSHL bei einem Patienten abzumildern oder zu beseitigen. Der Begriff ”Behandlung” umfasst ebenfalls die Verabreichung einer pharmazeutischen Zusammensetzung gemäß der vorliegenden Erfindung nach einem Hörsturz, ohne dass weitere zusätzliche Symptome, wie ein Ohrgeräusch (Tinnitus), Ohrdruck und/oder Schwindelgefühl, sowie gegebenenfalls Taubheit der Haut am und/oder im Ohr auftreten.
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Die vorliegende Erfindung richtet sich auf eine neue Verwendung von Ancrod, das in einer pharmazeutischen Zusammensetzung enthalten ist.
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Die Wirksubstanz in Form von Ancrod kann allein oder in Kombination mit ein oder mehreren pharmazeutisch akzeptablen Hilfsstoffen und/oder Trägern in einer pharmazeutischen Zusammensetzung vorliegen. Die ein oder mehreren pharmazeutisch akzeptablen Hilfsstoffe und/oder Träger werden verwendet, um der pharmazeutischen Zusammensetzung positive galenische Eigenschaften zu verleihen ohne die Wirkung von Ancrod zu beeinträchtigen. Die Hilfsstoffe und/oder Träger können die Verabreichung der pharmazeutischen Zusammensetzung erleichtern, die Löslichkeit oder Dispergierbarkeit erhöhen, die Verträglichkeit verbessern, die Wirksamkeit von Ancrod erhöhen, die Stabilität der pharmazeutischen Zusammensetzung verbessern und dergleichen.
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Es können pharmazeutisch akzeptable Träger und/oder Hilfsstoffe Verwendung finden, die dem Fachmann im Stand der Technik bekannt sind. Die ein oder mehreren pharmazeutisch akzeptablen Hilfsstoffe und/oder pharmazeutisch akzeptablen Träger sind bevorzugt ausgewählt aus der Gruppe, bestehend aus Ionen-Austauschern, Lecithin, Serumproteine, Puffersubstanzen, Wasser, Salze, Elektrolyte, Säuren, Basen, Cellulosederivate, Zucker, Zuckeralkohole, Aminosäuren, Polysorbate, Chelatbildner.
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Weitere geeignete pharmazeutische akzeptable Hilfsstoffe und Träger für die erfindungsgemäß verwendeten pharmazeutischen Zusammensetzungen sind dem Fachmann aus dem Stand der Technik bekannt.
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Zur therapeutischen Verwendung wird die pharmazeutische Zusammensetzung dieser Erfindung in einer herkömmlichen Dosierungsform in einer herkömmlichen Art und Weise verabreicht. Bevorzugte Verabreichungswege sind parenteral oder über ein implantiertes Reservoir. Die parenterale Verabreichung ist bevorzugt. Der Begriff „parenteral” umfasst im Rahmen der vorliegenden Erfindung subkutane, intrakutane, intravenöse, intramuskuläre, intraartikuläre, intrasternale, intrathekale und intraläsionale Injektions- oder Infusionstechniken. Ganz besonders bevorzugte Verabreichungswege sind subkutane Injektion und intravenöse Infusion.
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Die pharmazeutische Zusammensetzung kann in Form einer sterilen injizierbaren oder infundierbare Zubereitung vorliegen, beispielsweise als eine sterile infundierbare oder injizierbare wässerige oder ölhaltige Lösung oder Suspension. Die Lösung oder Suspension kann gemäß im Stand der Technik bekannter Techniken unter Verwendung geeigneter Lösungs- oder Suspendiermittel formuliert werden. Pharmazeutische Formulierungen zur Infusion oder Injektion basieren üblicherweise auf einer sterilen Salzlösung, Phosphat-gepufferten Salzlösung, ölhaltigen Suspension oder auf Basis anderer injizierbarer oder infundierbarer Träger, die im Stand der Technik bekannt sind. Diese werden im Allgemeinen steril hergestellt und können mit dem Blut isotonisch sein.
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Die infundierbaren oder injizierbaren pharmazeutischen Zusammensetzungen gemäß der vorliegenden Erfindung können als sterile Lösung oder Suspension zur Injektion oder Infusion in einem parenteral annehmbaren Lösungs- oder Suspendiermittel, beispielsweise in Form eines Verdünnungsmittels, wie Wasser, Ringer-Lösung, isotonischer Natriumchloridlösung, Fettölen, wie synthetischen Mono- oder Diglyceriden, Fettsäuren, wie Oleinsäure, und dergleichen, bereitgestellt werden. Die erfindungsgemäßen pharmazeutischen Zusammensetzungen zur Injektion enthalten im Allgemeinen einen definierten Anteil an Wirkstoff im Bereich von 10 bis 200 IU/ml, insbesondere von 50 bis 100 IU/ml, typischerweise von 70 IU/ml.
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Eine pharmazeutische Zusammensetzung zur Infusion wird hergestellt in einem geeigneten Volumen einer isotonischen Standardin-fusionslösung mit einer Wirkstoffkonzentration im Bereich von 0,2 bis 4 IU/ml, insbesondere von 1 bis 2 IU/ml, typischerweise von 1,2 IU/ml.
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Typischerweise kann die pharmazeutische Zusammensetzung dieser Erfindung mehrmals pro Tag, als Injektion oder Infusion oder alternativ als eine kontinuierliche Infusion verabreicht werden. Die Menge an Wirksubstanz, die mit den Trägermaterialien und/oder Hilfsstoffen kombiniert werden kann, um eine einzelne Dosierungsform zu erzeugen, variiert in Abhängigkeit vom behandelten Patienten und dem speziellen Verabreichungsmodus. Eine typische Formulierung enthält beispielsweise die folgenden Bestandteile: Natriumchlorid zur Isotonisierung und Phosphatsalze zur Gewährleistung eines geeigneten pH-Bereiches. Als Stabilisatoren können pharmazeutisch übliche Hilfsstoffe wie Polysorbate, Zuckeralkohole, Aminosäuren, Disaccharide und weitere dem Fachmann vertraute Substanzen zugesetzt werden.
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Wie dem Fachmann im Stand der Technik bekannt ist, können niedrigere oder höhere Dosierungen je nach Anwendungsfall erforderlich sein. Spezifische Dosierungs- und Behandlungsverordnungen für einen speziellen Patienten hängen von einer Vielzahl von Faktoren ab, einschließlich der Aktivität und der pharmakodynamischen Charakteristika der eingesetzten Wirksubstanz, der Art, der Dauer und dem Verabreichungsweg, dem Alter, der Kost, dem Geschlecht, Körpergewicht und allgemeinen Gesundheitszustand des Patienten, der Art und dem Ausmaß der Symptome, der Ausscheidungs- bzw. Abbaurate, dem Schwergrad und dem Verlauf der SSHL, der Häufigkeit der Behandlung, dem gewünschten Effekt, der Patientendisposition gegenüber SSHL und der Beurteilung des behandelnden Arztes.
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Für die vorgeschlagene Therapie mit Ancrod kann als therapiespezifischer Parameter die Konzentration des Fibrinogen im Blut herangezogen werden. Die Dosierung kann in Abhängigkeit zu diesem Blutwert eingestellt werden. Im Allgemeinen wird die Wirksubstanz Ancrod bei einem Konzentrationsniveau verabreicht, das wirksame Ergebnisse bereitstellt, ohne übermäßig schädliche oder nachteilige Nebenwirkungen hervorzurufen. Angestrebt ist eine therapeutische Intervention mit einer individuell angepassten Infusion in Abhängigkeit von dem Ausgangswert des Fibrinogenspiegels.
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In den vorgesehenen Ausführungsformen ist die Verabreichung entweder als Infusion oder als Injektion vorgesehen.
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Eine einmalige Verabreichung kann ausreichend sein, es können auch mehrere Dosen pro Tag gegeben werden. Bei einer kontinuierlichen Applikation durch Infusion liegt die Dosierung für einen 70 kg Patienten im Bereich von 1 bis 50 IU/h, insbesondere bei 5 bis 20 IU/h und typischerweise bei 10 bis 12 IU/h.
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Anhand der 1 bis 3 wird die Wirksamkeit von Ancrod zur Behandlung von SSHL im Einzlenen erläutert. In den Figuren zeigen:
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1 die Wirkung von Ancrod auf die Fibrinogen-Plasmakonzentration und Leukozytenaggregation im Kaninchen (Berliner et al., Thromb. Haemost., 1987; 58(2), S. 749–7523);
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2 die Leukozytenaggregation im Tiermodell und zwar für die Mesenterialaterie der Ratte und
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3 ein Dosierungsschema für eine Infusion, basierend auf dem Fibrinogenspiegel.
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Die Wirksamkeit von Ancrod auf die Reduktion des Fibrinogenspiegels und auf zelluläre Parameter, denen eine Bedeutung in der Mikrozirkulation der Gefäße zugeordnet wird (z. B. Reduktion der Leukozytenaggregation) konnte in Tierversuchen gezeigt werden. In 1 ist die deutliche Abnahme sowohl der Fibrinogen-Plasma-konzentration als auch der Leukozytenaggregation nach Applikation von Ancrod dargestellt. 2 zeigt die Dosisabhängigkeit der Leukozytenaggregationstendenz in Abhängigkeit zur Ancroddosierung. Aufgrund der Adhäsionskoeffizienten (AC) werden die Leukozyten in vier Klassen eingeteilt: „sticker” (AC = 1,0), „slow roller” (0,8 < AC < 1,0), „fast roller” (0,6 < AC < 0,8) und „nonadhesive” (AC < 0,6). Der Begriff „sticker” bedeutet daher fest adhärierende Leukozyten. In 2 nimmt die Aggregationstendenz der Leukozyten daher von „sticker” über „slow roller” bis zu „fast roller” ab. Bei der höchsten Dosierung von Ancrod mit 100 IU/kg liegt somit der größte Anteil an Leukozyten vom „fast roller”-Typ vor, d. h. die Leukozytenaggregationstendenz hat deutlich abgenommen.
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Weiterhin ermöglicht eine Steuerung der Infusionsrate über die Zeit das Erreichen des gewünschten Fibrinogenspiegels von typischerweise 60–120 mg/dL. 3 demonstriert die Steuerbarkeit des Fibrinogenspiegels in Abhängigkeit von der Ausgangskonzentration durch unterschiedlich lang dauernde Infusionen bei gleich hoher Dosierungsrate. Es ist daher möglich, eine Dosierung von Ancord, basierend auf der Höhe des Fibrinogenspiegels, für jeden Patienten entsprechend auszuwählen und einzustellen.
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Beispiele von pharmazeutischen Formulierungen
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1. Lösung zur Injektion
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Zur Herstellung der Injektionslösung wird der Wirksoff unter Verwendung von Phosphaten zur pH-Wert-Einstellung und von Natriumchlorid zur Isotonisierung auf eine Zielaktivität verdünnt. Die erhaltene Lösung wird frei von Pyrogenen filtriert, und das Filtrat wird unter aseptischen Bedingungen in Ampullen abgefüllt. Eine Ampulle enthält Ancrod im Bereich von 10 bis 200 IU/ml, insbesondere von 50 bis 100 IU/ml, typischerweise von 70 IU/ml.
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2. Lösung zur Infusion
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Zur Herstellung einer Infusionslösung wird der Wirkstoff unter Verwendung von Phosphaten zur pH-Wert-Einstellung und von Natriumchlorid zur Isotonisierung auf eine Zielaktivität verdünnt. Die erhaltene Lösung wird frei von Pyrogenen filtriert, und das Filtrat wird unter aseptischen Bedingungen in Infusionsbeutel abgefüllt. Ein Beutel enthält Ancrod im Bereich von 0,2 bis 4 IU/ml, insbesondere von 1 bis 2 IU/ml, typischerweise von 1,2 IU/ml.
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ZITATE ENTHALTEN IN DER BESCHREIBUNG
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Zitierte Nicht-Patentliteratur
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- Berliner et al., Thromb. Haemost., 1987; 58(2), S. 749–7523 [0045]