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Auf
der Grundlage der metallographischen Struktur kann nichtrostender
Edelstahl in vier Gruppen unterteilt werden: Ferritischer Edelstahl,
martensitischer Edelstahl, austenitischer Edelstahl und Duplex-Edelstahl.
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Duplex-Edelstahl
ist eine Kombination aus ferritischem und austenitischem Edelstahl – daher auch
austenoferritisch genannt.
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Ferritische
und martensitische Edelstähle werden
auch unter der Bezeichnung „Chromstähle” zusammengefasst.
Austenitische Edelstähle
und Duplex-Edelstähle
werden aufgrund der Hauptlegierungselemente der Kategorie der Chromnickelstähle zugeordnet.
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Ferritischer Edelstahl:
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Diese
Stähle
enthalten als einziges Hauptlegierungselement Chrom. Es sind Chromstähle mit
einem maximalen Kohlenstoffgehalt von etwa 0,1%. Durch hinzulegieren
von starken Karbidbildnern wie Titan oder Niob sind auch höhere C-Gehalte möglich. Man
spricht hier von stabilisierten Stählen. Die Chromstähle sind
von Natur aus zunächst
einmal durch Umwandlungshärten
nicht härtbar.
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Herkömmliches
Umwandlungshärten:
Härten
vollzieht sich in der Regel in den drei Schritten Erwärmen, Halten
auf Härtetemperatur
und Abschrecken. Durch die Erwärmung
will man eine Umwandlung des kubisch-raumzentrierten Gitters in
das kubisch-flächenzentrierte
Austenit-Gitter erreichen. Der frei werdende Platz in der Kristallmitte
wird von einem Kohlenstoffatom besetzt. Wird das Bauteil nun sehr rasch
abgeschreckt, hat das Kohlenstoffatom in der Kristallmitte keine
Zeit, um aus dem Gitter herauszudiffundieren. Dadurch wird das Kristallgitter
stark verzerrt – es
ist Martensit entstanden. Voraussetzung ist allerdings, dass ausreichend
Kohlenstoff als Legierungselement bzw. ein alternatives Legierungselement
wie Stickstoff vorhanden ist. Ferner darf der Werkstoff, wie es
beim austenitischen Edelstahl der Fall ist, bei Raumtemperatur nicht
austenitisch sein, da sonst keine Martensitbildung erfolgen kann.
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Die
ferritischen Edelstähle
enthalten zwischen 11% und 17% Chrom, keinen Nickel und sind magnetisch.
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Martensitischer Edelstahl:
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Wie
die ferritischen Sorten, enthalten diese Edelstahlsorten Chrom als
Hauptbestandteil. Im Gegensatz zu den ferritischen Stählen haben
diese Chromstähle
einen Kohlenstoffgehalt, der deutlich höher liegt. Dank ihres Kohlenstoff-
und Chromgehaltes ist dies die einzige Gruppe von Edelstählen, von welcher
Qualitäten
gehärtet
werden können.
Die Korrosionsbeständigkeit
ist daher nur eingeschränkt
annehmbar.
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Austenitischer Edelstahl:
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Dies
ist die wichtigste Gruppe der Edelstähle. Sie enthalten neben Chrom
auch Nickel als Hauptlegierungselement und sind nicht magnetisch.
Der Vorteil von Nickel besteht darin, daß er die Beständigkeit
gegen Korrosion verbessert. Die Korrosionsbeständigkeit von austenitischen
nichtrostenden Edelstählen
ist höher
als die von nichtrostendenen ferritischen oder martensitischen Edelstählen. Durch den
Nickelgehalt sind die austenitischen Qualitäten außerdem besser zu bearbeiten
als die Chromstähle. Der
klassische Chromnickelstahl, der nach dem ersten Weltkrieg entwickelt
wurde, ist die Legierung 18/8 (18% Chrom und 8% Nickel). Die zweite,
sehr häufig verwendete
Legierung ist die Qualität
AISI 316 (18/10/2,5) mit 18% Chrom, 10% Nickel und 2,5% Molybdän. Dieser
Edelstahl ist gekennzeichnet durch seine Beständigkeit gegen Lochfraskorrosion
durch verschiedene Säuren
und gegen Meeresluft. Der Nickelgehalt bewirkt aber auch, dass diese
Werkstoffgruppe bei Raumtemperatur noch austenitisch ist. Ein herkömmliches
Härten
durch Gefügeumwandlung
ist daher nicht möglich.
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Duplex-Edelstahl (austenoferritisch):
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Dieser
Typ Chromnickelstahl hat in den letzten Jahren an Einfluß gewonnen.
Wegen seiner ferritischen-austenitischen Struktur wird er auch Duplexstahl
genannt. Der Chromgehalt liegt zwischen 24 und 27%, der Nickelanteil
zwischen 4,5 und 7% und der Molybdängehalt zwischen 2 und 6%.
Die Eigenschaften des Duplexstahles kommen in Form einer höheren Festigkeit
und einer größeren Beständigkeit gegen
Korrosion, dank des hohen Chrom- und Molybdängehalts, zur Geltung. Durch
den niedrigen Nickelanteil ist er aber schwieriger zu bearbeiten
als austenitischer Edelstahl.
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Bohrschrauben:
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Bohrschrauben
haben sich in vielen Bereichen als wirtschaftliche Befestigungstechnik
durchgesetzt, da sie den Arbeitsgang des Vorbohrens sparen. Mit
gehärteten
Bohrschrauben können
Baustähle
von über
10 mm Stärke
durchbohrt werden, wobei anschließend sofort das Gewinde gefurcht
und die Schraube befestigt wird.
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An
Schrauben, die in Außenbereichen
eingesetzt werden und starken Witterungseinflüssen sowie Feuchtigkeit ausgesetzt
sind, werden hohe Anforderungen an deren Korrosionsbeständigkeit
gestellt. Bei Bohrschrauben aus nichtrostenden V2A- oder V4A-Qualitäten erzielte
man zunächst
im Grundgefüge
keine ausreichenden Härten – zumindest
an der Schraubenoberfläche.
Schrauben aus nichtrostendem Edelstahl sind aufgrund ihrer wärmebehandlungstechnischen
Eigenschaften für
Bohrarbeiten in z. B. Baustähle
ohne Zusatzmaßnahmen
nicht einsetzbar, obwohl die Korrosionseigenschaften einen dauerhaften
Sicherheitsfaktor für
die Schraubverbindung darstellen.
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Um
den Forderungen des Marktes Rechnung zu tragen wurden aufgrund dieser
zuvor beschriebenen werkstofftechnischen Ausgangssituation Bohrschrauben
aus Edelstahl entwickelt, die hinsichtlich ihrer Herstellung sehr
aufwändig
sind bzw. waren – oder
sie besaßen
wenigstens einen gravierenden Nachteil.
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Ein
grundlegendes Herstellungsprinzip, sämtliche Varianten dazu nicht
unbedingt näher
gusspezifiziert, verfolgt die Produktion einer zweiteiligen Schraube.
Die beiden Teile werden dabei z. B. miteinander verschweißt. In einer
Variante zum Schweißen erfolgt
die Verbindung durch ein Verklemmen der beiden Teilstücke miteinander.
Dieses Prinzip ist mit sehr viel Verfahrensaufwand insofern verbunden, dass
nicht nur der einzige Zusatzschritt darin besteht, zwei Teile miteinander
zu verschweißen.
Die Schweißnaht
muss z. B. zusätzlich
nachbearbeitet werden, bevor eine Bohrspitze und das Gewinde angebracht
werden kann. Die Bohrspitze und der gewindeformende Bereich bestehen
in einer Ausführung
aus Kohlenstoffstahl, der z. B. durch Induktions- oder Flammhärten abschließend gehärtet wurde.
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In
einer weiteren Version wurde der Kohlenstoffstahl durch martensitischen
nichtrostenden Stahl ersetzt. Martensitischer nichtrostender Edelstahl neigt
jedoch beim Schweißen
leichter zu Härterissen.
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Aufgrund
der großen
Anzahl von Arbeitsschritten ist die Herstellung einer solchen Schraube kostenintensiv.
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Das
zweite grundlegende Herstellungsverfahren verfolgt vom Grundsatz
die Herstellung einer nichtrostenden Edelstahl-Bohrschraube aus
einem einzigen Stück.
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In
dieser Richtung sind auf der einen Seite Lösungen entwickelt worden, welche
die Bohrspitze und den Gewindeformbereich durch oberflächentechnische
Maßnahmen
hinsichtlich ihrer Härte
steigern. Im wesentlichen handelt es sich um Verfahren, die bei
relativ niedriger Temperatur (max. 600°C) ablaufen und den Verlust
der Korrosionsbeständigkeit verhindern
(sollen). Allen Verfahren ist jedoch gemein, dass die harte Randschicht
von nur geringer Tiefe ist. Bei diesen geringen Schichtstärken erzielen die
Bohrschrauben keine hohen Bohrtiefen. Einher geht zudem ein Verlust
an Kaltverfestigung, die durch den Herstellungsprozess der Schraube
erzeugt wurde und gewollt ist. Hinzu kommt ferner, dass der Herstellungsprozess
einer solchen Schicht extrem langwierig ist. So kann eine Behandlungsdauer
durchaus 8 Tage in Anspruch nehmen – wie z. B. beim Kolsterisieren.
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Beim
Kolsterisieren diffundieren bei niedrigen Temperaturen (< 300°C) große Mengen
Kohlenstoff in die Oberfläche
ein. Der Kohlenstoff bildet keine Karbide, da er in den Zwischengitterplätzen gelöst wird.
Die großen
Mengen Kohlenstoff in der Oberfläche
erzeugen Druckspannungen und damit die letztlich hohen Härten über 1000
HV – jedoch
bei nur geringer Schichtstärke.
Das Verfahren dauert bis zu einer Woche. Die Korrosionsbeständigkeit
des Werkstoffes bleibt dabei erhalten.
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Ähnlich gelagert
ist das Plasmaaufkohlen. Eine Schichtdicke von 10 μm (= 0,01
mm) wird beim Plasmaaufkohlen bei einer Temperatur von 350°C in 42 Stunden
bei einem V2A-Material
erzielt. Die geringen Schichtdicken in Verbindung mit dem relativ
weichen Grundwerkstoff machen dieses Verfahren für diesen Anwendungszweck als
Bohrschraube ungeeignet.
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Grundsätzlich findet
die Plasmaaufkohlung im μm-Bereich
statt. Nach äußerst langer
Aufkohlungszeit sind max. 0,2 mm realisierbar.
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Das
primäre
Problem stellt die Passivschicht dar, die das Aufkohlen behindert.
Durch z. B. ein Vorsputtern wird die Oberfläche aktiviert und gereinigt, so
dass ein Aufkohlen möglich
wird. Plasmabehandlungen besitzen aber letztlich den Nachteil der
geringen erzielbaren Bohrtiefe bei Bohrschrauben.
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Martensitischer
nichtrostender Edelstahl bietet zwar den gewünschten Effekt hinsichtlich
des Fertigungsablaufes, bietet jedoch im Vergleich zu austenitischen
Qualitäten
nur eine eingeschränkte
Korrosionsbeständigkeit.
Durch bislang erprobte oberflächentechnische
Maßnahmen
lässt sich
eine vergleichsweise geringe Verbesserung erzielen. Diese Maßnahmen
bedeuten aber wiederum Zusatzaufwand. Man entwickelt gerade in diesem
Stahlsektor sehr intensiv die Stähle
weiter. Man dokumentiert dies z. B. mit der Verwendung des Begriffs
der „supermartensitischen
Stähle”, jedoch
tendieren die Erfolge eher zu einer verbesserten Schweissbarkeit dieser
Edelstähle.
Die Korrosionsbeständigkeit
der Supermartensite wird oft nur als „annehmbar” bezeichnet.
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Ist
der Kohlenstoffgehalt zu gering, wird keine ausreichende Härte erzielt.
Ist der Kohlenstoffgehalt zu hoch, ist die Fertigung der Schraube
sehr schwierig umzusetzen.
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In
einer weiteren Entwicklung wurde die Schraube nur im Bereich der
Bohrspitze und des Gewindeformbereichs gehärtet. Die Schraube selbst besteht
aber aus martensitischem nichtrostenden Edelstahl.
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Andere
in der Technik bekannte Verfahren wie z. B. Borieren, Hartverchromen,
chemisch Vernickeln, Inchromieren scheitern bislang an einer oder an
mehreren der folgenden wesentlichen Rahmenbedingungen wie der Eignung
für Massenartikel
aus prozesstechnischer Sicht als auch unter Kostenaspekten (technischer
Verfahrensaufwand und Verfahrensdauer), Umweltfreundlichkeit der
Beschichtung, technologische Eignung des Verfahrens für Bohrschrauben
hinsichtlich der erzielbaren Schichtdicke und unter Berücksichtigung
der Festigkeit des Grundwerkstoffs der Bohrschraube. Beim letzten
Aspekt tritt bei dieser Eigenschaft, trotz äußerst harter Schichten von
durchaus über
1000 HV, durch die geringe Schichtdicke der sogenannte „Eierschaleneffekt” ein, wodurch
die Schicht eingedrückt
und somit wirkungslos wird. Die Beschichtung bzw. Schicht kann ihre
Festigkeitseigenschaften nicht in den Anwendungsfall als Bohrschraube
einbringen.
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Letztlich
ist es bislang nicht gelungen eine Bohrschraube zu entwickeln, die
aus einem einzigen nichtrostenden Material besteht, deren Bohrspitze sowie
der gewindeformende Bereich für
Bohrungen in Baustahl für
tiefe Bohrungen (> 10
mm) ausreichend hart und in erforderlichem Umfang weiterhin korrosionsbeständig ist.
Ferner dass die Korrosionsbeständigkeit
mindestens im Schraubenkopf und Gewindebereich, sofern beabsichtigt,
von austenitischem oder austenoferritischem Material erreicht wird
und dass die Schraube mit wenigen Arbeitsschritten bzw. einer kurzen
Fertigungsdauer, eine ggf. anfallende Wärmebehandlung eingeschlossen, hergestellt
werden kann.
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Diesen Problemstellungen soll mit der
Edelstahl-Bohrschraube entgegengewirkt werden:
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Eine
Rahmenbedingung dieser Erfindung ist, dass die Edelstahl-Bohrschraube
aus einem einzigen Drahtabschnitt gefertigt wird, da dies die bisher
einfachste und wirtschaftlichste Fertigungsform für Schrauben
darstellt. Die meisten Schrauben-Fertigungen
sind auf diese Vorgehensweise mit entsprechenden standardisierten
Anlagen ausgerichtet.
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Schrauben
aus Kohlenstoffstahl werden aus einem Drahtabschnitt, üblicherweise
in der Reihenfolge Schraubenkopf anstauchen, Bohrspitze anbringen
und Gewindewalzen, hergestellt. Zwei- und mehrteilige Schrauben
hingegen werden in bedeutend mehr, langsameren und zum Teil aufwändigeren Arbeitsgängen hergestellt,
gefolgt von einer Wärmebehandlung – zumindest
für die
Bohrspitze und den gewindeformenden Abschnitt. Im Regelfall kommt bei
der Wärmebehandlung
ein Einsatzhärten,
Induktionshärten,
Flammhärten
oder Vergüten
zum Tragen.
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Ausgangspunkt
und Basis dieses Gebrauchsmusters ist also eine Edelstahl-Bohrsschraube aus
einem einzigen Drahtabschnitt. Es sind dabei alle vier zuvor bereits
genannten Werkstoffgruppierungen der nichtrostenden Edelstähle (ferritisch,
austenitisch, martensitisch oder austenoferritisch) als verwendbares
Ausgangsmaterial denkbar.
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Für die sich
an die Fertigung der Schraube anschließende Wärmebehandlung ergeben sich,
unabhängig
vom Ausgangswerkstoff, folgende Varianten:
- 1.)
Partielles Aufkohlen oder Carbonitirieren mit reduziertem C-Pegel
- 2.) Partielles oder vollständiges
Aufsticken der Schraubenoberfläche
bei hohen Temperaturen (> 880°C) im Vakuumofen.
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Zu 1.)
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In
der Variante 1 erfahren die Schrauben nach ihrer eigentlichen Herstellung
eine partielle Einsatzhärtung.
Härteschutzmittel
können
eine galvanische Beschichtung mit Kupfer oder Nickel sein oder aber
lackähnliche
bzw. pastöse
Härteschutzmittel.
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Der
Kohlenstoffgehalt in der Randzone wird während des Einsatzhärtens möglichst
niedrig eingestellt – mindestens
jedoch bei 0,2 Gew.-% in der Randzone des zu härtenden Bereichs der Schraube. In
Abhängigkeit
von Kohlenstoffkonzentration in der Randzone und der sich daraus
ergebenden Gefügesituation,
kann unter Umständen
sogar ein normalerweise erforderlicher Anlassvorgang eingespart
werden.
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Ein
Problem beim Aufkohlen von nichtrostenden Stählen stellt die den Werkstoff
gegen Korrosionsangriffe schützende
Passivschicht dar, welche die Diffusion des Kohlenstoffes in die
Werkstoffoberfläche
hemmt. Nach einem Beizvorgang wäre
die Passivschicht zwar zerstört – ein paar
Atomlagen bilden sich aber bereits nach sehr kurzer Zeit durch den atmosphärischen
Sauerstoff wieder.
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Beim
herkömmlichen
Gasaufkohlen wird die Passivschicht durch Anwesenheit von Sauerstoff
in der Ofenatmosphäre
permanent erneuert, es sei denn man verwendet ein Schutzgas, indem
kein Sauerstoff anwesend ist. Darüber hinaus wird eine entsprechende
Temperatur benötigt,
welche die Passivschicht im Wärmebehandlungsprozess
reduziert.
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Im
Vakuumofen besteht ebenfalls die Möglichkeit einer Wärmebehandlung
von Stahl. Die Wärmeübertragung
im Vakuum erfolgt, infolge der Abwesenheit von Luft, nur durch Strahlung.
Durch die im Vakuum fehlende Oxidationsmöglichkeit bleibt die Oberfläche metallisch
sauber. In der Regel gehen Vakuumöfen auf Temperaturen bis zu
1250°C,
während Öfen mit
Schutzgasatmosphäre
i. d. R. nur bis 1050°C
aufheizbar sind. In Vakuumöfen
ist darüber hinaus
die Wirkung schädlicher
Restgasbestandteile sehr viel kleiner als in jedem Schutzgasofen.
Das Abschrecken des Härteguts
erfolgt in der Vakuumkammer mittels einer Überdruck-Gasabschreckung, wenn
nicht so schroffes Abkühlen
gewünscht
wird – ansonsten
bleiben die herkömmlichen
Abkühlmedien.
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Ebenso
sind in Vakuumöfen
Aufkohlungsprozesse durchführbar.
Für den
nicht aufzukohlenden Teil der Schraube werden speziell für Vakuumöfen hergestellte
Härteschutzmittel
benötigt.
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Beim
Aufkohlen im Vakuum wird die aufzukohlende Bohrspitze sowie die
Gewindeformzone in einem Vakuumofen eingesetzt. Da der Kohlenstoffübergang
beim Niederdruckaufkohlen sehr hoch ist, wird nicht permanent aufgekohlt,
sondern es wird zyklisch zwischen Aufkohlung und Diffusion gewechselt.
Bei sehr geringen Drücken
von z. B. 0,1–0,3
Millibar bilden reine Kohlenwasserstoffe die Ofenatmosphäre. Bei nichtrostenden
Edelstählen
sind Propangas oder besser noch Acetylen die hier geeignetsten Kohlenwasserstoffe,
da insbesondere Acetylen in Verbindung mit dem Ofenvakuum auf die
Passivschicht stark reduzierend wirkt. In der Phase der Diffusion
senkt man den Ofendruck entweder ab oder man spült den Ofen bei geringen Drücken mit
Inertgas (Stickstoff oder Edelgase). Es werden aber keine neuen
Kohlenwasserstoffe der Ofenatmosphäre hinzugesetzt. In Niederdruckvakuumaufkohlungsprozessen
ist in der Randzone bei einem nichtrostenden Werkstoff 1.4301 eine
Kohlenstoffkonzentration von bis zu 2 Gew.-% realisierbar. Die Korrosionsbeständigkeit
von Bohrspitze und Gewindeformbereich geht jedoch quasi vollständig verloren.
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In
einer Plasmaanlage wäre
durch eine entsprechende Vorbehandlung (Sputtern) der Schraubenoberfläche, welche
die Passivschicht reduziert, dieses Problem zwar nicht vorhanden,
jedoch erzielt man in derartigen Anlagen nur geringe Schichtdicken bzw.
Eindringtiefen an den Schrauben, da mit relativ niedrigen Temperaturen
der Wärmebehandlungsprozess
betrieben wird. Dieses Verfahrenstechnologie stellt daher keine
wirkliche Alternative dar.
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In
Salzbadhärteanlagen
wird durch die Passivschicht die Kohlenstoffdiffusion nicht behindert,
da allein schon der Kontakt zu Sauerstoff während des Behandlungsvorganges
nicht gegeben ist. Die Passivschicht wird bei der Behandlung in
Verbindung mit der Prozesstemperatur reduziert. Es sind bei einer solchen
Wärmebehandlung
Oberflächenhärtewerte von über 450
HV erreichbar. Es können
Schichtstärken
von mehreren Zehntel-Millimetern erreicht werden – je nach
Behandlungsdauer. Der Kohlenstoffpegel ist im Salzbad ebenfalls
steuerbar. Damit liegen die Härtewerte
an der Oberfläche
der Schraube signifikant über
den Härtewerten
einer z. B. Schraube 8.8 aus Kohlenstoffstahl.
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Feste
Aufkohlungsmittel sind allein aufgrund der zu wärmebehandelnden Mengen nicht
relevant.
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Ein
weiteres, gravierenderes Problem, insbesondere beim Aufkohlen austenitischer
nichtrostender Edelstähle,
ist die Bildung von Chromkarbiden. Bei hohen Temperaturen haben
die Elemente Chrom und Kohlenstoff eine sehr hohe Affinität zueinander.
Diese beiden Elemente bilden Karbide und scheiden sich an den Korngrenzen
ab. Das versprödet
das Bauteil. Je nach Legierung erhält man hier unterschiedliche
Ergebnisse hinsichtlich der Gleichmäßigkeit des Aufkohlens. Insbesondere
die Anwesenheit von Nickel, Titan und Vanadium komplizieren diesen
Prozess. In Niederdruck-Vakuumaufkohlungsprozessen
sind tendenziell bessere Ergebnisse erzielbar.
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Durch
Reduzierung des Kohlenstoffpegels beim Aufkohlen wird eine Übersättigung
der Matrix signifikant reduziert. Die dabei erreichte Härte ist
zwar infolgedessen geringer, jedoch für den Anwendungsfall – technologisch
betrachtet – völlig ausreichend, da
immer noch Härtewerte
an der Oberfläche
erreicht werden, die größer oder
gleich dem Niveau einer 8.8-Schraube sind. Die übliche Prozesszeit der Wärmebehandlung
von 4–8
Stunden Behandlungsdauer ist bei entsprechenden Anwendungen demnach
noch steigerungsfähig.
Der reduzierte C-Pegel, je nach Ausprägung und sonstiger Werkstofflegierung,
hat dabei aber immer noch für
die Bohrspitze und das Gewindeformstück zur Folge, dass die Korrosionsbeständigkeit
dort nicht auf das Niveau eines Kohlenstoffstahles abrutscht.
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Das
partielle Härten
der Bohrspitze sowie des gewindeformenden Bereichs bedingt ein Abdecken
des verbleibenden Schraubenabschnitts mit Härteschutzmitteln. Der Markt
bietet dazu z. B. Abdecklacke an. Solche Lacke benötigen eine
gewisse Trocknungszeit. Nach dem Härtvorgang wird der größte Teil
bei der Ölabschreckung
oder dem anschließenden
obligatorischen Waschen wieder entfernt. Eine relativ neue Variante
in diesem Segment als Härteschutz-Abdeckung
sind Sol-Gel-Beschichtungen.
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Für die Schraube
empfiehlt sich im Anschluß an
die Wärmebehandlung
je nach Anwendungsfall, Grundwerkstoff und durchgeführter Wärmebehandlung
eine Behandlung der Oberfläche
z. B. durch Strahlen und/oder Beizen und Passivieren.
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Durch
die Wärmebehandlung
wird die Kaltverfestigung der Schraube zwar reduziert, aber die Bohrspitze
und die ersten Gewindegänge
sind hart.
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Hierzu
besteht allerdings die Alternative, dass man die Schrauben entsprechend
mit der Bohrspitze nach unten zeigend chargiert, ohne dass zuvor ein
Härteschutzmittel
aufgebracht worden ist. Man taucht die Schrauben dann nur in einer
Lage – man nutzt
also nicht die Tiefe des Ofens aus – in einen Salzbadaufkohlungstiegel
und kann somit die Kaltverfestigung des nicht zu härtenden
Schraubenbereichs unter Inkaufnahme einer gewissen Wärmeübergangszone
sowie eines geringeren Durchsatzes aufrechterhalten.
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Zu 2.)
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Dieses
Verfahren stellt kein Nitrieren im bekannten Rahmen dar, da es sich
nicht um ein Niedertemperaturverfahren handelt. Während bei
steigenden Chromgehalten die Löslichkeit
für Kohlenstoff geringer
wird, steigt diese für
Stickstoff an.
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Die
Legierungselemente Mangan und Molybdän beeinflussen die Löslichkeit
für Stickstoff
positiv, während
die Legierungselemente Kohlenstoff, Nickel und Silizium negativ
einwirken.
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Es
werden beim Aufsticken der Randzone Temperaturen von vorzugsweise über 1050°C (bis ca.
1150°C)
in einer Vakuumatmosphäre
benötigt.
Im Behandlungsprozess diffundiert dann atomarer Stickstoff in die
Schraubenoberfläche
ein. Der Stickstoffgehalt in der aufgestickten Randzone liegt etwa bei
max. 0,7 Gew-%. Durch das sich an die Wärmebehandlung anschließende rasche
Abkühlen
wird die sonst eintretende Ausscheidung von Nitriden verhindert.
Nitride besitzen eine korrosionsfördernde Wirkung. Durch den
in der Oberfläche
in gelöster
Form präsenten
Stickstoff, wird der Korrosionswiderstand deutlich verbessert – sowohl
in saurer als auch in chlorhaltiger Umgebung.
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Eine
mögliche
Doppelhärtung
verfeinert das Gefüge.
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Grundsätzlich werden
bei der Randaufstickung nichtrostender Edelstähle die Materialgefüge im Anschluß an die
Wärmebehandlung
unterschieden. Bei martensitischen nichtrostenden Stählen – z. B.
einem 1.4021 ist dabei eine Festigkeitssteigerung an der Oberfläche auf über 600
HV erreichbar. Selbst bei einer Tiefe von ca. 0,5 mm sind je nach
martensitischem nichtrostenden Werkstoff noch Werte von 550 HV1
zu erzielen. Dabei geht die Korrosionsbeständigkeit nicht zurück, sondern
wird sogar noch gesteigert. Bei diesem Werkstoff kann nach einer
solchen Wärmebehandlung
die Korrosionsbeständigkeit durchaus
besser sein als bei einer herkömmlichen Schraube
aus dem austenitischen Werkstoff 1.4301. Die Eindringtiefe des Stickstoffs
kann durchaus bis zu 3 mm betragen und damit einhergehend die Steigerung
der Festigkeit. Für
diesen Anwendungsfall sind derart hohe Eindringtiefen jedoch nicht
erforderlich. In der Praxis dürften
Wärmebehandlungszeiten von
ca. 4–5
Stunden die Regel sein.
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Ebenso
wird bei den ferritischen Güten
durch eine analoge Wärmebehandlung
mit anschließendem
Abschreckvorgang Martensit in der aufgestickten Randzone gebildet – einhergehend
mit der Verbesserung der Korrosionsbeständigkeit. Dieser Martensit
besitzt statt des Kohlenstoffatoms im Gefügegitter ein Stickstoffatom.
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Ein
geeigneter und sehr verbreiteter Werkstoff wäre z. B. ein 1.4016.
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Bei
austenitischen nichtrostenden Stählen und
Duplexstählen
hingegen kommt es durch den Stickstoff allerdings nicht zur Martensitbildung,
da der Werkstoff bei Raumtemperatur noch austenitisch ist. Bei den
austenitischen nichtrostenden Edelstählen – z. B. einem 1.4571 werden
Oberflächenhärten von ca.
300–400
HV erzielt. Jedoch auch hier kann die Eindringtiefe mehrere Millimeter
betragen. Bei Duplexstählen
ist die Härtezunahme
tendenziell im Vergleich zu austenitischen Guten ähnlich,
da das entstehende Gefüge
nach der Wärmebehandlung
prinzipiell gleich ist. Die Härtezunahme
entsteht durch die Verdichtung der Randzone mit Stickstoffatomen.
Die unterschiedliche Härtezunahme
nach der Wärmebehandlung
resultiert aus den Legierungselementen dieser nichtrostenden Werkstoffgüten. Aber
auch hier nimmt die Korrosionsbeständigkeit durch die Wärmebehandlung
zu.
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Vorteile der Edelstahl-Bohrschraube:
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- 1. Herstellung der Schraube aus einem Stück nichtrostendem
Edelstahl und damit verbunden einfache Fertigungsprozesse
- 2. Gute Korrosionsbeständigkeit – zumindest
im Bereich des Schraubenkopfes und im tragenden Gewindeteil
- 3. Hohe Bohrtiefen der Bohrschraube durch harte und entsprechend
starke bzw. dicke Oberflächen – zumindest
im Bereich der Bohrspitze und der Gewindeformzone
- 4. Vergleichsweise kurze Wärmebehandlungsdauer
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Somit
stellt die Edelstahl-Bohrschraube eine sehr nutzbringende Verbesserung
dar.