DE19857692C1 - Verfahren und Vorrichtung zur zellspurbasierten Zelluntersuchung - Google Patents
Verfahren und Vorrichtung zur zellspurbasierten ZelluntersuchungInfo
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Abstract
Zur zellspurbasierten Untersuchung biologischer Zellen, bei dem die Zellen (16) auf ein zumindest teilweise strukturiertes und/oder oberflächenmodifiziertes Substrat (11) aufgebracht werden und sich adhärent über Bahn-Oberflächenbereiche (13, 15) des Substrats unter Erzeugung von Zellspuren (14a, 14b) bewegen, die aus von den Zellen abgetrennten Materialrückständen bestehen, werden Zelluntersuchungen an den Zellspuren durchgeführt.
Description
Die Erfindung betrifft Verfahren und Vorrichtungen zur Zell
untersuchung, insbesondere Zellassays oder Zell-Testanord
nungen, deren Herstellung und Verfahren zu deren Verwendung.
In der Pharmakologie, Toxikologie und medizinischen Diagnostik
nehmen zellbasierte Assays (Reaktionsansätze, Prüfansätze
o. dgl.) eine Schlüsselstellung ein. Gesucht werden rasch hand
habbare und hochspezifische Untersuchungs- und Nachweisverfah
ren für biologische Zellen an sich oder für deren Wechselwir
kungen mit anderen Zellen oder mit natürlichen oder syntheti
schen Fremdsubstanzen. Darüber hinaus wäre es wünschenswert,
wenn die zum Nachweis einer Substanz, eines Zelltyps, einer Me
dikamentwirkung etc. benutzten Zellen wiederverwendbar (d. h.
weiter kultivierbar) wären. Im medizinischen Bereich bedeutet
das z. B. eine Rückführung in den Organismus des Spenders
(z. B. eines Patienten) oder eines anderen menschlichen Empfän
gers. Für derartige Prozeduren werden jedoch neben der Sterili
tät sehr hohe Anforderungen daran gestellt, daß sich die Zel
leigenschaften durch die Untersuchungen oder Analyse nicht ver
ändern. So ist eine Markierung (z. B. für die Fluoreszenzerzeu
gung), wie sie bei der Immunofluorochromierung verwendet wird,
ausgeschlossen, da die Folgereaktionen derart kontaminierter
Zellen bei einer nachfolgenden Kultivierung oder im Empfän
gerorganismus nur schwer abschätzbar sind.
Es besteht ferner ein Interesse daran, Zelluntersuchungen spe
zifisch an Einzelzellen durchzuführen. Für ein statistisch ab
gesichertes Untersuchungsergebnis muß eine genügend hohe Zahl
von Einzelzellen untersucht werden. Daraus ergibt sich ein Be
darf an bisher nicht verfügbaren Paralleluntersuchungen an ei
ner Vielzahl von Einzelzellen unter möglichst gleichartigen Be
dingungen.
Aus der DE-OS 31 19 269 ist ein Verfahren zur Bestimmung der
zellvermittelten Reaktivität bekannt, bei dem Lymphozyten in
Gegenwart migrationsfähiger Zellen mit einer die Zellreaktivi
tät beeinflussenden Substanz behandelt werden. Eine Mischung
von migrationsfähigen Zellen und Lymphozyten wird in ein auf
einer Trägerplatte aufgebrachtes Gel eingebracht. Die dem Gel
zugekehrte Oberfläche der Trägerplatte wird mit einer Testsub
stanz beschichtet. Die sich auf der Trägerplatte bildenden
Zellmigrationshöfe werden vermessen.
Die Aufgabe der Erfindung besteht darin, extrem belastungsarme,
auch für den medizinischen Bereich einsetzbare Verfahren und
Vorrichtungen zur Zelluntersuchung zu entwickeln, die mit mög
lichst vielen bereits erprobten hochspezifischen Nachweistech
niken, wie z. B. Immunofluorochromierung von Proteinen, Nukleo
tiden und Lipiden, als auch zerstörenden Verfahren wie z. B.
Röntgen- oder Elektronenstrahlmikroanalyse kombiniert werden
können und die parallele Untersuchung einer Vielzahl von Ein
zelzellen erlauben.
Diese Aufgabe wird durch Verfahren und Vorrichtungen mit den
Merkmalen gemäß den Patentansprüchen 1 bzw. 17 gelöst. Vorteil
hafte Ausführungsformen und Verwendungen der Erfindung ergeben
sich aus den abhängigen Ansprüchen.
Die Grundidee der Erfindung besteht insbesondere darin, zur Un
tersuchung von biologischen Zellen oder deren Wechselwirkungen
mit anderen Zellen oder Substanzen zunächst auf einer Substrat
oberfläche Zellspuren der zu untersuchenden Zellen zu erzeugen
und dann diese Zellspuren der gewünschten Analyse oder Untersu
chung zu unterziehen. Die Erzeugung von Zellspuren durch adhä
rent auf Oberflächen wachsende oder sich bewegende Zellen ist
an sich bekannt und wird beispielsweise von E. D. Hay et al. in
"Exp. Biol. Med.", Bd. 10, 1985, S. 174 ff., beschrieben. Die
Strukturen und Eigenschaften von Zellspuren werden unten unter
Bezug auf die Fig. 2 und 3 erläutert. Die Erzeugung der
Zellspuren erfolgt vorzugsweise unter Verwendung von Substrato
berflächen, die zumindest teilweise in geeigneter Weise mi
krostrukturiert und/oder modifiziert sind. Die Mikrostrukturie
rung der Substratoberfläche ist insbesondere dazu vorgesehen,
die Zellspurerzeugung in bestimmten Substratbereichen,
z. B. entlang bestimmter Pfade, zu fördern und in anderen Sub
stratbereichen zu behindern oder auszuschließen. Die Oberflä
chenmodifizierung führt ferner dazu, daß nicht nur die auf na
türliche Weise auf dem Substrat zurückbleibenden Materialspuren
untersucht werden können, sondern auch künstlich abgetrennte
Materialrückstände (Erzielung größerer Spurmengen). Hierzu um
faßt die Substratmodifizierung insbesondere die Aufbringung von
Molekülen, die Bindungsstellen anbieten, an denen spezifisch
ein vorbestimmtes, gesuchtes Zelloberflächenmolekül ankoppeln
kann.
Die erfindungsgemäß eingesetzten Untersuchungsmethoden umfassen
alle an sich zur Zelluntersuchung und Zellbehandlung bekannten
Techniken, wobei sowohl zerstörungsfreie als auch zerstörende
Techniken oder gegebenenfalls biochemische Verstärkungstechni
ken (z. B. PCR-Prozeß) eingesetzt werden können.
Die erfindungsgemäß verwendeten Substratoberflächen können aus
synthetischem, anorganischem oder organischem Material bestehen
oder auch durch biologisches Material gebildet werden.
Die Erfindung besitzt die folgenden Vorteile. Es wird erstmalig
ein einzelzellspezifisches Verfahren zur Zelluntersuchung ange
geben, bei dem die untersuchte Zelle durch den Untersuchungs
vorgang unbeeinflußt und unverändert bleibt. Dies erlaubt eine
erhebliche Erweiterung der Anwendung von Einzelzelluntersuchun
gen in der Pharmakologie, Toxikologie, medizinischen Diagnostik
und Biochemie. Die Zelluntersuchung kann hochgradig parallel an
einer Vielzahl von Zellen durch gleichzeitige Erzeugung vieler
Spuren auf einem Substrat durchgeführt werden. Da durch die Mi
krostrukturierung der Oberflächen eine Zuordnung einer Zellspur
zu einer untersuchten Zelle (Spenderzelle) möglich ist, bleibt
die hochparallele Einzelzelluntersuchung ebenfalls zellspezi
fisch. Die Mikrostrukturierung der Substratoberfläche kann vor
zugsweise nach Techniken erfolgen, wie sie an sich aus der
Halbleiterprozessierung bekannt sind.
Erfindungsgemäß werden die Zellen außer durch die Spurenerzeu
gung durch keinerlei Färbungs- oder Markierungstechniken bela
stet. Sie sind damit nicht kontaminiert oder verändert und kön
nen einer medizinischen Verwendung bzw. einer Kryokonservierung
oder einer weiteren Kultivierung unterworfen werden. Statt wie
bisher in Zellen werden die Zellrückstände einer spezifischen
Markierung oder Bewertung unterworfen. Diese kann durchaus auch
zerstörend sein (z. B. schrittweiser enzymatischer Abbau) oder
über Immunofluorochromierung in toxischen Konzentrationsberei
chen erfolgen.
Weitere Ausführungsbeispiele und Vorteile der Erfindung werden
im folgenden unter Bezug auf die beigefügten Zeichnungen be
schrieben. Es zeigen
Fig. 1 den prinzipiellen Aufbau eines erfindungsgemäßen zell
spurbasierten Systems (Ausschnitt),
Fig. 2 eine schematische Illustration der Grundstrukturen
von Zellspuren in Form von Filamenten (A) und Membran
flecken (B),
Fig. 3 eine Illustration der Wirkungsweise eines modifizierten
Substrats,
Fig. 4 eine Illustration zur erfindungsgemäßen Fluoreszenzun
tersuchung von Zellspuren,
Fig. 5 ein Ausführungsbeispiel der Erfindung, bei dem das in
Fig. 1 illustrierte Grundprinzip mit einer Vielzahl
paralleler Bahnen realisiert ist,
Fig. 6 ein weiteres Ausführungsbeispiel der Erfindung mit ei
ner Vielzahl paralleler Zellbahnen, und
Fig. 7 ein weiteres Ausführungsbeispiel der Erfindung mit
sich kreuzenden Zellbahnen.
In Fig. 1 ist der prinzipielle Aufbau eines erfindungsgemäßen
zellspurenbasierten Systems dargestellt. Ein Substrat 11 ist in
seiner Oberfläche im µm- und mm-Bereich wie folgt strukturiert
bzw. in seinen Oberflächeneigenschaften verändert.
Durch Bereiche 12 der Oberfläche, an denen Zellen nur schlecht
adhärieren können, und Bereiche 13, 15, 17 (Bahn-Oberflächen
bereiche), wo Zellen gut anhaften können, wird eine Vorzugsbahn
gebildet, auf der sich eine Zelle 16 aktiv bewegen kann. Das
Feld 15 im Bahn-Oberflächenbereich ist so modifiziert worden
(chemisch, mechanisch etc.), daß hier die Zellen Teile ihrer
Membran und inneren Bestandteile 14a, 14b verlieren, die am
Substrat anhaften. Im gezeigten Beispiel sind es Filamente 14a
und Membranflecken (oder Membranpatches) 14b, die unten unter
Bezug auf die Fig. 2A und 2B im einzelnen erläutert werden. Die
Zelle bewegt sich weiter in Richtung des Pfeiles 18. Die Zell
spur kann nunmehr zerstörungsfrei oder zerstörend analysiert
werden. Das zurückgelassene Material charakterisiert die Spen
derzelle hinsichtlich der Membranzusammensetzung (Rezeptoren,
Carrier, Lipide usw.), aber auch hinsichtlich innerer Bestand
teile des Zytoplasmas, woraus sich medizinische, toxikologi
sche, pharmakologische und andere Anwendungen ableiten lassen.
Auf einer Bahn kann sich entweder eine oder mehrere Zellen be
wegen und Spuren erzeugen.
Das Substrat 11 besteht beispielsweise aus Glas, Glimmer, anor
ganischem Kristallmaterial oder Halbleitermaterial. Die Sub
stratoberfläche ist einerseits zur Ausbildung der Vorzugsbahn
strukturiert bzw. modifiziert, auf der sich die Zelle bevorzugt
bewegt und Zellspuren hinterläßt. Die Oberflächenbereiche 12,
an denen Zellen nur schlecht adhärieren können, tragen bei
spielsweise eine Beschichtung mit negativ geladenen Molekülen,
vorzugsweise aus Polymeren mit möglichst vielen OH--Gruppen, wie
z. B. Poly-HEMA. Beispiele für die Beeinflussung der Bereiche
13, 15, 17, in denen die Zellen gut anhaften können, werden un
ten gegeben. Andererseits umfaßt die Mikrostrukturierung
und/oder Modifizierung der Substratoberfläche eine örtlich se
lektive Beeinflussung der Vorzugsbahn zwischen den Bereichen 12
der Substratoberfläche. Die Segmentierung der Vorzugsbahn z. B.
in die Bereiche 13, 15 und 17 ist dazu vorgesehen, daß je nach
der Gestaltung des jeweiligen Bereiches die Zellspuren beson
ders zahlreich oder besonders gering oder in Bezug auf eine be
stimmte Zusammensetzung zurückgelassen werden. Dies wird auch
aus den unten erläuterten Beispielen ersichtlich.
Die Mikrostrukturierung bzw. Modifizierung der Vorzugsbahn um
faßt beispielsweise:
- 1. Aufbringen von den molekularen Zellkontakt erhöhenden Schichten (z. B. Fibronektin, Polylysin, Alginate etc.). Die Schichtdicke kann anwendungsabhängig von der Dic ke einer Moleküllage bis hin in den µm-Bereich gewählt wer den. Die Molekülmonolagen werden vorzugsweise mit der Lang muir-Blodget-Technik aufgebracht. Generell sind zur Schicht aufbringung auch Dickschichttechniken und/oder Plasmabehand lungen einsetzbar.
- 2. Nano- bzw. Mikrostrukturisierung von Oberflächen, d. h. Auf bringen von Mustern in nm- bzw. µm-Dimensionen, an denen Membranteile, insbesondere aber natürliche Kontaktmoleküle der Zelle, wie die der Integrin- und Catherinfamilie anhaf ten können (z. B. Strukturierung über die Photo- oder Elektronenstrahl-Lithographie.
- 3. Submikrometer und atomare Aufrauhung oder Reliefbildung auf Oberflächen (kleinste Widerhaken etc.).
Die Substratbeschickung (Aufbringung der Zellen) erfolgt bei
pielsweise durch Aufspülen aus einer Suspension, beispielsweise
durch einen Kanal des Mikrosystems, mit einem Manipulator (Ka
pillare, separates Mikrosystem oder optische Pinzette) oder
auch durch aktives Aufwachsen.
Bei der Wanderung der Zellen über Substratoberflächen (z. B.
über eine saubere Glasoberfläche) hinterlassen die Zellen unter
physiologischen Bedingungen filamentöse oder fleckenartige Spu
ren, die im folgenden als Filament bzw. Membranfleck bezeichnet
und unter Bezug auf die Fig. 2A bzw. 2B erläutert werden. Die
Spuren sind in der Regel Strukturen, die membranumhüllt und mit
Zellinhalten gefüllt sind. Typische Größen dieser Strukturen
liegen in Bezug auf die Breite und Höhe im µm- und Sub-µm-
Bereich. Während die Länge eines Membranflecks in der Regel im
wesentlichen seiner Breite entspricht, ist die Länge eines
Filaments variabel. Die Filamentlänge kann bis zu einige Milli
meter betragen. Die interessierenden Bestandteile der Zellen,
die auch in den Zellspuren auffindbar sind, sind Membranprotei
ne 210, Oberflächenproteine und -rezeptoren 211, 212, Zyto
plasmabestandteile 213, 214 und die Lipide 215 in der Membran
(s. Fig. 2A). Bei den Membranflecken treten neben diesen Be
standteilen, die in Fig. 2B z. B. die Membranproteine 220 und
die Lipidzusammensetzung 225 umfassen, ferner Vesikeln 221, Or
ganellen 222 und genetisches Material 223 auf. Außerdem ist
auch Zytoplasma 224 vorhanden. Im Rahmen der vorliegenden Er
findung wurde erstmalig festgestellt, daß die Zellspuren analy
sefähiges Material, das u. a. die genannten Bestandteile umfaßt,
in ausreichender Menge enthalten. Dies bedeutet, daß die an
sich bekannten Analyse- oder Untersuchungsverfahren vorteilhaf
terweise ohne gesonderte Anreicherungsschritte implementiert
werden können.
Die Oberflächenproteine und -rezeptoren 211, 212 umfassen
beispielsweise ein Spurenprotein 211 in der Membran und einen
angekoppelten Rezeptor 212 mit einer chromophoren Gruppe. Vom
Rezeptor 212 wird bei geeigneter Lichtanregung Fluoreszenzlicht
ausgestrahlt, das das Vorhandensein des Spurenproteins 211 an
zeigt. Da die Rezeptorankopplung proteinspezifisch erfolgt,
kann mit dem Fluoreszenzlicht der in der Spur vorhandene
Proteinkomplex nachgewiesen werden.
In analoger Weise lassen sich auch andere Nachweistechniken im
plementieren, wie sie beispielsweise bei den ELISA- und RIAS-
Assays vorgesehen sind.
Erfindungsgemäß erfolgt somit an den Zellspuren der spezifische
Nachweis bestimmter Bestandteile der Spenderzelle. Die Bestand
teile können auf der Oberfläche oder im Inneren der Zellspuren
angeordnet sein. Im letzteren Fall ist vorgesehen, die Membran
der Zellspur mit geeigneten Lösungsmitteln aufzulösen oder me
chanisch oder elektrisch zu permeieren. Die zerstörende Messung
an den Zellspuren ohne Veränderung der Spenderzelle zur Erfas
sung von molekularen oder mikroskopischen Bestandteilen in den
Zellspuren stellt einen besonderen Vorteile der Erfindung dar.
Die zellspurbasierten Analysen sind in besonderer Weise zur
Kombination mit hochempfindlichen Meßtechniken geeignet. Diese
umfassen beispielsweise die Fluoreszenz-Korrelationsanalyse zum
Einzelmolekülnachweis und zur Bestimmung von Bindungskonstan
ten, die Massenspektrometrie zur Elementaranalyse und die kon
fokale Laserscanningmikroskopie. Genetisches Material in den
Spuren kann z. B. über einen PCR-Prozeß amplifiziert werden, wo
durch eine neuartige, die Spenderzelle in ihren physiologischen
Zellen nicht beeinflussende Technik einer genetischen Analyse
gegeben ist.
Für einzelzellbasierte Assays und Nachweisverfahren können auch
die folgenden Prozeduren angewendet werden.
- 1. Die Menge der Zellrückstände wird als quantitatives Maß für die Stärke des Anhaftens der Spenderzelle an der Sub stratoberfläche und somit für die Menge bestimmter Bin dungskomplexe in deren Membran erfaßt.
- 2. Die Spurenstruktur wird als Maß erfaßt, z. B. die Verhält nisse des Anteils an Filamenten zum Anteil an Verzweigungen, zum Anteil an Patches usw. (Vergleich von Zellspurgrundele menten in ihrer Quantität).
- 3. Die Materialzusammensetzung der Spuren wird als Maß erfaßt, z. B. Lipid/Proteinanteil, spezifisches Auftreten bestimmter Rezeptoren (u. a. der Immunglobulinfamilien), spezifisches Auftreten von Lipiden, Nukleotiden etc.
- 4. Charakterisierung zytoplasmatischer Rückstände, insbesondere genetischen Materials in den Rückständen der Zellen.
- 5. Vergleich von Änderungen in einem der Punkte 1 bis 4 nach Behandlung der spurerzeugenden Zelle (z. B. mit Pharmaka, toxischen Substanzen etc.).
- 6. Die Stabilität der Spur gegen mechanische, elektrische, akustische, optische oder chemische Behandlungen wird als Maß erfaßt.
- 7. Die Elementzusammensetzung der Spuren oder Teile derselben (z. B. Na, K, P. . .) werden als Maß erfaßt.
- 8. Passive elektrische Parameter der Zellrückstände, wie Impedanz, Durchschlagsfestigkeit, nichtlineares Verhalten oder Erwärmung werden als Maß erfaßt.
- 9. Optische Parameter der Spuren werden als Maß erfaßt, wie Ab sorption, Transmission, nichtlineare Eigenschaften etc.
- 10. Mechanische Eigenschaften der Spuren, wie Elastizität, Plastizität usw. werden als Maß erfaßt.
- 11. Die Veränderung einer Zellspur durch eine nachfolgende Zelle der gleichen oder einer anderen Art wird als Maß erfaßt.
- 12. Die Spurcharakterisierung erfolgt nach einer Fixierung bzw. Kontrastierung, z. B. mittels hochauflösender Mikroskopver fahren (Rasterelektronenmikroskopie, AFM, SNOM etc.).
- 13. Ein Negativ oder anderes Duplikat oder eine Vervielfachung von Spurenteilen wie bei der PCR-Technik wird als Maß für den Vergleich benutzt.
- 14. Die Adhäsion anderer Materialien, wie hochspezifisch bin dender Beads oder nm-Teilchen werden als Maß für den Ver gleich erfaßt.
Die hier genannten Maße werden als für die Spenderzellen spe
zifischer Größen erfaßt, die bei gegebenen Vergleichswerten
eine Charakterisierung der Spenderzelle oder bei Vergleich der
Maße mit den entsprechenden Ergebnissen bei anderen Zellen zur
Charakterisierung des unterschiedlichen Verhaltens der Zellen
verwendet werden.
Im folgenden werden unter Bezug auf die Fig. 3 bis 7 Ausfüh
rungsformen erfindungsgemäßer Vorrichtungen erläutert. Dabei
wird auf Einzelheiten der erfindungsgemäß eingesetzten Sub
stratoberflächen eingegangen. Nicht dargestellt sind Einzelhei
ten einer Gesamtapparatur zur Zellspuruntersuchung, da diese in
Bezug auf die Handhabung von Assays bzw. von mit Proben be
schickten Substraten und die Anpassung an die jeweils gewünsch
ten Untersuchungsmethoden an sich bekannt sind.
Die Fig. 3 und 4 sind schematische Schnittansichten von Sub
straten 31, 41, die jeweils mit einer Modifizierungsschicht 32
bzw. 42 im Bahn-Oberflächenbereich 35 bzw. 45 zur bevorzugten
Anhaftung von Zellen und Hinterlassung von Zellspuren 34 bzw.
44 ausgestattet sind. Die Modifizierungsschicht 32 (bzw. 42)
bietet Bindungsstellen an, an denen spezifisch ein vorbestimm
tes, gesuchtes Zelloberflächenmolekül 33 (bzw. 43) ankoppeln
kann. Eine Zelle, die derartige Moleküle in ausreichender Zahl
besitzt, wird dementsprechend fester gebunden sein und mehr
Spurenmaterial 34 (bzw. 44) bei ihrer Wanderung über das Sub
strat zurücklassen als andere Zelltypen. Die Erfassung der Men
ge des zurückgelassenen Materials (z. B. mit optischen Mitteln)
liefert eine Aussage über den Gehalt des vorbestimmten
Zelloberflächenmoleküls an der untersuchten Zelle. Die Zelle
selbst wird durch die Messung nicht belastet.
Falls die Menge des Zellspurmaterials zu gering für eine siche
re direkte Auswertung ist, so kann die Zellspurvermessung gemäß
Fig. 4 modifiziert sein. Nach der Erzeugung der Zellspuren 44
werden diese mit der Lösung eines Fluoreszenzmarkers behandelt,
der als Markermolekül 46 z. B. in die Lipidteile der Zellspur 44
unspezifisch eingebaut wird. Bei geeigneter Lichtanregung und
Fluoreszenzmessung kann aus der Intensität des Fluoreszenz
lichts auf die Zahl der Markermoleküle 46 und damit auf die
quantitative Menge des Zellspurmaterials 44 rückgeschlossen
werden.
Die Vorzugsbahn gemäß Fig. 1 bzw. der modifizierte Bahn-
Oberflächenbereich 35 (oder 45) gemäß den Fig. 3 (oder 4)
können einfach oder mehrfach mit den verschiedensten Geometrien
auf dem Substrat ausgebildet sein. Im folgenden werden gerade
Vorzugsbahnen beschrieben. Es sind jedoch bei geeigneter Sub
stratstrukturierung auch gekrümmte (z. B. kreisförmige) Vorzugs
bahnen möglich.
Fig. 5 zeigt ein Beispiel für eine parallele Ausführung des in
Fig. 1 erläuterten Grundprinzips mit einer Vielzahl parallel
verlaufender, gerader Vorzugsbahnen.
Auf einem Substrat 51, das z. B. aus Glas, Silizium oder Kunst
stoff bestehen kann, sind die Zelladhäsion unterbindende Mate
rialien 52 aufgebracht.
Dadurch entstehen eine Vielzahl von Bahnen 57 (Bahn-Ober
flächenbereiche), auf denen sich Zellen adhärent bewegen kön
nen. Die Bahnen 57 reichen von Eingangsdepots 53 über Oberflä
chenfelder 55 bis hin zu Ausgangsdepots 58. Die Oberflächenfel
der 55 sind so behandelt, daß bevorzugt Zellspuren erzeugt wer
den. Erreichen die Zellen die ebenfalls für die Adhäsion präpa
rierten Ausgangsdepots 58, so werden sie dort festgehalten bzw.
entnommen, um einer Kultivierung, Kryokonservierung oder einer
anderen Prozedur unterzogen zu werden. Die Analyse der Spur
kann mit allen gängigen Mikronachweisverfahren erfolgen (Fluo
reszenz, Isotopenmarkierung, Elementanalyse etc.). Die Oberflä
chenfelder 55 mit den Zellspuren (nicht dargestellt) sind als
Segmente der Bahnen 57 als Reihe, jeweils mit dem gleichen Ab
stand von dem jeweiligen Eingangsdepot 53 angeordnet. Dies er
leichtert die parallele, simultane Auswertung der Zellspuren.
In Fig. 6 ist eine Substratoberfläche in Form eines Mikrosy
stems gezeigt, die in ähnlicher Weise in verschiedene Oberflä
chenbereiche kompartimentiert wurde, wie das in Fig. 5 der Fall
ist. Das Substrat besteht hier jedoch entweder aus zwei Teilen
61a, 61b oder einem Teil mit einer Sollbruchstelle 61c. Auf den
Feldern 65 hinterlassen die Zellen Spuren. Sind sie auf ihrer
Wanderung über das Substrat in den Ausgangsdepots 68 angekom
men, so wird das Teil 61b entfernt oder abgebrochen. Wie im
linken Teil von Fig. 6 gezeigt ist, befinden sich dann die
Spuren und Zellen auf jeweils getrennten Substraten 61a und 61b,
so daß sie auf verschiedene Weise weiterbehandelt werden kön
nen.
In Analogie zu diesen Ausführungen lassen sich Oberflächen mit
weitaus mehr Zellwegen erzeugen, in denen parallel die Spuren
vieler Zellen so, daß sie eindeutig zuzuordnen sind, erzeugt
und charakterisiert werden können.
Fig. 7 zeigt eine Substratoberfläche, die derart strukturiert
ist, daß sich zwei Vorzugsbahnen, die für die Wanderung der
Spenderzellen eingerichtet sind, kreuzen. Auf dem Substrat 71
verlaufen die Bahnen 77a und 77b im wesentlichen senkrecht zu
einander. Im Kreuzungsbereich 75 ist eine Oberflächenmodifizie
rung oder -strukturierung zur Förderung des Anhaftens von Zell
spuren angebracht, wie sie oben erläutert wurde. Außerhalb der
Bahnen 77a bzw. 77b ist das Substrat 71 so strukturiert, daß
dort keine Zellwanderung stattfindet und keine Zellspuren an
haften.
Mit der in Fig. 7 gezeigten Anordnung lassen sich vorzugsweise
Wechselwirkungen zwischen verschiedenen Zellen untersuchen. Es
kann z. B. vorgesehen sein, daß zunächst die Zelle 76a über den
Bereich 75 wandert und dort Zellspuren hinterläßt. Anschließend
wandert die Zelle 76b über denselben Bereich 75 mit den vorhan
denen Zellspuren. Mit einem optisch-mikroskopischen Verfahren
oder einem anderen Untersuchungsverfahren wird danach erfaßt,
ob die Spuren der ersten Zelle 76a durch die zweite Zelle 76b
verändert, überlagert oder entfernt wurden. Es kann ferner er
faßt werden, ob geometrische Korrelationen zwischen den Zell
spuren auftreten, d. h. ob die Nachfolgezellen den Spuren der
Vorgängerzellen folgen oder diese gerade meiden. Daraus lassen
sich wiederum zellbasierte Assays für die Medizin, Biotechnolo
gie und Pharmazie mit hoher Spezifik entwickeln. Ein Substrat
mit gekreuzten Bahnen läßt sich wiederum zur Erzielung einer
Parallelverarbeitung vielfach auf einem gemeinsamen Träger aus
bilden.
Die Herstellung eines erfindungsgemäßen Substrats erfolgt vor
zugsweise derart, daß zunächst ein Trägermaterial mit einer Be
schichtung versehen wird, die für die Zellwanderung und
-adhäsion ungünstig ist (z. B. stark negativ geladene Moleküle).
Anschließend wird diese Beschichtung entsprechend dem gewünsch
ten Verlauf der Vorzugsbahnen durch Abtragen strukturiert, so
daß das Trägermaterial entsprechend bestimmter geometrischer
Formen frei liegt, die dann die Vorzugsbahnen bilden. Anschlie
ßend erfolgt anwendungsabhängig die Segmentierung der Vorzugs
bahn, d. h. die Aufbringung einer Strukturierung und/oder Modi
fizierung des Trägermaterials zur verstärkten Zelladhäsion.
Die Bahnbreiten sind vorzugsweise an die charakteristische Aus
dehnung einer adhärierten Zelle angepaßt und betragen rd.
50 µm. Die Bahnlängen können ebenfalls anwendungsabhängig aus
gewählt werden. Sie betragen z. B. 3 bis 4 charakteristische
Zelldurchmesser (d. h. rd. 150 bis 200 Mikrometer) bis hin zu
größeren Längen im Millimeterbereich.
Claims (23)
1. Verfahren zur zellspurbasierten Untersuchung biologischer
Zellen, bei dem die Zellen (16, 76a, 76b) auf ein zumindest
teilweise strukturiertes und/oder oberflächenmodifiziertes
Substrat (11, 31, 41, 51, 61, 71) aufgebracht werden und sich
adhärent über Bahn-Oberflächenbereiche (13, 15, 17, 35, 45,
55, 57, 77a, 77b) des Substrats unter Erzeugung von Zellspu
ren (14a, 14b, 34, 44) bewegen, die aus von den Zellen abge
trennten Materialrückständen bestehen, und Zelluntersuchungen
an den Zellspuren durchgeführt werden.
2. Verfahren gemäß Anspruch 1, bei dem zur Zelluntersuchung
die Menge, die Geometrie, die chemische Zusammensetzung, die
passiven elektrischen Parameter und/oder mechanische Eigen
schaften der Zellspuren oder von deren Bestandteilen erfaßt
werden.
3. Verfahren gemäß Anspruch 2, bei dem zur Erfassung der
Menge und Geometrie der Zellspuren Filamente (14a) und Mem
branflecken (14b) erfaßt werden.
4. Verfahren gemäß Anspruch 2, bei dem zur Erfassung der Zu
sammensetzung der Zellspuren diese einer Färbung oder Markie
rung zur Durchführung mikroanalytischer Verfahren unterzogen
werden.
5. Verfahren gemäß Anspruch 4, bei dem die mikroanalytischen
Verfahren Fluoreszenzmessungen, Messungen auf der Basis von
Isotopenmarkierungen oder Elementanalysen umfassen.
6. Verfahren gemäß Anspruch 2, bei dem zur Erfassung der Zu
sammensetzung der Zellspuren diese einem enzymatischen Abbau
unterzogen werden.
7. Verfahren gemäß Anspruch 2, bei dem die Zellspuren mit
einem hochauflösenden Mikroskopverfahren untersucht werden.
8. Verfahren gemäß Anspruch 2, bei dem zytoplasmatische
Rückstände oder genetischen Materialien in den Zellspuren
erfaßt werden.
9. Verfahren gemäß Anspruch 2, bei dem die Stabilität der
Zellspuren bei mechanischen, elektrischen, akustischen, opti
schen und/oder chemischen Behandlungen erfaßt wird.
10. Verfahren gemäß Anspruch 2, bei dem zur Erfassung der
passiven elektrischen Parameter der Zellspuren deren Impe
danz, Durchschlagfestigkeit, nichtlineares Verhalten und/oder
Erwärmung bei Stromdurchfluß erfaßt werden.
11. Verfahren gemäß Anspruch 2, bei dem zur Erfassung mecha
nischer Eigenschaften der Zellspuren deren Elastizität oder
Plastizität erfaßt werden.
12. Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, bei
dem eine Vervielfachung von Bestandteilen der Zellspuren zur
Erzeugung von Referenzmaterial durchgeführt wird.
13. Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, bei
dem die Zellspuren in vorbestimmten Bahn-Oberflächenbereichen
(13, 15, 17, 35, 45, 55, 57, 77a, 77b) erzeugt werden, die
zumindest teilweise zur verstärkten Anhaftung der Zellen
mikrostrukturiert und/oder modifiziert sind.
14. Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, bei
dem die Zellen nach der Erzeugung der Zellspuren einer medi
zinischen oder meßtechnischen Verwendung, einer Kryokonser
vierung oder einer weiteren Kultivierung unterzogen werden.
15. Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, bei
dem auf einer Vielzahl paralleler Bahnen eine Vielzahl von
Zellspuren erzeugt und untersucht werden.
16. Verfahren gemäß einem der vorhergehenden Ansprüche, bei
dem auf sich kreuzenden Bahnen Zellspuren erzeugt und an
Kreuzungsbereichen der sich kreuzenden Bahnen die gegenseiti
gen Wechselwirkungen der beteiligten Zellen und/oder Zellspu
ren untersucht werden.
17. Vorrichtung zur zellspurbasierten Untersuchung biologi
scher Zellen (16, 76a, 76b) mit einem Substrat (11, 31, 41,
51, 61, 71) mit Oberflächenbereichen (12, 52, 72), an denen
die Zellen schlechter adhärieren als auf Bahn-Oberflächen
bereichen (13, 15, 17, 35, 45, 55, 57, 77a, 77b), in denen
die Zellen gut anhaften und sich adhärent bewegen können, wo
bei die Bahn-Oberflächenbereiche zur Anhaftung von Zellspuren
(14a, 14b, 34, 44) eingerichtet sind, die aus von den Zellen
abgetrennten Materialrückständen bestehen.
18. Vorrichtung gemäß Anspruch 17, bei der das Substrat in
den Oberflächenbereichen (12, 52, 72) und/oder den Bahn-
Oberflächenbereichen (13, 15, 17, 35, 45, 55, 57, 77a, 77b)
strukturell und/oder chemisch modifiziert ist, um die Anhaf
tung von Zellspuren zu unterbinden bzw. zu fördern.
19. Vorrichtung gemäß Anspruch 17, bei der das Substrat Teil
eines Mikrosystems ist, auf dem die Oberflächenbereiche und
die Bahn-Oberflächenbereiche ausgebildet sind, wobei die
Bahn-Oberflächenbereiche mindestens eine gerade Bahn bilden.
20. Vorrichtung gemäß einem der Ansprüche 17 bis 19, bei dem
das Substrat aus Glas, Silizium oder einem Kunststoff be
steht.
21. Vorrichtung gemäß einem der Ansprüche 17 bis 20, bei der
eine Vielzahl von Bahn-Oberflächenbereichen in Form einer
Gruppe paralleler Bahnen (57) oder sich kreuzender Bahnen
(77a, 77b) gebildet sind.
22. Vorrichtung gemäß einem der Ansprüche 17 bis 21, bei dem
das Substrat zweiteilig ist, wobei die Bahn-Oberflächen
bereiche auf einem der Substratteile angeordnet sind.
23. Verwendung von Materialrückständen, die von biologischen
Zellen auf Substraten gebildet sind, zur Untersuchung von Ei
genschaften der Zellen für medizinische, biochemische
und/oder pharmakologische Zwecke.
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