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Die
Erfindung betrifft ein Verfahren zur Semifinish- oder Finishbearbeitung
von Oberflächen
rotationssymmetrischer Abschnitte von Werkstücken aus hartem oder gehärtetem Werkstoff
mittels Hartdrehen und ein zu dessen Durchführung geeignetes Drehwerkzeug
mit einem Schneidplättchen.
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Präzisionsbauteile
wie zum Beispiel Wälzlager
und Hydraulikkomponenten erfordern für ihre Funktionsfähigkeit
höchste
Form- und Maßgenauigkeiten
sowie beste Oberflächenqualitäten. Um
eine ausreichende Verschleißfestigkeit
zu erreichen, werden die Bauteile aus harten oder gehärteten Werkstoffen
hergestellt. Die geforderten Toleranzen solcher Präzisionsbauteile
liegen dabei im Bereich der ISO-Toleranzklasse IT3 bis IT6 bei Oberflächenrauhigkeiten
von Rz = 0,5 bis 6 μm.
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Der
herkömmliche
Bearbeitungsgang erfolgt dabei so, daß ein ungehärteter Werkstückrohling
in die gewünschte
Form gedreht und anschließend
gehärtet
wird. Der dabei auftretende Härteverzug
erfordert eine anschließende
Endbearbeitung, weshalb das Drehen des ungehärteten Werkstückrohlings
unter Beibehaltung eines geringen Aufmaßes, in der Regel in der Größenordnung
weniger Zehntelmillimeter, erfolgen muß.
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Die
Endbearbeitung nach dem Härten
geschieht durch Schleifen, Feinschleifen und Honen.
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Der
hohe Zeit- und Kostenaufwand und die mangelnde Flexibilität des herkömmlichen
Verfahrens und letztlich auch die steigenden Kosten für die Entsorgung
der Kühlschmierstoffe
und Schleifschlämme
haben zu kostengünstigeren
und weniger zeitaufwendigen Alternativen bei der Endbearbeitung geführt.
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Als
Alternative zum anschließenden
Schleifen wird das Hartdrehen mit superharten CBN- oder Mischkeramikschneidstoffen
angewendet.
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So
ist aus der DE-44 32 514 Al ein Verfahren bekannt, bei dem das Werkstück nach
dem Härten mit
einer Toleranz von > 10 μm sowie einer
Rauhtiefe Rz > 2 μm
hartgedreht und danach mittels Honen auf das Fertigmaß und die
Fertigrauhigkeit gebracht wird.
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Ein ähnliches
Verfahren ist aus der
DE
195 46 863 A1 bekannt. Die Endbearbeitung des mit Befassung
eines Aufmaßes
vorbereiteten und gehärteten
Werkstücks
erfolgt in einer Schleifmaschine zunächst durch Hartdrehen, wobei
70 bis 90% des Aufmaßes
abgetragen werden, und anschließendes Schleifen,
ohne die Einspannung des Werkstücks
zu wechseln.
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Die
Kontur des zu bearbeitenden Werkstücks wird durch Abfahren einer
entsprechenden Bahn mit einem Vorschub parallel zur Drehachse des Werkstücks erzeugt.
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Wie
in der
DE 44 32 514
A1 vorausgesetzt wird, ist es häufig nicht möglich, durch
das Hartdrehen allein eine geeignete Einstellung der geforderten Endparameter
zu erzielen. Das liegt unter anderem daran, daß durch die Überlagerung
von Drehbewegung des Werkstücks
und Vorschubbewegung des Werkzeuges eine für das Drehen typische Wendelstruktur
erzeugt wird. Diese Wendelstruktur erweist sich häufig als
kritisch, da sie zum Beispiel bei Dichtflächen eines rotierenden Werkstückes eine
gewisse Förderbewegung
der Flüssigkeit
hervorruft, gegenüber
der die Abdichtung erfolgen soll. Außerdem läßt sie die aufliegende Dichtung
schnell verschleißen.
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Aus
der Veröffentlichung "Hartdrehen statt Feinschleifen" (Jochmann, Sven
in Industrieanzeiger 34-35/97 (1997), Seite 48) ist es bekannt,
durch speziell angepasste Präzisionsdrehmaschinen,
den Einsatz geeigneter harter Schneidstoffe, z. B. aus kubischem
Bornitrid oder Mischke ramik sowie geeignete Schnittgeschwindigkeit
und -tiefe Oberflächengüten zu erreichen,
die bislang ausschließlich
Feinschleif und Honoperationen vorbehalten waren. Dabei hat das
Werkzeug einen Punktkontakt zum Werkstück und führt gleichzeitig auf die Drehachse
des Werkstücks
bezogen eine radiale und eine axiale Bewegung aus. Auch bei diesem
genannten Stand der Technik kann die vorgenannte Wendelstruktur
nicht vollständig
vermieden werden.
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Auch
dort, wo die geforderte Oberflächenqualität allein
mit dem Hartdrehen erreicht werden kann, sind zumindest der Bearbeitungsgeschwindigkeit
beim Hartdrehen Grenzen gesetzt, da pro Werkstückumdrehung jeweils nur eine
Fläche
bearbeitet wird, die den Vorschub des Werkzeuges, multipliziert mit
dem aktuellen Werkstückumfang,
entspricht. Insbesondere in der Serienfertigung und in verketteten Anlagen
können
die geforderten Taktzeiten durch das Hartdrehen deshalb oftmals
nicht erreicht werden.
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Beide
Gründe
führen
dazu, daß das
Hartdrehen in der Regel mit einer abschließenden Schleifbearbeitung oder
mit einem Honen kombiniert wird oder daß statt des Hartdrehens ein
Einstech-Schleifprozeß angewendet
wird, bei dem das oder die Schleifwerkzeuge an die Werkstückgeometrie
angepaßt sind.
Trotz gegenüber
dem Hartdrehen niedrigerer spezifischer Abtragsraten können mit
dem zuletzt genannten Verfahren teilweise niedrigere Hauptzeiten erreicht
werden als mit dem Hartdrehen.
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Die
Kinematik des Hartdrehens erschwert darüber hinaus die Online-Messung
der erzeugten Werkstückabmessungen.
Während
beim Einstechschleifen zum Beispiel eine einfache Durchmesserkontrolle
durch eine berührende
Messung mit tastenden In-Process-Meßmitteln am aktuell bearbeiteten Durchmesser
erfolgen kann, besteht diese Möglichkeit
beim Hartdrehen bisher nicht.
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Aus
der
EP 0330111 A1 ist
ein Schneidwerkzeug zum konturgenauen Aus- oder Inneneinstechdrehen
bekannt, das eine Schneidkante mit einer Kontur aufweist, die in
Längsrichtung
des Schneidwerkzeugs dem gewünschten
axialen Profil eines zu bearbeitenden Werkstücks entspricht. Das dort offenbarte
in seiner Kontur komplexe Schneidwerkzeug eignet sich nicht für das Hartdrehen
von Werkstücken aus
hartem oder gehärtetem
Werkstoff, sondern lediglich für
das Einstechdrehen an Werkstoffen, die nicht hart bzw. nicht gehärtet sind.
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Aus
der
DE l96 29 456
C1 ein Werkzeug für die
spanende Materialbearbeitung bekannt, das eine Beschichtung aus
einer haftenden, polykristallinen Diamantschicht aufweist. Dabei
kann die Schneidspitze nachträglich
angelötet
sein.
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Der
Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, ein Verfahren der eingangs
genannten Art mit dem sich bei verringerten Bearbeitungszeiten hochwertige Oberflächenqualitäten erreichen
lassen und ein Drehwerkzeug zur Durchführung dieses Verfahrens anzugeben.
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Erfindungsgemäß wird die
Aufgabe für
das Verfahren dadurch gelöst,
daß das
Hartdrehen mit mindestens einem Werkzeug, dessen Schneidkante eine
der zu erzeugenden Geometrie der jeweiligen Bearbeitungsfläche des
Werkstücks
angepaßte Form
mit einem nicht geraden Bereich aufweist und aus einem hochharten
Schneidstoff besteht und die Bearbeitung mir einem Vorschub des
Werkzeuges in Richtung auf die jeweilige Bearbeitungsfläche des Werkstücks erfolgt.
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Des
weiteren wird die Aufgabe durch ein Drehwerkzeug zur Durchführung des
Verfahrens mit den Merkmalen des Patentanspruches 2 gelöst.
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Durch
die Verwendung von Drehwerkzeugen mit einem Schneidplättchen,
dessen Schneidkante eine der zu erzeugenden Geometrie der jeweiligen Bearbeitungsfläche des
Werkstücks
angepasste Form aufweist und aus einem hochharten Schneidstoff besteht,
ist bei der Bearbeitung der Werkstücke nur eine einachsige Verfahrbewegung
erforderlich. Die hohen Abtragsraten des Hartdrehprozesses mit definierter
Schneide führen
zu dem Vorteil der Erzeugung eines Werkstückes in einem Schnitt durch
Abbilden des Profils des Schneidplättchens auf dem Werkstück und den
Verzicht auf eine Schleifbearbeitung. Daraus resultieren sehr kurze
Hauptzeiten. Gegenüber
dem Einstechschleifen mit profilierten Schleifscheiben können so
auch Werkstücke
mit einem sehr großen
Bearbeitungsaufmaß wirtschaftlich zerspant
werden, da der Abtrag beim Hartdrehen um etwa eine Größenordnung
höher ist
als beim Schleifen. Dies erlaubt in vielen Fällen den Verzicht auf eine spanende
Vorbearbeitung vor dem Härten.
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Durch
die Einstechkinematik wird auf der Werkstückoberfläche keine wendelförmige Struktur erzeugt.
Es bildet sich lediglich die Rauhheit der Schneidkante des Schneidplättchens
als parallele Rillen auf der Oberfläche des Werkstücks ab.
Dies ist vor allem dann vorteilhaft, wenn das Werkstück Funktionsflächen aufweist,
zum Beispiel Dichtflächen für Wellendichtringe.
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Als
Schneidplättchen
können
CBN- bzw. PCBN-(polykristalline
kubische Bornitride) oder Keramikschneidplättchen zum Einsatz kommen.
Die Werkzeuggeometrie, bzw. die Geometrie der Schneidkante, ist
dabei an die zu erzeugende Geometrie der Werkstücke anzupassen. Als gut geeignet haben
sich feinkörnige
PCBN-Sorten mit niedrigem CBN-Anteil und keramischer Bindephase
erwiesen. Je nach Anwendungsgebiet und Werkstoff des Werkstückes kommen
aber prinzipiell die meisten auf dem Markt erhältlichen PCBN- und Mischkeramiksorten
in Frage.
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Derartige
Schneidplättchen
zur Fertigbearbeitung der Oberflächen
von gehärteten
Werkstücken
werden von den Werkzeugherstellern bisher nicht angeboten, lassen
sich aber analog zu den bisher gebräuchlichen Hartdrehwerkzeugen
herstellen. Die Vorbereitung der Schneiden und Schneidkanten erfolgt
dabei analog zu konventionellen Wendeschneidplatten.
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Die
Schneidplatten können
als Fullface-Platten ausgebildet sein. Da in der Regel jedoch nur
mit geringen Vorschüben
gearbeitet wird, empfiehlt sich die Verwendung von Werkzeugen, die
nur an der Schneidkante einen Einsatz mit hochharten Schneidstoffen
aufweisen. Dadurch sind insbesondere bei Werkstücken aus PCBN signifikante
Kosteneinsparungen möglich.
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An
die Geometrie der Werkzeuge werden die gleichen Anforderungen gestellt
wie an die zu erzeugenden Werkzeuggeometrien. Bei Wälzlagerlaufflächen liegen
die erlaubten Abweichungen von der idealen Form beispielsweise im
Bereich weniger Mikrometer. Weiterhin müssen die verwendeten Werkzeughalter
sehr genaue Einstellmöglichkeiten
für die Werkzeughöhe und die
Ausrichtung der Schneide zur Drehachse aufweisen. Für die Einstellung
sind ebenfalls Genauigkeiten im Mikrometerbereich, in der Regel
weniger als 10 μm,
zu fordern. Der Bearbeitungsvorgang kann in allgemeinen einstufig
erfolgen. Zur Erzielung höchster
Qualitäten
ist jedoch auch eine Aufteilung der Bearbeitung in einen Vor-(Semifinish-) und
einen Finishschnitt möglich.
Insbesondere das Schneidplättchen
für den
Finishschnitt soll dabei ein feinkörniges Gefüge und eine hohe Verschleißfestigkeit
aufweisen, um gute Oberflächengüten und
Formgenauigkeiten über
eine große
Werkstückanzahl
realisieren zu können.
Optional kann für
eine besonders hohe Oberflächengüte eine
Hon- und/oder eine Polieroperation nachgeschaltet sein.
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Das
Verfahren wird typischerweise ohne den Einsatz von Kühlschmierstoffen
durchgeführt.
Kühlschmierstoff
kann jedoch optional zur Werkstücktemperierung
verwendet werden.
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Das
Verfahren ist vornehmlich in der Massenfertigung von kleinen Wälzlagern
und bei der Herstellung von Dichtflächen vorteilhaft anwendbar.
Die Kinematik ermöglicht
in Kombination mit entsprechenden Formwerkzeugen aber auch die Einbringung
von filigranen rotationssymmetrischen Strukturen in die Werkstücke, wie
zum Beispiel Walzen und Walzwerkzeuge, zum Beispiel Abrichtwalzen,
Blechwalzen etc.
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Als
Eingangsmaterial kommen rotationssymmetrische Rohlinge aus harten
oder gehärteten Werkstoffen
zum Einsatz. Die Rohlinge können
im ur- bzw. umgeformten (z. B. Gießen, Schmieden) oder im spanend
bearbeiteten (z. B. Drehen) Zustand vorliegen. Weiterhin ist eine
Vorbearbeitung im gehärteten
Zustand, zum Beispiel durch Schleifen und konventionelles Hartdrehen,
möglich.
Das erfindungsgemäße Hartdrehen
mit Schneidplättchen
erlaubt in diesem Fall die gezielte Herstellung von Funktionsflächen, wie
z. B. Dichtflächen.
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Die
Werkstücke
werden axial oder radial mechanisch oder magnetisch gespannt. Hierbei
sind entsprechend der geforderten Qualität an die Werkstückgeometrie
angepaßte
Spannmittel zu verwenden.
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Die
Werkzeuge werden in der Praxis durch Ankratzen und einen Probeschnitt.
mit anschließender
Werkzeugkorrektur bzw. durch das Einmessen mittels optischer oder
mechanischer Systeme (z. B. Meßmikroskope,
Taster) eingerichtet.
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Die
Erfindung soll nachstehend anhand eines Ausführungsbeispiels näher erläutert werden.
In den zugehörigen
Zeichnungen zeigen
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1 die
Durchführung
des Verfahrens an einem Wälzlagerring,
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2 ein
vergrößertes Oberflächenbild
einer erfindungsgemäß hartgedrehten
Zylinderfläche und
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3 die
mit dem Verfahren erreichbaren Oberflächenparameter anhand eines
Oberflächenprofils.
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1 zeigt
schematisch die Drehbearbeitung eines bereits gehärteten Wälzlagerrings 1.
Die Lagerfläche 2 wird
mittels eines Werkzeuges mit rundem Schneidplättchen 3 auf das Endmaß gedreht. Zum
Bearbeiten der zylindrischen Fläche 4 dient
ein Werkzeug, das ein Schneidplättchen 6 mit
gerader Schneidkante und nach vorne weisenden Anfasungen aufweist,
und zum Bearbeiten der planen Stirnfläche 7 und der hinteren
Planfläche 5 ein
Werkzeug mit einem Schneidplättchen 8 mit
gerader Schnittkante.
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Die
Zerspanung erfolgt analog zum konventionellen Hartdrehen durch Plastifizierung
des gehärteten
Werkstoffes. Diese wird durch die beim Zerspanprozeß entstehende
Wärme in
der Schnittzone hervorgerufen. Im Gegensatz zum konventionellen Hartdrehen
liegt in der Regel eine wesentlich längere Kontaktbogenlänge zwischen
Schneidkante und Werkstück
bei gleichzeitig kleineren Spandicken vor.
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Die
geeigneten Schnittparameterbereiche werden unter anderem vom Werkstoff,
vom Vorbearbeitungszustand sowie von der zu erzeugenden Kontur beeinflußt. Weitere
Restriktionen ergeben sich aus dem verwendeten Schneidstoff und
den Kenngrößen der
Werkzeugmaschine und der angestrebten Werkstückqualität. Für den vorliegenden Anwendungsfall
des Drehens eines Wälzlagerrings
im Durchmesserbereich von l0 bis 100 mm haben sich folgende Parameter
als günstig
erwiesen:
Schnittgeschwindigkeit vc:
80-500 m/min.
Vorschub f: 0,005-0,05 mm
Vorschubgeschwindigkeit
vf: 0,005-0,05 mm/U
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2 zeigt
die beim Hartdrehen mit dem Verfahren erreichbare Oberflächenqualität anhand des
Oberflä chenbildes
einer Zylinderfläche.
Verwendet wurde Stahl 1000 Cr6 mit einer Rockwell-Härte von
60 bis 62 HRC.
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Beim
Hartdrehen mittels Formwerkzeugen, wie sie in 1 gezeigt
sind, wurde ein
arithmetischer Mittenrauhwert Ra =
0,058 μm
und
eine
mittlere Rauhtiefe Rz = 0,434 μm
erreicht.
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3 zeigt
eine Analyse des erreichten Oberflächenprofils.
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Die
angegebenen Werte sind nur den bisher bekannten Verfahren nur mit
einer abschließenden Feinbearbeitung,
also z. B. Honen oder Feinschleifen zu erreichen.