DE19816701C1 - Verfahren zur Bestimmung physikalischer Behandelbarkeit von Sedimenten und Sedimentsuspensionen - Google Patents
Verfahren zur Bestimmung physikalischer Behandelbarkeit von Sedimenten und SedimentsuspensionenInfo
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Abstract
Es wird ein Verfahren zur Bestimmung physikalischer Eigenschaften von Sedimenten und Sedimentsuspensionen unter Verwendung rheometrisch und/oder viskosimetrisch erfaßter Parameter genommener Proben von Sedimenten und Sedimentsuspensionen vorgeschlagen. Dabei wird DOLLAR A a. zunächst mittels eines Rheometers eine Fließgrenze der Proben ermittelt DOLLAR A b. nachfolgend wird ein Kriech-Kriech-Erholungsverhalten der Probe ermittelt und DOLLAR A c. aus der Ermittlung der Fließgrenze und des Kriech-Erholungsverhaltens der Probe ist eine Aussage über die physikalische Behandelbarkeit der Sedimente und Sedimentproben herleitbar.
Description
Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Bestimmung
physikalischer Behandelbarkeit von Sedimenten und Sedi
mentsuspensionen unter Verwendung rheometrisch und/oder
viskosimetrisch erfaßter Parameter genommener Proben von
Sedimenten und Sedimentsuspensionen.
Es ist bekannt, daß sich insbesondere in gezeitenabhän
gigen Hafenbecken, Hafenanlagen aber auch den Gezeiten
ausgesetzten Flüssen und Küstenbereichen Sedimente,
Sedimentsuspensionen, Schlicke (oft auch als fluid mud
bezeichnet) absetzen und die zur Verfügung stehende
mittlere Wassertiefe in den vorgenannten Bereichen
vermindern. Dieser Umstand stellt die Betreiber von
Häfen, Hafenanlagen aber auch die für die Schiffbarkeit
von Flüssen und Küstenbereichen zuständigen Gremien und
Behörden vor erhebliche Probleme, denn aus Sicherheits
erwägungen heraus sind die Betreiber von Häfen, Hafen
anlagen sowie beispielsweise Schiffahrtsämter für Flüsse
und Küstenbereiche gehalten, für die Schiffbarkeit immer
eine Mindestwassertiefe zu gewährleisten. Dafür werden
die betreffenden Bereiche von Zeit zu Zeit ausgebaggert,
um die gewünschten Wassertiefen (Solltiefen) dort
gewährleisten zu können.
Untersuchungen haben ergeben, daß die mit hohem appara
tiven und somit hohem finanziellen Aufwand regelmäßig
durchzuführenden Baggerungen der betreffenden Bereiche,
um die betreffenden Sedimente, die sich über die Zeit
angehäuft haben, zu entfernen, teilweise gar nicht nötig
sind, da sich herausgestellt hat, daß diese Sedimente,
zumindest im vertikal oberen Schichtungsbereich der
Sedimente, eine derart geringe Zähigkeit haben, daß sie
ohne weiteres von Wasserfahrzeugen durchfahren werden
können, ohne daß eine Beeinträchtigung der Sicherheit
und Leichtigkeit des Schiffsverkehrs oder gar Beschädi
gungen des Wasserfahrzeugs zu erwarten sind.
Diese Erkenntnis ist allerdings bisher bei im Stand der
Technik bekannten Verfahren zur Bestimmung physika
lischer Eigenschaften von Sedimenten und Sedimentsus
pensionen nicht durchgedrungen, da die bisher dafür
verwendeten Verfahren und Anordnungen bzw. Einrichtungen
zur Ausführung derartiger Verfahren eine derartige
Erkenntnis gar nicht zuließen.
Bisher wurden nämlich für diese Zwecke die für terristi
sche Böden üblichen Standardverfahren zur Gewinnung
bodenmechanischer Kennwerte nach DIN auch auf Gewässer
sedimente, Gewässersedimentsuspensionen und Schlick
(fliud mud) angewendet, wobei nachfolgend der Einfach
heit halber immer von Sedimenten gesprochen wird, die
aber letztlich alle klassifikationsfähigen Sedimente,
die normalerweise in Gewässern anzutreffen sind, umfas
sen. Zu den bisherigen Verfahren gehören z. B. auch
Scherfestigkeitsuntersuchungen mit Feld- und Laborflü
gelsonden, wobei auch zur Bestimmung der Eigenschaften
des Materials der Sedimente zusätzlich sedimentologische
Parameter herangezogen werden, wie z. B. Korngrößenver
teilungen.
Verfahren und Vorrichtungen für rheologische Untersuchungen sind aus der
DE 195 10 351 C1, der DE 195 15 250 C1, der DE 41 09 696 A1 und der
DE 297 07 609 U1 bekannt.
Kohäsive Sedimente in Gewässern erfahren im Gegensatz zu
gewachsenen Böden durch die wechselnde hydraulische
Belastung, beispielsweise durch die Gezeiten sowie durch
Erosion und Sedimentation, Festigkeitszustandsände
rungen. Dies gilt insbesondere für diejenigen Sediment
schichten, die im Übergangsbereich zwischen Wasserkörper
und fester Sole transportiert oder abgelagert werden.
Mit den bisher bekannten, oben beispielhaft genannten
Standardverfahren und den dabei und auch mittels geson
derter Methoden ggf. zusätzlich ermittelten Sedimentpa
rametern können die in der Natur auftretenden tatsäch
lichen physikalischen Eigenschaften von Sedimenten nicht
erfaßt und nicht quantifiziert werden, so daß bisweilen
die sedimentbeaufschlagten Bereiche nach wie vor in mehr
oder weniger regelmäßigen Abständen unter sehr hohem
apparativen und kostenintensiven Aufwand gebaggert
werden (müssen), wobei dabei wiederum ein gleichfalls
gravierendes Problem des gesaugten bzw. gebaggerten
Sediments bezüglich der Förderung durch Verbringung auf
Deponien oder sonstige Aufschüttbereiche auftritt, wo
das Sediment gelagert werden soll.
Für die Bestimmung der Art der Förderung des Sediments
zu den Deponiebereichen ist an sich ebenfalls sehr
genaue Kenntnis der physikalischen Parameter und somit
Eigenschaften der Sedimente erforderlich, denn nur dann,
wenn darüber genaue Kenntnis vorherrscht, können die zu
verwendenden Fördermittel, wie Pumpen, Förderrohrquer
schnitte, Geschwindigkeit und somit Dauer der Förderung
und die sich daraus ergebenden Kosten realistisch
bestimmt werden. Dieses war bisher nicht möglich,
vielmehr beschränkte man sich auf Erfahrungswerte, die
allerdings dem Ergebnis einer technisch-wissenschaftli
chen Untersuchung in weiten Bereichen nicht standgehal
ten haben.
Es ist somit Aufgabe der vorliegenden Erfindung, ein
Verfahren der eingangs genannten Art zu schaffen, mit
dem eine tatsächliche Bestimmung der physikalischen
Eigenschaften von Sedimenten, insbesondere von Gewäs
sersedimenten, möglich ist, wobei das Verfahren derart
präzise sein soll, daß damit Aussagen über die Schiff
barkeit, Transportierbarkeit und Rammbarkeit bereitge
stellt werden können, wobei daraus Erkenntnisse über die
Schiffbarkeit, die Behandelbarkeit und die Förderbarkeit
derartiger Sedimente gezogen werden können und wobei das
Verfahren einfach und kostengünstig unter wenigstens
teilweise Nutzung bisheriger Verfahrensschritte mit
fortwährend hochgenau reproduzierbaren Ergebnissen
durchführbar sein soll.
Gelöst wird die Aufgabe gemäß der Erfindung dadurch, daß
- a) zunächst mittels eines Rheometers eine Fließgrenze der Probe ermittelt wird und
- b) daß nachfolgend ein Kriech-Kriech-Erholungs verhalten der Probe ermittelt wird.
Fließeigenschaften von Sedimenten sind ein Indikator zur
Festlegung des Konsolidierungsgrades der entsprechenden
Sedimentschichten. Außer dem Fließverhalten der Sedi
mente sind Festigkeitszustands-Änderungen der Sedimente
herleitbar und daraus ableitbar sind weitere rheologi
sche Indikationsparameter. Durch die erfindungsgemäße
Lösung ist es somit möglich, durch genaue und reprodu
zierbare Bestimmung der physikalischen Eigenschaften von
Sedimenten für die Betreiber von Häfen, Hafenanlagen,
Wasserstraßen und auch Behörden, die schlechthin für den
Wasserbau verantwortlich sind, gezielte und richtige
Aussagen über die Sedimente und ihre Handhabbarkeit und
Behandelbarkeit machen zu können, womit einerseits eine
große Planungssicherheit für diese Bereiche sowie
Wasserbau- und Sanierungsmaßnahmen erreichbar sind sowie
bei der Gewässerunterhaltung schlechthin, und zwar zur
Vermeidung unnötiger Baggerungen beispielsweise bei
erkannter "Schiffbarkeit" des Sediments.
Auch wird, wie aufgabengemäß angestrebt, mit dem erfin
dungsgemäßen Verfahren die Auswahl geeigneter Bagger-
und Fördertechniken für das Sediment möglich und auch
eine geeignete Auswahl der Mittel möglich, die zur
Förderung des Sediments bereitgestellt werden müssen,
beispielsweise Pumpen, Förderrohrquerschnitte und
Förderrohrlänge und dergleichen.
Daraus ergibt sich insgesamt, daß, wie erfindungsgemäß
angestrebt, auch sehr große Vorteile durch Kostenver
minderung für derartige Techniken möglich sind, was
insbesondere für den Fall eintritt, daß mittels des
erfindungsgemäßen Verfahrens beispielsweise genau
feststellbar ist, ob überhaupt eine Baggerung des
untersuchten Sediments nötig ist, da, wie oben erwähnt,
viele Sedimente, die bisher durch Baggerung von Zeit zu
Zeit entfernt wurden, was bisher ohne fundierte tech
nisch-wissenschaftliche Untersuchung in regelmäßigen
Abständen durchgeführt wurde, nicht mehr vollständig
oder überhaupt entfernt werden müssen.
Bei einer vorteilhaften Ausgestaltung des Verfahrens
wird unmittelbar nach Ausführung des Verfahrensschrittes
b. (zusätzlich) ein zeitabhängiges Verformungsverhalten
einer Probe ermittelt.
Dieser
zusätzliche Verfahrensschritt dient dazu, daß mittels
dieses Verfahrensschrittes Meßwerte ermittelt werden
können, die als Berechnungsgrundlage für die Ermittlung
der Widerstandskraft dienen, die ein Sediment (Schlick)
bzw. aufeinanderfolgende ggf. unterschiedlich feste
Sedimentschichten beim Rammen Pfählen, Spunden oder
anderen Bauteilen entgegensetzten, so daß eine Aussage
darüber möglich ist, mit welcher Apparatur bzw. tech
nischem Gerät entsprechende Baumaßnahmen durchzuführen
sind.
Bei einer weiteren vorteilhaften anderen Ausgestaltung
des Verfahrens wird zusätzlich ein geschwindigkeitsab
hängiges Verformungsverhalten der Probe ermittelt.
Damit kann die zeitabhängige Verformung und die Verfor
mungsgeschwindigkeit von Schlicken und anderem kohäsiven
Sediment gemessen werden.
Ganz besonders vorteilhaft ist es, ein zeitabhängiges
und/oder geschwindigkeitsabhängiges oszillatives Ver
formungsverhalten der Probe zu ermitteln, beispielsweise
mittels einer sogenannten Oszillationsmessung, bei der
im Meßzylinder eines Rheometers sich nicht mehr konti
nuierlich nur in einer Richtung dreht, sondern nach
einer vorgegebenen sinusartigen Zeitfunktion regelmä
ßige, oszillierende kleine Auslenkungen, die eine
Deformation des Sediments bewirken, dreht. Dieser
Verfahrensschritt bzw. diese weitere Ausgestaltung des
Verfahrens erlaubt die Ermittlung einer substanzspezifi
schen Eigenschaft des Sediments, und zwar über die
Messung der material- und zeitvariablen Gegenkraft
(Schubspannung) unmittelbar und mit großer Genauigkeit.
Um schießlich einen weiteren wichtigen Parameter zur
Herleitbarkeit der physikalischen Behandelbarkeit der
Sedimente zu schaffen, ist es schließlich vorteilhaft,
die Ermittlung der physikalischen Eigenschaften bei
konstanter ggf. in unterschiedlichen Schrittgrößen
vorgebbarer Temperatur erfolgen zu lassen, nun auch den
Temperatureinfluß auf die physikalischen Parameter des
Sediments erkennen und berücksichtigen zu können.
Die Erfindung wird nun unter Bezugnahme auf die nach
folgenden, in den Figuren dargestellten Kurvenverläufe,
die bei der Bestimmung der physikalischen Eigenschaften
der Sedimente typischerweise ermittelt werden können, im
einzelnen beschrieben. Darin zeigen:
Fig. 1 die Darstellung eines für Sediment (Schlick)
typischen Kurvenverlaufes zur Darstellung des
Zusammenhanges der Schubspannung, der Viskosi
tät des Sediments, und der Fließgrenzenermitt
lung,
Fig. 2 eine Darstellung zur Sichtbarmachung der soge
nannten "Erholungs-Reaktion" des Sediments
(Schlick) über den Rückstellungsweg einer zuvor
ausgelenkten Sedimentprobe und die vom Sediment
ausgehende rückstellende Kraft,
Fig. 3 eine Darstellung wie Fig. 2 bei dem gleichen
Sediment, jedoch mit einer aufgebrachten
Schubspannung, die oberhalb der Fließgrenze
liegt, und
Fig. 4 die Darstellung eines schubspannungsgesteuerten
Oszillationsversuches zur Ermittlung des
viskosen und elastischen Anteils des Sediment
materials
Nachfolgend werden zunächst die gemäß den Verfahrens
schritten a., b. und d. die nötigen Grundschritte anhand
apparativ vorzunehmender Maßnahmen im einzelnen be
schrieben.
Für diese Messung werden dem Rheometer bei konstanter
Temperatur ausgewählte Schubspannungs-Zeitprofile
vorgegeben. Für jede Einstellung werden die Scherge
schwindigkeitswerte ermittelt und daraus Viskositäts
werte errechnet. Gemessen wird die Fließfunktion, d. h.
die Schergeschwindigkeit als Funktion der Schubspannung
sowie auch die Viskositätsfunktion.
Aus einem für Schlick als Sediment typischen Kurvenver
lauf, vergleiche Fig. 1, kann man entnehmen, daß mit
steigender Schubspannung die Viskosität ebenfalls
zunimmt, wobei die Scherrate nur geringfügig ansteigt.
Mit dem weiteren Anstieg der Schubspannung verlangsamt
sich die Zunahme der Viskosität bis ein Bereich relativ
konstanter Viskosität bei steigender Schubspannung
erreicht wird. Dieser Bereich nahezu konstanter Visko
sität bei steigender Schubspannung wird mit zunehmendem
Konsolidierungsgrad eines Schlicks (aufeinanderfolgender
Schlickschichten) größer und kann sich über mehrere
hundert Pascal erstrecken. Die Scherrate ist immer noch
sehr gering. Dieser Schubspannungsbereich dient als
Merkmal für die elastische Verformbarkeit des jeweiligen
Schlickmaterials.
Nach dem Überschreiten eines für die jeweilige Schlick
probe typischen kritischen Grenzwertes der Schubspannung
(definierte Fließgrenze) wird der Wert der Viskosität
langsam kleiner. Die Scherrate nimmt geringfügig zu.
Dieser Bereich dient als Merkmal für den Übergang
zwischen festem und flüssigem Schlick.
Bei weiterer Steigerung der Schubspannung fällt der
Viskositätswert deutlich ab und die Scherrate steigt
stark an. Sobald dieser Schubspannungswert erreicht
wird, also eine deutliche Scherrate gemessen wird,
überwiegen die viskosen Eigenschaften des Schlicks und
er verhält sich von nun an wie ein Flüssigkeit. Dieser
Schubspannungswert markiert den "praktischen Fließbe
ginn" des Schlicks und kann unter anderem herangezogen
werden, um z. B. eine Pumpe und ein Rohrleitungssystem
zur Förderung des Schlicks bezüglich ihrer vorauszuset
zenden technischen Parameter auszulegen.
Die Berechnung der Druckverluste bei nicht-newtonschen
Rohrströmungen erfolgt anhand der für jeden Schlick
charakteristischen Fließkurve. Der Verlauf der Fließ
kurve bestimmt auch das Berechnungsverfahren und die in
den Formeln zu verwendenden Parameter. Die Berechnungs
ergebnisse lassen unmittelbar die Auswahl und Dimensio
nierung einer zur Förderung des betreffenden Schlicks
geeigneten Pumpe zu.
Diese Messung wird mit festen Schubspannungseinstel
lungen durchgeführt. Es wird aufgezeichnet, in welchem
Maße und wie stark das Sediment (Schlick) innerhalb
eines bestimmten Zeitintervalles auf diese vorgegebenen
Schubspannungen durch Verformung (Scherdeformation)
reagiert. In einem direkt anschließenden zweiten Zeitin
tervall wird die Krafteinwirkung gestoppt (die Schub
spannung ist 0 Pascal) und die "Erholungs-Reaktion" des
Sediments ermittelt und aufgezeichnet, d. h. das Rheome
ter mißt über den Rückstellungsweg der zuvor ausgelenk
ten Meßeinrichtung die vom Sediment ausgehende rückstel
lende Kraft, vergleiche Fig. 2.
Dieser Verfahrensschritt ermöglicht eine Quantifizierung
der viskoelastischen Eigenschaften des Sediments, d. h.
es wird bestimmt, mit welchen viskosen und elastischen
Anteilen das Sediment auf einwirkende Kräfte reagiert.
Darüber hinaus wird ermittelt, welche Zeit für die
Rückstellung des Ausgangszustandes (Entspannungszustan
des) des Schlickmaterials erforderlich ist.
Bei diesem Verfahrensschritt dreht sich der Meßzylinder
des Rheometers nicht mehr kontinuierlich nur in eine
Richtung, sondern er erfährt nach einer vorgegebenen
sinusartigen Zeitfunktion regelmäßige (oszillierende)
kleine Auslenkungen, die eine Deformation des Sediments
bewirken. Die Deformation kann gerätetechnisch vorgege
ben werden, so daß das Sediment einer sinusförmig
definierten Schubspannung ausgesetzt werden kann.
Deformationen, die zur bleibenden Zerstörung der ur
sprünglichen Partikelnetzwerk-Struktur (überschreiten
des linear-viskoelastischen Bereiches) führen, werden
bei dieser Versuchsvariante vermieden.
Im schubspannungsgesteuerten Oszillations-Versuch wird
so die Reaktion des Schlicks auf kurzzeitige Schubspan
nungsbelastungen aufgezeichnet, wie sie z. B. auch beim
Rammen von Pfählen auftritt. Bei Belastungen unterhalb
der Fließgeräte (G' oberhalb G") tritt elastische
Verformungen ein. Dies bewirkt u. a., daß ein Pfahl trotz
Rammen nicht tiefer in den Boden (Schlick) einsinkt - er
federt nur. Wenn G" größer G' wird, senkt sich der
Pfahl dagegen bleibend ab. Mit diesem Versuch wird somit
die zeitabhängige Verformung und die Verformungsge
schwindigkeit von Schlicken und anderen kohäsiven
Sedimentmaterialien gemessen werden. Mit steigender
sinusförmiger Schubspannung werden die Abstände des
elastischen Materialanteils (G') und des Viskosenanteils
(G") immer geringer, bis sich beide Kurven in einem
Punkt schneiden, vergleiche Fig. 4. Dieser Punkt liegt
oberhalb der Schubspannung, die die definiert Fließgren
ze markiert also den Übergang der viskoelastischen
Verformung in das viskoelastische Fließen und somit
dort, wo auch das Fließen des Sediments in der Praxis
beginnt.
Diese Verfahrensvariante liefert somit weitere Parame
ter, um die Fließgrenze, siehe oben Meßvariante bzw.
Verfahrensschritt a., und darüber hinaus das zeitabhän
gige Fließverhalten quantitativ zu beschreiben.
Wird der Rheometer-Einstellung die Frequenz bei konstan
ter Scherdeformation vorgegeben, so können darüber
hinaus als substanzspezifische Eigenschaft die material-
und zeitvariable Gegenkraft (Schubspannung) und die
viskoelastischen Eigenschaften unmittelbar und sehr
genau gemessen werden.
Der Meßwert für diese Schubspannung dient unter anderem
als Berechnungsgrundlage für die Ermittlung der Wider
standskraft, die ein Sediment bzw. aufeinanderfolgende
(unterschiedlich feste) Sedimentschichten, wie bereits
erwähnt, u. a. beim Rammen Pfählen, Spundwänden oder
anderen Bauteilen entgegensetzen, so daß dann festgelegt
werden kann, mit welcher technischen Apparatur bzw.
technischem Gerät entsprechend Baumaßnahmen durchzufüh
ren wären.
Anhand eines real durchgeführten Beispieles können die
Nachteile bisheriger Verfahren zur Bestimmung physika
lischer Eigenschaften von Sedimenten und ihre bisherige
konventionelle Behandlung dem erfindungsgemäßen Verfah
ren und der damit ermittelten physikalischen Behandel
barkeit der Sedimente dargestellt werden. Es bestand die
Aufgabe, im Rahmen einer Neubaumaßnahme Sediment aus
einem Hafenbecken zu entnehmen und hydraulisch in eine
nahegelegene Kiesgrube zu fördern. Als besondere Bedin
gung war im Rahmen einer Ausschreibung für eine derar
tige Naßbaggerarbeiten festgelegt, daß bei der Sedi
mententnahme und Förderung der Wasseranteil einen Wert
von 5% des Gesamtvolumens nicht überschritten werden
durfte, d. h. die Förderung sollte aufgabengemäß ohne
Wasserzugabe erfolgen. Ein kommerzielles, auf Naßbagge
rung spezialisiertes Unternehmen setzte folgende kon
ventionelle (im Stand der Technik bekannte) Arbeits
schritte ein:
- 1. α. Sedimententnahme aus einer Schute und Befüllung eines hochgestellten Vorlagetrichters,
- 2. β. Absaugen des Sediments aus dem Vorlagetrichter einer Kreiselpumpe und hydraulischer Transport zu der nahege legenen (ca. 250 m) Kiesgrube über eine Rohrleitung mit einem Rohrdurchmesser von 0,3 m.
Während der Arbeiten stellte sich heraus, daß der
Schritt β. nur dann durchführbar war, wenn auf der
Druckseite der Pumpe Zusatzwasser mit einem Volumenan
teil von mehr als 5% des Gesamtvolumenstroms zugeführt
wird.
Über diesen Sachverhalt kam es zu einer Auseinander
setzung zwischen dem Auftraggeber und dem die Naßbagge
rung durchführenden Unternehmen. Dabei behauptet das
Unternehmen, daß es sich bei dem zu fördernden Sediment
(Schlick) um vollkommen untypisches Sedimentmaterial
handelte.
In der dem Auftrag vorgelagerten Auftragsbeschreibung
wird das Sediment (Schlick) nach den Kriterien der
sogenannten PIANK (Permanent International Association
of Navigation Congresses, Brüssel, Belgien) und der DIN
18311 als sehr weiches bis flüssiges bindiges Schlick
material bezeichnet. Es stellte sich heraus, daß die
Eignung des bei diesem Beispiel angetroffenen Sediments
(Schlicks) für die Förderung mit Hilfe einer Kreisel
pumpe durch die diese in der Naßbaggerei bisher allge
mein üblichen Klassifikationskriterien nicht beurteilt
werden kann.
Unter Verwendung der erfindungsgemäßen Verfahrens
schritte a., b. und c., sowie ggf. auch d. kann aus der
Fließkurve des Sediments hingegen hergeleitet werden,
welcher Anfangsdruck für die Überwindung des Anfangswi
derstandes erforderlich ist, dem das mit Sedimente
gefüllte Rohr der Pumpe entgegensetzt. Der Anfangsdruck
ergibt sich aus der Annahme, daß die Anfangsschubspann
ung an der Innenrohrfläche überwunden werden muß.
mit
Fließgrenze (γo) = 280 Pa
Rohrlänge (l) = 250 m
Durchmesser (dr) = 0,3 m
Fließgrenze (γo) = 280 Pa
Rohrlänge (l) = 250 m
Durchmesser (dr) = 0,3 m
Der somit gemäß diesem Beispiel ermittelte Druck von
9,33 bar wird mit dem von der Pumpe bei maximaler
Drehzahl erreichbaren Druck verglichen. In diesem
Anwendungsbeispiel erreicht die eingesetzte Kreiselpumpe
lediglich einen Druckwert von 4,7 bar.
Allein durch die Anwendung des erfindungsgemäßen Ver
fahrensschrittes a. kann beurteilt werden, daß im hier
beschriebenen Anwendungsfall die zu bewerkstelligende
Förderaufgabe mit der hier real eingesetzten Pumpe nicht
durchführbar ist. Wären entsprechende, gemäß dem erfin
dungsgemäßen Verfahren ausgeführte, rheologische Mes
sungen im Vorwege durchgeführt worden, so hätten ein
geeigneter Pumpentyp und die erforderliche Pumpengröße
leicht ermittelt werden können. Es hätten demzufolge die
kostenintensiven Baustellenstillstandszeiten und Ge
räteausfallzeiten vermieden werden können einschließlich
juristischer und wirtschaftlicher Auseinandersetzungen
zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer.
Mit dem erfindungsgemäßen Verfahren wurden ebenfalls
Untersuchungen über die Durchfahrbarkeit (Schiffbarkeit)
von Sedimenten bzw. Sedimentsuspensionen durchgeführt,
d. h. eine Bestimmung der sogenannten nautischen Tiefe.
Real durchgeführte Untersuchungen der Anmelder haben im
Emdener Hafen (Bundesrepublik Deutschland) gezeigt, daß
zur Beurteilung der Durchfahrbarkeit (Schiffbarkeit) der
dort lagernden Sedimentschichten allein die Fließeigen
schaften ein eindeutiges und meßtechnisch reproduzier
bares Materialunterscheidungskriterium liefern.
Im Emdener Hafen haben sich nach Echolot-Peilungen bis
zu 4 mächtige Sedimente bzw. Sedimentsuspensionen
nachweisen lassen. In früheren Jahren wurde dieses
Sediment regelmäßig mit einem hohen Kostenaufwand
gebaggert und auf Spülfeldern an Land deponiert. Es ist
jedoch beobachtet worden, daß auch nach längeren Bag
gerpausen die Manövrierfähigkeit der diesen Hafen
anlaufenden Schiffe nicht beeinträchtigt wurde. Für
diese empirisch gewonnenen Erkenntnis gab es vor Durch
führung einer Untersuchung unter Anwendung des erfin
dungsgemäßen Verfahrens keine Sedimentseigenschaftskri
terien, die einen ursächlichen Beweis und quantitativ
faßbare Durchfahrbarkeits-Parameter lieferten.
Durch die Anmelder durchgeführte Sedimentprobenanalysen
ergaben, daß im Emdener Außenhafen Sedimentschichten
vorhanden sind, deren Konsolidierungsgrad mit zunehmen
der Sedimenttiefe deutlich zunimmt. Die obere Sediment
schicht zeigte sich als Sedimentsuspension, die um den
Faktor 50 bis 600 geringer verfestigt war als die
darunterliegenden Sedimentschichten. Die Dichte dieser
Suspension ist etwas geringer als die Dichte der unmit
telbar angrenzenden Sedimentschicht. Zwischen den
konsolidierten Sedimentschichten am jeweiligen Probeort
ergaben sich keine signifikanten Dichtenunterschiede. Es
ergaben sich ebenfalls keine signifikanten Unterschiede
in der Mineralkorn-Größenverteilung und im Anteil
organischer Feststoffsubstanzen (gemessen als Glühver
lust). Dagegen unterscheiden sich die Sedimentschichten
teilweise sehr stark in ihren Fließgrenzen. Die mittels
der erfindungsgemäßen Verfahrensschritte durchgeführten
Untersuchungen ließen folgendes deutlich werden:
Die im Hafen Emden beprobten konsolidierten Sediment
schichten (Schlickschichten und fluid mud) werden nach
dem Überschreiten eines Schubspannungsgrenzwertes unter
Scherkraftwirkung dünnflüssiger. Sie besitzen eine
Fließgrenze. Steigert man kontinuierlich die Kraftein
wirkung, so nimmt parallel ihr Verflüssigungsgrad bzw.
die Zähigkeit (Viskosität) weiter ab (Strukturviskose
verhalten). Endet die Krafteinwirkung, dann nehmen diese
Sedimente mit einer gewissen Zeitverzögerung ihren
ursprünglichen Zustand (Zähigkeitswert) wieder an
(thixotropes Verhalten). Der Verflüssigungs- und Wieder
verfestigungsprozeß sind somit reversibel und beliebig
oft reproduzierbar.
Die praktische Anwendung, die sich aus der Erkenntnis
ergibt, die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren gewonnen
wird, bedeutet z. B., daß die Dichte wegen der vielen
möglichen Festigkeitszuständen des gleichen Sediments
kein geeigneter Indikator für die Durchfahrbarkeit von
Sedimentsuspensionen ist. Zur genauen Charakterisierung
der Eigenschaften muß das Fließverhalten bestimmt
werden. Allein die vollständige Beschreibung der Fließ
eigenschaften ist ein verläßlicher Indikator zur Fest
stellung des Konsolidierungsgrades von Schlick und
allgemein von kohäsiven Sedimenten.
Die mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens hergelei
teten Ergebnisse bezüglich des Fließverhaltens zeigen,
daß die im Emdener Hafen vorgefundenen Sedimente, wenn
sie einmal in Bewegung gebracht sind, Schiffen oder
Baggergutentnahmegeräten einen geringeren Widerstand
entgegensetzen als im unberührten Zustand.
Diese Erkenntnis könnte zur Optimierung von Baggerein
sätzen für die Gewässerunterhaltung (Entnahmestrategien
und Techniken) umgesetzt werden und sie liefert, da in
Emden für zahlreiche Schiffe der Nachweis der Durch
fahrbarkeit der Sedimentssuspensionsschicht erbracht
wurde, erste Indikatorwerte für die Schiffbarkeit von
Sedimentsuspensionen.
Wenn sich ein Sediment schon bei kleinen Schubspannungen
wie eine Flüssigkeit verhält, dann ist es schiffbar. Im
vorliegenden Beispiel bzw. Anwendungsfall Hafen Emden
bedeutet "klein", Werte unterhalb von 2 Pascal. Wo die
obere Grenze für die Schiffbarkeit liegt, müssen weitere
Naturmessungen zeigen. Nach den bisherigen eigenen
Untersuchungsergebnissen zum rheologischen Verhalten von
Schlicken, liegt diese Grenze vermutlich im Bereich von
10 Pascal.
Claims (5)
1. Verfahren zur Bestimmung physikalischer Behandelbarkeit von
Sedimenten und Sedimentsuspensionen unter Verwendung
rheometrischer und/oder viskosimetrisch erfasster Parameter
gewonnener Proben von Sedimenten und Sedimentsuspensionen,
dadurch gekennzeichnet, daß
- a) mittels eines Rheometers die Fließgrenze der Probe ermittelt wird und
- b) daß nachfolgend ein Kriech-Kriech-Erholungs verhalten der Probe ermittelt wird.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß
unmittelbar nach Ausführung des Verfahrensschrittes b. ein
zeitabhängiges Verformungsverhalten der Probe ermittelt wird.
3. Verfahren nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß ein
geschwindigkeitsabhängiges Verformungsverhalten der Probe
ermittelt wird.
4. Verfahren nach einem oder beiden der Ansprüche 2 oder 3, dadurch
gekennzeichnet, daß ein zeitabhängiges und/oder
geschwindigkeitsabhängiges oszillatives Verformungsverhalten der
Probe ermittelt wird.
5. Verfahren nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 4,
dadurch gekennzeichnet, daß die Ermittlung der physikalischen
Eigenschaften bei konstanter Temperatur erfolgt.
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DE1998116701 DE19816701C1 (de) | 1998-04-15 | 1998-04-15 | Verfahren zur Bestimmung physikalischer Behandelbarkeit von Sedimenten und Sedimentsuspensionen |
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