DE19755966B4 - Verwendung von Formulierungen von wasserfesten, biologisch abbaubaren Polymeren aus nachwachsenden Rohstoffen mit erhöhter Bindungsaffinität zur Herstellung von Trägern für Analysensysteme und Testsysteme aus diesen Formulierungen - Google Patents
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Abstract
Verwendung von Polymermaterial mit erhöhter Affinität zu organischen Substanzen bestehend aus einem oder mehreren wasserfesten, biologisch abbaubaren Polylactid-Polymeren aus nachwachsenden Rohstoffen und 0 bis 95% von einem oder mehreren wasserfesten, biologisch abbaubaren Polyalkanoat-Polymeren aus nachwachsenden Rohstoffen, gegebenenfalls im Gemisch mit weiteren Substanzen aus den Gruppen Weichmacher, Farbstoffe, technische Polymerhilfsstoffe oder Nukleierungsmittel, zur Herstellung von Trägern für immunologische Analysensysteme.
Description
- Die Erfindung betrifft die Verwendung von Formulierungen aus biologisch abbaubaren Polymeren aus nachwachsenden Rohstoffen zur Herstellung von Trägersystemen für immunologische analytische Testverfahren.
- Träger für immunologische, enzymatische, chemische oder physikalische Analysenverfahren werden aus petrochemischen Kunststoffen, vorwiegend Polystyrol, hergestellt. Beispiele für solche Trägersysteme, die jedoch nicht die gesamte Breite der Testsysteme abdecken, sind Titerplatten, Teststäbchen, Teströhrchen oder Testkugeln. Die verwendeten Kunststoffe zeichnen sich durch Wasserbeständigkeit und durch selektive Affinität gegenüber organischen Stoffen aus. Gegebenenfalls werden die Oberflächen der Trägermaterialien physikalisch oder chemisch verändert, damit die Bindung der organischen Stoffe selektiver wird. Bei den organischen Stoffen, die selektiv gebunden werden, handelt es sich um unterschiedliche Moleküle sowohl hinsichtlich ihrer Zusammensetzung als auch ihrer Größe. Es handelt sich um polare, aber auch apolare Moleküle, deren Molekülgröße von einigen hunderttausend Dalton bis zu wenigen hundert variieren kann. Die Moleküle werden für die Analyse nach an sich bekannten Verfahren adhäsiv gebunden. Bekannte organische Substanzen, die in trägergebundenen Analysenverfahren an die Trägermatrix gebunden werden, sind Proteine, Peptide, Saccharide oder Polynucleotide.
- Die Kunststoffe, die als Trägermaterial geeignet sind, werden üblicherweise in Spritzgußmaschinen oder durch andere Kunststoffverarbeitungstechniken aufgeschmolzen, als Schmelze in die entsprechenden Formen gepreßt und nach dem Erstarren, gegebenenfalls nach weiterer Oberflächenbehandlung, in großer Zahl an die Analysenlabors verkauft. In diesen Labors werden die Träger, zum Beispiel Mikrotiterplatten, Teststäbchen, Teströhrchen oder Testkugeln für chemische, enzymatische, physikalische oder immunologische Tests entweder direkt oder nach vorheriger Behandlung der Oberflächen mit chemischen Reagentien genutzt. Die Trägersysteme werden in der Regel aus Gründen der Reproduzierbarkeit der Analysenergebnisse oder aus hygienischen Gründen nur einmal benutzt, bei medizinischen Analysen noch autoklaviert, und dann verworfen. Wegen der großen Anzahl der Analysen bereitet die Entsorgung der benutzten Trägersysteme Probleme. Stoffliche Wiederverwertung der eingesetzten Polymere durch Wiederaufschmelzung und Herstellung neuer Trägersysteme verbietet sich aus hygienischen Gründen und wegen der vielen, unterschiedlichen Substanzen, die nach der Analyse an den Trägern hängen bleiben. Im günstigsten Fall kann die in den Polymeren gespeicherte chemische Energie durch Verbrennung genutzt werden. In der Regel müssen die Abfälle jedoch auf entfernte Deponien gebracht und mit großen Kosten entsorgt werden. Zudem sind die Polymere aus Erdölderivaten hergestellt. Die Entsorgung, sei es durch Verbrennen oder durch Deponierung, ist daher eine endgültige Vernichtung dieser Ressourcen und steht dem Prinzip der Nachhaltigkeit entgegen. Es war daher die Aufgaben der Erfinder, Alternativen zu finden, welche die Akkumulation von großen Mengen Kunststoffabfällen aus Analysenlabors verhindern und dem Prinzip der Nachhaltigkeit genügen.
- Wie die bisher als Trägermatrix verwendeten Kunststoffe sind die Polyester PHB (Polyhydroxybutyrat), ein Polymer aus der Gruppe der Polyalkanoate, und PLA (Polylactat) wasserbeständig und thermoplastisch verformbar. Sowohl PHB wie auch PLA sind bekannte Polymere, die aus nachwachsenden Rohstoffen gewonnen werden. Sie werden üblicherweise zusammen mit weiteren Substanzen wie Weichmacher, Farbstoffe, technische Polymerhilfsstoffe oder Nukleierungsmittel zu Spritzgußformulierungen verarbeitet. Die dabei gewonnenenen Granulate werden zur Herstellung von Spritzgußartikeln, besonders in den Bereichen Medizin, Umwelt und Verpackung, verwendet. Bei der Nutzung von PHB- oder PLA-Formulierungen zur Herstellung von Artikel stehen überwiegend die eine oder andere von zwei Überlegungen im Vordergrund: die Verwendung von nachhaltigen Rohstoffen bei der Herstellung oder die leichte Entsorgung durch biologischen Abbau der Artikel. Der biologische Abbau erfolgt unter Kompostbedingungen. Der Abbau kann aber auch rein enzymatisch erfolgen. Vorschläge und Enzymsysteme für den enzymatischen Abbau sind z.B in J. Environm. Polym. Degrad. 3, (1995), 187–197 oder in der Patentanmeldung
DE 4415127 A1 beschrieben. Letzere Patentameldung bezieht sich auf die Entsorgung von Laborartikeln, die aus bioabbaubaren Rohstoffen hergestellt worden sind. In derJP-A 05-034343 EP-A 753539 - Von PHB ist bekannt, daß es Proteine bindet. Die Proteinbindungseigenschaften sind in Biochemica et Biophysica Acta, 1123 (1992) 33– 40 und Eur. Polymer. J. 30 (1994) 1327–1333 beschrieben. Für analytische Zwecke ist die Affinität jedoch ungenügend. Es wurde nun überraschend gefunden, daß bestimmte Formulierungen von PHB und PLA erheblich höhere Affinitäten zu organischen Stoffen wie zum Beispiel Proteine, Peptide, Saccharide oder Polynucleotide zeigen als die Ausgangspolymere. Die Bindungseigenschaften dieser Formulierungen sind vergleichbar mit den Affinitäten zu den bisher für die Herstellung von Trägern von Testsystemen benutzen Polymeren, insbesondere Polystyrol. Bei den erfindungsgemäß Polymerformulierungen handelt es sich um Polymermaterial mit erhöhter Affinität zu organischen Substanzen bestehend aus einem oder mehreren wasserfesten, biologisch abbaubaren Polylactid-Polymeren und 0 bis 95% von einem oder mehreren wasserfesten, biologisch abbaubaren Polyalkanoat-Polymeren, gegebenenfalls im Gemisch mit weiteren Substanzen aus den Gruppen Weichmacher, Farbstoffe, technische Polymerhilfsstoffe oder Nukleierungsmittel. Das Ausgangspolymer PLA ist von verschiedenen Herstellern kommerziell erhältlich, zum Beispiel von Neste Oy, Espoo, Finnland; Cargill, Minnetoka, MN, USA; Shimazu, Tokyo, Japan; Boehringer Ingelheim, Ingelheim, Deutschland. Das Ausgangspolymer PHB ist kommerziell von Monsanto, Louvain-La-Neuve, Belgien und Biomer, Krailling, Deutschland erhältlich. Die erfindungsgemäßen Formulierungen von PLA und PHB sind kommerziell erhältlich von Biomer, Krailling, Deutschland. Die Formulierungen werden überwiegend aus biologischen Rohstoffen erzeugt und sind unter Kompostbedingungen biologisch vollständig abbaubar. Die in den Formulierungen benutzten anorganischen Bestandteile sind biologisch inert. Die erfindungsgemäßen Formulierungen benötigen daher kein aufwendiges Sammel- und Entsorgungssystem. Sie können in der Nähe der Anwender wie andere organische Abfälle und zusammen mit diesen kompostiert werden. Da sie überwiegend aus Biogenen Quellen stammen, belasten sie auch die CO2-Bilanz der Atmosphäre nicht oder nur geringfügig, selbst wenn sie verbrannt werden.
- Gegenstand der Erfindung ist somit die Verwendung des vorstehend beschriebenen Polymermaterials zur Herstellung von Trägersystemen für immunologische Tests wie zum Beispiel, jedoch nicht ausschließlich, Titerplatten, Teststäbchen, Teströhrchen, Testkugeln oder andere Träger, die im Gegensatz zu den bisher gebräuchlichen Trägersystemen biologisch vollständig abbaubar, das heißt kompostierbar sind, aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt werden und erhöhte Affinitäten zu organischen Stoffen wie Proteine, Peptide, Saccharide oder Polynucleodide zeigen, die vergleichbar mit den bisher verwendeten Polymerträgern, insbesondere Trägern aus Polystyrol sind.
- Ein weiterer Gegenstand der Erfindung sind Testsysteme für immunologische Nachweisverfahren aus dem vorstehend beschriebenen Polymermaterial.
- Die Formulierungen können wie andere Polymere als Granulate kommerziell erworben und ähnlich wie andere Polymere durch übliche Kunststofftechniken verarbeitet werden. Die Granulate können zum Beispiel auf Spritzgußmaschinen aufgeschmolzen, als Schmelze in die entsprechenden Formen gepreßt und nach dem Erstarren an die Analysenlabors verkauft werden, in denen sie wie die bisherigen Trägersysteme für die Analysen eingesetzt werden können. Der Vorteil der Erfindung ist, daß die Materialien aus nachwachsenden Rohstoffen hergestellt sind. Ein weiterer Vorteil ist, daß die gebrauchten Trägersysteme nach eventuellem Autoklavieren ohne aufwendige Entsorgung in Abfallverbrennungsanlagen oder in Deponien in unmittelbarer Nähe durch einfaches Kompostieren oder durch enzymatischen Abbau entsorgt werden können.
- Einsatzgebiet der PHB- und PLA-Formulierungen ist der Einsatz als Trägermaterial für analytische immunologische Testsysteme (ELISA) in Form von, aber nicht ausschließlich, Titerplatten, Teststäbchen, Teströhrchen oder Testkugeln.
- Aufgrund der Einsatzmöglichkeiten von PHB- und PLA-Formulierungen ist ein wirtschaftlicher Vorteil für die Anwender zu erwarten.
- Die folgenden Beispiele illustrieren die Affinität von verschiedenen organischen Stoffen zu den erfindungsgemäßen Formulierungen. Die Auswahl der organischen Stoffe dient als Hinweis auf die erfindungsgemäßen Anwendungen der Formulierungen und limitiert die Anwendung nicht auf nur diese Stoffe.
- BEISPIELE
- Beispiel 1
- Herstellung von PHB/PLA-Formulierungen
- PHB wurde mit unterschiedlichen Mengen von PLA verschiedener Hersteller (s. Tabelle) zusammen mit 20% Weichmacher (Triacetin, Butylcitrat) und 0.5% Nukleierungsmittel (Bornitrit) gemischt, in einem Extruder aufgeschmolzen und zu Beads geformt. Die Schneckentemperaturen betrugen 165°C (Zone 1), 190°C (Zone 2), 165°C (Zone 3) und 135°C (Düse).
- Beispiel 2
- Bindung von Protein an biogene und bioabbaubare Trägermaterialien
- Die in Beispiel 1 erhaltenen Beads wurden mit 50 μg/ml Immunoglobulin G (IgG) in phosphatgepufferter 0,7% Kochsalzlösung (PBS) über Nacht im Kühlschrank inkubiert. Anschließend wurden die Beads bei Raumtemperatur mit 1% Albumin in PBS abgeblockt. Nach 2 Std. wurde die Blockierungslösung entfernt und die Beads für 30 Min, bei Raumtemperatur mit Protein A-gebundener alkalischer Phosphatase in PBS inkubiert, danach mit destilliertem Wasser gewaschen und dann für 60 Min. mit 1 mg/ml p-Nitrophenylphosphat in 10% Diethanolaminpuffer pH 9,6 bei Raumtemperatur inkubiert. Darauf wurde die Farbentwicklung bei 410 nm photometrich gemessen und gegen den Nullwert verglichen (Δε). Beim Nullwert handelt es sich um Trägermaterial, das identisch behandelt worden war, bei dem jedoch die Kochsalzlösung kein IgG enthielt.
- Die Resultate zeigten, daß PLA und PHB/PLA-Formulierung mit mindestens 5% PLA-Anteil gute bis ausgezeichnete Protein-Affinität aufweisen.
- Beispiel 3
- Bindung von Protein an biogene und bioabbaubare Trägermaterialien bei Bindung bei Raumtemperatur
- Das Experiment von Beispiel 2 wurde mit einigen Formulierungen wiederholt, nur daß die Inkubation der IgG-Lösung nicht über Nacht im Kühlschrank, sondern in 2 Std. bei Raumtemperatur durchgeführt wurde.
- Die Resultate zeigten, daß die Bindung von Protein auch bei Raumtemperatur erfolgen kann.
- Beispiel 4
- Bindung von Protein an biogene und bioabbaubare Trägermaterialien und Vergleich mit der Bindung an Polystyrol
- Zum Vergleich der Affinität von Proteinen an biogene, bioabbaubare Formulierungen mit der an das bisher verwendete Polystyrol wurde wie im Beispiel 2 IgG als Verdünnungsreihe einer Stocklösung von 1mg/ml in PBS getestet. Verwendet wurden die Proben 2 und 5 aus Beispiel 1 sowie Polystyrol.
- Die Resultate zeigten, daß die Proteinbindung der untersuchten Biogenen und bioabbaubaren Formulierungen vergleichbar mit der von Polystyrol ist.
- Beispiel 5
- Vergleich unterschiedlicher Blockierungsreagentien
- Um herauszufinden, ob die oben gefundenen Werte unter Umständen von den Blockierungsreagentien beeinflußt werden, wurden Polystyrol und die Proben 2 und 5 aus Beispiel 2 mit folgenden Blockierungsreagentien behandelt:
- 1. Gelatine, 0,5% in PBS
- 2. Rinderserumalbumin, 1% in PBS
- 3. Ovalbumin, 1% in PBS
- 4. Casein, 0,5% in PBS
- 5. Polyethylenglycol, 1% in PBS
- 6. Tween 20, 0,5% in PBS
- 7. Glycin, 1% in PBS
-
- Die Resultate zeigten, daß die unterschiedlichen Blockierungsreagentien mit den biogenen, bioabbaubaren Trägern ähnlich gute oder bessere Werte ergeben wie mit Polystyrol.
- Beispiel 6
- Bindung weiterer Substanzen
-
Claims (8)
- Verwendung von Polymermaterial mit erhöhter Affinität zu organischen Substanzen bestehend aus einem oder mehreren wasserfesten, biologisch abbaubaren Polylactid-Polymeren aus nachwachsenden Rohstoffen und 0 bis 95% von einem oder mehreren wasserfesten, biologisch abbaubaren Polyalkanoat-Polymeren aus nachwachsenden Rohstoffen, gegebenenfalls im Gemisch mit weiteren Substanzen aus den Gruppen Weichmacher, Farbstoffe, technische Polymerhilfsstoffe oder Nukleierungsmittel, zur Herstellung von Trägern für immunologische Analysensysteme.
- Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass es sich bei den Trägern um eine Mikrotiterplatte, ein Teststäbchen, ein Teströhrchen oder eine Testkugel handelt.
- Verwendung nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichent, dass das Polymermaterial ein Gemisch aus Polylactid und Polyhydroxybutyrat umfasst.
- Verwendung nach Anspruch 3, dadurch gekennzeichnet, dass das Polymermaterial ein Gemisch ist aus Polylactid und Polyhydroxybutyrat in einem Verhältnis von 5:95 oder 10:90.
- Testsysteme für immunologische Nachweisverfahren, dadurch gekennkeichnet, dass sie aus Polymermaterial mit erhöhter Affinität zu organischen Substanzen, bestehend aus einem oder mehreren wasserfesten, biologisch abbaubaren Polylactidpoiymeren aus nachwachsenden Rohstoffen und 0 bis 95% von einem oder mehreren wasserfesten, biologisch abbaubaren Polyalkanoat-Polymeren aus nachwachsenden Rohstoffen, gegebenenfalls im Gemisch mit weiteren Substanzen aus der Gruppe Weichmacher, Farbstoffe, technische Polymerhilfsstoffe oder Nukleirungsmittel bestehen.
- Testsysteme nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass es sich um eine Mikrotiterplatte, ein Teststäbchen, ein Teströhrchen oder eine Testkugel handelt.
- Testsysteme nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass das Polymermaterial ein Gemisch aus Polylactid und Polyhydroxybutyrat umfasst.
- Testsysteme nach Anspruch 5, dadurch gekennzeichnet, dass das Polymermaterial ein Gemisch aus Polylactid und Polyhydroxybutyrat in einem Verhältnis von 5:95 oder 10:90 umfasst.
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