DE19743256C2 - Verfahren zur Herstellung von polyploiden Pflanzen sowie polyploide Pflanzen - Google Patents
Verfahren zur Herstellung von polyploiden Pflanzen sowie polyploide PflanzenInfo
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Description
Die vorliegende Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von
polyploiden Pflanzen gemäß dem Oberbegriff des Anspruchs 1 sowie eine
polyploide Pflanze gemäß Anspruch 13.
In der Regel liegen somatische Zellen von Tieren und vielen Pflanzen
mit einem zweifachen Chromosomensatz vor. Man spricht hier von diploi
den Organismen.
Zahlreiche Kulturpflanzen wie Hafer, Weizen oder Kartoffeln zeigen je
doch eine Verdopplung oder Vervielfachung ihrer Chromosomensätze
(Polyploidie). So können, wenn in der Meiose die Reduktionsteilung unter
bleibt, diploide Keimzellen entstehen, aus deren Verschmelzung dann zum
Beispiel tetraploide Zellen hervorgehen.
Polyploide Pflanzen findet man besonders auch bei Zierpflanzen häu
fig! So ist z. B. von der Zierpflanze Primula malacoides, deren Wildform aus
China stammt, bekannt, daß nach geglückter Ploidisierung und folgender
züchterischer Bearbeitung mit konventionellen Methoden, die auftretenden
Varietäten alle Erwartungen übertroffen haben.
Zur Herstellung polyploider Pflanzen wurde in der Vergangenheit der
Mitoseablauf in der Anaphase dadurch beeinflußt, daß mit Mitosegiften die
Funktionsfähigkeit der Spindelfasern gestört wurde. So ist beispielsweise
vom Colchizin bekannt, daß es die Chromosomenwanderung zu den Zellpo
len hemmt und hierdurch tetraploide Zellen entstehen können.
In der Pflanzenzüchtung ist ein derartiger Effekt häufig erwünscht, da
sich aufgrund der polyploiden Kerne, welche größer sind als diploide, ent
sprechend der Kern-Plasma-Relation größere Zellen, Gewebe und Organe
der Pflanzen ergeben. Es hat sich nämlich herausgestellt, daß polyploide
Pflanzen, insbesonders polyploide Kulturpflanzen, oft ertragreicher sind als
die jeweiligen Wildtypen einer Pflanzenart.
In der Regel sind hierbei tetraploide Formen leistungsfähiger, jedoch
können in bestimmten Fällen auch andere Ploidiegrade ertragreicher sein.
Dies ist bei manchen Kulturpflanzen der Fall; so zum Beispiel bei der
hexaploiden Form des Weizens oder der triploiden Stufe mancher Zuc
kerrüben und bei verschiedenen Apfelbäumen.
In der DE 34 23 207 C2 wird beispielsweise die Herstellung einer te
traploiden Kamille der Kulturpflanzenart echte Kamille (Chamomilla recutita
(L), Rauschert) beschrieben.
Ausgehend von einer diploiden Kamille wird im Stand der Technik der
DE 34 23 207 C2 tetraploidisiert mittels Chemikalien bei Temperaturen
zwischen 0° und 35°C, mittels γ-Strahlen, Röntgenstrahlen oder UV-
Strahlen bei Temperaturen zwischen 0° und 35°C, mittels hoher Tempera
turen von 33° bis 50°C, mittels niedriger Temperaturen von 0° bis 5°C,
mittels der Dekapitierungs-Kallus-Methode oder durch Antherenkultur.
Bei der chemischen Polyploidisierung werden neben Colchizin eine
Reihe von hochtoxischen Verbindungen wie beispielsweise Nikotin oder
quecksilberorganische Verbindungen verwendet.
Der molekularbiologische Mechanismus ist im Detail noch weitgehend
ungeklärt.
Ausgehend von dem oben beschriebenen Stand der Technik, ist es
daher Aufgabe der vorliegenden Erfindung, neue verbesserte polyploide
Pflanzen, insbesondere Lupinenpflanzen, zur Verfügung zu stellen.
Verfahrenstechnisch wird diese Aufgabe durch die kennzeichnenden
Merkmale des Anspruchs 1 gelöst.
Bezüglich neuer polyploider Pflanzenarten, insbesondere Lupinenarten,
wird die Aufgabe durch die kennzeichnenden Merkmale des Anspruchs 13
sowie durch das Vermehrungsgut gemäß Anspruch 22 gelöst.
Die erfindungsgemäßen Pflanzen besitzen ein Genom,
- - das keinerlei artfremde Gene enthält
- - das aus Gründen der ökologischen Sicherheit mit keiner anderen Pflanze in Bezug auf die biologische Information interagieren kann
- - das nur rezessive Kopplungsgruppen bezüglich der Bitterstoffe führt
- - das wegen der mindestens vier physiologisch aktiven Allele in der Lage ist, im Rahmen der Gendosiswirkung nach entsprechender züchterischer Bearbeitung die wichtigen Leistungsfaktoren summieren zu können. (z. B.: Inhaltstoffe, Resistenzen, Streßstabilitäten) und
- - das genügend genetische Plastizität hat, um durch Addition peripherer Genome weitere Nutzpflanzenarten entwickeln zu können.
Gemäß dem erfindungsgemäßen Verfahren werden Protoplasten aus
Zellen diploider Pflanzen hergestellt. Die Herstellung derartiger Protoplasten
erfolgt mit an sich bekannten Verfahren durch enzymatisches Entfernen der
im wesentlichen Cellulose enthaltenden Zellwand der Ausgangspflanzenzel
len. Nach Reinigung der Protoplasten werden diese fusioniert und man iso
liert geradzahlige Mehrlingsprotoplasten, vorzugsweise Zwillingsprotopla
sten, also solche Protoplasten, die aus einer Verschmelzung von zwei Pro
toplasten entstehen.
Im Anschluß hieran werden konzeptionsfähige Fruchtknoten einer
Empfängerpflanze geöffnet und die isolierten Mehrlingsprotoplasten werden
in den Embryosack eingebracht.
Hierzu ist ein gewisses Geschick erforderlich, da die gewünschten
Protoplasten beispielsweise mit einer Glaskapillare unter dem Binokular in
den Embryosack der Empfängerpflanze transplantiert werden, wobei der Ei
zellenkomplex mehr oder weniger gequetscht wird.
Nach der Übertragung der Protoplasten in den Embryosack der Emp
fängerpflanze wird der Fruchtknoten wieder verschlossen.
Die Narbe des Empfängerfruchtknotens wird mit reifen Pollen
(Mentorpollen) einer Fremdpflanze bestäubt, um den Stoffwechsel inner
halb des Fruchknotens anzuregen.
Anschließend läßt man den polyploiden Pflanzenembryo zu einem
keimfähigen Samen heranwachsen und - nach Samenreifung - läßt man den
Samen auskeimen, so daß eine polyploide Pflanze erhalten wird.
Gemäß Anspruch 2 Zellen aus Lupinen, insbesondere Zellen aus Lu
pinus albus L., vorzugsweise Linie C17/8 zu verwenden, hat den Vorteil,
daß bei Ausgang von diesen Lupinenzellen eine neue bisher in der Natur
nicht vorkommende Lupinen-Kulturpflanze
zur Verfügung steht.
Das Verfahren gemäß Anspruch 3 hat den Vorteil, daß, wenn te
traploide Lupinen hergestellt werden, diese sich bei richtiger Bearbeitung
als genetisch stabilisierbar erweisen. Jedoch ist es mit dem vorliegenden
Verfahren auch möglich höhere Ploidiegrade zu entwickeln (vgl. Fig. 5),
welche unter Umständen einen größeren Ertrag und eine nicht
abschätzbare Variabilität entwickeln könnten.
Die Verwendung von Apikalmeristemen gemäß Anspruch 4 hat den
Vorteil, daß Apikalmeristeme für die Handhabung des erfindungsgemäßen
Verfahrens leicht zugänglich sind und darüber hinaus aus genetisch omni
potenten und z. B. virusfreien Zellen, Pflanzen zu regenerieren sind.
Die Maßnahmen des Anspruchs 5 haben den Vorteil, daß hiermit ein
Routineverfahren zum Entfernen der Zellwände und zum Gewinnen der
Protoplasten ohne große Modifikation eingesetzt werden kann.
Dichtegradienten aus Ficoll und/oder Rohrzucker zu verwenden, um
die Protoplasten gemäß Anspruch 6 zu isolieren, hat den Vorteil, daß
hiermit ein etabliertes Trenn- und Reinigungsverfahren zur Verfügung steht.
Eine Protoplastenfusion mit einem Polyethylenglykol gemäß Anspruch
7, insbesondere mit einem solchen, welches eine Molekularmasse von ca.
1550 Da aufweist durchzuführen, hat den Vorteil, daß hiermit eine sichere
Methode zum Verschmelzen einzelner Protoplasten zur Verfügung steht
und das Fusionsmittel billig ist und kommerziell erhalten werden kann.
Die Maßnahmen des Anspruchs 8, nämlich fusionierte Protoplasten
durch Zentrifugation über einen Dichtegradienten, insbesondere einen
Ficoll- und/oder Rohrzuckerdichtegradienten nach Zwillings- und Mehrlings
protoplasten aufzutrennen beziehungsweise anzureichern, hat den Vorteil,
daß hiermit ein gängiges Verfahren zum Isolieren der erwünschten Fusions
produkte, beispielsweise der Zwillingsprotoplasten zur Verfügung steht.
Gemäß Anspruch 9 ist es bevorzugt, Zwillingsprotoplasten in den Em
bryosack einzubringen, da hierdurch die in der Regel bevorzugten tetraploi
den Pflanzen entstehen.
Gemäß Anspruch 10 wird der Schnitt an dem behandelten Fruchtkno
ten mit Wollwachs geschlossen, wobei dem Wollwachs vorzugsweise ein
Breitbandantibiotikum und/oder Antimykotium zugesetzt wird. Dies hat den
Vorteil, daß hierdurch Infektionen der verletzten Pflanze weitgehend ver
mieden werden, so daß die Erfolgsaussichten des pflanzenchirurgischen
Eingriffs erhöht werden.
Dies gilt ebenso für die Maßnahmen des Anspruchs 11.
Gemäß Anspruch 12 werden nach ca. 24 bis 48 Stunden alle nicht
transplantierten Fruchtknoten der Infloreszenz entfernt, was den Vorteil
hat, daß nur die transplantierten Fruchtknoten optimal von der Pflanze ver
sorgt werden, was ebenfalls die Erfolgschancen des erfindungsgemäßen
Verfahrens verbessert.
Die Ansprüche 13 bis 18 betreffen die gemäß dem erfindungsgemä
ßen Verfahren erhältlichen polyploiden Pflanzen, insbesondere Lupinen und
die Ansprüche 19 bis 21 betreffen das Vermehrungsgut, insbesondere die
Samenkörner sowie Meristemzellen, der erfindungsgemäßen polyploiden
Pflanze, insbesondere der polyploiden Lupine.
Weitere Vorteile und Merkmale der vorliegenden Erfindung ergeben
sich aufgrund der Beschreibung von Ausführungsbeispielen sowie anhand
der Zeichnung.
Es zeigt:
Fig. 1: Eine Fotographie des mittleren (= 3.) Fiederblattes des fünften
Laubblattes am Hauptsproß folgender Lupinenarten (Reihenfolge
von links nach rechts):
L. angustifolius: Schmalblättrige Lupine,
L. europaeus: erfindungsgemäße tetraploide Lupine,
L. albus: Weiße Lupine,
Größenvergleich: Streichholz;
L. angustifolius: Schmalblättrige Lupine,
L. europaeus: erfindungsgemäße tetraploide Lupine,
L. albus: Weiße Lupine,
Größenvergleich: Streichholz;
Fig. 2: Eine Fotographie des letzten Laubblatts der vegetativen Phase
von (Reihenfolge von oben links im Uhrzeigersinn):
L. angustifolius,
erfindungsgemäße tetraploide Lupine,
Lupinus albus,
Lupinus mutabilis,
Lupinus angustifolius,
Größenvergleich: Streichholz;
L. angustifolius,
erfindungsgemäße tetraploide Lupine,
Lupinus albus,
Lupinus mutabilis,
Lupinus angustifolius,
Größenvergleich: Streichholz;
Fig. 3: Eine Fotographie der Blüten von (Reihenfolge von links nach
rechts:
L. angustifolius,
erfindungsgemäße tetraploide Lupine,
L. albus,
Größenvergleich: Münze;
L. angustifolius,
erfindungsgemäße tetraploide Lupine,
L. albus,
Größenvergleich: Münze;
Fig. 4: Eine Fotographie des dritten Laubblattes der erfindungsgemäßen
tetraploiden Lupine am Hauptsproß,
Größenvergleich: Streichholz;
Fig. 5: Eine Fotographie eines Blattes einer erfindungsgemäßen
oktoploiden Lupine mit besonderer Morphologie,
Größenvergleich: Fliege (Sarcophaga carnaria)
Fig. 6: Ein Histogramm zur Erläuterung der Bestimmung des
Ploidiegrades einer Probe anhand einer erfindungsgemäßen
Lupine;
Fig. 7: Ein Histogramm zur Bestimmung des Ploidiegrades einer Probe
einer erfindungsgemäßen Lupine;
Fig. 8: Ein Histogramm zur Bestimmung des Ploidiegrades einer weiteren
Probe einer erfindungsgemäßen Lupine; und
Fig. 9: Ein Histogramm, welches vermutlich oktoploide Lupinen
demonstriert.
Im vorliegenden Beispielsfalle wird beschrieben, wie eine tetraploide
Lupine nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellt wird.
Man präpariert mehrere vollturgescente Apikalmeristeme von Pflanzen
in der vegetativen Phase als Spender-Genome aus Lupinus albus L., Linie
C17/8 (zum Beispiel beschrieben in Wolfgang D. Gärditz: "Die Bedeutung
der heimischen Hummeln und Bienen (Apoideae) für die Ertragsstruktur der
Weißen Lupine (Lupinus albus L.)", Dissertation am Lehrstuhl für Biogeo
graphie, Abteilung Agrarökologie der Universität Bayreuth, 1989, frei, löst
das Gewebe enzymatisch mit Pectinasen und/oder Cellulasen in Konzentra
tionen von ca. 2% auf und entfernt die restlichen Zellwände mit einer
Cellulase, deren Konzentration ca. 3% in Osmoticum 1 beträgt.
Zur Herstellung des Osmoticum 1 wird zunächst ein Pollenextrakt, im
folgenden mit PE20 abgekürzt, wie folgt hergestellt:
Man nimmt einer Erdhummel (Bombus terrestris), die einen blühenden
Lupinenstand befliegt, das Höselgut, sterilisiert es, läßt die Pollen in einer
Keimlösung (10% Rohrzucker, 100 ppm H3BO3, 300 ppm Ca(NO3)2
keimen, homogenisiert, füllt mit 4 Teilen Gamborg B5-Pflanzenmedium
(Makro- und Mikrosalze) [nähere Angaben zur Keimlösung z. B. beschrieben
in Simson, C. J. und Stanford, J. C.: "Induction of gametic selection in
situ by stylar application of selective agents" in Biotechnology and Ecology
of Pollen; Springer, New York, 1986, S. 107-112] auf und klärt das
Homogenat in der Zentrifuge. Der Überstand wird unter Verwendung von
Vorfiltern über einen Membranfilter steril filtriert.
Osmoticum 1 ist eine Lösung, welche 0,6 M Mannitol und 10% PE20,
pH 5,8 in Wasser enthält.
Die erhaltenen Lupinen-Protoplasten werden auf einem Ficoll-Dichte
gradienten isoliert und mit Hilfe von Polyethylenglycol (PEG 1550) fusio
niert.
Die Fusionsprodukte werden von der PEG-Lösung in Osmoticum 2
übertragen.
Osmoticum 2 enthält 0,5 M Mannitol, 0,3 ppm Gibberellin A3 in
PE20, pH 6,2.
Die Protoplasten-Fusionsprodukte in Osmoticum 2 werden ebenfalls in
einem Dichtegradienten, im Beispielsfalle aus Sucrose/Percoll, nach Zwil
lings- und Mehrlingsprotoplasten getrennt und angereichert.
Die gewünschte Bande wird aus dem Zentrifugenröhrchen entnommen
und sollte, um tetraploide Lupinen herzustellen, im wesentlichen Zwillings
protoplasten enthalten. Zunächst wird die gewünschte Fraktion dann in ei
nem Mikroreaktor, im Beispielsfalle einem Microslide oder einem
"hängenden Tropfen" übertragen, aufgenommen und auf Vitalität geprüft
(optisch). Die verwendete Nährlösung ist frisches Osmoticum 2.
Anschließend werden konzeptionsfähige Fruchtknoten der Empfän
gerpflanze - im Beispielsfalle Lupinen der Linie Lupinus albus var. C17/8,
welche in Gefäßkultur gehalten werden - aseptisch mittels eines Horizontal
schnittes geöffnet, anfallende interstitielle Flüssigkeit wird mit einem Tup
fer, der mit einem Antioxydans imprägniert ist, entfernt und die Wundflä
che mit 50 mM MES-Puffer (Morpholinmethansulfonsäure) in PE20 feucht
gehalten.
Mit einer Glaskapillare werden dann lebensfähige Protoplasten direkt
und möglichst genau unter dem Binokularmikroskop mittels einer Mikrome
chanik in den Embryosack eines Empfängerfruchtknotens transplantiert.
Dabei wird Osmoticum 2 mitübertragen und der Eizellenkomplex wird mehr
oder weniger gequetscht.
Nach dem Schließen des Fruchtknotens wird die Schnittnaht mit
Wollwachs, in das ein Breitbandantibiotikum, im Beispielsfalle Totocillin,
eingearbeitet ist, geschützt.
Anschließend wird die Narbe des Empfängerfruchtknotens im Über
schuß mit reifen Pollen (Mentorpollen) einer Fremdpflanze bestäubt. Diese
Maßnahme dient zur Aktivierung des Stoffwechsels im Fruchtknoten durch
die sich entwickelnden Pollenschläuche. In dieser Phase hat das Transplan
tat jedoch einen räumlichen und zeitlichen Vorsprung gegenüber den Men
torpollen, weil er sich bereits im Embryosack befindet und daher im Gegen
satz zu den zeitlich und räumlich versetzten Pollen entwickeln kann.
Der behandelte Blütenstand wird zum Schutz vor Wasserverlust und
Sekundärinfektionen mit luftdurchlässiger Folie umhüllt. Nach 24 bis 48
Stunden werden alle nichttransplantierten Fruchtknoten der Infloreszenz
entfernt.
Sämtliche Arbeiten werden bei Reinraumbedingungen durchgeführt.
Die Nährlösungen werden über Membranfilter steril filtriert. Pollen und App
likalmeristeme werden mit Natriumhypochlorid sterilisiert.
Sämtliche verwendeten Reagenzien sind "analytical grade".
Die Ausgangsgenome stammen von Lupinus albus var. C17/8 wie bei
spielsweise beschrieben in Wolfgang D. Gärditz: "Die Bedeutung der heimi
schen Hummeln und Bienen (Apoideae) für die Ertragsstruktur der weißen
Lupine (Lupinus albus L.)", Dissertation am Lehrstuhl für Biogeographie,
Abteilung Agrarökologie der Universität Bayreuth, 1989.
Im Beispielsfalle ist das Symbiosebakterium ein von C17/8 isolierter,
adaptierter Genotyp, wobei die Symbiosebakterien bekannterweise Rhizo
bien sind.
Kulturtechnik für die Rhizobien erfolgte nach bekannten Verfahren.
Neuerdings auch zusammenfassend beschrieben in Somasegaran, P. in
"Handbook for Rhizobia" Springer, New York 1994
Die Reifung der Samen erfolgt bei erfolgreicher Transplantation inner
halb von 140 bis 170 Tagen.
Die ausgereiften Samen der polyploiden Lupinen wurden unter den
üblichen Bedingungen gekeimt.
Fig. 1 zeigt eine Fotographie des mittleren d. h. des dritten
Fiederblattes des fünften Laubblattes am Hauptsproß der
erfindungsgemäßen tetraploiden Lupine einerseits im Vergleich zu den
Lupinenarten Lupinus angustifolius und Lubinus albus, andererseits im
Größenvergleich zu einem Streichholz.
Das in Fig. 1 in der Mitte gezeigte Fiederblatt ist ca. viermal so groß
wie das Blatt einer gleichaltrigen Vergleichspflanze der L. albus.
Fig. 2 zeigt eine Fotographie des letzten Laubblattes der vegetativen
Phase der erfindungsgemäßen Lupine in tetraploider Ausführungsform im
Vergleich zu den bekannten Arten L. angustifolius, L. albus, L. mutabilis im
Größenvergleich zu einem Streichholz.
Selbst großblättrige Formen z. B. von Lupinus mutabilis, wie in Fig. 2
in der unteren rechten Bildhälfte zu sehen ist, sind bei unter gleichen
Bedingungen aufgewachsenen Pflanzen um mindestens die Hälfte kleiner
als die erfindungsgemäße tetraploide Lupine.
Auch die Blüten, der erfindungsgemäßen Lupine in tetraploider
Ausführungsform sind deutlich größer als diejenigen der Vergleichsarten L.
angustifolius und L. albus gemäß Fig. 3.
Fig. 4 zeigt eine Fotographie des dritten Laubblattes der
erfindungsgemäßen tetraploiden Lupine am Hauptsproß im Größenvergleich
zu einem Streichholz.
Fig. 5 zeigt eine Fotographie eines Blattes einer erfindungsgemäßen
oktoploiden Lupine mit besonderer Morphologie, die sich dramatisch von
der erfindungsgemäßen tetraploiden Lupine sowie gegenüber den Lupinen
des Standes der Technik absetzt.
Um eine Größenvorstellung zu erhalten, wurde eine Fliege, hier
Sarcophaga carnaria, mit fotographiert.
Die Fig. 1 bis 5 zeigen eindrucksvoll, daß die gesamte
Pflanzenmasse der neuen Lupinenarten um ein Vielfaches höher ist als bei
den Lupinenarten des Standes der Technik.
Keimwurzelgewebe und Blattspreitengewebe wurden einer Ploidie-
Kontrolle mittels Durchflußcytometrie unterworfen. Die Ploidiegrade wurden
von der Firma Partec GmbH in Münster bestimmt.
Die Messung des Ploidiegrades geschah gemäß A. M. M. de Laat, W.
Göhde und M. J. D. C. Vogelsang: "Determination of Ploidy of Single
Plants and Plant Populations by Flow Cytometry", Plant Breeding 99, 303-
307 (1987) und I. Ulrich und W. Ulrich: "High-resolution flow cytometry of
nuclear DNA in higher plants", Protoplasma (1991) 165: 212-215. Als
Fluoreszenzfarbstoff wurde DAPI (4'-,6-diamidino-2-phenylindol) eingesetzt.
Als Ergebnis der Messung des Ploidiegrades ergeben sich sogenannte
Histogramme, bei welchen die Ordinate die Zahl der Kerne pro Kanal
angibt, während die Abszisse die Fluoreszensintensitäten, welche
proportional zum relativen DNA-Gehalt der gemessenen Kerne sind,
ausgedrückt als Kanalnummer, angeben.
Fig. 6 zeigt ein derartiges Histogramm, bei welchem 4 Peaks
erkennbar sind. Peak 1 entspricht haploiden G1-Kernen, Peak 2 entspricht
haploiden G2- und diploiden G1-Kernen, Peak 3 entspricht diploiden G2-
und tetraploiden G1-Kernen und Peak 4 entspricht tetraploiden G2- und
oktoploiden G1-Kernen.
Ganz links in Fig. 6 zeigen die Histogramme Kernfragmente, die
durch die Präparation entstehen. Die Häufigkeit, mit der die einzelnen
Populationen vorkommen, entspricht den Flächen unter den einzelnen
Peaks.
Die Fig. 7 und 8 zeigen jeweils ein solches Histogramm der Proben
3 und 5 der erfindungsgemäßen Lupinen.
Bei den sich ergebenden Histogrammen gemäß der Fig. 7 und 8
stellte sich heraus, daß tetraploide Lupinen erhalten wurden, was sich an
dem Peak bei Kanal 200 ablesen läßt.
Darüberhinaus finden sich in diesen Histogrammen auch Hinweise
dafür, daß höherploide Lupinen erhalten wurden, was man an den kleinen
Peaks < Kanal 300 sowie an dem Blatt gemäß Fig. 5 erkennen kann.
Fig. 9 zeigt ein weiteres Histogramm einer Lupinenprobe, aus
welchem sich ergibt, daß mittels des erfindungsgemäßen Verfahrens auch
oktoploide Lupinen erhalten werden. Dies folgt daraus, daß neben dem
Peak um Kanal 200, der tetraploiden G2- und oktoploiden G1-Kernen
entspricht, noch ein deutlicher weiterer Peak jenseits von Kanal 300 zu
erkennen ist.
Wie in Fig. 5 gezeigt, haben oktoploide Lupinen eine völlig andere
Morphologie im Vergleich zu tetraploiden oder gar zu den Lupinenarten des
Standes der Technik.
Die erfindungsgemäßen polyploiden Lupinen stellen neue Kulturpflan
zenarten dar, welche als Süßlupinen eine für die menschliche und tierische
Ernährung geeignete Pflanze ist, und die das genetische Potential haben,
die Sojabohne in der Qualität zu erreichen und in der Flächenleistung klar
zu übertreffen.
Die Süßlupinen des Standes der Technik enthalten in der Regel immer
noch Bitterstoffe, also Alkaloide in der Größenordnung von 0,02 bis 3%,
wobei ein Bitterstoffgehalt der Größenordnung über ca. 0,02% als Nah
rung für Mensch oder Tier ungeeignet ist.
Die erfindungsgemäßen polyploiden, insbesondere tetraploiden,
Lupinen, welche in einem abgeschlossenen, nicht der Öffentlichkeit
zugänglichen Areal angebaut wurden, wurden seit über sieben Jahren
regelmäßig auf ihren Alkaloidgehalt hin untersucht und es wurden nach
dem Verfahren von Plarre, W. et al. (1975) "Verbesserte Methodik zur
qualitativen bis halbquantitativen Alkaloidbestimmung bei Lupinen", Z.
Pflanzenzüchtung 74, 89 bis 96, keine Alkaloide gefunden.
Auch die parallele sensorische Testung der erfindungsgemäßen Lupine
ergab bezüglich der Bitterstoffe ein negatives Resultat.
Darüberhinaus hat sich gezeigt, daß die erfindungsgemäße Lupine,
nach bisherigen Beobachtungen, dem Pilz Colletotrichum spec. gegenüber,
der vermutlich aus Chile, sekundär aber auch aus osteuropäischen
Beständen eingetragen wurde und eine als Antracnose bekannte
Lupinenerkrankung verursacht, wahrscheinlich resistent ist. Trotz
experimentell vollzogener Kontakte trat keine Antracnose auf.
Die physiologische Leistungsfähigkeit der erfindungsgemäßen poly
ploiden Pflanzen, insbesondere Lupinen, bevorzugt der neuen tetraploiden
Lupinenart, liegt in ihrer höheren Biomasse und im zu erwartenden höheren
Öl- und Proteingehalt gegenüber bekannten Lupinenarten bei gleichzeitigem
Freisein von Bitterstoffen.
Im kleinrahmigen Feldanbau der erfindungsgemäßen Lupinenart hat
sich ebenfalls herausgestellt, daß Erdhummelvölker, besonders die Varietät
Bombus magnus flavoscutellaris, welche in der Nähe der Lupinenfelder an
gesiedelt werden, die neuen Lupinen bestäuben, und den Ertrag der erfin
dungsgemäßen tetraploiden Lupine steigern können. Zu Details hierfür wird
nochmals verwiesen auf Wolfgang D. Gärditz: "Die Bedeutung der heimi
schen Hummeln und Bienen (Apoideae) für die Ertragsstruktur der Weißen
Lupine (Lupinus albus L.), Dissertation am Lehrstuhl für Biogeographie,
Abteilung Agrarökologie der Universität Bayreuth, 1989, auf welche hiermit
diesbezüglich vollinhaltlich Bezug genommen wird.
Tabelle 1 zeigt eine Aminosäureanalyse von Linien α, β, γ einer
erfindungsgemäßen tetraploiden Lupine.
Claims (24)
1. Verfahren zur Herstellung einer polyploiden Pflanze,
dadurch gekennzeichnet, daß
man Protoplasten aus Zellen diploider Pflanzen herstellt, die Protoplasten fusioniert und Mehrlingsprotoplasten isoliert;
man konzeptionsfähige Fruchtknoten einer Empfängerpflanze öffnet,
man die isolierten Mehrlingsprotoplasten in den Embryosack einbringt;
man den Fruchtknoten wieder verschließt;
man die Narbe des Empfängerfruchtknotens mit reifem Pollen einer Fremdpflanze bestäubt;
man den polyploiden Pflanzenembryo zu einem keimfähigen Samen ausreifen läßt; und
den Samen zu einer polyploiden Pflanze auskeimen läßt.
man Protoplasten aus Zellen diploider Pflanzen herstellt, die Protoplasten fusioniert und Mehrlingsprotoplasten isoliert;
man konzeptionsfähige Fruchtknoten einer Empfängerpflanze öffnet,
man die isolierten Mehrlingsprotoplasten in den Embryosack einbringt;
man den Fruchtknoten wieder verschließt;
man die Narbe des Empfängerfruchtknotens mit reifem Pollen einer Fremdpflanze bestäubt;
man den polyploiden Pflanzenembryo zu einem keimfähigen Samen ausreifen läßt; und
den Samen zu einer polyploiden Pflanze auskeimen läßt.
2. Verfahren nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet,
daß man Zellen aus Lupinen, insbesondere Zellen aus
Lupinus albus L., vorzugsweise Linie C17/8, verwendet.
3. Verfahren nach Anspruch 1 oder 2, dadurch
gekennzeichnet, daß tetraploide Lupinen hergestellt
werden.
4. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 3, dadurch
gekennzeichnet, daß zur Herstellung der Protoplasten
Apikalmeristemgewebe verwendet wird.
5. Verfahren nach Anspruch 4, dadurch gekennzeichnet,
daß das Apikalmeristemgewebe enzymatisch
aufgeschlossen wird und die Zellwände der
Meristemzellen mit einer Cellulase entfernt werden, um
Protoplasten zu erhalten.
6. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 5, dadurch
gekennzeichnet, daß die Protoplasten durch
Zentrifugation über einen Dichtegradienten, insbe
sondere einen Ficoll- und/oder
Rohrzuckerdichtegradienten, isoliert werden.
7. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 6, dadurch
gekennzeichnet, daß die Protoplasten mit einem
Polyethylenglykol, insbesondere mit einem solchen,
welches eine Molekularmasse von ca. 1550 Da aufweist,
fusioniert werden.
8. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 7, dadurch
gekennzeichnet, daß fusionierte Protoplasten durch
Zentrifugation über einen Dichtegradienten,
insbesondere einen Ficoll- und/oder Rohrzucker
dichtegradienten, nach Zwillings- und Mehrlings
protoplasten getrennt und vorzugsweise angereichert
werden.
9. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 8, dadurch
gekennzeichnet, daß vorzugsweise Zwillings
protoplasten in den Embryosack eingebracht werden.
10. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 9, dadurch
gekennzeichnet, daß der Schnitt an dem behandelten
Fruchtknoten mit Wollwachs geschlossen wird, wobei
dem Wollwachs vorzugsweise ein Breitbandantibiotikum
und/oder Antimykotikum zugesetzt wird.
11. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 10, dadurch
gekennzeichnet, daß der behandelte Blütenstand zum
Schutz vor Wasserverlust und Sekundärinfektionen mit
luftdurchlässiger Folie umhüllt wird.
12. Verfahren nach einem der Ansprüche 1 bis 11, dadurch
gekennzeichnet, daß nach ca. 24 bis 48 h alle nicht
transplantierten Fruchtknoten der Inflorescens entfernt
werden.
13. Polyploide Pflanze,
dadurch gekennzeichnet, daß
sie erhältlich ist nach einem Verfahren gemäß
wenigstens einem der Ansprüche 1 bis 12.
14. Polyploide Pflanze nach Anspruch 13, dadurch
gekennzeichnet, daß sie eine tetraploide Lupine ist.
15. Polyploide Pflanze nach Anspruch 13 oder 14, dadurch
gekennzeichnet, daß sie erhältlich ist aus Lupinus albus
L., vorzugsweise Linie C17/8.
16. Polyploide Pflanze nach Anspruch 14 oder 15, dadurch
gekennzeichnet, daß sie im Vergleich zur Mutterpflanze
wenigstens die doppelte Blattgröße erreicht.
17. Polyploide Pflanze nach einem der Ansprüche 14 bis 16,
dadurch gekennzeichnet, daß sie durch Saatgut
und/oder durch Zellkultur vermehrungsfähig ist.
18. Polyploide Pflanze nach einem der Ansprüche 13 bis 17,
dadurch gekennzeichnet, daß sie im wesentlichen
alkaloidfrei ist.
19. Polylploide Pflanze nach einem der Ansprüche 13 bis
17, dadurch gekennzeichnet, daß sie als tetraploide
Lupine ähnliche Aminosäuren- und Ölspektren wie die
weiße Lupine aufweist.
20. Polylploide Pflanze nach einem der Ansprüche 13 bis
19, dadurch gekennzeichnet, daß sie als tetraploide
Lupine mit keiner anderen Pflanze fertil kreuzbar ist.
21. Polylploide Pflanze nach einem der Ansprüche 13 bis
20, dadurch gekennzeichnet, daß sie als tetraploide
Lupine einen im Vergleich zu diploiden Arten einen
zweifach höheren DNA-Gehalt aufweist, wobei die DNA
insbesondere in ca. 100 Chromosomen vorliegt.
22. Vermehrungsgut einer polyploiden Pflanze nach einem
der Ansprüche 13 bis 21.
23. Vermehrungsgut nach Anspruch 22, dadurch
gekennzeichnet, daß es Vermehrungsgut, insbesondere
Samenkörner, von polyploiden, insbesondere
tetraploiden, Lupinen ist.
24. Vermehrungsgut nach Anspruch 22 oder 23, dadurch
gekennzeichnet, daß es sich um Meristemzellen,
insbesondere apikale Meristemzellen tetraploider
Lupinen handelt.
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