DE19710068A1

DE19710068A1 - Mittel zur Förderung der Mundhygiene und der Mundgesundheit

Info

Publication number: DE19710068A1
Application number: DE19710068A
Authority: DE
Inventors: Axel Prof Dr Med Kramer; Michael Dr Med Rosin
Original assignee: Individual
Current assignee: Individual
Priority date: 1997-03-12
Filing date: 1997-03-12
Publication date: 1998-09-17
Also published as: WO1998040047A1; EP0966256A1; ES2172127T3; AU732509B2; AU7032698A; DK0966256T3; ATE212824T1; DE59803015D1; US6290934B1; PT966256E; JP2002508743A; EP0966256B1

Description

Die Erfindung betrifft Mittel zur Förderung der Mundhygiene und der Mund gesundheit, insbesondere zur Hemmung der Akkumulation bakterieller Plaque auf Zähnen, Zahnersatz und jeweils angrenzenden Oberflächen zur Prophylaxe sowie zur Therapie von Entzündungen und Erkrankungen der Mundschleimhaut, der Gingiva, des Parodontiums sowie zur Kariesprophylaxe.

Zur Prophylaxe und Therapie von Munderkrankungen, insbesondere entzündli cher Erkrankungen des Parodontiums sowie der Karies werden eine Vielzahl antibiotischer, antiseptischer und antiphlogistischer Mittel eingesetzt. Der Einsatz von Antibiotika (auch der lokale Einsatz, da ein Großteil der Mittel durch Ver schlucken oral aufgenommen wird) bedeutet einen radikalen Eingriff in die physiologische Bakterienflora des Verdauungstraktes einschließlich der Mund höhle. Das gleiche gilt für Antiseptika, die in dieser Indikation ausschließlich lokal, d. h. in der Mundhöhle angewendet werden. Für antiphlogistische Mittel gilt, daß diese lediglich erkranktes Gewebe beeinflussen können, jedoch keinerlei Ansatz für die Prophylaxe oraler Erkrankungen bieten. Der Einsatz unphysiologischer Substanzen wie antibiotischer, antiseptischer und antiphlogistischer Mittel birgt zudem alle Risiken bekannter Arzneimittel-Nebenwirkungen, einschließlich der mikrobiellen Resistenzentwicklung durch Antibiotika. Es ist bekannt, daß eine Unterstützung physiologischer bakterieller Abwehrsysteme, wie zum Beispiel des Laktoperoxidasesystems des Speichels (Tenovuo et al.: Relationship of the human salivary peroxidase system to oral health; J orla Path 13 : 573-584, 1984), einen positiven Effekt auf die Mundgesundheit haben kann. Da nach Untersu chungen von Pruitt KM et al.: Limiting factors of the generation of hypothiocyanite ion, an antimicrobial agent, in human saliva; Caries Res. 16 : 315-323, 1982; die Bioverfügbarkeit von Wasserstoffperoxid im Speichel die In-vivo Effektivität des Lactoperoxidasesystems limitiert, wurden Mittel inauguriert, die Enzyme enthal ten, die Wasserstoffperoxid im Speichel bilden sollen. Diese System weisen folgende Nachteile auf:

- keine direkte Bereitstellung von Wasserstoffperoxid,
- bei hemmenden Einflußfaktoren in der Mundhöhle auf die Wasserstoffperoxid bildenden Enzyme kann die Bildung von Wasserstoffperoxid nicht im gewünsch ten Ausmaß zustande kommen,
- Behinderung physiologischer Penetrationsprozesse im Gewebe durch die Wasserstoffperoxidbildung an den Gewebegrenzflächen.

Aufgabe der Erfindung ist es, Erkrankungen in der Mundhöhle, insbesondere bakteriell bedingte entzündliche Erkrankungen zu verhindern, zu heilen oder zu lindern. Vornehmlich soll eine Schädigung der physiologischen Bakterienflora des Magen-Darm-Trakts und der Mundhöhle sowie eine Gefährdung durch Arzneimittel-Nebenwirkungen vermieden werden, in dem auf den Einsatz un physiologischer xenobiotischer Wirkstoffe, zum Beispiel Antibiotika, plaquehem mende Wirkstoffe, Antiphlogistika verzichtet wird.

Der Erfindung liegt somit die Aufgabe zugrunde, neue wirksame Mittel zur Prophylaxe, Therapie und Linderung von Erkrankungen der Mundschleimhaut und des Zahnhalteapparates zu entwickeln, die bei Anwendung physiologischer Verbindungen eine gezielte Förderung physiologischer antibakterieller Abwehr mechanismen, physiologischer Heil- und Reparaturvorgänge sowie physiologi scher Entgiftungsmechanismen in der Mundhöhle bewirken und ungefährlich in der Anwendung sind.

In einer ersten Ausführungsform der Erfindung wird die vorgenannte Aufgabe gelöst durch Mittel zur Förderung der Mundhygiene und der Mundgesundheit umfassend ionisch gebundene oder freie Thiocyanationen und Carbamid-Perhy drat neben an sich bekannten Hilfs- und Trägerstoffen.

Bei Thiocyanaten handelt es sich um ein physiologisches Substrat, das im Speichel natürlich vorkommt und in den anzuwendenden Mengen für Mensch und Tier ungefährlich ist. Carbamid-Perhydrat ist ein Harnstoff-Wasserstoffperoxid Addukt im Verhältnis 1 : 1 und stellt somit eine Kombination von zwei physiologi schen Wirkstoffen dar.

Besonders bevorzugt im Sinne der vorliegenden Erfindung liegen die Thiocyana tionen in Form von Alkalimetallsalzen einschließlich der Ammoniumsalze und ihrer Derivate vor. Hierbei handelt es sich somit um dissoziationsfähige Thiocya nate im Gegensatz zu organischen, kovalent gebundenen Thiocyanaten.

Besonders bevorzugt im Sinne der vorliegenden Erfindung sind die Alkalimetall salze der Thiocyanate, ausgewählt aus Natrium-, Kalium- und Ammoniumthiocya nat.

Im Sinne der vorliegenden Erfindung enthalten die Mittel besonders bevorzugt 0,3 bis 30 g/kg Thiocyanationen.

Die Anwendung von Carbamid-Perhydrat als direkter Wasserstoffperoxidbildner anstelle von enzymatisch gebildetem Wasserstoffperoxid bietet folgende Vorteile:

- Wasserstoffperoxidbereitstellung durch direkte Abspaltung anstelle eines Umwegs über störanfällige biochemische Bildung,
- Verbesserung der Wirkstoffpenetration durch den aus Carbamid-Perhydrat abgespalteten Harnstoff (Wohlrab W.: Bedeutung von Harnstoff in der externen Therapie; Hautarzt 40, Suppl. 9 : 1981).

Besonders bevorzugt im Sinne der vorliegenden Erfindung wird das Gewichts verhältnis von Thiocyanationen zu Carbamid-Perhydrat im Bereich von 10 : 1 bis 1 : 10, insbesondere 5 : 1 bis 1 : 5 eingestellt.

Die erfindungsgemäße Kombination von Thiocyanat im erfindungsgemäßen Konzentrationsbereich mit Carbamid-Perhydrat führte zu überraschenden neu artigen Effekten, die bei Anwendung der Einzelwirkstoffe oder bei niedrigerer Thiocyanatkonzentration in der Kombination nicht erkennbar waren. Diese neuartige Wirkungsqualität konnte klinisch signifikant gesichert werden, nach gewiesen über die Parameter Sulcus-Blutungs-Index (Mühlemann HR & Son S: Gingival sulcus bleeding - a leading symptom in initial gingivitis. Helv odont Acta 15 : 107-11, 1973), Plaque-Index (Silness, J. & Löe, H.: Periodontal desease in pregnance: Correlation between oral hygiene and periodontal condition. Acta odont Scand 22 : 121-135, 1964) und Messung der Gingivalflüssigkeitsmengen (Periotron 6000).

Neben den Wirkstoffen Thiocyanat und Carbamid-Perhydrat enthalten die erfin dungsgemäßen Mittel insbesondere als Hilfs- und Trägerstoffe Putzkörper, Feuchthaltemittel, Bindemittel, Verdickungsmittel, Konservierungsstoffe, Fluorid verbindungen, Schäumer, Tenside, Süßungsmittel, Farbstoffe und/oder Aromati sierungsmittel. Beispielhaft seien hier Hydroxyethylcellulose, Methylparabene, Saccharin, Menthol, Pfefferminzöl und/oder Aqua dest. genannt.

Die erfindungsgemäßen Mittel können insbesondere in verschiedenen Formulie rungen zur Anwendung kommen. Pasten, Gele, Mundwasser, Suspensionen, Sprays, Granulate, Pulver und Kaugummis, wobei die Thiocyanationen und das Carbamid-Perhydrat vorzugsweise in getrennter Anordnung, beispielsweise in getrennten Kompartimenten, bereitgestellt werden, so daß ein Vermischen erst unmittelbar vor oder während der Applikation stattfindet.

Die Applikation der erfindungsgemäßen Mittel kann mit einer Vielzahl von Techni ken erfolgen, wobei eine Anwendung als Zahncreme oder Zahngel bei der täglichen häuslichen Zahn- und Mundpflege sowie eine Anwendung als Mund spülung und Mundwasser in Verbindung mit oder zur täglichen häuslichen Mund pflege besonders effektiv ist. Bei besonderen Indikationen sind spezielle Ap plikationen durch Zahnärzte oder zahnärztliches Personal vorgesehen, beispiels weise der Behandlung von Taschen am Zahnhalteapparat.

Anwendungsbeispiel 1

Thiocyanat (SCN⁻) und Carbamid-Perhydrat (CPH) wurde in Zahlpflegegelen mit üblichen Hilfs- und Trägerstoffen in verschiedenen Kombinationen und Konzen trationen in einer randomisierten, doppelblinden und Placebo-kontrollierten klinischen Studie auf die Hemmung der Plaqueakkumulation und auf Beein flussung des Gesundheitszustands der Gingiva untersucht. 140 Probanden in 6 Untersuchungsgruppen benutzten die Zahnpflegegele über einen Zeitraum von 8 Wochen.

Tabelle 1

Sowohl Thiocyanat allein (Gruppe B und C) als auch Carbamid-Perhydrat (Grup pe E) hatten keinen Einfluß auf Plaque und Gingivitis (Tabelle 3 und 4). Ebenso war die Kombination 0,1 Gew.-% Carbamid-Perhydrat mit der vergleichweise geringen Thiocyanatkonzentration von 0,1 Gew.-% (Gruppe D) ohne Einfluß auf die untersuchten Parameter (Tabelle 2-4). Im Unterschied dazu führte die Kombination 0,1 Gew.-% Carbamid-Perhydrat mit der fünffachen Thiocyanatkon zentration (0,5 Gew.-%) (Gruppe E) zu einer statistisch signifikanten Reduzierung der Plaque und der beiden Gingivitisparameter (Tabelle 2-4).

Sulcus-Fluid-Fließrate (Periotron 6000) in Gruppen mit unterschiedlichen SCN⁻/CPH Zahnpflegegelen

Plaque-Index in Gruppen mit unterschiedlichen SCN⁻/CPH Zahnpflegegelen

Sulcus-Blutungs-Index in Gruppen mit unterschiedlichen SCN⁻/CPH Zahnpflege gelen

Claims

1. Mittel zur Förderung der Mundhygiene und der Mundgesundheit umfassend ionisch gebundene oder freie Thiocyanationen und Carbamid-Perhy drat neben an sich bekannten Hilfs- und Trägerstoffen.

2. Mittel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Thiocya nationen in Form von Alkalimetallsalzen, einschließlich Ammoniumsalzen und ihrer Derivate vorliegen.

3. Mittel nach Anspruch 2, dadurch gekennzeichnet, daß die Alkali metallsalze der Thiocyanate ausgewählt sind aus Natrium-, Kalium- und Ammoni umthiocyanat.

4. Mittel nach Anspruch 1, umfassend 0,3 bis 30 g/kg Thiocyanationen.

5. Mittel nach Anspruch 1, umfassend 0,3 bis 30 g/kg Carbamid- Perhydrat.

6. Mittel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß das Gewichts verhältnis von Thiocyanationen zu Carbamid-Perhydrat im Bereich von 10 : 1 bis 1 : 10, insbesondere 5 : 1 bis 1 : 5 umfaßt.

7. Mittel nach Anspruch 1, dadurch gekennzeichnet, daß die Hilfs- und Trägerstoffe Putzkörper, Feuchthaltemittel, Bindemittel, Verdickungsmittel, Konservierungsstoffe, Fluoridverbindungen, Schäumer, Tenside, Süßungsmittel, Farbstoffe und/oder Aromatisierungsmittel umfassen.

8. Mittel nach Anspruch 1, umfassend Pasten, Gele, Mundwasser, Suspensionen, Sprays, Granulate, Pulver und Kaugummis.

9. Mittel nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 8 zur Hem mung der Akkumulation bakterieller Plaque auf Zähnen, Zahnersatz und den angrenzenden Oberflächen, zur Prophylaxe, Therapie und Linderung von Entzün dungen und Erkrankungen der Mundschleimhaut, der Gingiva, des Parodontiums und/oder zur Kariesprophylaxe.

10. Mittel nach einem oder mehreren der Ansprüche 1 bis 9, dadurch gekennzeichnet, daß die Thiocyanationen und Carbamid-Perhydrat in räumlich getrennter Anordnung vorliegen.

11. Verwendung eines Mittels wie in einem oder mehreren der An sprüche 1 bis 10 definiert zur Hemmung der Akkumulation bakterieller Plaque auf Zähnen, Zahnersatz und den angrenzenden Oberflächen, zur Prophylaxe, Therapie und Linderung von Entzündungen und Erkrankungen der Mundschleim haut, der Gingiva, des Parodontiums und/oder zur Kariesprophylaxe.