DE19654186A1 - Verbindungen zur Behandlung von Tumoren und deren Verwendung zur Herstellung von Arzneimitteln - Google Patents
Verbindungen zur Behandlung von Tumoren und deren Verwendung zur Herstellung von ArzneimittelnInfo
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Description
Die vorliegende Erfindung betrifft Verbindungen zur
Behandlung von Tumoren und deren Verwendung zur Herstellung
von Arzneimitteln.
Konventionell werden Tumore derzeit entweder operativ
entfernt und/oder die Behandlung erfolgt mit Hilfe von Che
motherapie und/oder durch ionisierende Strahlen. Alle drei
Behandlungsmethoden stellen jedoch massive Eingriffe dar,
die dem Gewebe entweder schwere Schäden zufügen oder das
Allgemeinbefinden des Patienten in hohem Maße beeinträch
tigen. Eine weitere vorbekannte Therapiemethode, die derzeit
noch keine breite Anwendung findet, ist die sogenannte pho
todynamische Therapie.
Der Vorteil der photodynamischen Therapie (PDT) be
steht in der Reduktion der invasiven Eingriffe am Patienten
und damit Senkung des operativen Risikos. Zudem handelt es
sich um eine relativ schmerzfreie Methode. Im Gegensatz zu
konventionellen operativen Verfahren ist bei der photodyna
mischen Therapie nur eine Lokal- oder Regionalanästhesie
notwendig. Da größere operative Eingriffe vermieden werden,
kann die Aufenthaltsdauer der Patienten im Krankenhaus redu
ziert werden.
Bei der photodynamischen Therapie wird den Patienten
ein lichtempfindlicher Arzneistoff intravenös injiziert, der
sich nach gewisser Zeit im Tumorgewebe anreichert, wo er mit
sichtbarem Licht aktiviert wird. Als Lichtquelle für die
Behandlung dient ein konventioneller (Pumpen-) Laser, der
über verschiedene, spezielle faseroptische Sonden an den
Tumor herangeführt wird. Die Bestrahlung des lichtempfindli
chen Arzneistoffes mit energiereichem Licht führt zur Bil
dung der aktiven Form des molekularen Sauerstoffs (Radikal
bildung). Die chemisch veränderten Sauerstoffmoleküle ver
ursachen eine lokale vaskuläre Stauung und in Folge eine
Blutung und die Zerstörung der Tumorzellen (Dougherty, T.
J., Marcus, S. L.: Eur. J. Cancer 28A (10) (1992), 1734-
1742). Die photodynamische Therapie wird bereits bei ober
flächigem Blasenkrebs, Lungenkrebs und Speiseröhrenkrebs
erfolgreich eingesetzt.
Der limitierende Faktor der photodynamischen Therapie
ist die Fähigkeit des aktivierenden Lichtes, in die zu be
handelnden Tumore vorzudringen. Die Penetrationstiefe des
Lichtes nimmt dabei mit der Wellenlänge zu, d. h., langwel
liges Licht kann tiefer in das Gewebe eindringen als kurz
welliges Licht. So ist die Penetration bei 600 nm ca. 4 mm,
bei 800 nm bis zu 8 mm.
Die Absorptionsmaxima der meisten in der photodynami
schen Therapie verwendeten Arzneistoffe liegen in einem Be
reich von 400-630 nm. Die Gewebepenetration der aktivieren
den Lichtstrahlen niedriger Wellenlängen ist darum nicht
ausreichend tief genug (Ash, D. V., Brown, S. B.: Eur. J.
Cancer Vol. 29A (12), (1993), 1781-1783).
Nachteilig an den vorbekannten, in der photodynamischen
Therapie verwendeten Arzneistoffen ist außerdem, daß sie
eine geringere Selektivität bezüglich der Akkumulation im
Tumorgewebe aufweisen und teilweise relativ lange (vier bis
sechs Wochen) im Patienten verweilen, der in diesem Zeitraum
vor sichtbarem Licht geschützt werden muß. Zudem benötigen
die vorbekannten Arzneistoffe eine aufwendige und teure
Laserausstattung.
Aufgabe der Erfindung ist, Verbindungen zur photodyna
mischen Therapie zur Verfügung zu stellen, die die aus dem
Stand der Technik bekannten Nachteile nicht aufweisen.
Aufgabe der Erfindung ist ferner, die Verwendung die
ser Verbindungen zur Herstellung von Arzneimitteln für die
photodynamische Therapie zu ermöglichen.
Diese Aufgabe wird durch Arzneimittel gemäß Anspruch 1
gelöst. Weitere Ausgestaltungen der Erfindung werden in den
Ansprüchen 2 bis 4 beschrieben. Die Wirksubstanz der bean
spruchten Arzneimittel ist Indocyaningrün (ICG) bzw. ICG-
Antikörperkonjugat.
Der Wirkstoff Indocyaningrün (ICG, chemische Formel C₄₃
H₄₇N₂NaO₆S₂) ist ein Diagnostikum, welches bereits erfolgreich
in der Herz-, Kreislauf- und Mikrozirkulationsdiagnostik
(Lewis, F. R., Pfeiffer, U. J.: EDS, Springer Verlag Berlin,
Heidelberg, New York (1990); Haneda, K., Horiuchi, T.: Toho
ku J. Exp. Med. 148 (1986), 49; Schad, H., Brechtelsbauer,
H., Kramer, K.: Pfluegers Arch. 370 (1977), 139-144), in der
Leberfunktionsdiagnostik (Gottlieb, M. E. et al.: Arch.
Surg. 119 (1984), 264-268; Leevy, C. M. et al.: Davidson C.
(ed.), Thieme, Stuttgart-New York (1979), 42-52; Paumgart
ner, G. et al.: NY Acad. Sci. 170 (1970), 134-170) und in
der Augenhintergrund-Diagnostik (Craandÿk A., Van Beek, C.
A.: Brit. J. Ophthal. 60 (1976), 377-386; Flower, R. W.,
Hochheimer, B. F.: The Johns Hopkins Medical Journal 138
(1976), 33-42) eingesetzt wird. Das Absorptionsmaximum des
Farbstoffes ICG liegt um 805 nm und das Emmissionsmaximum um
830 nm.
Im Gegensatz zu den vorbekannten Arzneistoffen für die
photodynamische Therapie akkumuliert ICG nach der intrave
nösen Injektion in kurzer Zeit in Tumorgeweben. Außerdem
besitzt ICG ein ideales Absorptionsmaximum um 805 nm und
ermöglicht somit das Vordringen des Lichtes in tiefere Gewe
beschichten (bis zu 8 mm). Das Emmissionsmaximum von ICG von
830 nm läßt zudem die Tumorlokalisation und eine therapeuti
sche Kontrolle der Behandlung über die Bestimmung der Fluo
reszenz zu.
Ein weiterer Vorteil von ICG bei der Verwendung als
photodynamisches Therapeutikum ist seine relativ kurze Ver
weildauer im Kreislauf (Halbwertzeit 3-5 Minuten), da der
Wirkstoff von der Leber aufgenommen und über diese ausge
schieden wird. Als Lichtquelle während der Therapie kann
ein portabler Diodenlaser mit 805 nm verwendet werden, der
wesentlich billiger als ein Laser mit niedriger Wellenlänge
ist.
Die oben beschriebenen Eigenschaften des Wirkstoffes
Indocyaningrün sind auch in der Immunophotodetektion von
großem Vorteil. Markiert man beispielsweise spezifische,
monoklonale Tumor-Antikörper in vitro mit Indocyaningrün und
injiziert die markierten Antikörper in Patienten, so kann
man in vivo über die Fluoreszenzbestimmung bei 830 nm Tumore
lokalisieren, da die ICG-Antikörperkonjugate in den Tumoren
spezifisch angereichert wurden. Die mit ICG-Antikörpern
lokalisierten Tumore können anschließend einer photodynami
schen Therapie bei 805 nm unterzogen werden. Sofern die
spezifischen Antikörper dafür vorhanden sind, sollte mit
dieser Methode die Behandlung aller bekannten Tumore möglich
sein.
Nach intravenöser Injektion bindet der Wirkstoff ICG
innerhalb weniger Sekunden an Globuline, vorzugsweise an α₁-
Lipoprotein (Paumgartner, G.: Schweiz. Med. Wochenz. (Sup
pl.) 105 (1975), 1-30). Die sekundenschnelle, quantitative
Bindung verhindert bei intaktem Endothel und normaler Gefäß
permeabilität die Wirkstoffaufnahme in das periphere Gewebe.
Die Behandlungsmethode ist selektiv, da der Wirkstoff in
umgebenden Normalgewebe streng im Blutgefäßsystem bleibt und
im Tumor extravasal diffundiert. Nach wenigen Minuten befin
det sich kein ICG mehr in den Blutgefäßen, so daß das ICG-
enthaltende Tumorgewebe vom umgebenden Gewebe gut zu unter
scheiden ist. Im Vergleich zu normalen Gefäßen erscheinen
Tumorgefäße fragiler und durchlässiger. Tumore zeigen eine
gesteigerte Tendenz zu vaskulärer Permeabilität, die sich
durch die vermehrte Diffusion von Plasmaproteinen in das
Tumorinterstitium bemerkbar macht. Dadurch tritt auch das an
die Plasmaproteine gebundene und photodynamisch wirksame ICG
in den interstitiellen Raum aus. In Geweben mit erhöhter
Gefäßpermeabilität findet man deshalb eine sekundäre und
selektive Akkumulation von ICG. Die Laserbestrahlung, die
eine durch energiereiches Licht induzierte chemische Ver
änderung in den bestrahlten Tumorgeweben verursacht, muß in
diesem Fall nicht unmittelbar nach der ICG-Injektion erfol
gen, sondern kann vorgenommen werden, wenn sich kein ICG
mehr in der Blutbahn befindet.
Mit einer ersten Injektion des ICG-Präparats wird die
Permeabilität der Gefäße, das Akkumulationsvermögen eines
Tumors und seine Ausdehnung mittels Fluoreszenz bei 830 nm
bestimmt. Durch die erste Injektion wird die ICG-Bindungs
kapazität der Leber teilweise gesättigt, so daß eine weitere
Injektion zu einer höheren ICG-Plasmakonzentration führt und
dadurch das therapeutische Fenster erweitert wird.
In Abhängigkeit vom Vaskularisierungsgrad des Tumors
(i. e. Gehalt an Blutgefäßen) wird das ICG-Präparat entweder
als zweiter intravenöser Bolus oder als intravenöse Infusion
gegeben. Eine zweite Bolusgabe wird vorwiegend bei gefäß
ärmeren Tumoren durchgeführt, wobei die Darstellung und die
erhöhte Absorption des Tumors durch Bestrahlung mit Infra
rotlicht mittels eines Diodenlasers primär nach Verschwinden
von ICG aus dem Blutkreislauf gelingt. Eine kontinuierliche
ICG-Infusion wird bei besonders gut vaskularisierten Tumoren
einer Bolusgabe vorgezogen. Diese Tumore können primär über
das Tumorgefäßsystem im Fluoreszenz-Infrarotbild dargestellt
und mit Infrarotlicht zerstört werden. In jedem Fall kann
mittels ICG eine höhere Infrarotlichtabsorption bei 805 nm
im Tumor erreicht werden. Dabei ist die kontinuierliche
Bestimmung der ICG-Konzentration im Gewebe über Fluoreszenz
messung wichtig, um gegebenenfalls die Lichtenergie bei 805
nm mit abnehmender ICG-Konzentration erhöhen zu können. Dies
geschieht durch Fluoreszenzanregung des Wirkstoffes durch
Licht mit einer Wellenlänge von ca. 700 nm, das von einer
Wolfram-Halogenlampe erzeugt wird.
Die Gewebe- bzw. Gefäßkoagulation und damit der thera
peutische Erfolg wird mit Hilfe einer dritten Injektion
überprüft. Tritt keine mit ICG feststellbare Perfusion des
Tumors auf, kann von einem therapeutischen Erfolg ausgegan
gen werden. Die Dosierung von ICG sollte 5 mg/kg/Tag nicht
überschreiten.
Zur Durchführung der photodynamischen Therapie mit ICG
wird eine einfache und kostengünstige Geräteausstattung
angestrebt, die es auch niedergelassenen Ärzten ermöglicht,
kleinere operative Eingriffe nach dieser Methode vorzuneh
men.
Die kontinuierliche Bestimmung der ICG-Konzentration
ist für die Bestrahlungsdauer und -intensität mit einem
Diodenlaser bei 805 nm entscheidend und kann online über die
Messung der Fluoreszenz bei 830 nm durchgeführt werden.
Parallel zur Laserbehandlung sollte die ICG-Akkumulation im
Gewebe und damit die genaue Lokalisation der Tumorgrenzen
auf einem Bildmonitor verfolgt werden können. Eine Diffe
renzbildanalyse (vor und nach der Laserbehandlung) mit an
schließender therapeutischer Kontrolle ist vorteilhaft.
In der Dermatologie ist zur Behandlung von flachen
Tumoren (anschließende Ausweitung auf andere Disziplinen, z. B.
endoskopische Chirurgie möglich) ein Gerät in Form eines
Dermatoskops einsetzbar. Für unebene Tumore könnte ein Hand
stück (ähnlich einem sehr kleinen Mikroskop/Kapillaranemome
ter), das die Fokussierung über einen bestimmten Abstand
hinweg ermöglicht, verwendet werden.
Neben vaskularen Malformationen und anderen vom Gefäß
system ausgehenden Tumoren sollen z. B. Neurofibrome, Mamma
karzinome oder Colonkarzinome mit ICG als Therapeutikum
behandelt werden. Weitere mögliche Indikation sind Virus
induzierte Gewebeveränderungen, wie z. B. Condylomata acumi
nata Infektionen. Als Standardtherapie wird derzeit zur
Behandlung ein CO₂-Laser eingesetzt. Allerdings wird dadurch
das Gewebe vaporisiert und es entstehen Viruspartikel im
Abbrand mit der Gefahr der Infektion des behandelnden Perso
nals. Eine Koagulation mit ICG läßt dagegen keinen Abbrand
bei der Laserbehandlung entstehen. Ein sekundäres Infek
tionsrisiko ist deshalb sehr gering.
Claims (4)
1. Indocyaningrün (ICG) oder ICG-Antikörperkonjugat,
gegebenenfalls in Mischung mit üblichen Arzneimittelzusätzen
oder -trägern, zur therapeutischen Behandlung von Tumoren.
2. Verwendung von Indocyaningrün (ICG) oder ICG-Anti
körperkonjugat zur Herstellung von Arzneimitteln für die
therapeutische Behandlung von Tumoren.
3. Verwendung von ICG zur Herstellung von Antikörper
konjugaten.
4. Verwendung von ICG nach Anspruch 3 zur Herstellung
von monoklonalen Tumor-Antikörperkonjugaten.
Priority Applications (2)
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DE19654186A DE19654186A1 (de) | 1996-03-15 | 1996-12-23 | Verbindungen zur Behandlung von Tumoren und deren Verwendung zur Herstellung von Arzneimitteln |
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Families Citing this family (1)
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DE102006011043A1 (de) * | 2006-03-08 | 2007-09-20 | Elexxion Gmbh | Verfahren zur Behandlung von insbesondere entzündlichen Krankheitszuständen in der Mundhöhle |
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1996
- 1996-03-15 DE DE1996110348 patent/DE19610348A1/de not_active Withdrawn
- 1996-12-23 DE DE19654186A patent/DE19654186A1/de not_active Ceased
Non-Patent Citations (2)
Title |
---|
Cancer Letters, 88 (1995), 15-19 * |
Cancer Letters, 94 (1995), 125-131 * |
Also Published As
Publication number | Publication date |
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DE19610348A1 (de) | 1997-09-18 |
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