DE19607281B4 - Verfahren zum werkstofflichen Recycling von Alt- und Abfallgummi durch dynamische Stabilisation von Gummimehl, Thermoplast und Vernetzungsmitteln zur Herstellung von TPE-ähnlichen Compounds - Google Patents
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Abstract
Verfahren
zum werkstofflichen Recycling von Alt- und Abfallgummi mit dem Ziel
der Herstellung eines den thermoplastischen Elastomeren ähnlichen
Compounds, dadurch gekennzeichnet, dass Alt- und Abfallgummimehl
mit Thermoplasten und einer Stabilisierungsmittelkombination, bestehend
aus schwefelhaltigen Agenzien und peroxidischen Vernetzungsmitteln,
im Prozess des Schmelzemischens, der durch das Aufschmelzen der
Thermoplastkomponente und der nachfolgenden dynamischen Stabilisierung
des Thermoplast-, Gummimehl- und Stabilisierungmittel-Gemischs beschrieben
ist, zu Compounds mit TPE-ähnlichen
Eigenschaften verarbeitet werden, wobei die Stabilisierungsmittelkombination
vor oder während des
Schmelzemischprozesses zugegeben wird.
Description
- Die Erfindung betrifft ein Verfahren zur Herstellung von den thermoplastischen Elastomeren (TPE) ähnlichen Compounds aus Alt- und Abfallgummi, die als Formmassen für technische Formteile einsetzbar sind. Diese Compounds können aufgrund ihrer sehr guten mechanisch-physikalischen Eigenschaften, besonders hinsichtlich ihres Widerstandes gegenüber Schlag- und Stoßbelastungen auch bei tiefen Temperaturen, für technische Formartikel verwendet werden und damit herkömmliche Misch-TPE aus reinem Kunststoff mit vernetzter oder unvernetzter reiner Elastomerphase ersetzen.
- Typische Anwendungsbeispiele können sein: Halbzeuge oder Formteile wie Manschetten und Dichtungen sowie Stoßfänger und Verkleidungen im Kraft- und Schienenfahrzeugbau sowie Behälter und Kübel oder Abdeckungen im Straßen- und Rohrleitungsbau, hergestellt durch Spritzguss, Extrusion, Walzen, Kalandrieren oder Pressen.
- Obwohl sich die technischen Mittel und Kenntnisse über die chemische Struktur der Kautschuke und des Gummis in den letzten Jahren ganz außerordentlich verbessert haben, ist bis heute das Problem der geforderten werkstofflichen Verwertung der nicht mehr gebrauchsfähigen Gummierzeugnisse, insbesondere der Reifen und der fertigungstechnisch bedingten Produktionsabfälle bei der Kautschukverarbeitung nicht zufrieden stellend gelöst.
- Weltweit werden wirtschaftlich tragfähige Konzepte für die werkstoffliche Verwertung und Entsorgung von Alt- und Abfallgummi gesucht.
- Eine wichtige Art der werkstofflichen Verwertung von Alt- und Abfallgummi ist das Zerkleinern bzw. Mahlen in Verbindung mit der Trennung der Gummimatrix von Verstärkungsmaterialien. Von den zur Verfügung stehenden Mahlverfahren wird aufgrund der sich ergebenden günstigen Oberflächenstrukturen des Gummimehlkorns das Warmvermahlungs- vor dem Kaltvermahlungsverfahren favorisiert.
- Auf solche Art hergestelltes Gummimehl konnte bisher prinzipiell nur als inaktiver Füllstoff in verschiedenen Gemischen mit Kautschuk oder anderen Stoffen, z. B. Bitumen oder Baustoffen verwendet werden. Um die hinsichtlich der werkstofflichen Verwertung des Alt- und Abfallgummis geforderten Kriterien nach Erhalt der wertvollen, dem Gummi typischen Eigenschaften zu sichern, müssen also prinzipiell neue Wege bei der Verwendung des Gummimehls gefunden werden.
- Es ist bekannt, dass sich TPE zum einen durch Co- oder Propfpolymerisation (Schröder, H. E.; Kautschuk und Gummi, Kunststoffe 35 (1982) 8, S. 661–667) oder nach speziellen Verfahren als Gemische aus reinem Kautschuk und Thermoplasten herstellen lassen. Dies betrifft Mischungen mit thermoplastisch-elastischem Verhalten, welche eine heterogene zweiphasige Struktur aufweisen. Diese Mischungen wurden bisher aus Polyolefinen mit verschiedenen Kautschuken hergestellt (Coran, A. Y.; Patel, R.; Zeitschrift „Rubber Chemistry and Technology", 53 (1980) 1, S. 141–150 sowie
EP 0 025 355 ). Diese zu den TPE gehörenden thermoplastischen Polyolefine (TPO) oder Polymerblends zeichnen sich durch besondere technisch interessan te mechanisch-physikalische Eigenschaften aus. Es vereinen sich hierbei gummitypische Anwendungsmerkmale mit thermoplastischer Verarbeitbarkeit. Umfangreiche Ergebnisse liegen über experimentelle Untersuchungen zur Herstellung von TPE aus Naturkautschuk und reinem Polyäthylen hoher Dichte mit Dicumylperoxid als Vernetzer vor (Jentzsch, J.; Quang, N.; Michael, H.; Zeitschrift „Plaste und Kautschuk", 37 (1990) 5, S. 157–160). Zur Herstellung dieser Compounds wurde das besondere Verfahren der dynamischen Stabilisation angewandt. Das mechanisch-physikalische Verhalten dieser Werkstoffgruppe wird durch plastisches Deformationsverhalten der meist teilkristallinen thermoplastischen Komponente und dem entropieelastischen Deformationsverhalten der elastomeren Komponente bestimmt. Besonderes Kennzeichen dieser Werkstoffgruppe ist außerdem, dass der Thermoplast als harte Komponente eine kontinuierliche Phase bildet, bei der jedoch die Kautschukkomponente vernetzt ist. Diese Compounds werden als Elastomerlegierungen oder Elastomeric Alloys (EA) bezeichnet. - Aus der Patentliteratur ist bekannt, dass sich auch Gummimehl in Thermoplaste einmischen lässt. Aus diesen Mischungen (Compounds) können z. B. flexible Bewässerungsrohre (
US 4958770 ), Gleisübergangseinrichtungen (DE 40 11 599 ), Formkörper (DE 41 00 581 ), oder Formteile aus einer Mischung aus Gummimehl, Thermoplast sowie Zuschlagstoffen (G 94 14 260.2 - Die Formteile aus diesen Compounds zeichnen sich durch ein mäßiges mechanisch-physikalisches Eigenschaftsniveau aus und beschränken den Einsatz dieser Compounds eng auf einen bestimmten technischen Einsatzfall.
- Ähnliches, für anspruchsvolle technische Anwendungsfälle ungenügendes mechanisch-physikalisches Kennwerteniveau ist kennzeichnend für die nach dem Gebrauchsmuster mit der Nummer
DE 295 15 721 U1 hergestellten und durch Gummimahlgut modifizierten Thermoplaste. Der Schrift ist nicht zu entnehmen, wie die physikalische und/oder chemische Bindung zwischen Gummimehl und Kunststoff erfolgen soll. Eine dynamische Stabilisierung ist in der Schrift nicht offenbart. - In der Veröffentlichung der Fachzeitschrift Kautschuk Gummi Kunststoffe 47/Nr. 11, 1994, S. 816 bis 819, wird ebenfalls nicht die Grundidee der Erfindung berührt. Im dort veröffentlichten Verfahren wird über die Wiederverwendung von Abfällen aus Latex berichtet. Diese Latexabfälle werden einem Reclaimprozess („LR") unterworfen, damit dieses Material wieder vulkanisierfähig wird. Dabei zeigt das Latex-Reclaim eine Mooney-Viskosität von 54 und liegt damit unterhalb des für Naturkautschukmischungen üblicherweise geltenden Wertes von 83 Mooney-Einheiten.
- Die Tatsache der Angabe von Mooney-Einheiten bestätigt außerdem, dass es sich bei dem vorgestellten Verfahren um die Verwendung eines vulkanisierfähigen Werkstoffs handelt. Gummimehl besitzt eine solche nach dem Mooney-Verfahren bestimmbare Viskosität nicht und ist deshalb im Sinne der Verwendung eines Reclaims auch nicht wiedervulkanisierbar.
- Der Erfindung liegt also die Aufgabe zugrunde, durch einen beobachtungsabhängig gesteuerten Mischprozess zwei an sich thermodynamisch unverträgliche hochpolymere Stoffe – nicht oder auch durch besondere Verfahren aktiviertes Alt- und Abfallgummimehl sowie ein Thermoplast, vorzugsweise ein Polyolefin – unter Zugabe von Vernetzungs- bzw. Stabilisierungsmitteln im Mischprozess im Innenmischer zu compoundieren und dabei gleichzeitig dynamisch zu stabilisieren.
- Der Prozess der dynamischen Stabilisation ist dadurch gekennzeichnet, dass die Vernetzung der Polymere durch die Dynamik des Mischprozesses erfolgt, die mit einer Änderung der Morphologie der Polymere einhergeht.
- Nach dem Austragen des dynamisch stabilisierten Compounds und nachfolgender Abkühlung auf dem Walzwerk wird das Compound im Shredder oder in einem speziellen, dem Extruder nachgeschalteten, Werkzeug granuliert. Die spezifischen Verarbeitungseigenschaften des Compounds gewährleisten eine den herkömmlichen Prinzipien der Thermoplastverarbeitung entsprechende Formteilherstellung. Die Compoundrezeptur wird bestimmt vom prozentualen Verhältnis zwischen Gummimehl einer bestimmten Korngröße und dessen Oberflächenaktivierung und dem Thermoplast sowie einer bestimmten Konzentration an Vernetzungsmitteln. Die Verteilung bzw. Einbindung des Gummimehles in die Thermoplastmatrix erfolgt unter der Einwirkung von Scherkräften. Für Grundsatzuntersuchungen eignet sich ein Innenmischer. Die Randbedingungen müssen kurze Mischzeiten und damit eine minimale thermisch-mechanische Beanspruchung der hochpolymeren Materialien garantieren.
- Die im Patentanspruch 1 ausgeführten Merkmale lösen das Problem der schlechten mechanisch-physikalischen Eigenschaften durch die Nutzung des Verfahrensschrittes der dynamischen Stabilisation bei der Herstellung von Compounds aus Alt- und Abfallgummimehl, Thermoplast und Stabilisierungsmittelkombination.
- Die durch die Erfindung erreichten Vorteile bestehen insbesondere in der deutlichen Erhöhung der Zugfestigkeit, Schlagfestigkeit und Kälteflexibilität der aus den dynamisch stabilisierten Compounds hergestellten Prüfkörper gegenüber den Prüfkörpern aus den durch einfaches Vermischen oben genannter Rezepturbestandteile hergestellten Compounds.
- Durch Einsatz sowohl schwefelhaltiger als auch peroxidischer Vernetzungsmittel bei der Herstellung der dynamisch stabilisierten Compounds wurden die an sich schon ausgezeichneten mechanisch-physikalischen Werte der daraus hergestellten Prüfkörper noch weiter verbessert.
- Mit den Patentansprüchen 2 bis 7 erfolgt eine weitere Ausgestaltung der Erfindung. Die Ansprüche werden in Ausführungsbeispielen näher erläutert und präzisiert. Der Effekt und Zeitpunkt der dynamischen Stabilisierung lässt sich an Hand charakteristischer Verläufe der den Mischprozess kennzeichnenden Größen, z. B. Antriebsleistung, Compoundtemperatur und anderen Größen, nachweisen. Die exakte Einhaltung einer Mischtechnologie mit dynamischer Vernetzung bewirkt letztendlich die hervorragenden mechanisch-physikalischen Eigenschaften der Compounds, die sich durch eine hohe Zugfestigkeit, Schlagfestigkeit und eine dementsprechend gute Formstabilität auch bei hohen und tiefen Temperaturen (z. B. bei –20°C und +110°C) ausdrückt. Ähnliche Effekte werden erzielt, wenn die Stabilisation während des Extrusions-, Intrusions-, Spritzguss-, Kalandrier-, Walz- oder Pressprozesses durch Energieeintrag erfolgt.
- Durch den Einsatz eines Kompatibilisators kann der unvermeidliche Modulsprung, der an den Grenzflächen der beiden miteinander gemischten Polymere entsteht, herabgesetzt werden.
- Das Preis-Leistungs-Verhältnis der nach dem erfindungsgemäßen Verfahren hergestellten dynamisch stabilisierten Compounds ist wesentlich günstiger als von auf dem Markt angebotenen vergleichbaren reinen TPE's oder schlagzähen Thermoplasten.
- Ausführungsbeispiele
- Beispiel 1
- Als Mischungskomponenten werden Altreifenmehl auf SBR/NR-Basis mit einer Korngröße < 0,5 mm und ein Polypropylen in herkömmlicher Granulatform im Verhältnis 100/70 verwendet. Vor oder während des Mischens beider Komponenten oberhalb der Schmelztemperatur des Thermoplasts wird das Stabilisierungssystem bestehend aus einem peroxidischen Vernetzungsmittel (z. B. DCP) und einem Zinkoxid-Stearinsäure-Schwefel-Gemisch zugegeben. Es schließt sich das Abkühlen des aus dem Mischer ausgetragenen Compounds auf dem Walzwerk und das Zerkleinern der ausgezogenen Felle durch Granulieren an. Danach wird das Compound durch Pressen, Extrudieren oder Spritzgießen zu Halbzeugen oder Formteilen weiterverarbeitet, wobei die Verarbeitungstemperatur des Compounds wiederum oberhalb der Schmelzetemperatur des Thermoplasts liegt.
- Das hergestellte Halbzeug oder Formteil muss durch Wärmeentzug in seiner Form fixiert werden. Aus den durch Pressen mit einem Plattenwerkzeug und durch Extrudieren durch eine Breitschlitzdüse hergestellten etwa 2 mm dicken Platten werden nach DIN 53504 Normstäbe vom Typ S2 ausgeschnitten und auf Eindruckhärte (Shore D), Schlagzähigkeit (nach Charpy), Zugfestigkeit und Reißdehnung geprüft.
- Nach den selben Kriterien werden auch die durch Spritzguss hergestellte Schulterstäbe, die in ihren Abmessungen an den Normstab S2 angelehnt sind, geprüft. (siehe Tabelle 1).
- Beispiel 2
- Als Mischungskomponenten werden Altgummimehl auf EPDM-Basis mit einer Korngröße < 0,5 mm und ein Polypropylen in herkömmlicher Granulatform im Verhältnis 100/70 sowie ein Zinkoxid-Stearinsäure-Schwefel-System verwendet.
- Dabei wird ein peroxidisches Vernetzungsmittel (DCP) zugegeben. Die Prüfwerte werden mit denen aus Beispiel 1 verglichen.
- Die Verarbeitung und Prüfung erfolgt wie in Beispiel 1 beschrieben (siehe Tabelle 2).
Claims (7)
- Verfahren zum werkstofflichen Recycling von Alt- und Abfallgummi mit dem Ziel der Herstellung eines den thermoplastischen Elastomeren ähnlichen Compounds, dadurch gekennzeichnet, dass Alt- und Abfallgummimehl mit Thermoplasten und einer Stabilisierungsmittelkombination, bestehend aus schwefelhaltigen Agenzien und peroxidischen Vernetzungsmitteln, im Prozess des Schmelzemischens, der durch das Aufschmelzen der Thermoplastkomponente und der nachfolgenden dynamischen Stabilisierung des Thermoplast-, Gummimehl- und Stabilisierungmittel-Gemischs beschrieben ist, zu Compounds mit TPE-ähnlichen Eigenschaften verarbeitet werden, wobei die Stabilisierungsmittelkombination vor oder während des Schmelzemischprozesses zugegeben wird.
- Verfahren nach Patentanspruch 1, dadurch gekennzeichnet, dass vor oder während des Schmelzemischprozesses Additive zugegeben werden.
- Verfahren nach Patentanspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass diese Additive Füllstoffe, Weichmacher und Harze sind.
- Verfahren nach Patentanspruch 2, dadurch gekennzeichnet, dass diese Additive Kompatibilisatoren sind.
- Verfahren nach einem der vorhergehenden Patentansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass das durch verschiedene Mahlverfahren hergestellte Alt- und Abfallgummimehl mit verschiedenen Korngrößen, vorzugsweise < 0,5 mm, unbehandelt oder mit mechanischen und/oder chemischen und/oder chemisch-physikalischen Methoden aktiviert als Rezepturkomponente eingesetzt werden kann.
- Verfahren nach einem der vorhergehenden Patentansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass die Thermoplastkomponente auch als Thermoplastrecyclat eingesetzt werden kann.
- Verfahren nach einem der vorhergehenden Patentansprüche, dadurch gekennzeichnet, dass vor oder während des Schmelzemischprozesses dem sich bildenden Compound Kautschukmischungen und/oder Kautschuk zugesetzt werden.
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