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Schaumstoff für medizinische, insbesondere zahnmedizinische Zwecke
Die Erfindung betrifft einen Schaumstoff für medizinische, insbesondere zahnmedizinische
Zwecke, z. 3. zum Einführen in ahnkavitäten oder in die offene Wunde nach einer
Zahnextraktion, wobei dar Schaumstoff z. B. aus denaturierter Gelatine oder Methylcellulose
hergesteilt ist.
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Der beste Wundverschluß für eine vahnkavitä. oder der Wunde, die nach
einer Zahnextraktion zurückbleibt, ist das Blutgerinnsel. Dieses Blutgerinnsel kann
organisiert werden, d. h. es kann sich organisch mit dem Körper verbinden, wobei
aus der Wunde in das Blutgerinnsel Nerven und Blutbahnen hineinwachsen. Gleichzeitig
wird das Blutgerinnsel allmählich aufgelöst und resorbiert, wobei sich dieser Prozeß
fortsetzt, bis der gesamte Blutpfropf in körpereigenes Gewebe, also Knochen, Kallus,
Bindegewebte und Epithel verwandelt ist. Dieser Heilungsprozeß ist jedoch verschiedenen
Störungen ausgesetzt.
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Besonders häufig kommt es vor, daß das Blutgerinnsel zu stark oder
zu früh retrahiert. Hierdurch entsteht ein Spalt zwischen dem Gerinnsel und der
Wundwandung, so «;aB das Blutgerinnsel aus der Wunde herausfallen oder zumindest
leicht herausgewaschen oder herausgespült werden kann. Ferner besteht hier die Gefahr,
daß sich der Spalt mit Serum, Speichel oder Speiseresten füllt, wodurch ein idealer
Nährboden für pathogene Keime entsteht. Die Folge hiervon sind sehr starke nach
der Zahnextraktion oder Zahnbehandlung auftretende Schmerzen.
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Ferner kann dia Hafthähigkeit des Blutgerinnsels an der Wundwandung
zu gering sein, wodurch sich das Blutgerinnsel zu früh von der Wunde ablöst, was
zu denselben vorstehend aufgeführten Schwierigkeiten und Gefahren führt.
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Das Blutgerinnsel kann sich aber auch unter dem Einfluß der eigenen
Wundsekretion und dem Einfluß des Speichels auflösen. Obwohl der Speichel zunächst
die Cerinnung des Blutes begünstigt, trägt er auch je nach seiner Zusammensetzung
zur Auflösung des Gerinnsels bei.
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Es wurde nun versucht, der Auflösung des Blutgerinnsels infolge von
pathogenen Keimen durch die Zugabe von Penicillin und Sulfonamiden vorzubeugen.
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Aber auch die Zugabe dieser Mittel reichte nicht aus, um den Zerfall
des Blutgerinnsels zu verhindern und damit den nachfolgenden Schmerz, den sogenannten
dolor post extractionem, zu beseitigen. Die Zugabe von Penicillin verzögert außerdem
die Blutgerinnung, während mit Sulfonamiden keine zuverlassige Desinfizierung erreicht
werden kann, da es resistente Stanze gilt, die auf dz Sulfonamide nicht reagieren.
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Um ein abtreiben des Blutgerinnsels von den Wundränder, bzw. eine
Spaltbildung zwischen Blutgerinnsels und Wundwandung zu verhindern, wurden Schwammkörper
aus denaturierter Gelatine oder aus Methylcellulose verwendet, die in die Wunde
eingeführt werden und vom Körper ebenso wie das Gerinnsel organisiert und resorbiert
werden konnen. Diese Schwammkörper sollten wie ein Gerüst wirken, um dadurch der
Retrahierung des Blutgerinnsels Widerstand zu leisten. trotz Verwendung dieser Schwammkörper
retrahiert das Blutgerinnsels hauf sehr stark und lost sich nach sehr haufig auf,
so daß entweder zwachen
dem Blutgerinnsel und der Wundwandung, wIe
oben ausgeführt, ein Spalt entsteht oder das Blutgerinnsel aus der Wunde herausgespült
wird, die b sich dann mit Speiseresten und dergleichen folien kann.
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Der Erfindung liegt nun die Aufgabe zugrunde, einen Schaumstoff zu
schaffen, der in Form eines Schwammkörpers in die Wunde nach einer Zannbehandlung
oder Zahnextraktion einführbar ist, und der eine Loslösung des Blutgerinn3els on
der Wundwandung bzw. etne Auflösung des Blutgerinnsels verhindert.
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Gemäß der Erfindung wird dies dadurch erreicht, daß der Schaumstoff
Epsilon-iminokapronsäure enthält.
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Die Epsilon-Aminokapronsäure wirkt förde-nd auf die Blutgerinnung.
Sie ist in Wasser und in Serum löslich. Durch die Epsilon-Aminokapronsäure erhält
das Blutgerinnsel eine höhere innere FestiSkeit, durch welche eine Auflösung des
Blutgerinnsels sowie aln ablösen des Gerinnsels von der Wunde verhindert wird. Die
Haftfähigkeit des Blutgerinnsels an der Wunde wird verstarkt und das Gerinnsel auch
im Innern verfestigt, so daß keine merkliche Retraktion auftritt.
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Durch die InnIge Verbindung des Blutgerinnsels mit der Wundwandung
wird das Hineinwachsen von Nerven und Blutbahnen in das Blutgerinnsel begünstigt
und die Organisierung, d.h. die Umwandlung des Blutpfropfens in körpereigenes Gewebe
beschle@@nigt. Dies bedeutet aber, daß die @eilung der Wunde besonders rasch forschreitet.
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Die Wirkung der Epsolin-Aminokapronsäure beruht auf der starken Unterbindung
der Plasminogen aktivierenden Stoffe und der schwachen, dem Plasmin entgegenwirkenden
AKtivität.
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Besnrdere vorteilhaft ist es; wenn der erfindungsgemäße medizinlsche
Schaumstoff 8-Qxychinolinhydrochlorid als keimtötendes intisepticum enthält. Dieses
Antisepticum übt keine Hemmwirkung auf die Erneuerung des Gewebes, d.h. auf die
Umwandlung des Blutpfropfend in körpereigenes Gowebe auß. es verzögert also nicht
die Blutgerinnung wie etwa
Penicillin, und es wirkt noch in einer
Verdünnung von etwa 1 : 1 000.
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Es ist wasser- und serumlöslich und unterbindet jegliche Infektion
des Gerinnsels oder des Schwammkörpers, wodurch der Schmerz nach der Zahnbehandlung
oder Zahnextraktion verhindert wird.
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Als vorteilhaft hat sich ferner gezeigt, dem Schaumstoff Zinksulfat
zuzugeben, wodurch die Heilung der Wunde beschleunigt werden kann.
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Der erfindungsgemäße Schaumstoff kann selbstverständlich auch bei
anderen Wunden, also nicht nur bei Zahnkavitäten oder Zahnextraktionen, verwendet
werden.
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Nachfolgend wird die Erfindung anhand von Beispielen weiterhin erläutert.
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Beispiel 1: In etwa 160 ml dest. Wasser wurden etwa 20 g Gelatine
bei etwa 400C gelöst. Der Lösung wurden etwa 3,4 ml 8-Hydroxychinolinhydrochlorid
scvie etwa 2,0 g Epsilon-Amiinokapronsäure, die in etwa 20 ml dest.
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Wasser gelöst waren, zugegeben. Danach wurden dieser Lösung etwa c,4
ml 35%iges Formalin und etwa 20 ml 0,10 n NaOH (Natronlauge) zugegeben, worauf die
Lösung nach einem etwa 1stündigen Abstehen bei etwa 35 - 40°C filtriert und nach
Zugabe von etwa 16 g Frigen aufgeschäumt wurde. Das 8-Hydroxychinolinhydrochlorid
hatte eine Konzentration von o,6 .
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Der Schaum wurde in flache Schalen gegossen und dann in einem Frischlufttrockenschrank
zunächst bei Normaltemperatur und dann bei etwa 30° C getrocknet. Die relative Luftfeuchtigkeit
lag bei etwa 5 %.
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Nach dem Trocknen wird der Schaumstoff entsprechend zugeschnitten
und kann bei etwa 130 °C sterilisiert werden.
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Beispiel 2: Der Schaumstoff nach Beispiel 2 entspricht in Zusammensetsung
und Herstellung demjenigen nach Beispiel 1, außer daß zusStzlich noch etwa 5 g Zinksulfat
zugegeben wurden.
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Beispiel 3s In etwa 200 ml destilliertem Wasser wurden etwa iO g Gelatine
gelöst, worauf der Lösung etwa 1,7 ml 0,6%iges 8-Hydroxychinolinhydrochlorid sowie
etwa 1 g Epsilon-Aminokapronsäure und etwa 2,5 g Zinksulfat zugegeben wurden, wobei
die beiden letzteren Bestandteile in etwa 15 ml destilliertem wasser gelöst waren,
worauf der Lösung etwa 0,1 ml 35%iges Formalin und etwa 10 ml o,) n NaOR (Natronlauge)
zugegeben munden.
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Die Mischung wurde in einem mechanischen Rührer, z. 3. einem Severin-Rührer,
auf etwa das 4fache ihres Ausgangsvolumens geschäumt. Der Schaum wurde in flache
Schalen gegossen und in einer Kühltruhe bei - 20°C eingefroren, worauf er auf ein
Polyäthylensieb gelegt, in einen auf die gleiche Temperatur abgekühlten und Phosphorpentoxid
enthaltenen Exs#kator eingebracht und dann im Vakuum von etwa 0,1 mm Hg 15 h getrocknet
wurde. Während der Trocknung wurde nicht weiter gekühlt. Enthält der Exsickator
kein Trockenmittel, so dauert die Trocknung etwas länger. Die getrocknete Gelatineplatte
wurde danach zu Tampons zerschnitten und bei etwa 1300C sterilisiert. Der Zusatz
von Frigen ist beim aufschäumen mit einem mechanischen Rührer nicht erforderlich.
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Das Raumgewicht des erfindungsgemäßen Schaumes beträgt etwa 0,016
g je cm³.
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Wie die Beispiele zeigen, beträgt de Anteil der Epsilon-in nokapronsäure
etwa 1G , derjenige des 8-Hydroxychinolinhydrochlorids etwa 0,1 <, und derjenige
des Zinksulfats etwa 25 4 bezogen auf das Gewicht der Gelatine.
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Yit den arfindungsgemäßen, in Tampons zerschnlttenen Schaum stoffen
wurden klinische Tierversuche und danach auch Humanversucne durchgeführt.
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Als Vergleichstampons dienten handelsübliche Gelastypt-Tampons. Bei
Versuchen mit Ratten und Kaninchen zeigte sich, daß die erfindungsgemäßen Tampons
in allen Fällen etwa doppelt so schnell resorbiert wurden als die Vergleichstampons.
Ferner setzten bei in mit Wirkstoffen versehnen Tampons die Organisationsphänomene
schneller ein als bei den Vergleichstampons, die keine Wirkstoffe enthielten. Sowohl
die Knochenneubildung wie auch die Entwicklung eines Granulationsgewebes und die
damit in Zusammenhang stehende Schließung des Gewebedefektes erfolgte
bei
den erfindungsgemäßen Tampons schneller und vollkommener als bei den Vergleichstampons.
Hierbei zeigte sich ferner, daß bei Tampons, die mit Epsilon-Aminokapronsäure und
Hydroxychinolinhydrochlorid versehen waren, die Heilung schneller erfolgte ais bei
Tampons, die nur Epsilon-Aminokapronsäure enthielten.
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Bei Kaninchen, denen die beiden unteren ersten Molaren extrahiert
worden waren, zeigten die Extraktionsfächer, die mit erfindungsge mäßen Tampons
versehen waren, deutlich verstärkte Reparationsvorgänge in Form einer beschleunigten
Entwicklung eines fibroblastenreichen Granulationsgewebes und einer Knochenneubildung.
Die beste Wundheilung zeigten die Extraktionsfächer, in die Tampons mit der Wirkstoffkombination
Epsilon-Aminokapronsäure, Hydroxychinolinhydrochlorid und Zinksulfat eingebracht
worden waren.
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Bei Humanversuchen zeigten sich folgende Ergebnisse.
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Bei 20 Versuchspersonen wurden Extraktionsfächer mit verschiedenen
Tamponarten versorgt. Im einzelnen waren dies handelsübliche Tampons ohne Wirkstoffe,
dann Tampons mit Epsilon-Aminokapronsäure und Hydroxychinolinhydrochlorid, sowie
Tampons mit Epsilon-Aminokapronsäure, Hydroxychinolinhydrochlorid und Zinksulfat.
Die Wirkstoffe wurden in der in den Beispielen angegebenen Konzentration verwendet.
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Bei 5 Versuchspersonen wurden zwei, bei 10 Versuchspersonen drei und
bei 5 Versuchspersonen vier Extraktlonen durchgefuhrt. Die Beurteilung der Wundheilung
erfolgte makroskopisch unter Zuhilfenahme einer Sonde zwischen 2 und 9 Tagen nach
der Operation.
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Die vergleichende Beurteilung zeigte eindeutig die schnellste Wundheilung
bei den Extraktionsfächern, in die Tampons eingebracht wurden, die sämtliche drei
Wirkstoffe enthielten. Sie zeichneten sich durch früh beginnende Bildung von Granulationsgewebe
im Fundus der Alveole und relativ geringfügige Druckempfindlichkeit aus. Auch die
mit Tampons versorgten Extraktionsfächer, die Epsilon-Aminokapronsäure und Hydroxychinolinhydrochlorid
enthielten, zeigten eine beträchtlich schnellere Wundheilung und Wundschließung
als die handelsüblichen Vorgleichstampons.
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Zusammenfassend werden durch die Zugabe von Epsilon-Aminokapronsäure
die Reparationsvorgänge deutlich gesteigert, wobei insbesondere eine gesteigerte
feinmaschige Knochenneubildung erzielt wird. Die fibroblastische Proliferation war
deutlich stärker ausgeprägt.
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Die Wirkung der Epsilon-Aminokapronsäure auf die Wundheilung und die
Wundschließung wird durch Hydroxychinolinhydrochlorid und Zinksulfat verstärkt.