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Bei nichtrostenden Chromstählen kennt man neben der Gruppe der austenitischen
Chrom-Nickel-Stähle die ferritischen Chromstähle mit 13 bis 300/, Chrom (vgl.
insbesondere DIN 17 440 und Stahl-Eisen-Werkstoffblatt 400-60 »nichtrostende Walz-
und Schmiedestähle« und Stahl-Eisen-Werkstoffblatt 470-60 »hitzebeständige Walz-
und Schmiedestähle«). Alle diese Stähle werden heute in zahlreichen Varianten für
die verschiedensten Anwendungsgebiete, die vornehmlich durch besondere Korrosions-
und Temperaturbeanspruchungen gekennzeichnet sind, gebraucht. Die Hauptlieferformen
für die ferritischen Chromstähle sind Bleche und Bänder, deren Erzeugung in den
letzten Jahren stark gestiegen ist (vgl. insbesondere »Bänder, Bleche, Rohre« [1963],
Nr. 2, S. 61 bis 69, und Nr. 4, S. 187 bis 196). Gerade bei diesen nichtrostenden
Breitflachabmessungen, die zu Fassadenverkleidungen in der Architektur, als Abdeckungen
für Schanktische und Großküchen, für Waschmaschinen-und Geschirrspülautomaten, als
Besteckbleche oder Preßbleche sowie für Zierleisten und Stoßstangen im Automobilbau,
weiterverarbeitet werden - um nur einige Beispiele zu nennen -, spielt die Oberflächengüte
eine große Rolle. Dies gilt jedoch auch für Schmalbänder, Stabstahl, Draht und Schmiedeteile.
Die hervorragenden Eigenschaften dieser rostfreien Stähle werden erst dann voll
nutzbar, wenn die Ansprüche der Verbraucher hinsichtlich einer hohen Oberflächengüte
erfüllt sind. Nun treten aber bedingt, durch die mannigfachen metallurgischen und
technologischen Arbeitsgänge, viele Fehlerscheinungen auf, die unter der Bezeichnung
Schälchen (A b b. 1), Schuppen oder Häutchen (A b b. 2) bekannt sind. Diese Fehler
erschweren, ganz abgesehen von der Gebrauchsminderung, auch die spanlose oder spanabhebende
Bearbeitung bzw. führen zumindest zu einem erhöhten Arbeitsaufwand.
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Bisher hat man zur Beseitigung dieser Fehler an Bändern, Blechen und
Stäben oder Drahtringen umfangreiche Reparatur-Schleifarbeiten (s. »Bänder, Bleche,
Rohre« a. a. O.) durchführen oder an Schmiedeteilen ein höheres Spanaufmaß vorsehen
müssen. Bei Blechen ist sogar der Arbeitsgang des Ausschabens feiner Schälchen von
Hand bekannt. All diese Arbeitsgänge sind mit einer Beeinträchtigung der Wirtschaftlichkeit
der Erzeugnisse verbunden, da neben hohen Investitionskosten für Schleiflinien der
Zeitaufwand und der Materialverlust beträchtlich sind; ganz abgesehen von der Unsicherheit
in der Fertigung.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, die Nachteile der bisherigen
Arbeitsweise auf einfache und sichere Art wirksam zu beseitigen.
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Überraschenderweise gelingt es, die Oberflächengüte von solchem Ausgangsmaterial
dadurch beträchtlich zu verbessern, daß dem schmelzflüssigen Stahl nach gründlicher
Desoxydation, z. B. mit Aluminium, Bor in Mengen von 0,001 bis 0,010/, zugegeben
wird. Dies geschieht durch Zugabe von borhaltigen Stoffen, z. B. Ferrobor, im Anschluß
an die Schmelz- und Feinungszeit nach der vorerwähnten Schlußdesoxydation in den
flüssigen Stahl vor der Erstarrung. Als Zeitpunkt und Ort hierfür kann, wie dem
Fachmann geläufig, das Ofengefäß, die Abstichrinne und die Pfanne gewählt werden;
die Borzugabe kann auch während oder im Anschluß an eine Vakuumbehandlung erfolgen.
Der Gehalt an säurelöslichem Bor beträgt im fertigen Stahl etwa 0,0008 bis 0,008
°/o.
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In der modernen Stahltechnik diente bisher ein Zusatz an Bor anderen
Zwecken. So ist es bekannt, durch Borzusätze die Härtbarkeit bei martensitisch härtbaren
Baustählen mit Kohlenstoffgehalten bis zu 0,60°/o zu verbessern. Dabei kommt es
darauf an, daß der Boranteil in säurelöslicher Form im Stahl vorliegt. Die Wirkung
des Bors in dieser Form entspricht derjenigen der Legierungselemente des Eisens,
die die Einhärtbarkeit auf Grund der geringeren kritischen Umwandlungsgeschwindigkeit
verringern (siehe z. B. H o u d r e m o n t, »Handbuch der Sonderstahllcunde«, Ausgabe
1956).
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Darüber hinaus wurde in den letzten Jahren festgestellt, daß bei Stählen
mit einer hohen Härte in der Größenordnung von 50 bis 60 HRC die Zähigkeit erhöht
wird, wenn das Bor in gebundener Form im Stahl vorliegt. Auf Grund der bekannten
Affinitätsverhältnisse zwischen Bor und Stickstoff bzw. Sauerstoff wird angenommen,
daß die Zähigkeitssteigerung direkt oder indirekt mit dem Vorliegen einer Bor-Stickstoff-Verbindung
zusammenhängt (vgl. »Stahl und Eisen«, 87 [1967], S. 1355 bis 1368). Gegenstand
der Erfindung ist: Die Verwendung eines Stahles mit:
12 bis 28 Gewichtsprozent Chrom |
0,01 bis 0,25 Gewichtsprozent Kohlenstoff |
0 bis 3 Gewichtsprozent Silizium |
0 bis 5 Gewichtsprozent Aluminium |
0 bis 3 Gewichtsprozent Molybdän |
0 bis 2 Gewichtsprozent Nickel |
0 bis 2 Gewichtsprozent Kobalt |
0 bis 2 Gewichtsprozent Mangan |
0;0008 bis 0,008 Gewichtsprozent Bor |
(säurelöslich) |
Rest Eisen und übliche Verunreinigungen für die Herstellung von Ausgangsmaterial
wie Bleche; Bänder, Stabstahl, Draht und Schmiedeteile, welches unter Einsparung
von bisher notwendigen Maßnahmen zur Oberflächenverbesserung, insbesondere von Schleifarbeit,
zu Fertigteilen mit hochqualfzierter Oberfläche verarbeitet wird.
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Beispiel 1 a) In der laufenden Erzeugung wurden Schmelzen aus 13-
und 17°/oigem ferritischem Chromstahl, Werkstoff Nr. 4000 und 4016, hergestellt,
ohne Zusatz von Bor, und zu Besteckblechen und Preßblechen weiterverarbeitet. Die
warm- und kaltgewalzten Blechoberflächen wiesen feine Schälchen (s. A b b. 1) auf,
die durch Reparaturschliff und Ausschaben mühsam entfernt wurden. Das fertige, kaltgewalzte
Blech war trotz der Nacharbeit in der Oberfläche nicht ganz einwandfrei und ergab
ein optisch unregelmäßiges Aussehen, so daß 90°/ö der Fertigung auf Erzeugnisse
zweiter Wahl abgewertet werden mußten.
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b) Schmelzen gleicher chemischer Zusammensetzung erhielten einen Zusatz
von 0,003 °/o Bor und wurden für den gleichen Zweck wie unter a) verwendet. Der
fertige Stahl enthielt 0,0025 °/o Bor. Die warmgewalzten Bleche wiesen nach dem
Beizen eine gleichmäßige, fehlerfreie Oberfläche auf, die auch im kaltgewalzten
Zustand erhalten blieb. Das Sortierergebnis als Besteck-und Preßblech ergab eine
nahezu vollständige Verwendbarkeit hierfür.
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Beispiel 2 a) Schmelzen in 17°/Qigem ferritischem Chromstahl, die
zu Bändern (Breit- und Schmalband) ausgewalzt
werden, zeigen Oberflächenfehler
in Gestalt von Schuppen und Häutchen (s. A b b. 2), die vor der Weiterverarbeitung
zu Kaltbändern durch Schleifen entfernt werden müssen.
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b) Durch Zugabe von 0,005 °/o Bor enthält der fertige Stahl 0,004°/o
Bor in säurelöslicher Form. Dadurch wird dieser Fehler so stark eingeschränkt, daß
die Bänder weitgehend ohne Zwischenschliff auf Endstärke kaltgewalzt werden können.
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Beispiel 3 a) Glaswalzen werden aus einem 13°/oigen Chromvergütungsstahl
der Werkstoff-Nr.4021 hergestellt. Bei den hohen Ansprüchen an eine fehlerfreie,
polierte Oberfläche entsteht häufig Ausfall durch feine Schlakkenzeilen in der Oberfläche.
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b) Eine erhöhte Sicherheit gegen teuren Ausschuß ist auch hier durch
Zusatz von 0,0030/" Bor zur Stahlschmelze gegeben.
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Beispiel 4 Glaseinschmelzdrähte aus Stählen mit 18 bis 260/,
Chrom,
wahlweise 0,8 bis zu 1,501, Molybdän, bis zu 2,00/0 Silizium und bis zu 0,200/"
Kohlenstoff, müssen eine fehlerfreie Oberfläche haben, um vakuumdicht in Glas eingeschmolzen
werden zu können. Auch hier bietet die Zugabe von 0,005 °/o Bor, was zu etwa 0,0042°/o
säurelöslichem Bor führt, die Möglichkeit, ohne Zwischenschliff einwandfreie Drahtoberflächen
zu erhalten.
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Die vorstehenden Beispiele 1 bis 4 betreffen korrosionsbeständige,
ferritische Chromstähle, deren Aluminiumgehalte bekanntlich bis 0,20/, reichen.
Die Wirkung des Borzusatzes auf die Oberflächengüte ist darüber hinaus auch bei
höheren Aluminiumgehalten erkennbar. Als Beispiele hierfür seien genannt: Werkstoff
X 10 CrAl 13, Werkstoff-No. 1.4724 und Werkstoff CrAl 20 5, WerkstofF No. 1.4767.
Bei letzterem Werkstoff handelt es sich - ebenfalls wie im Beispiel 4. - um eine
der Heizleiterlegierungen, die im Blankzug auf Draht mit einer guten, fehlerfreien
Oberfläche bearbeitet werden. Bei diesen beiden Werkstoffen liegen die Aluminiumgehalte
im Bereich von etwa 0,8 bis 5°/0.
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Die Vorteile, die sich aus der Behandlung der Chromstahlschmelzen
mit Bor ergeben, lassen sich also wie folgt zusammenfassen: Sicherheit in der Erzielung
eines Erzeugnisses mit hoher Oberflächengüte bei Einsparung von Arbeitskosten für
die Schleifausführung, von Investitionskosten für Schleiflinien sowie Ersparnisse
infolge höheren Ausbringens durch Vermeidung des Schleifverlustes.