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Die Erfindung geht aus von einer Vorrichtung zur Umwandlung von Kernenergie
in elektrische nach dem MHD-Prinzip, bestehend aus einem MHD-Generator mit einem
durch einen Kernreaktor führenden geschlossenen Gaskreislauf, bei der die Ionisation
des Gases durch die im Reaktor erzeugten Neutronen erfolgt.
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Es sind schon viele Versuche unternommen worden, das Problem der direkten
Umwandlung von thermischer Energie in elektrische Energie ohne die Verwendung von
beweglichen, mechanischen Teilen zu lösen. Bei dem magnethydrodynamischen (MHD)
Prinzip tritt an Stelle der üblichen in einem Magnetfeld bewegten elektrischen Leiter
eine Strömung von ionisiertem Gas oder Plasma. Dabei besteht ein MHD-Generator aus
einem gasführenden Kanal, der von Magneten umgeben ist, die in dem Kanal ein magnetisches
Feld erzeugen, und aus getrennt voneinander beiderseits des Strömungswegs des Gases
in dem Kanal angeordneten Elektroden.
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Es sind bereits Versuche unternommen worden, das heiße Kühlungsgas
von gasgekühlten Reaktoren zum Betrieb von MHD-Generatoren zu verwenden. So ist
aus der britischen Patentschrift 870 446 ein Verfahren zur Gewinnung von Elektrizität
bekannt, bei dem leitfähiges, als Kühlmittel eines Kernreaktors dienendes Gas oder
Dampf durch ein Magnetfeld geleitet wird und die kinetische Energie des Mediums
unmittelbar in elektrischen Strom umgewandelt wird.
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In der deutschen Auslegeschrift 1046 793 wird ein Verfahren zur Gewinnung
elektrischer Energie beschrieben, bei dem ein Gas- oder Dampfstrom durch einen Kernreaktor
getrieben wird, um die Gase zu ionisieren. Tatsächlich ist dieses Verfahren jedoch
praktisch nicht anwendbar, weil der Gas- oder Dampfstrom nicht ausreichend ionisiert
wird, um eine Elektronendichte hervorzurufen, die für die Verwendung in einem auf
dem MHD-Prinzip beruhenden Verfahren ausreichend ist. Es sind bisher die Versuche
zur thermischen Ionisierung in einem Kernreaktor insbesondere an den hierfür erforderlichen
hohen Temperaturen gescheitert, die große Anforderungen an das Material des Kanals,
die Elektroden usw. des MHD-Generators stellen.
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Es ist weiterhin in einem Aufsatz in »Electrical Engineering« vom
Januar 1963, Seite 8 a, linke Spalte, Absatz 2, bei einem gasgekühlten Kernreaktor
angeregt worden, in das Gas in kleiner Konzentration Alkalimetall einzuspritzen,
um die elektrische Leitfähigkeit des Gases zu verbessern, jedoch konnte das Ionisierungsproblem
auch auf diesem Wege nicht befriedigend gelöst werden.
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Es ist weiterhin möglich, die kinetische Energie der Spaltprodukte
zur Ionisierung des Gases heranzuziehen, jedoch muß dann dem Kühlungsgas ein spaltbares
Material zugesetzt werden, was jedoch im Hinblick auf die dann entstehenden technischen
Probleme als zur Zeit nicht realisierbar angesehen werden muß. Zu diesem Thema einer
nichtthermischen Ionisierung wird in einem Aufsatz in der Zeitschrift »Nuclear Energy«
vom März 1963 auf Seite 60, beginnend mit dem letzten Absatz dieser Seite, ausgeführt,
daß es auf den ersten Blick gesehen reizvoll erscheint, das hohe Energieniveau der
Neutronen- und y-Strahlung im Reaktorkern zur Ionisierung auszunutzen; dem steht
allerdings entgegen, daß für die Neutronen- und y-Strahlen die Querschnitte der
Gase mit niedrigem Atomgewicht sehr klein seien und daß selbst bei einem hohen Ionisationsniveau
die Zahl der freien Elektronen in der Zeit, während welcher das Gas vom Reaktorkern
zum MHD-Generator gelangt, durch Rekombinationsprozesse wieder schnell verringert
würde.
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Der Erfindung liegt die Aufgabe zugrunde, eine Vorrichtung zur Durchführung
des MHD-Verfahrens in einem Kernreaktor zu schaffen, bei welcher die Ionisation
des Kühlgases durch die Neutronenstrahlung des Reaktorkernes erfolgt, ohne da.ß
dem Kühlgas spaltbares Material zugesetzt werden müßte.
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Die Vorrichtung zur Umwandlung von Kernenergie in elektrische nach
dem MHD-Prinzip ist gemäß der Erfindung dadurch gekennzeichnet, daß im Gas Teilchen
enthalten sind, an denen die thermischen und epithermischen Neutronen unelastisch
gestreut werden. Die Verbesserung der nach dem MHD-Prinzip arbeitenden Vorrichtung
beruht also darauf, daß dem Kühlungsgas wenigstens eine Ionisierungssubstanz beigegeben
wird, welche bei Neutronenstößen unelastisch reagiert, indem sie mit den Neutronen
unter Bildung eines neuen Kerns verschmilzt, wodurch Teilchen gebildet werden, deren
Energie zur Ionisation des Gases ausreicht. Durch das Hinzufügen einer derartigen
Substanz kann die bisher praktisch nicht mögliche Ionisation des Gases durch die
im Reaktor erzeugten Neutronen erfolgen.
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Eine vorteilhafte weitere Ausgestaltung der Vorrichtung ist dadurch
gekennzeichnet, daß das Gas zum Aufheizen zuerst durch eine von schnellen Neutronen
durchsetzte Zone und anschließend zum Ionisieren durch eine von thermischen oder
epithermischen Neutronen durchsetzte Zone strömt. Da die Ionisierung des Gases auf
diese Weise erst nach dem Erhitzen erfolgt, wird die kritische Rekombinationszeit
wesentlich herabgesetzt.
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Die Vorrichtung kann weiterhin dadurch vorteilhaft ausgestaltet werden,
daß ein -Edelgas, z. B. Helium4, verwendet wird, dem die Teilchen in geringer Menge
zugesetzt sind.
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Eine weitere Ausführungsform der Vorrichtung ist dadurch gekennzeichnet,
daß dem Gas eine Aktivierungssubstanz, z. B. Cäsium oder Argon, zugesetzt ist, die
die Ionisation verstärkt und/oder die Rekombination herabsetzt.
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Bei einem weiteren Ausführungsbeispiel weist die Vorrichtung als Gas
Heg, LP oder B1° oder eine Mischung von zwei oder mehreren davon auf.
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Ferner weist die Vorrichtung einen Reaktor auf, der aus einem schnellen
Kern (37), der an der Unterseite eine thermische Neutronen absorbierende Pufferschicht
(41) aufweist und auf den anderen Seiten von einem Reflektor umgeben ist,
eine sich an die Pufferschicht (41) anschließende Moderatorschicht
(43), den Reflektor, den Kern, die Puffer- und die Moderatorschicht von oben
nach unten durchsetzende Gasführungskanäle (49) und einen von einem Moderator
(45) gebildeten Gasabflußkanal (47) besteht.
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Die Erfindung wird im folgenden an Hand der Zeichnungen erläutert;
es zeigt F i g. 1 eine Vorrichtung zur Umwandlung von Kernenergie in elektrische
Energie und F i g. 2, teilweise geschnitten, den Reaktorteil der Vorrichtung nach
F i g. 1.
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Im Prinzip umfaßt die Vorrichtung gemäß F i g. 1 einen Reaktorteil
1, einen magneto-hydrodynamischen Teil 3, einen Wärmeaustauscherteil5 und
in Verbindung damit einen Turbinenteil ? mit einem Kompressor
9
und einem Generator 11. Der Reaktor 1,
der nachstehend näher beschrieben
wird, wird mit einem Edelgas, z. B. He4, gekühlt, das dem Reaktor durch eine Leitung
13 zugeführt wird. Ein magnetohydrodynamischer Generator (MHD-Generator) ist an
die Auslaßseite des Reaktors angeschlossen. Der magneto-hydrodynamische Generator
umfaßt einen Kanal 15, durch welchen das Gas durch den Generator hindurchfließt,
und an den Wandflächen des Kanals 15
einander diametral gegenüberliegend angeordnete
Elektrodensysteme 17, die mit einem LastwiderstandRl verbunden sind; ferner ist
ein Magnet zur Erzeugung eines Magnetfeldes vorgesehen, der in F i g. 1 schematisch
in gestrichelten Linien durch Magnetwindungen 23 angedeutet ist. Wie dargestellt,
sind die Magnetwindungen 23 mit Leitungen 19 und 21 verbunden,
und die Erzeugung des Magnetfeldes erfolgt demgemäß unter Heranziehung eines Teils
des in dem magneto-hydrodynamischen Generator erzeugten Stromes. Von dem magneto-hydrodynamischen
Generator aus wird das Gas durch einen Wärmeaustauscher 5 geleitet, in welchem
das Gas abgekühlt wird. Es wird dann über die Leitung 25, den Kompressor
9
und die Leitung 13 wieder der Einlaßseite des Reaktors 1 zugeleitet.
Die in dem Gas enthaltene Wärme wird dem Wasser in einer Rohrschlange 27 im Wärmeaustauscher
5 zugeführt, wo Dampf erzeugt wird, der über eine Leitung 29 einer Turbine
31 zugeführt wird. Der aus der Turbine 31 austretende Dampf strömt
durch einen Kondensator 33 und wird durch eine Pumpe 35 erneut der Rohrschlange
27 des Wärmeaustauschers 5 zugeleitet. Die Turbine 31 treibt einen
Kompressor 9 und einen Generator 11 an, an den ein Belastungswiderstand R2 angeschlossen
ist.
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Die Einzelheiten der Konstruktion des Reaktorteils 1 sind in F i g.
2 gezeigt. Der Reaktor ist ein sogenannter schneller Reaktor, d. h., die Kernspaltung
erfolgt durch schnelle Neutronen, und der Reaktor weist einen Reaktorkern 37 auf,
der auf allen Seiten, mit Ausnahme der Auslaßseite, von einem Reflektor 39 aus Uran
umgeben ist. Im unteren Teil des Reaktorkernes 37, d. h. also an der Auslaßseite,
ist eine Pufferschicht 41 vorgesehen, die ebenfalls aus Uran bestehen kann.
Unterhalb oder außerhalb der Pufferschicht 41
ist eine Moderatorschicht
43 angeordnet, deren Umfang in axialer Richtung nach unten verlängert ist
und die Wand 45 eines Kanals 47 bildet; das untere Ende der Wand 45 ist mit
dem in Verbindung mit F i g. 1 bereits beschriebenen magneto-hydrodynamischen Generator
verbunden. Der Moderatorwerkstoff der Schicht 43 und der Wand 45 kann
beispielsweise Graphit sein. Vertikal verlaufende Kühlkanäle 49,
von denen
in F i g. 2 drei gezeigt sind, verlaufen durch den oberen Teil des Reflektors 39
an der Einlaßseite des Reaktors, den Reaktorkern 37, die Pufferschicht
41
und die Moderatorschicht 43 und münden in den Kanal 47.
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Im folgenden soll die Arbeitsweise der vorstehend beschriebenen Vorrichtung
unter Bezugnahme auf die Zeichnung beschrieben werden. Als Ionisierungssubstanz
soll Heg verwendet werden. Heg reagiert mit thermischen und epithermischen Neutronen,
d. h. mit Neutronen im Energiebereich von 10-2 bis 106 eV, in folgender Weise: Heg
(n, p) T.
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Neutronen höherer Energien haben einen vernachlässigbaren Einfluß.
Das Überwiegen der aktiven Neutronenenergie wird bestimmt durch die Ausbildung des
Reaktors. Die Reaktion bedeutet, daß Hei ein Neutron aufnimmt unter Bildung eines
zusammengesetzten Kerns, der dann in ein Proton und ein Triton zerfällt. Diese Reaktion
ist exotherm, und die Energien des Protons und des Tritiumteilchens betragen 0,6
bzw. 0,2 MeV. Durch die Bremsung oder Verzögerung dieser Teilchen wird das Kühlgas,
das in diesem Falle aus He 4 besteht, ionisiert, die Dichte der Volumenladung, die
in dem Kühlgas erzielbar ist, ist durch die Tatsache begrenzt, daß die Menge des
zugesetzten Heg nicht so groß sein darf, daß die Wirtschaftlichkeit der Arbeitscharakteristik
des Reaktors beeinflußt wird. Es hat sich gezeigt, daß bei Verwendung eines Edelgases
als Kühlgas und Hei als Zusatz eine befriedigende Ladungsdichte pro Volumeinheit
im Gas erzeugt werden kann, ohne in nachteiliger Weise die Charakteristika des Reaktors
zu beeinflussen. Außerdem hat das Plasma eine ausreichende Lebensdauer, um das Innere
des magneto-hydrodynamischen Generators zu erreichen, bevor eine zu weitgehende
Rekombination stattgefunden hat.
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Es sollen nun die Betriebsbedingungen in dem Reaktorteil unter Bezugnahme
auf F i g. 2 betrachtet werden. Das aus He 4 und zugesetztem Heg bestehende Kühlgas
wird dem Reaktor an seinem oberen Ende, dem Einlaßende, zugeleitet (in F i g. 2
mit Pfeilen dargestellt) und fließt in dem Reaktor durch die Kühlmittelkanäle
49 nach unten. Beim Durchgang durch den Reaktorkern 37 wird das Kühlgas erhitzt,
wird aber in diesem Teil des Reaktors nicht ionisiert, weil schnelle Neutronen mit
der zugesetzten Substanz Hei nicht reagieren. Die letztgenannte Tatsache macht es
auch möglich, die Kühlmittelkanäle derart auszubilden, daß eine annehmbare Porosität
wie auch ein befriedigender Wärmeübergang erzielt werden können. Aus dem Kern austretende
Neutronen treffen auf den Reflektor 39 auf und werden teilweise zum Reaktorkern
zurückreflektiert, wodurch der Neutronenverlust herabgesetzt wird.
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Die Neutronen werden in dem Moderator 43, 45
auf thermische
Energien abgebremst und treten in den Kanal 47 ein. Aufgabe der Pufferschicht
41 an der Auslaßseite des Reaktorkerns 37 ist die Isolierung des Kerns gegenüber
thermischen Neutronen, so daß eine zu starke Energiekonzentration im untersten Teil
des Kerns vermieden wird. Nach dem Durchgang durch den Reaktorkern 37 in den Kühlmittelkanälen
49
fließt das Gas durch die Pufferschicht 41 und den Moderator 43 in
den Kanal 47 hinein, in dem Heg mit thermischen Neutronen reagiert, wobei das Kühlgas
ionisiert wird. Es hat sich als zweckmäßig erwiesen, den Kanal 47 mit einer
Einschnürung zu versehen, so daß die Gasgeschwindigkeit im Kanal auf einen Wert
erhöht wird, der in dem angeschlossenen magnetohydrodynamischen Generator erforderlich
ist. Der Grund hierfür liegt teilweise darin, daß es wünschenswert ist, die Zeit
herabzusetzen, die verstreicht, bevor das ionisierte Gas das Innere des magneto-hydrodynamischen
Generators erreicht, und teils auch darin, daß es wünschenswert ist, die Rekombinationsverluste
herabzusetzen durch Erhöhung der Elektronentemperatur in bezug auf das umgebende
Gas. Die Wand 45 des Kanals ist deshalb als ideale Düse ausgebildet, d. h.
also als eine Düse, in der die Strömungsverluste vernachlässigbar gering sind.
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Das aus dem unteren Teil des Kanals 47 austretende Gas ist also ionisiert
und hat vorzugsweise eine Elektronendiehte
von mehr als 1011 e-/cm3
und eine Stagnationstemperatur von über 1100°K. Beim Durchgang durch das Magnetfeld
des magneto-hydrodynamischen Generators wird an den Eiektrodensystemen 17 eine elektromotorische
Kraft erzeugt, die teils zur Erzeugung des Magnetfeldes verwendet wird, während
die überschüssige Energie einer Belastung X1 zugeleitet wird. Nach dem Durchgang
durch den magneto-hydrodynamisehen Generator wird das Gas dem nächsten Wärmeaustauscher
5 zugeleitet, in dem sein Wärmegehalt auf das Wasser in der Rohrschlange
27 übertragen wird. Das Wasser in der Rohrschlange 27 wird verdampft und
fließt dampfförmig durch die Leitung 29 zur Turbine 31, die den Kompressor 9 und
den Generator 11 antreibt. Der aus der Turbine 31 austretende Dampf wird im Kondensator
33 kondensiert, und das Kondenswasser wird mittels der Pumpe 35 zur Rohrschlange
27 zurückgeführt, Das aus dem Wärmeaustauscher 5 austretende Gas fließt durch die
Leitung 25 und wird im Kompressor 9 verdichtet und wiederum der Einlaßseite des
Reaktors 1 zugeleitet.
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Lis und B1° können an Stelle von oder neben T3e3 verwendet werden;
sie reagieren mit Neutronen nach den folgenden Gleichungen: Lis (n, a) T bzw. B1°
(n, a) Li' wobei die Energien der Reaktionen 4,8 bzw. 2,8 MeV betragen. Die lonisierung
in dem magneto-hydrodynamischen Kanal kann erhöht werden durch dieselben Bedingungen
bezüglich der Temperatur, des Druckes usw., falls eine Aktivierungssubstanz, z.
B. Caesium, welches ein niedriges lonisationspotential aufweist, oder Argon, das
durch Zusammentreffen mit z. B. erregten He3-Atomen ionisiert werden kann, wobei
die lonisierung erhöht und/oder die Rekombination herabgesetzt wird. Es ist natürlich
auch möglich, irgendwelche anderen Edelgase außer He4 zu verwenden.