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Verfahren zum Umwälzen des Kühlmittels eines Siedewasserkernreaktors
und Kernreaktor zur Durchführung des Verfahrens Die Erfindung betrifft ein Verfahren
zum Umwälzen des Kühlmittels eines Siedewasserkernreaktors, bei dem ein den Umlauf
bewirkender Teil des Kühlmittels und ein die äußere Arbeit leistender Teil des Kühlmittels
nach dem Durchlaufen des Reaktorkerns voneinander getrennt und nach Durchlaufen
getrennter parallelgeschalteter Strombahnen vor dem Wiedereintreten in den Reaktorkern
miteinander vereinigt werden und die Schubenergie durch die innere Energie des Kühlmittels
hervorgerufen wird.
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Von allen bisher entwickelten und in Betrieb befindlichen Kernreaktoren
besitzt der Siedewasserreaktor zwei einzigartige Vorteile: l.. Das Moderator- und
Kühlmittel im Reaktor dient zugleich als Arbeitsmittel in der Turbine, d. h., getrennte
Dampferzeuger sind nicht notwendig; 2. der Auftrieb der Dampfblasen im Kern bewirkt
einen natürlichen Kühlmittelumlauf, so daß man in vielen Fällen auf Primärumwälzpumpen
verzichten kann, besonders bei kleineren Reaktoranlagen.
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Von diesen zwei bestehenden Vorteilen kommt der zweite nicht mehr
zum Tragen, wenn die Reaktorleistung einen gewissen Grenzwert überschreitet oder
wenn man die spezifische Leistung des Reaktorkernes über ein bestimmtes Maß steigern
will. Der dann erforderliche kräftige Umlauf kommt nur noch unter Zuhilfenahme von
weiteren Antriebsmitteln zustande. Außer dem Energiebedarf dieser Antriebsmittel
ergeben sich dabei auch noch folgende Nachteile: Zur Führung des Umlaufwassers müssen
sehr kostspielige mit Reaktordruck beanspruchte Rohrleitungssysteme mit Pumpen und
Armaturen installiert werden, und diese sogenannten Zwangsumlaufschleifen haben
fernerhin einen erheblichen Raumbedarf zur Folge, der überdies wegen der notwendigen
Abschirmung und wegen der Unterbringung im naturgemäß spezifisch teueren Reaktorgebäude
sehr aufwendig ist.
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Beim heutigen Stand der Technik arbeiten Siedewasserreaktoren mit
etwa 70 Atmosphären Primärdruck, d. h. mit einer Wassertemperatur von rund 285°
C. Das Speisewasser (Speisestrom), das zum Ersatz der Ausdampfmenge nachgespeist
werden muß, hat gewöhnlich eine Unterkühlung von etwa 60 bis 80° C; es strömt also
mit 200 bis 220° C dem Reaktor zu, um nach der Mischung mit dem Umlaufwasser eine
entsprechende Unterkühlung des in den Reaktorkern eintretenden Wassers sicherzustellen.
Bei z. B. fünfzehnfachem Wasserumlauf und 60° C Unterkühlung des Speisewassers hat
das in den Kern eintretende Wasser 4° C Unterkühlung. Bei der Mischung von Speisewasser
und Umlaufwasser mit einer Temperaturdifferenz ergibt sich - da die Mischung ein
irreversibler Prozeß ist - eine Entropiesteigerung und damit ein Verlust an Arbeitsfähigkeit.
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Aus der britischen Patentschrift 848 572 ist es bekannt, den Umlauf
in einem Kernreaktor durch Injektorpumpen zu verbessern, die mit Dampf oder dem
flüssigen Kühl- und/oder Moderatormittel angetrieben werden, und bei denen die thermische
Energie des Dampfes oder des Umlaufkühlmittels ausgenutzt wird. Derartige Injektorpumpen
haben wegen der auftretenden hohen Geschwindigkeiten relativ schlechte Wirkungsgrade.
Vor allem aber geht beim Einspritzen des aus dem Injektor mit hoher Geschwindigkeit
austretenden Strahles in den Naturumlauf ein erheblicher Teil der in der Injektorpumpe
erzeugten mechanischen Energie wieder verloren.
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Der Erfindung liegt nun die Aufgabe zugrunde, den Verlust an Arbeitsvermögen,
der durch die irreversible Zumischung des Speisewasserstromes entsteht, zu verringern
und die dadurch gewonnene mechanische Arbeit zur Umwälzung des Reaktorkühlmittels
in sehr einfachen und billigen Antriebsaggregaten zu bewirken. Die Lösung dieser
Aufgabe besteht darin, daß nach Abtrennen des die äußere Arbeit leistenden Dampfes
ein Zweiphasengemisch, das sich im Siedezustand befindet, durch Verengung des Strömungsquerschnittes
zunächst schwach entspannt, ihm sodann der nach seiner Arbeitsleistung kondensierte
Dampf und/oder unterkühltes Kühlmittel als Speisestrom zur Kondensation des durch
die Entspannung entstandenen Dampfes im Bereich des verengten Strömungsquerschnittes
zugeführt wird und
anschließend Gemisch und Zusatz durch die Erweiterung
des Strömungsquerschnittes erhöhtem statischem Druck ausgesetzt werden.
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Die Erfindung wird im folgenden an Hand einiger Figuren beschrieben.
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F i g. 1 zeigt ein Schema eines Siedewasserkernreaktors. Das den Reaktorkern
1 oben verlassende Dampf-Wasser-Gemisch wird durch die Schwerkraft oder mittels
mechanischer Separatoren in die beiden Phasen getrennt, das abgeschiedene Wasser
strömt mit einem geringfügigen Restdampfgehalt durch den ringförmigen Raum 2 zwischen
Reaktorkern und Reaktordruckgefäß 3 und die Saugleitung 4 dem Antriebsaggregat 5,
6, 7, 8 zu. Durch eine Querschnittsverengung 5 tritt eine Geschwindigkeitssteigerung
des Kühlmittels ein. Diese Geschwindigkeitssteigerung ist nur mit einem geringfügigen
Druckabfall verbunden, da sich das Wasser im Siedezustand befindet und den auf Grund
der Bernoullischen Gleichung zu erwartenden Druckabfall dadurch kompensiert, daß
beim Übergang in das Gebiet des verengten Querschnittes Wasser verdampft. Die Verdampfungswärme
hierzu wird der thermischen Energie des Wassers entzogen. Um zu vermeiden, daß in
der nachfolgenden Kompressionsstufe die durch die Verdampfung entstandene Volumenvergrößerung
wieder rückgängig gemacht wird, wird in das in der Mischstrecke 7 strömende Dampf-Wasser-Gemisch
durch die Düse 6 feinverteilt unterkühltes Speisewasser aus den Reaktorpumpen 9
eingespritzt. Das eingespritzte Speisewasser kondensiert den entstandenen Dampf
und füllt das Dampfvolumen vollständig aus. Am Ende der Mischstrecke besteht die
Strömung nur noch aus Wasser, in dem praktisch der gleiche Druck, wie vor der Querschnittsverengung
herrscht, das aber mit erhöhter Geschwindigkeit fließt. Nunmehr tritt der mit erhöhter
Geschwindigkeit fließende Gesamt-Wasserstrom in den Diffusor 8 ein, wobei sich die
Geschwindigkeitsenergie in Druckenergie umwandelt, so daß die Schubwirkung des Antriebsaggregates
5 bis 8 entsteht. Um sicherzustellen, daß das eintretende Umlaufwasser sich tatsächlich
im Siedezustand befindet oder jedenfalls nicht nennenswert unterkühlt ist, ist es
zweckmäßig, die Dampf-Wasser-Separation nach Verlassen des Reaktorkernes nicht 100
Ohig durchzuführen, sondern einen kleinen Restdampfgehalt im Umlaufwasser zu behalten.
Damit wird erreicht, daß der Siedezustand am Eintritt in das Antriebsaggregat auch
dann erreicht wird, wenn dieser Eintritt mehrere Meter unterhalb des Wasserspiegels
liegt.
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Der einfache Aufbau des Antriebsaggregates und die Vermeidung jeglicher
beweglicher Teile ermöglichen seine Unterbringung im Reaktordruckgefäß selbst, wodurch
erhebliche Ersparnisse an Anlagekosten eintreten. überdies kann man den Umlauf über
sonst gebräuchliche Werte erheblich steigern, da keine Pumpleistung aufzubringen
ist und die Kapazität von externen Umlaufschleifen nicht begrenzend wirkt. Eine
erhebliche Steigerung der spezifischen Leistung des Reaktorkernes wird dadurch möglich.
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Um die Umwälzleistung zu erhöhen, können mehrere Antriebsaggregate
parallel geschaltet werden. Um eine eindeutige Leistungsaufteilung dabei zu erreichen,
ist es notwendig, daß die Aggregate eine stabile, d. h. negative Charakteristik
besitzen. Eine Steigerung des Durchsatzes muß eine Senkung des auftretenden Schubes
zur Folge haben. Dies kann auf verschiedene Art erreicht werden: Legt man z. B.
die Temperatur des Speisewassers nur knapp unter die Temperatur des umlaufenden
siedenden Wassers, so tritt bei einer Steigerung des Durchsatzes über einen gewissen
Wert nur noch unvollständige Kondensation ein. Die Schubwirkung läßt dadurch nach
und man erhält die gewünschte Charakteristik. Eine ähnliche Wirkung erhält man trotz
großer Unterkühlung des Speisewassers, wenn man nur einen Teil in die Antriebsaggregate,
den Rest erst nach den Antriebsaggregaten einspritzt.
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Eine besondere vorteilhafte Anordnung für die im Innern des Reaktordruckgefäßes
parallelgeschalteten Antriebsaggregate ist durch Ausnutzung des ringförmigen Raumes
zwischen Reaktorkern und Reaktorgefäß gegeben. Dieser Raum ist aus Gründen der Abschirmung
des Druckgefäßes gegen die Neutronenstrahlung ohnehin erforderlich, so daß man praktisch
ohne Vergrößerung des Reaktordruckgefäßes die Antriebsaggregate unterbringen kann.
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F i g. 2 zeigt ein solches Ausführungsbeispiel. Die der F i g. 1 entsprechenden
Gegenstände sind hierbei mit gleichen Ziffern versehen.
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Um die Schubwirkung der Antriebsaggregate im Betrieb zu regeln, kann
man sich der gleichen Methoden bedienen, mit denen die Charakteristik beeinflußt
wird: Durch Änderung der Temperatur des in die Antriebsaggregate eingeförderten
unterkühlten Speisewassers und durch Änderung der eingeförderten Menge verändert
man die Güte der Kondensation in der Mischstrecke 7 und damit den Schub.
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Es kann in manchen Fällen durchaus erwünscht sein, den Umlauf unabhängig
von der Speisewassermenge regeln zu können, denn letztere ist ja nicht frei wählbar
- sie muß stets der dem Reaktor entzogenen Dampfmenge entsprechen. Um dies zu bewerkstelligen,
entzieht man dem Reaktor einen Flüssigkeitsstrom (Bypäss-Strom), unterkühlt ihn
und mischt ihn dem Speisestrom zu. Durch Mengen- und Temperaturregelung dieses Bypass-Stromes
können die Antriebsaggregate unabhängig vom Speisestrom geregelt werden. Man kann
damit z. B. den Umlauf im Reaktor in Betrieb halten, ohne daß dem Reaktor Dampf
entzogen wird (Reaktor-Leerlauf). Der Reaktor muß dabei nur die Wärme erzeugen,
die im Bypass entzogen wird, um den Druck im Druckgefäß zu halten.
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Um bei plötzlichem Ausfall der Speisepumpen den Wasserumlauf im Reaktor
noch einige Sekunden zur Abfuhr der in den Brennelementen gespeicherten Wärme aufrechtzuerhalten,
ist es zweckmäßig, einen Windkessel an die Speiseleitung bzw. an die Bypassleitung
anzuschließen, möglichst nahe bei den Reaktorspeisepumpen bzw. den Bypass-Umwälzpumpen,
so daß der Windkessel stets auf Pumpendruck steht. Beim Pumpenausfall übernimmt
dieser Kessel für einige Sekunden die Einspeisung.
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Um den Wasserumlauf in einem Reaktor in Gang zu setzen, kann man den
schwachen Naturumlauf ausnutzen, der sich auch ohne arbeitende Antriebsaggregate
einstellt. Zufolge des Diffusors ist der Druckabfall im Antriebsaggregat trotz der
hohen Geschwindigkeit in der Mischstrecke nicht sehr groß. Beginnt man in diesem
Zustand zunächst Speisewasser von Siedetemperatur in die Aggregate einzufördern
und dann dieses Speisewasser langsam zu unterkühlen, so fangen die Antriebsaggregate
entsprechend der jeweiligen Unterkühlung langsam an, Schub aufzubauen.
Zwei
Anfahrhilfen können zweckmäßig sein: 1. Bei schwachem Naturumlauf kann die Dampf-Wasser-Separation
so gut sein, daß praktisch kein Dampf in Richtung der Antriebsaggregate mitgerissen
wird. Liegen diese Aggregate nun mehrere Meter unter dem Wasserspiegel, so tritt
zufolge des statischen Druckunterschiedes Unterkühlung ein. Durch Einbau von Dampf-Sprühdüsen
vor den Einlauf in die Antriebsaggregate kann extern erzeugter Dampf zur Sicherstellung
des Erreichens der Sattdampftemperatur beim Anfahren des Umlaufes eingeblasen werden.
Diese Düsen können auch dazu verwendet werden, bei vollständig unterbrochener Kettenreaktion
durch Einblasen von Fremddampf die Wärmeverluste des Antriebs auszugleichen und
damit den Umlauf trotz abgeschalteten Reaktors aufrechtzuerhalten.
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2. Der Naturumlauf kann zum Zweck des Anfahrens durch Einblasen extern
erzeugten Dampfes unter den Reaktorkern auch bei abgeschalteter Kettenreaktion gesteigert
werden. Der Gegenstand der Erfindung läßt sich sinngemäß auch für Reaktoren verwenden,
die mit Schwerwasser, mit einem organischen Kühlmittel oder auch mit flüssigen Metallen
gekühlt werden.
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Es ist schon genannt worden, daß eine Parallelschaltung mehrerer Umwälzaggregate
im allgemeinen sinnvoll sein wird. Ferner besteht die Möglichkeit, die Umwälzaggregate
sowohl extern, d. h. außerhalb des Reaktordruckgefäßes, als auch intern, d. h. innerhalb
des Reaktordruckgefäßes anzuordnen. Dabei sind jeweils der Raum oberhalb des Reaktorkernes
und der Raum unterhalb des Reaktorkernes über die Umwälzaggregate strömungsmäßig
verbunden. Ein externes Umwälzaggregat besteht aus einer Rohrleitung, die zwischen
einer Querschnittsverengung 5 und einem den Querschnitt wieder erweiternden Diffusor
8 einen Rohrteil verringerten Querschnittes als Mischstrecke 7 enthält, der über
Düsen 6 an die Zuführungsleitung des Speisestromes angeschlossen ist. Ein innerhalb
des Reaktordruckgefäßes befindliches Umwälzaggregat ist analog aufgebaut.