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Verfahren zur Herstellung von o Dichlorfettsäuren Es ist bekannt,
daß Chlorierungen von Carbonsäuren oft nicht einheitlich verlaufen und daß die Herstellung
einheitlicher halogensubstituierter Carbonsäuren oft große Schwierigkeiten bereitet.
So werden Carbonsäuren außer in oç-Stellung auch oft in ß- und bzw. oder y-Stellung
chloriert (vgl. H 0 u b e n -W e y 1, »Methoden der organischen Chemie«, Bd. 5,
Teil 3, S. 623 bis 626). Uber die Herstellung von Dihalogencarbonsäuren aus cv-Halogencarbonsäuren
oder aliphatischen Carbonsäuren mittlerer Kettenlänge ist vergleichsweise wenig
bekannt, und die auftretenden Isomeren sind nicht eindeutig belegt.
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Nach »Journal of the American Chemical Societye, Band 71 (1949),
S. 3162, und Band 72 (1950), S. 5137 und 5138, soll beispielsweise durch Bromierung
von s-Bromcapronsäure mit elementarem Brom in Gegenwart von Phosphortribromid in
etwa 80 0/0iger Ausbeute ,r-Dibromcaprnnsäure entstehen, die in 50 0/0iger Ausbeute
in Lysin überführbar sein soll.
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Diese Methode konnte jedoch von dritter Seite nicht nachgearbeitet
werden (vgl. »Journal of the American Chemical Society«, Bd. 73 [1951], S. 4979
und 4980).
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Offenbar liegt hier ein uneinheitliches Gemisch von mehreren isomeren
Dihalogencapronsäuren und höheren Halogenierungsprodukten vor. Die Halogenierung
von b-Halogenvaleriansäure zu o;,8-Dihalogenvaleriansäure mit Hilfe von elementarem
Halogen in Gegenwart von typischen Halogenierungskatalysatoren, wie Phosphorhalogeniden
(vgl. »Canadian Journal of Research«, Band 27, Sect. B [1949], S. 282 bis 290) bei
mäßig erhöhter Temperatur führt ebenfalls zu Isomerengemischen. Im Gaschromatogramm
lassen sich mindestens drei Haupt- und ein bis zwei Nebenbestandteile des Gemisches
als Dihalogencarbonsäuren sowie mehrere höherhalogenierte Produkte identifizieren.
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Es wurde nun gefunden, daß man weitgehend einheitliche gesättigte
a,co-Dichlorfettsäuren erhält, wenn man ü>-Chlorfettsäuren in wäßriger Lösung
oder Suspension bei einem pH-Wert von 6 bis 14, vorzugsweise von 8 bis 14, mit Chlorgas
oder einem Alkali- oder Erdalkalihypochlorit unter Lichteinwirkung bei einer Temperatur
von -40 bis +60° C, vorzugsweise von 0 bis 30"C, umsetzt.
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Überraschenderweise verläuft die Chlorierung im alkalischen Bereich
wesentlich schneller als die durch das Alkali bewirkte Hydrolyse bzw. Lactonisierung
des Ausgangsproduktes. Es ist nämlich bekannt, daß w-Halogencarbonsäuren mit basisch
reagierenden Stoffen im wäßrigen Medium zu monomeren bzw. polymeren a)-Hydroxycarbonsäuren
bzw. unter Cyclisierung zu den entsprechenden Lactonen reagieren.
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Derartige Nebenprodukte treten bei der erfindungsgemäßen Arbeitsweise
praktisch nicht auf.
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Ein wesentlicher Vorteil des neuen Verfahrens ist es ferner, daß
die Chloraufnahme wesentlich schneller als in Abwesenheit von Alkali erfolgt. Die
erhaltenen Produkte sind, im Gegensatz zur Arbeitsweise im stärker sauren Bereich,
nahezu isomerenfrei. Einige der erfindungsgemäß erhaltenen Stoffe, wie os,e-Dichlorhexansäure,
oc,cv-Dichlorheptansäure und die entsprechende Oktansäure, waren bisher nicht bekannt.
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Als Ausgangsprodukt eignen sich vorzugsweise a>-Chlorfettsäuren
mit 3 bis 10 Kohlenstoffatomen, wie fl - Chlorpropionsäure, - Chlorbuttersäure,
8 - Chlorvaleriansäure, £ - Chlorcapronsäure, co - Chloroktansäure und o-Chlordekansäure.
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Als Chlorierungsmittel wird vorzugsweise Chlorgas verwendet. Unter
den Bedingungen des Verfahrens, d. h. im pH-Bereich 6 bis 14, insbesondere 8 bis
14, reagiert elementares Chlor zumindest teilweise mit der zur pH-Einstellung verwendeten
Alkali- oder Erdalkaliverbindung unter Bildung von Alkali- oder Erdalkalihypochlorit.
Hypochlorite, wie Natrium-oder Kaliumhypochlorit oder Chlorkalk, sind daher in gleicher
Weise wie elementares Chlor als Chlorierungsmittel geeignet.
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Als Reaktionsmedium wird Wasser verwendet.
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Die Reaktion läßt sich auch in Gemischen von Wasser und mit Wasser
mischbaren polaren Medien, die mit Chlor wenig oder nicht reagieren, wie Methanol,
Äthanol oder Dimethylformamid, durchführen.
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Die Durchführung der Halogenierung erfolgt - wie bereits festgestellt
- im pH-Bereich von 6 bis 14, vorzugsweise von 8 bis 14. Es ist möglich, die verschiedensten
basischen Stoffe zur Einstellung des gewünschten pH-Wertes zu verwenden, z. B. Alkali-und
Erdalkalihydroxyde, -oxyde, -carbonate, -bicarbonate oder -alkoholate. Auch Ammoniak
oder
Amine - insbesondere tertiäre wasserlösliche Amine -sind geeignet,
soweit sie bei niedriger Temperatur nicht mit den Halogenverbindungen reagieren.
Bevorzugt werden Natron- und Kalilauge, Calciumhydroxyd, Natrium- sowie Kaliumcarbonat
und die entsprechenden Bicarbonate. Die Umsetzung wird unter Belichtung vorgenommen.
Hierzu genügt Tageslicht. Es ist aber auch möglich, die Chlorierung in Gegenwart
von UV-Licht durchzuführen.
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Zur Durchführung des Verfahrens mischt man die cl)-Chlorfettsäure
mit wenig Wasser und gibt Alkali bis zum Erreichen des gewünschten pH-Wertes unter
Kühlung zu. Hierbei löst sich die w-Chlorfettsäure zumindest teilweise in der wäßrigen
Phase unter Salzbildung. Man kann auch die a)-Chlorfettsäure unter Kühlung in die
berechnete Menge wäßriges Alkali eintragen. Dann wird - während gleichzeitig durch
kontrollierte Alkalizufuhr ein konstanter pH-Wert eingehalten wird - Chlorgas eingeleitet.
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Den Zeitpunkt der Beendigung der Halogenierung kann man durch Gewichtszunahme,
ferner durch Kontrolle der während der Chlorierung zur Aufrechterhaltung des erforderlichen
pH verbrauchten Alkalimenge sowie durch - Gaschromatographie des veresterten Säuregemisches
oder den Brechungsindex des beim Ansäuern ausfallenden Gemisches an co- und ,-Chlorcarbonsäure
bestimmen.
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Nach beendeter Chlorierung wird mit einer Säure, vorzugsweise einer
nicht oxydierenden Säure, wie Halogenwasserstoffsäure, verdünnter Schwefel- oder
Phosphorsäure, angesäuert, um die Dichlorfettsäure abzuscheiden. Dazu genügt meist
ein pH von 2 bis 5, insbesondere 2,5 bis 4. Im allgemeinen trennen sich beim Ansäuern
die Dichlorfettsäuren als wasserunlösliche Schicht ab. Man kann aber auch mit einem
geeigneten Lösungsmiftel, insbesondere einem Halogenkohlenwasserstoff, Kohlenwasserstoff,
Ester oder Keton, die Dichlorfettsäuren extrahieren.
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Es ist zur Vermeidung der Bildung höherhalogenierter Produkte zweckmäßig,
die Reaktion abzubrechen, bevor die Ausgangs-Chlorfettsäure vollständig umgesetzt
ist, vorteilhaft bei einem Umsetzungsgrad von 10 bis 45°/0. Nach beendeter Chlorierung
trennt man dann den nicht umgesetzten Ausgangsstoff vom Endprodukt, z. B. durch
Destillation.
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Der zurückgewonnene Ausgangsstoff kann wieder erneut zur Halogenierung
eingesetzt werden.
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In manchen Fällen ist jedoch eine Abtrennung des Ausgangsstoffes
vom Endprodukt nicht notwendig.
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Die Bestimmung der beiden Komponenten im Reaktionsprodukt kann beispielsweise
durch Gaschromatographie erfolgen.
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Die erhaltenen os,-Dichlorfettsäuren finden Verwendung als Zwischenprodukte
für die Aminosäurensynthese. Sie sind ferner als Konservierungsmittel geeignet.
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Beispiel 1 450 Gewichtsteile £-Chlorcapronsäure werden mit 200 Gewichtsteilen
Wasser gemischt und unter Rühren und Kühlen bei 25 bis 35"C mit einer Lösung von
120 Gewichtsteilen Ätznatron in 300 Gewichtsteilen Wasser versetzt. Dann wird mit
dem Einleiten von Chlorgas unter geringer Außenkühlung begonnen.
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Während der Reaktion sorgt man durch Zugabe von 20°/Oiger Natronlauge
für einen konstanten pH-Wert von 6 bis 7. Nach Einleiten von 196 Gewichtsteilen
Chlor bricht man die Chlorierung ab, säuert mit
konzentrierter Salzsäure auf ein
pH von 1 bis 2 an und trennt die organische Schicht ab. Nach gaschromatographischer
Analyse des veresterten Gemisches enthält das Rohprodukt neben 58,6 01o £-Chlorcapronsäure
340/o o;,e-Dichlorcapronsäure und 3,8 °/o einer Trichlorcapronsäure.
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Das Säuregemisch wird mit methanolischer Salzsäure in das Gemisch
der Methylester übergeführt.
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Diese lassen sich in einfacher Weise durch fraktionierte Destillation
trennen. Man erhält E-Chlorcapronsäuremethylester vom Kp.15 = 96 bis 97"C und «,-Dichlorcapronsäuremethylester
vom Kp.l = 85 bis 86 C.
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Letzterer wird mit der berechneten Menge wäßrigem Alkali bei Raumtemperatur
gerührt, die wäßrige Phase angesäuert und die sich abscheidende organische Phase
destilliert. Man erhält e;,£-Dichlorcapronsäure vom Kp.0,3 = 114 bis 116"C.
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Beispiel 2 451 Gewichtsteile s-Chlorcapronsäure werden unter Kühlung
in eine Lösung von 120 Gewichtsteilen Ätznatron in 500 Gewichtsteilen Wasser eingetragen.
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Die Temperatur hält man dabei auf +10 bis +20°C.
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Bei pH 13 beginnt man, Chlorgas bei 0 bis +15°C einzuleiten. Während
des Chloreinleitens wird durch langsame Zugabe von 20- bis 30 0/0iger Natronlauge
ein konstanter pH-Wert von 13 aufrechterhalten.
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Das pH kann man z. B. mit einer Glaselektrode laufend kontrollieren.
Nach Aufnahme von 210 Gewichtsteilen Chlor wird die Halogenierung abgebrocken. Man
säuert mit verdünnter Schwefelsäure auf ein pH von 1 an, trennt die organische Schicht
ab, verestert das Gemisch von Chlor und o;,e-Dichlorcapronsäure mit Methanol und
Schwefelsäure und erhält nach fraktionierter Destillation 700/o s-Chlorcapronsäuremethylester
(Kp.1,0 = 82 bis 83"C) sowie 28,5% α,#-Dichlorcapronsäuremethylester (Kp.,
= 106 bis 107"C; n20 = 1,464).
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Die Isolierung der freien Säure erfolgt, wie im Beispiel 1 beschrieben.
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Beispiel 3 178 Gewichtsteile #-Chloroktansäure werden in 300 Gewichtsteilen
Wasser suspendiert und eine Lösung von 56 Gewichtsteilen Kaliumhydroxyd in 100 Gewichtsteilen
Wasser bei 25 bis 35"C zugetropft.
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Man beginnt Chlorgas einzuleiten, wobei sich das pH von 13 langsam
zum Neutralpunkt verschiebt Wenn ein pH von 9 erreicht ist, hält man bei weiterer
Chlorzufuhr durch laufendes langsames Zutropfen von 10 0/0iger Natronlauge ein pH
von 9 aufrecht.
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Nach Einleiten von 75 Gewichtsteilen Chlor erhält man gemäß Gaschromatogramm
ein Gemisch aus 320/o a,co-Dichloroktansäure und 67 O/o -Chloroktansäure, das durch
fraktionierte Destillation getrennt wird. av-Chloroktansäure: Kp.0,1 = 131 bis 133°C.
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Os,-Dichloroktansäure: Kp.0,2s = 147 bis 149°C.
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Beispiel 4 330 Gewichtsteile b-Chlorvaleriansäure werden in eine
Aufschlämmung von 68 Gewichtsteilen Calciumoxyd in 350 Gewichtsteilen Wasser unter
Kühlen eingetragen. Bei +5 bis +15"C beginnt man, Chlorgas unter gleichzeitigem
Zutropfen von 10 0/0iger
Natronlauge einzuleiten. Man hält während
der Chlorierung einen pH-Wert von 7 bis 8 aufrecht, läßt bei 10 bis 20"C noch 2
Stunden nachreagieren, säuert mit 10 0/0iger Salzsäure auf ein pH von 2 bis 3 an,
bläst mit Luft oder Stickstoff etwa noch vorhandenes Chlor aus, trennt die Schichten
unter Zusatz von etwas Methylenchlorid, trocknet die Methylenchloridlösung über
wasserfreiem Natriumsulfat, destilliert das Lösungsmittel unter vermindertem Druck
ab und erhält als Rückstand ein helles Öl, das nach dem Gaschromatogramm 36°/o o;
Dichlorvaleriansäure neben 62,5 0/o d-Chlorvaleriansäure enthält.
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Die Trennung der Säuren erfolgt durch fraktionierte Destillation
ihrer Methylester und anschließende Verseifung.
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Patentansprüche: 1. Verfahren zur Herstellung von gesättigten o;,-Dichlorfettsäuren,
d a d u r c h g e k e n n -z e i c h n e t, daß man cs-Chlorfettsäuren in wäßriger
Lösung oder Suspension bei einem pH-Wert von 6 bis 14, vorzugsweise von 8 bis 14
mit Chlorgas oder einem Alkali- oder Erdalkalihypochlorit unter Lichteinwirkung
bei einer Temperatur von -40 bis +60°C, vorzugsweise von 0 bis 30"C, umsetzt.