-
Verfahren zum Entkohlen hochlegierter Chrom- und Chromnickelstähle
oder -legierungen mit Chromgehalten über 1011/o Die Erfindung betrifft ein Verfahren
zum Entkohlen hochlegierter Chrom- und Chromnickelstähle oder -legierungen durch
Glühen in reduzierender Atmosphäre.
-
Das Entkohlen von unlegierten oder schwach legierten Stählen ist im
allgemeinen mit keinen Schwierigkeiten verbunden. Das Glühen kann sowohl in Gernischen
aus Kohlendioxyd und Kohlenmonoxyd wie auch in feuchtem Wasserstoff erfolgen. In
der Praxis hat sich hierfür besonders eine Glühatmosphäre von feuchtem Wasserstoff
mit Wasserdampfgehalten von etwa 20 bis 60 glm3 bewährt. Diese Wasserdampfgehalte
entsprechen Taupunkten von etwa 20 bis etwa 501 C.
-
Das Entkohlen hochchromhaltiger Stähle und -legierungen mit Chrorngehalten
über 1011/ü ist dagegen in den üblichen Gasgemischen im allgemeinen nicht durchführbar.
In feuchtem Wasserdampf bildet sich auf der Metalloberfläche eine Oxydschicht, welche
die Entkohlungsreaktion stark hemmt. Während bei den unlegierten oder schwach legierten
Stählen ein Entkohlen bei Temperaturen oberhalb etwa 700' C durch Reaktion
des im Stahl gelösten Kohlenstoffs mit den Oxyden, d. h. auch bei gleichzeitiger
Oxydation der Stahloberfläche, erfolgt, findet eine derartige Reaktion bei hochchromhaltigen
Stählen und Legierungen bei Normaldruck nicht statt. Es ist deshalb vorgeschlagen
worden, derartige Stähle durch Glühen im Vakuum zu entkohlen. Abgesehen davon, daß
diese Maßnahme einen erheblichen apparativen Aufwand erfordert und die Entkohlungsreaktion
erst bei Temperaturen oberhalb etwa 10001 C
mit genügender Geschwindigkeit
abläuft, muß stets eine genau dosierte Sauerstoffmenge zur Oxydation des Kohlenstoffs
in die Vakuumeinrichtung eingeleitet werden. Bei zu großem Sauerstoffangebot erfolgt
jedoch eine Oxydation der Metalloberfläche, bei zu geringer Sauerstoffmenge läuft
die Entkohlungsreaktion zu langsam ab. Nachteilig ist ferner, daß bei den erforderlichen
hohen Temperaturen und geringen Drücken häufig eine starke Metallverdampfung eintritt.
-
Bisher sind hochchromhaltige Stähle und Legierungen mit geringen Kohlenstoffgehalten
von etwa unter 0,05019 durch besondere metallurgische Maßnahmen erschmolzen
worden. Abgesehen von den Schwierigkeiten beim Erschmelzen der Stähle können beim
späteren Weiterverarbeiten der Gußblöcke zu Blechen, Rohren u. dgl. die Oberflächen
während der verschiedenen Wärmebehandlungen aufgekohlt werden, beispielsweise durch
eine falsch eingestellte Ofenatmosphäre oder durch Fett-. öl- oder Schmiermittelreste
auf der Oberfläche, so daß durch die Kohlenstoffaufnahme die guten korrosionschemischen
Eigenschaften der hochchromhaltigen Stähle und Legierungen sehr nachteilig beeinflußt
werden. Es hat sich nun überraschend gezeigt, daß ein weitgehendes Entkohlen hochchromhaltiger
Stähle und Legierungen durch Glühen im feuchtem Wasserstoff möglich ist, wenn folgende
Bedingungen eingehalten werden: 1. Der Wasserstoff muß rein, also völlig
frei von kohlenhaltigen Gasen oder Dämpfen sein, 2. der Wasserdampfgehalt des Wasserstoffs
darf einen verhältnismäßig kleinen, aber definierten Wert nicht überschreiten.
-
Zur Erläuterung der ersten Bedingung ist hervorzuheben, daß bereits
geringe Mengen von weniger als 0,0111/o kohlenstoffhaltiger Gase oder Dämpfe, wie
Kohlenmonoxyd, Kohlendioxyd, Methan und andere Kohlenwasserstoffe, Öldämpfe oder
-nebel, genügen, um nicht nur das Entkohlen zu unterbinden, sondern unter Umständen
sogar eine Aufkohlung der Metalloberflächen bewirken. Der in üb-
licher Weise
zur Verwendung gelangende technische Wasserstoff ist daher ohne sorgfältige Reinigung
zum Entkohlen ungeeignet.
-
Mit der Erfindung wird daher vorgeschlagen, das Glühen bei Temperaturen
von 800 bis 1300' C, vorzugsweise 1000 bis 1200'
C, in strömendem, reinem und feuchtem Wasserstoff vorzunehmen, dessen Feuchtigkeitsgehalt
so niedrig bemessen wird, daß eine Oxydation der Metalloberfläcbe noch nicht eintritt.
-
Die Höhe des Feuchtigkeitsgehaltes richtet sich in erster Linie nach
der Glühtemperatur. Eingehende Untersuchungen haben ergeben, daß sich bei einem
bestimmten, von der Entkohlungstemperatur abhängigen
Wasserdampfgehalt
ein Optimum der Entkohlungsgeschwindigkeit einstellt. Bei diesem kritischen Grenzwert
für den Wasserdampfgehalt des Wasserstoffs erfolgt noch eben keine Oxydation der
Stahloberfläche.
-
In der Abbildung sind diese Zusammenhänge für einen Stahl mit
18 % Chrom und 10 D/o Nickel dargestellt. Als Maß für den
' Wasserdampfgehalt ist auf der Ordinate der Taupunkt des Wasserstoffs angegeben.
Auf der Abszisse sind die Werte für die Glühtemperatur eingetragen. Liegt bei einer
bestimmten Glühtemperatur der Taupunkt des Wasserstoffs unterhalb der die Oxydationsgrenze
darstellenden Kurve, so- erfolgt keine Oxydation- die Metalloberfläche bleibt blank.
Liegt dagegen der Taupunkt oberhalb der Kurve, so tritt eine Oxydation ein. Das
Optimum der Entkohlungsgeschwindigkeit wird gemäß der Erfindung dann erhalten, wenn
der den Wasserdampfgehalt kennzeichnende Taupunkt des Wasserstoffs bei einer bestimmten
Entkohlungstemperatur dicht unter der Oxydationsgrenze liegt. Wie die Abbildung
zeigt, liegt diese Grenze für einen Stahl mit 18%Chrom und 1011/oNickel und bei
einer Glühtemperatur von 1100'C bei einem Taupunkt von - 221
C.
-
Die mit dem erfindungsgemäßen Verfahren erzielbare weitgehende Entkohlung
sei an folgendem Beispiel gezeigt: Glüht man ein 0,2 mm dickes Blech aus einem Stahl
mit 180/eChrom, 1011/eNickel und 0,0840/0 Kohlenstoff bei 1100' C in Wasserstoff
mit einem Taupunkt von -501 C, so wird der Kohlenstoffgehalt nach einer Glühzeit
von 2 Stunden auf 0,03 3 11/o C gesenkt. Entkohl man unter sonst gleichen
Bedingungen bei einem Taupunkt von -34' C, so erniedrigt sich der Kohlenstoffgehalt
nach 2 Stunden von 0,084 auf 0,0180/eC. Wird der Wasserdampfgehalt derart erhöht,
daß der Taupunkt auf - 231 C
ansteigt, d. h. dicht unterhalb der Oxydationsgrenze
liegt, so wird der Kohlenstoffgehalt nach 2Stunden Glühzeit von 0,084 auf 0,0081%,
C gesenkt.
-
Wird andererseits die Oxydationsgrenze dadurch überschritten, daß
der Taupunkt des Wasserstoffs auf - 18' C eingestellt wird, so erfolgt bei
einer Glühtemperatur von 11001 C eine Oxydation der Stahloberfläche, und
der Kohlenstoffgehalt hat sich nach 2stündigem Glühen von 0,084 nur auf 0,065% C
gesenkt. Außer von der Glühtemperatur ist die Oxydationsgrenze in gewissem Umfange
auch von der chemischen Zusammensetzung der zu entkohlenden Stahllegierung abhängig.
Die Änderungen des Taupunktes sind jedoch nicht größer als etwa ± 5' C,
wenn
der Chromgehalt des Stahls bzw. der Legierung zwischen etwa 12 und 30,1/a Chrom
schwankt, vorausgesetzt, daß der Stahl oder die Legierung keine größeren Gehalte
an Elementen mit sehr großer Affinität zum Sauerstoff enthält, z. B. Titan oder
Aluminium. Bei Stählen oder Legierungen mit komplexer Zusammensetzung ist es gegebenenfalls
erforderlich, die Grenzkonzentration des Wasserdampfes als Funktion der Glühtemperatur
vorher zu bestimmen. Aus wirtschaftlichen Gründen empfiehlt es sich, den beim Glühen
verwendeten Wasserstoff in einen geschlossenen Kreislauf umzupumpen. Dabei ist es
jedoch erforderlich, daß die bei der Entkohlungs-.reaktion entstandenen gasförmigen
Kohlenstoffverbindungen, vorzugsweise Methan und Kohlenmonoxyd, laufend aus dem
Wasserstoff entfernt werden, weil sonst der Entkohlungsprozeß zum Stillstand kommen
würde. Nach einem weiteren Merkmal der Erfindung kann diese Reinigung derart erfolgen,
daß der Wasserstoff bei erhöhter Temperatur über ein Metall mit größerer Affinität
zum Kohlenstoff geleitet wird, z. B. über Titan, Zirkon, Niob oder Tantal. Da diese
Metalle auch mit dem Wasserdampf reagieren, ist es zweckmäßig, den Wasserstoff vor
Eintritt in die Reinigungskammer zu trocknen, um eine längere Lebensdauer der Reinigungsmasse
zu erreichen. Die Entfernung des Wasserdampfes wird zweckmäßig mit einem geeigneten
Trockenmittel wie Alugel oder Silikagel vorgenommen. Nach der Reinigung muß der
Wasserstoff wieder bis zur Erreichung des gewünschten Taupunktes befeuchtet werden.
-
Die Einstellung des gewünschten Taupunktes kann erfindungsgemäß dadurch
erfolgen, daß dem Wasserstoff eine genau dosierte Menge Sauerstoff oder Luft derart
zugegeben wird, daß der Sauerstoff vor Eintritt in den Glühraum sich mit dem Wasserstoff
zu Wasserdampf umsetzt. Diese Umsetzung kann z. B. in einer Vorkammer des Entkohlungsofens,
gegebenenfalls unter Verwendung eines Katalysators, erfolgen.
-
Der Taupunkt kann auch dadurch eingestellt werden, daß ein Teilstrom
des Wasserstoffes durch Wasser hindurchgeleitet wird, so daß er sich mit Wasserdampf
sättigt. Dieser Teilstrom muß dabei so bemessen sein, daß nach dem Mischen mit dem
restlichen trockenen Wasserstoff der Gesamtwasserstoff den gewünschten Taupunkt
annimmt.