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Verfahren zum Betrieb eines Windkanals Die Erfindung betrifft ein
neues Verfahren zum Be trieb eines Windkanals mit einer die schnelle Strömung in
der Meßstrecke mantdartig umgebenden langsameren Strömung.
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Die Strömungsvorgänge in einem Windkanal bei strömungstechnischen
Untersuchungen eines Modellkörpers beliebigen Maßstabes müssen mit größtmöglicher
Genauigkeit den Gegebenheiten in der Natur, d. h. der Bewegung des Körpers, durch
eine ruhende Luftmasse unendlich großer Ausdehnung angeglichen sein. Während bei
der Bewegung z.B. eines Flugkörpers in der Luft, eines Fahrzeuges auf der Straße
usw. sich keine störenden Einflüsse von außen, d. h. von der Berandung des Luftraumes,
durch den sich der Körper bewegt, bemerkbar machen, da diese unendlich weit bzw.
relativ sehr weit entfernt liegt, so macht sich bei Windkanälen der Einfluß der
Kanalwandung stets bemerkbar, und zwar um so stärker, je größer das zu messende
Objekt im Verhältnis zum Kanalquerschnitt ist. Der Durchmesser der Meßstrecke eines
solchen Kanals muß im allgemeinen etwa zehnmal so groß sein wie der Durchmesser
des darin befindlichen Meßobjektes. Auch dann noch ergibt sich bei den Messungen
ein gewisser Fehler, der als so genannte » Kanalkorrektur « berücksichtigt werden
muß.
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Man kann nicht alle Windkanalmessungen an stark verkleinerten Modellen
durchführen, so daß die Wandeinflüsse des Kanals vernachlässigbar klein werden.
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Es müssen z. B. alle Strahlantriebe, wie Staustrahler und Raketen,
in Originalgröße im Windkanal untersucht werden, wobei sich diese Aggregate in vollem
Betriebszustand befinden. Infolgedessen sind für solche Triebwerks-Windkanäle der
klassischen Bauart große Querschnitte und damit enorme Antriebsleistungen für die
Gebläse erforderlich. Es ist daher von großem Interesse, wenn man bei solchen Kanälen
an Querschnitt sparen kann, holme gleichzeitig die notwendige Meßgenauigkeit zu
beeinträchtigen. Eine solche Möglichkeit bietet sich aber durch Anwendung des an
sich bekannten, eingangs erwähnten Mantelstrahlprinzips.
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Daß ein Mantelstrahlkanal gegebenen Durchmessers die Testung größerer
Modelle gestattet als ein üblicher Kanal vom gleichen Durchmesser, ergibt sich aus
der Betrachtung von zwei Ausführungsformen der klassischen Kanalbauart, nämlich
1. eines Kanals mit geschlossener Meßstrecke und 2. eines Kanals mit offener Meßstrecke.
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Bei einem Kanal mit geschlossener Meßstrecke, bei dem die Meßstrecke
durch seitliche feste Wände begrenzt ist, werden die längs des Testobjektes laufenden
Stromlinien zusammengedrängt. Dies bedeutet, daß die Luftgeschwindigkeit bei gegebener
Anblasegeschwindigkeit im vorderen Staupunkt über den an
dieser Stelle herrschenden
Druck richtig gemessen werden kann. Die seitlich im Punkt der größten Ausbauchung
des Meßobjektes gemessene Luftgeschwindigkeit wird jedoch größer sein, als wenn
sich das Testobjekt in einem seitlich unbegrenzten Luftstrom mit gleicher Geschwindigkeit
bewegen würde, wie es z. B. beim Flug in der freien Atmosphäre der Fall ist.
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Diese zu hohe Luftgeschwindigkeit bewirkt im seitlich gelegenen Punkt
der größten Objektausbauchung gemäß dem Gesetz von Bernoulli einen zu tiefer Unterdruck,
und die Messung der Druckverteilung um den Körper herum ist daher mit Fehlern behaftet.
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Diese Fehler können zwar durch die sogenannte Kanalkorrektur berücksichtigt
werden, die Berechnung und Übertragung auf sämtliche gemessenen Werte ist aber ein
ziemlich umständliches und zeitraubendes Verfahren.
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Läßt man die Meßstrecke eines Windkanals seitlich offen, handelt
es sich also um Kanäle mit offener Meßstrecke, so werden sich die Stromlinien längs
des sich in der Meßstrecke befindenden Meßobjektes seitlich ausbauchen. Da die den
freien Strahl umgebende Luft ruht, muß diese Ausbauchung stärker sein, als es in
einem gleichmäßigen Geschwindigkeitsfeld, wie es bei einem in der Natur frei fliegenden
Körper auftritt, möglich wäre. Das bedeutet, daß die in diesem Fall wiederum im
Punkt der größten Ohjektausbauchung gemessene Geschwindigkeit zu klein, also der
dort gemessene Druck zu hoch ist.
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Der Druck in diesem Punkt, der den wirklichen Verhältnissen einer
unendlich großen ungestörten Anströmung entspricht, muß also zwischen dem im Fall
1 der geschlossenen Meßstrecke und dem im Fall 2 der offenen Meßstrecke ermittelten
Druck liegen.
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Die Erfindung geht von der Erkenntnis aus, daß der Mantelstrahlkanal
hinsichtlich der vorerwähnten Strömungsverhältnisse eine Kombination des Kanals
mit offener und des Kanals mit geschlossener Meßstrecke
darstellt.
Ist näntlich~die Geschwindigkeit des Mantelstrahls gleich der Geschwindigkeit des
Hauptstrahls, so hat man einen Kanal mit geschlossener Meßstrecke vor sich; ist
die Geschwindigkeit des Mantelstrahls gleich Null., so entspricht der Kanal dem
Typus des Kanals mit offener Meßstrecke. Da -die am TestoEekt am seitlichen Punkt
der größten Ausbauchung gemessenen Drücke im Fall des Kanals mit geschlossener Meßstrecke-zu
niedrig lagen, bei dem Kanal mit offener Meßstrecke aber zu hoch - verglichen mit
den Verhäftnissen in der freien Atmosphäre -, ergibt sich, daß der richtige Druck
zwischen diesen beiden Werten liegen muß und dadurch eingestellt werden kann, daß
man die Geschwindigkeit des Mantelstrahls gegenüber der des Hauptstrahls ändert.
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Demgemäß besteht das erfindungsgemäße Verfahren zum Betrieb eines
Windkanals mit einer die schnelle Strömung in der Meßstrecke mantel artig umgehenden
langsameren Strömung darin, daß man die Geschwindigkeit des Mantelstromes - derart
zwischen Null und der Geschwindigkeit des die Meßstrecke durchfließenden schnellen
Hauptstromes wählt, daß an dem Meßobjekt an charakteristischen Stellen genau die
Geschwindigkeits- und Druckverteilung eintritt, die sich bei freier Anströmung in
einem unendlich großen Luftraum ergibt.
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Zur Ermittlung der Werte dieser Geschwindigkeiten stehen grundsätzlich
zwei-Methoden zur Verfügung.
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Die erste, experimenteller Art, ist die, daß man zuvor ein stark verkleinertes
Modell des zu untersuchenden Objektes im Kanal mißt, wobei der Durchmesser des Modells
zu dem der Meßstrecke ganz einwandfrei in einem solchen Verhältnis steht, daß die
Wandströmungen des Kanals praktisch im Rahmen der Meßgenauigkeit liegen und damit
vernachlässigt werden können. Dabei kann der Kanal nach dem Prinzip der geschlossenen
Meßstrecke arbeiten. Noch besser ist es, wenn der Kanal auch bei den Vorversuchen
am stark verkleinerten Modell bereits als Mantelstrahlkanal arbeitet, da dann immer
noch vorhandene Wandstörungen noch weiter reduziert werden können. Hierbei wird
die Mantelstrahlgeschwindigkeit beliebig oder nach Schätzung entsprechend den durch
Versuche gewonnenen Erfahrungen eingestellt, Man ermittelt dann am stark verkleinerten
Modell den wirklichkeitsgemäßen Druck an charakteristischen Stellen, z.B. an der
StelleP (Fig. 1) des größten Objektdurchmessers. Bei der anschließenden Untersuchung
des OriginalmeBobjektes, bei der sich die Kanalstörung stärker auswirkt und demgemäß
berücksichtigt werden muß, stellt man wieder denselben Druck wie den an entsprechender
Stelle des stark verkleinerten Modells gemessenen ein. Dies geschieht durch Wahl
der Geschwindigkeit des Mantelstrahls zwischen der Geschwindigkeit Null und der
des Hauptstrahls.
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Damit gelingt unter Anwendung der Erfindung die Erzielung einer Druckverteilung
um den Testkörper von Originalgröße, die mit größter Genauigkeit den Verhältnissen
in der Natur entspricht, ohne daß die schwierige Ermittlung einer angemessenen Kanalkorrektur
erforderlich gewesen wäre.
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Eine zweite Methode ist theoretischer Art. Oftmals ist nämlich nicht
einmal eine experimentelle Voruntersuchung mit stark verkleinertem Testobjekt erforderlich,
weil bei den meisten Profilen die richtige Druckverteilung bis zum Punkt des größten
Durchmessers mit ausreichender Genauigkeit vorausberechnet werden kann. Nach dem
Ergebnis dieser Rechnung stellt man dann die Mantelstrahlgeschwindigkeit ein.
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Der an sich bekannte Mantelstrahlkanal besitzt gegenüber den üblichen
Bauarten noch einen besonderen Vorteil. Die größten Strömungsverluste eines Windkanals
am Strahlrand der Meßstrecke sind proportional dem Quadrat der Geschwindigkeit.
Beim Mantelstrahlkanal sind die Verluste aber nur proportional dem Quadrat der Differenz
der Geschwindigkeiten des eigentlichen Meßluftstrahls und des Mantelstrahls. Hat
der Mantelstrahl die halbe Geschwindigkeit des Meßluftstroms, so betragen die Verluste
beider Luftströme zusammen nur die Hälfte der Verluste des schnellen Meßluftstromes
allein, falls dieser nicht von einem langsamen Mantelstrahl umgeben ist. Wenn man
den langsamen Mantelstrahl erfindungsgemäß durch noch einen oder mehrere noch langsamere
Luftströme umgibt, können die Verluste noch weiter gesenkt werden.
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Sollen Objekte 0 untersucht werden, die in Strömungsrichtung sehr
lang sind, so besteht die Gefahr, daß die sich entwickelnden Grenzschichten längs
des Objekts 0 gemäß Fig. 1 zwischen den Luftströmen L und M sowie längs der Wände
W infolge ihrer Verdrängungsdicke zu unzulässigen Druckgradienten in Strömungsrichtung
führen. Dem kann erfindungsgemäß leicht dadurch begegnet werden, daß man die Wände
sich in Strömungsrichtung erweitern läßt, wie es in Fig. 1 durch die gestrichelten
Linien W' angedeutet ist. Die Wände W bzw. W' müssen nicht gerade sein, sondern
können bei Bedarf auch gewölbt werden.
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Die Ummantelung des schnellen Lufts-troms L durch einen oder mehrere
langsame Luftströme M führt bei lDberschallgeschwindigkeit des Luftstroms L dazu,
daß dieser sich relativ zu seiner Randbegrenzung mit Unterschallgeschwindigkeit
bewegt und daß demzufolge Stoßwellen, die von der Spitze des Objekts 0 zu den Strahlrändern
hin laufen, an diesen nicht reflktiert werden. Demzufolge ist die Länge der Objekte
O nicht mehr wie bisher durch die des sogenannten Meßrhombus begrenzt, der von den
reflektierten Stoßwellen gebildet wird. Man kann in dem Mantelstrahlkanal daher
auch sehr lange Objekte untersuchen.
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Ist die Geschwindigkeit des Luftstromes L kleiner als die Schallgeschwindigkeit,
so genügt eine einzige Form der Düse D für alle Geschwindigkeiten. Dagegen ist bei
Überschallgeschwindigkeit bekanntlich eine erweiterte Düse erforderlich, die sich
(Fig. 2) vom engsten Querschnitt Q1 auf den Austrittsquerschnitt Q2 erweitert; die
benötigte Erweiterung hängt von der Geschwindigkeit ab. Um nicht für jede gewünschte
Geschwindigkeit eine andere Düse D einbauen zu müssen, werden oft verstellbare Düsen
benutzt, die elastische Wände haben. Durch eine größere Zahl von Verstellschrauben
können die Wände in jede ge wünschte Lage und Form gebracht werden.
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Durch diese Vielzahl der Verstellschrauben würde der langsamere Luftstrahl
M sehr gestört. Um dies zu umgehen, ist erfindungsgemäß vorgesehen, die Düse D zunächst
als Halbdüse aufzuführen (Fig. 2), deren eine Kontur durch die Ebene E gebildet
wird. Spiegelt man die Düsenform an der Ebene E, so ergibt sich die Form der bekannten
Laval-Düse. Weiter ist erfindungsgemäß vorgesehen, die der Ebene E gegenüberliegende
Wand als elastisches Band B auszuführen, das durch eine Kraft an einem Ende stramm
ge spannt wird. Das andere Ende des Bandes B geht in eine starre Zunge Z1 über,
die um eine Achse, schwenkbar ist. Damit wird der Austrittswinkel der Düse D variiert,
um einen parallelen Luftstrom L zu erzeugen Das Band B gleitet über eine zweite
Zunge
Z2, die um eine Achse A2 geschwenkt wird; dadurch wird das Verhältnis der Querschnitte
Q1: Q2 der jeweiligen Überschallgeschwindigkeit angepaßt.
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Im Verein mit dem stetigen Übergang des elastischen Bandes B von
Zunge Z1 zu Z2 kann durch einfaches Schwenken der beiden Zungen die Form der Düse
D dem gesamten für Windkanäle interessierenden Bereich der Überschallgeschwindigkeiten
angepaßt werden.
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Genauso wie die Düse D kann selbstverständlich auch der an die Meßstrecke
anschließende Diffusor aufgebaut sein. Der Verstellmechanismus des Diffusors kann
bei Bedarf mit dem der Düse gekoppelt werden. Ebenso können statt Luft auch andere
Strömungsmedien verwendet werden.
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PATENTANSPRßCIIE: 1. Verfahren zum Betrieb eines Windkanals mit einer
die schnelle Strömung in der Meßstrecke mantelartig umgebenden langsameren Strömung,
dadurch gekennzeichnet, daß man die Geschwindigkeit des Mantelstroms derart zwischen
Null und der Geschwindigkeit des die Meßstrecke durchfließenden schnellen Hauptstromes
wählt, daß an dem Meßobjekt an charakteristischen Stellen genau die Geschwindigkeitsr
und Druckverteilung eintritt, die sich bei freier Anströmung in einem unendlich
großen Luftraum ergibt.