-
Semiaktives Fernlenkverfahren für zielselbstsuchende Geschosse mit
selektiver Fernkennzeichnung des Zieles Die Erfindung verfolgt den Zweck, die Anwendung
von zielselbstsuchenden raketenangetriebenen und ballistischen Geschossen auch auf
solche feste und bewegliche Erdziele zu ermöglichen, die sich durch ihre Eigenstrahlung
oder Reflexionseigenschaften von ihrer Umgebung physikalisch nicht unterscheiden.
-
Unter »zielselbstsuchenden Geschossen« (»Flugzellen«, »Flugkörper«)
versteht man bekanntlich Sprengkörper, die in Richtung auf das Ziel abgeschossen
oder durch Raketen angetrieben werden und mittels einer eingebauten Vorrichtung
selbst das Ziel orten und darauf zusteuern. Die Ortung und die daraus abgeleitete
Regelung der Steuervorgänge zur Beeinflussung der Flugbahn erfolgen durch Auswertung
der Strahlungsintensität des Zieles, durch die sich das Ziel von seiner nahen Umgebung
(Hintergrund) unterscheidet. Gewöhnlich wird dazu nur eine bestimmte Strahlungsart
berücksichtigt.
-
Nach Herkunft der Strahlung teilt man die zielselbstsuchenden Geschosse
bekanntlich in zwei Gruppen ein: in »passiv gelenkte« (Auswertung des Unterschiedes
zwischen der Eigenstrahlung des Zieles und der Eigenstrahlung der Umgebung) und
in »aktiv gelenkte« (Auswertung des Unterschiedes zwischen der vom Ziel reflektierten
fremden Strahlung und der vom Hintergrund reflektierten fremden Strahlung).
-
Die passiven zielselbstsuchenden Geschosse steuern also selbsttätig
auf ein Ziel hin, das anders strahlt als seine Umgebung, und die aktiven auf ein
Ziel, das anders reflekiert als seine Umgebung. Die »aktiv gelenkten« Geschosse
teilt man nach der örtlichen Lage des Anstrahlsenders weiter ein in »rein aktive«
(Anstrahlsender im Geschoß) und »semiaktive« (Anstrahlsender am Standort des Beobachters).
Bei alctiv gelenkten Geschossen liegt der Sinn der Anstrahlung der Zielszene eben
darin, dein eingebauten Empfangsgerät, das für eine spezifische Strahlungsart empfindlich
ist, den Reflexionsunterschied, der zwischen dem Ziel und seiner nahen Umgebung
besteht, wahrnehmbar zu machen. Bei »rein aktiven« und »semiaktiven «zielselbstsuchenden
Fernlenkverfahren, die auch unter der Bezeichnung »Fernlenkverfahren mit Anstrahlung
des Zieles« bzw. »Anstrahlverfahren« bekannt sind, muß ferner das Empfangsgerät
(des. Geschosses bzw. der Rakete) in der Lage sein, im wahrgenommenen Bild, das
durch die Reflexion der angewandten (fremden) Strahlen von der Zielszene entstanden
ist, das Ziel selbst eindeutig und schnell zu erkennen. Diese Aufgabe kann vom Empfangsgerät
nur bei sehr einfachen Zielszenen gelöst werden, z. B. bei dem einzelnen Schiff
1 am Horizont 2 in der Abb. 1.
-
Zuverlässig können nur solche Objekte vom Empfangsgerät innerhalb
einer Zielszene als Ziel erkannt werden, die durch einen meistens sehr wesentlichen
Unterschied in der Reflexionsfähigkeit (für die angewandte Strahlungsart) gegenüber
ihrer nahen Umgebung gekennzeichnet sind. Diese sogenannten »Radarcharalzteristiken«
der Ziele sind die Voraussetzung der heutigen Anstrahlverfahren. Typische Beispiele
für derartige Ziele sind z. B. Flugzeuge in der Luft oder Schiffe auf See.
-
Der Anwendung der aktiven und semiaktiven Fernlenkungen ist also dann
eine Grenze gesetzt, wenn das Nutzecho (vom Ziel reflektierte Strahlungsenergie)
im Störechopegel (von der nahen Zielumgebung reflektierte Strahlungsenergie) nicht
mehr eindeutig als solches erkennbar ist. Das ist bei Erdzielen, wie z. B. Panzern,
Fahrzeugen, Bunkern. Artilleriestellungen usw., der Fall. Daher konnten Anstrahlverfahren
bei diesen Zielen bisher nicht angewandt werden.
-
Es hat nicht an Versuchen gefehlt, zielselbstsuchende Flugzellen zur
Bekämpfung von Fahrzeugen mit Verbrennungsmotoren unter Ausnutzung der infraroten
Eigenstrahlung dieser Fahrzeuge zu bauen. Wie jedes passive Fernlenkverfahren ist
jedoch auch dieses sehr leicht zu stören. Das erste brennende Fahrzeug oder auch
jede künstlich geschaffene Wärmequelle würde nachfolgende Geschosse auf sich lenken
und damit dieses Verfahren weiterhin unwirksam machen. Wie leicht sich die passiv
gelenkten Sprengkörper irreführen lassen, hat sich beim Einsatz von deutschen passiv
gelenkten Marinetorpedos im vergangenen Krieg deutlich gezeigt.
Die
Verfahren der sogenannten Kommandosteuerung des Flugkörpers durch einen Beobachter
(drahtlose oder Abspul-Fernsteuerung) haben den wesentlichen Nachteil, das eine
gleichzeitige Beobachtung von Ziel und Flugkörper erforderlich ist. Im Erdeinsatz
ist die nur durch die Perspektive gegebene Raumauflösung und damit die Abstandsbestimmung
zwischen Ziel und Geschoß unzureichend sowie die durch die menschliche Reaktionszeit
bedingte Systemregelkonstante sehr groß im Vergleich zu einer zielselbstsuchenden
Fernlenkung. Bei flacher Flugbahn kann die Sichtbarkeit des Zieles außerdem durch
die Verbrennungsgase der Rakete beeinträchtigt werden. Auch Leitstrahlverfahren
sind im Erdeinsatz wegen Interferenzerscheinungen in Bodennähe und Strahlverwerfung
wenig geeignet.
-
Die technische Aufgabe, die mit der Erfindung gelöst werden soll,
besteht im wesentlichen, aber nicht ausschließlich darin, räumlich eng lokalisierte
Erdziele, wie Panzer, MG-Nester, Bunker, Beobachtungsposten, also solche Ziele,
die keine brauchbare Radarcharakteristik oder Eigenstrahlung besitzen, mit Hilfe
von zielselbstsuchenden Geschossen zu bekämpfen.
-
Ein typisches Beispiel für diese Aufgabe wäre die Zerstörung des Panzers
6 in Abb. 2 mit einem zielselbstsuchenden raketenangetriebenen Sprengkörper. In
der gewählten Darstellung der Abb. 2 sei ferner Objekt 3 ein Haus, 4 ein Busch,
5 ein bereits abgeschossener brennender Panzer, 7 ein Geländevorsprung, 8 eine nahe
im Hintergrund gelegene Anhöhe. In dieser Zielszene ist das Ziel 6 von einer Anzahl
selbststrahlender und reflektierender Objekte umgeben. Ein Einsatz von passiven,
auf Wärmestrahlung empfindlichen zielselbstsuchenden Geschossen wäre hier z. B.
wegen des brennenden Panzers 5 nicht möglich. Ebenso ist die Voraussetzung für die
Anwendung von herkömmlichen Anstrahlverfahren (»aktiv« und »semialctiv«) nicht gegeben,
da ein charakteristischer Unterschied der Reflexionseigenschaften von Ziel 6 gegenüber
den benachbarten Objekten 3, 4, 5, 7 und 8 nicht vorhanden ist.
-
Die Erfindung bezieht sich auf ein Fernlenkverfahren für zielselbstsuchende
raketenangetriebene und ballistische Geschosse zur Bekämpfung von Erdzielen, die
von Objekten beliebiger Eigenstrahlung und Reflexionseigenschaften umgeben sind,
und ist dadurch gekennzeichnet, das das Ziel vom Beobachter mittels eines modulierten
elektromagnetischen Strahls beleuchtet wird, der eine so scharfe Bündelung besitzt
(Nadel- oder Pencilstrahl), das sein Querschnitt am Ort des Zieles kleiner ist als
die Zielsilhouette, und der so auf das Ziel ausgerichtet wird, das nur das Ziel
vom Strahlkegel getroffen wird, wodurch das Ziel als einzige Quelle diffuser reflektierter
Strahlung raumselektiv gekennzeichnet ist. Die in den zielsuchenden Geschossen eingebauten
Fernlenkmechanismen sind auf die Frequenz und ll:odulationsart der verwendeten Strahlung
abgestimmt.
-
Es wird somit zur Bekämpfung des Panzers 6 in Abb.2 folgendes Verfahren
vorgeschlagen: Der vom Beobachter als Ziel ausgewählte Panzer 6 ( bei größeren Objekten
deren kritischer Teil, z. B. ein Brückenpfeiler) wird mit dem in bestimmter Weise
modulierten elektromagnetischen Strahl angestrahlt, der eine so scharfe Bündelung
besitzt, das nur die zu treffen gewünschte Stelle beleuchtet wird. In Abb. 3 wird
ein derart angestrahltes Ziel gezeigt, wobei Kreis 9 den beleuchteten Feck darstellt.
Auf diese Weise wird das Ziel zur sekundären Strahlungsquelle und somit gegeiiüber
seiner nicht beleuchteten Umgebung trennscharf und eindeutig gekennzeichnet und
dadurch befähigt, zielselbstsuchende Geschosse auf sich hin zu lenken. Der Unterschied
der Reflexionseigenschaften vom Ziel und von dessen naher Umgebung ist nunmehr praktisch
ohne Bedeutung. Trifft z. B. der scharf begrenzte Strahlkegel ein Ziel, das einen
besonders niedrigen Reflexionskoeffizienten von 0,05 besitzt (z. B. eine mit Ruß
bedeckte Fläche), so wird auch dann nur dieses Ziel Ausgangspunkt der diffus reflektierten
spezifischen Strahlung sein, die ihm aufgeprägt wurde.
-
Der Abschuß von Sprengladungen in Richtung auf das gekennzeichnete
Ziel kann durch Raketenantrieb oder nach ballistischem Prinzip erfolgen. Die in
Abb. 4 mit 10 bis 14 bezeichneten Abschußbasen können dabei auch weit hinter dein
vorgeschobenen Beobachter 15 oder seitwärts, außerhalb der Feindeinsicht, liegen.
Mehrere Geschosse 17 können zu gleicher Zeit oder nacheinander von diesen Abschusstellen
in das Planquadrat 16 des gekennzeichneten Zieles 6 abgeschossen werden. Die in
den Geschossen eingebauten, auf die vom Ziel reflektierte Strahlungsart empfindlichen
zielselbstsuchenden Steuermechanismen werden beim Erreichen der Grenze der genügenden
Strahlungsintensität 18 des Zieles, die man sich idealisiert als ein Halbkugelsegment
mit Radius r vorstellen kann, die Korrektur der ursprünglichen Geschoßbahn bis zur
Kollision mit dem Ziel 6 übernehmen. Nach Zerstörung des ersten Zieles kann man
den Kennzeichnungsstrahl und damit den Strom der nachfolgenden Geschosse auf das
nächste Ziel richten, usw. Um eventuelle Störversuche unwirksam zu machen, kann
diese Strahlung noch nach einem bestimmten Code moduliert werden, auf den die Empfänger
in den zielselbstsuchenden Geschossen abgestimmt werden können.
-
Um die Ausrichtung des Kennzeichnungstrahls auf das Ziel sowie das
Suchen, Erkennen und Beobachten des Zieles in einem kontinuierlichen Vorgang zusammenzufassen,
kann man den Strahlsender 19 mit einem Zielfernrohr 20 koppeln, wobei die optische
Achse 21, dargestellt in Abb.5, möglichst nahe und parallel zur Strahlachse 22 liegen
soll. Bei Verwendung eines auf obengenannte Weise gekoppelten (z. B. infraroten)
Nachtsichtgerätes kann das vorliegende System auch bei voller Dunkelheit eingesetzt
werden.
-
Der elektromagnetische Strahl zur Fernkennzeichnung des Zieles soll
keine sichtbaren Spektralkomponenten enthalten, um die Position des Senders nicht
kenntlich zu machen. Für einen Einsatz bei Nacht und am Tage bei geringerer Helligkeit
und somit herabgesetzter Hintergrundstrahlung wäre das nahe Infrarotgebiet geeignet.
Soll jedoch der Einfluß der Sonnenstrahlung ausgeschaltet werden, so kann in einem
Bereich noch zulässiger Atmosphärendämpfung mit Ultraviolettstrahlung von 2900 A
oder mit einer Wellenlänge von 1,2 mm ausreichende Senderenergie und Empfängerempfindlichkeit
erzielt werden, wobei die für die geforderte Strahlschärfe notwendigen Abmessungen
in vertretbaren Grenzen bleiben.
-
Bei Verwendung von Ultraviolett- oder Infrarotstrahlung läßt sich
die geforderte sehr scharfe Bündelung des Kennzeichnungsstrahls z. B. mittels eines
Parabolspiegels 23 und einer konzentrierten Strahlungsquelle 24 (Quelle großer Strahlungsintensität
bei geringer Flächenausdehnung), wie in Abb.6 dargestellt, verwirklichen. Bei einem
Durchmesser der Strahlungsquelle von d = 1 mm und einer Spiegelbrennweite von f
=1,5 m ergibt sich der Durchmesser des Strahlkegels in einer Entfernung von 1,5
km zu etwa 1 m und in 3 km zu etwa 2 m. Das Zielfernrohr
(bzw. Nachtsiehtgerät)
kann mit der Senderoptik konstruktiv derart verbunden werden, daß dessen Visierlinie
29. mit der Achse des Kennzeichnungsstrahls 22 identisch ist. Zu diesem Zwecke wird
vor der Strahlquelle 24 ein kleiner Spiegel 25 angebracht (Abb. 7). So kann die
optische Zielachse 21 des außerhalb vom Strahlsender montierten Zielfernrohres oder
Nachtsichtgerätes über Spiegel 25 und 26 in die optische Achse des Kennzeichnungsstrahls
22 geführt werden. Bei einer entsprechenden Dimensionierung des Spiegels 25 (der
Durchmesser des Spiegels 25 soll nicht größer sein als der Außendurchmesser der
Strahlungsquelle 24) wird der Kennzeichnungsstrahl hierdurch nicht geschwächt.
-
Um eine Steigerung der Empfängerempfindlichkeit und eine weitgehende
Ausschaltung der Hintergrundstrahlung sowie eine höhere zulässige Belastbarkeit
der Strahlungsquelle zu erreichen, wird diese mit einer bestimmten Frequenz sinus-
oder pulsförmig moduliert, wobei der Empfänger im Geschoß selektiv auf diese Frequenz
abgestimmt wird. Die hierfür üblichen Verfahren sind allgemein bekannt. Die Möglichkeit,
den Strahlsender auf Grund von Spiegelungen des Tageslichtes zu erkennen, kann dadurch
ausgeschaltet werden, daß das für die Unterdrückung sichtbarer Spektralkomponenten
notwendige Filter vor den Sendespiegel zu liegen kommt und auf seiner dem Ziel zugewandten
Seite so beschaffen ist, daß keine Spiegelungsreflexe entstehen können (bei Millimeterwellen
genügt ein entsprechender Spiegelanstrich).
-
Bei Erhaltung der optischen Strahleigenschaften bietet das Ultraviolettgebiet
unterhalb 2900 A trotz ansteigender atmosphärischer Dämpfung infolge der praktisch
vollkommenen Absorption der Sonnenstrahlung durch die Ozonschicht der hohen Atmosphäre
folgende Vorteile: Die Erdoberfläche ist sozusagen auch bei zenitalem Sonnenstand
bis zu ihren höchsten Erhebungen »dunkel«. Die Empfängerempfindlichkeit von zielsuchenden
Geschossen kann bei Verwendung von Photovervielfachern mit ultraviolettempfindlichem
Kathodenbelag von großer elektronischer Austrittsarbeit und somit geringem temperaturbedingtem
Dunkelstrom sehr groß gemacht werden. (Die Energie der Ultraviolett-Photonen,
E = lt - v, ist dabei noch ausreichend zur Auslösung des photoelektrischen
Effektes.) Die geometrisch- und physikalisch-optischen Verhältnisse sowie die sich
ergebenden jeweiligen Leistungspegel innerhalb des Systems sollen an einem Beispiel
veranschaulicht werden. Der Kennzeichnungsstrahl soll in einer Entfernung von 3
km einen Durchmesser von 2 m besitzen und somit scharf genug gebündelt sein, um
ein Ziel von dieser oder größerer Abmessung raumselektiv kennzeichnen zu können.
Der Öffnungswinkel des Strahlkegels beträgt dann etwa 3 Bogenminuten und kann bei
Verwendung einer kreisflächenförmigen Strahlungsquelle von 1 mm Durchmesser und
einer Optik von 1500 mm Brennweite, wie bereits beschrieben, verwirklicht werden.
Der Senderspiegel soll einen Durchmesser von 50 cm haben. Als Strahlungsquelle werde
eine Quecksilber-Hochdrucklampe mit Quarzfenster verwendet, die im Bereich von 2700
bis 2900 A etwa 300 mW Strahlungsleistung liefert. Die von dieser Quelle ausgehende
Strahlung wird durch eine Blende derart begrenzt, daß der Senderspiegel gerade voll
ausgeleuchtet wird. Mit einem Durchgangsfilter im Strahlenweg sowie einem Interferenzfilterbelag
des Spiegels werden alle anderen Spektralkomponenten weggefiltert. Der Spiegel würde
etwa mit 3 % der Nutzstrahlung, also mit 10 mW, ausgeleuchtet werden; unter Berücksichtigung
der Filter- und Spiegelverluste besitzt der austretende Kennzeichnungsstrahl aber
nur noch etwa 3 mW.
-
Bei einer Sichtweite von 8 km (dunstige Luft), wird der Strahl auf
dem Wege zum Ziel auf etwa 50 [.W geschwächt. Vom Ziel (Reflexionsfaktor 0,1) werden
5 u,W diffus reflektiert. In 100 m Entfernung vom Ziel beträgt die auf die wirksame
Empfangsfläche des Geschosses (50 cm2) auftreffende reflektierte Strahlung etwa
5 - 10-7 #tW. Nach Durchgang durch das Empfangsfilter stehen etwa 2 - 10-7 #tW zur
Verfügung. Bei Verwendung eines Photovervielfachers (ähnlich der RC A Type 1 P 28
der Spektralklasse S 5 mit einer Empfindlichkeit von 10-9 R.W, bezogen auf 1 Hz
Bandbreite) erhält man bei einer angenommenen Empfängerbandbreite von 100 Hz eine
Empfindlichkeit von 10-8 #tW. Ein Verhältnis von Signal zu Rauschen größer als 3
und damit ein zuverlässiges Ansprechen des zielsuchenden Fernlenkmechanisums ist
also vorhanden. Die Gewinnung der Azimut- und Höhenwinkel-Flugbahnregelwerte kann
durch ein Zeitaufteilungsverfahren der empfangenen Strahlrichtung, durch vier paarweise
zusammenwirkende Empfangs-und Verstärkerkanäle oder nach einem anderen bekannten
Verfahren erfolgen. Für das hier genannte Beispiel wurden im Handel erhältliche
Bauteile zugrunde gelegt, so daß die Möglichkeiten für eine weitere Verbesserung
der genannten Systemwerte keinesfalls erschöpft sind (Gasentladungslampen im Pulsbetrieb,
Magnesiumfunken mit günstiger Spektralverteilung usw.).
-
Wenn man bei Ultraviolett- oder Infrarotstrahlung schon mit einem
Sendespiegeldurchmesser von 20' bis 50 cm auskommen kann, so würde die Verwendung
von Millimeterwellen größere Spiegel erfordern. Ein Antennenöffnungswinkel von 4
Bogenminuten bei einer Wellenlänge von 1,2 mm (das entspricht etwa einem Strahlkegeldurchmesser
von 10 m in 10 km Entfernung) wäre z. B. mit einem Parabolspiegel von 2 m zu verwirklichen
(diese Wellenlänge liegt in dem letzten atmosphärischen »Fenster« der kürzesten
Radiowellen, das auch bei sehr hohem Wasserdampfgehalt der Atmosphäre noch eine
unterhalb 3 db/km gelegene Dämpfung besitzt). Infolge der Anwendbarkeit des Urberlagerungsprinzips
auf der Empfangsseite mittels kohärent schwingender Oszillatoren bzw. deren Oberwellen
wären die Millimeterwellen vor allem für größere Reichweiten (5 bis 20 km) geeignet.
Die Anwendung des vorgeschlagenen Systems würde sich in diesem Falle (# = 1,2 oder
2 mm) besonders zur Leitung des Raketenwerferfeuers auf eine bestimmte Stelle (27)
im Gelände, z. B. für Landungsoperationen (Abb. 8), eignen.
-
Für eine Beurteilung der Fortschritte, die mit dem hier beschriebenen
System gegenüber den bisherigen zielselbstsuchenden Fernlenkverfahren auf dem Gebiet
der Automatisierung der Kriegsführung erzielt werden können, mögen folgende Überlegungen
dienen: Während die Verwendung von zielsuchenden Raketen gegen fliegende und schwimmende
Ziele zur Entwicklung einer neuen Waffengattung geführt hat, fehlen bisher noch
die Voraussetzungen für deren infanteristische Anwendung gegenüber Erdzielen, da
sich diese in den meisten Fällen weder durch ihre Eigenstrahlung noch durch Reflexionseigenschaften
von ihrer Umgebung ausreichend unterscheiden. Zum Unterschied von bisherigen zielselbstsuchenden
Fernlenkverfahren, die also nur dann angewendet werden können, wenn es sich um Ziele
handelt, die von sich
aus anders strahlen oder anders reflektieren
als ihr Hintergrund, kann das vorliegende Fernlenkverfahren grundsätzlich gegen
alle Ziele eingesetzt werden. Als besonders geeignet erscheint dieses System zur
Bekämpfung von Panzern mit Hilfe rückstoßfrei abgeieuerter Sprengkörper (mit oder
ohne Raketenantrieb. z. B. Raketenwerfer, Bazooka usw.).
-
Die Treffunsicherheit der herkömmlichen Waffen, besonders die sehr
erhebliche Treffunsicherheit der Raketen, wird durch das vorgeschlagene System der
(3eschoßhalinkorrektur beseitigt. Entsprechend dem oben angeführten Beispiel kann
bei Verwendung bekannter Bauelemente mit einer imaginären ZielvergrölJerung eines
kleinen Zieles von 2 m Durchinesser auf einen Durchmesser von über 200 m in einer
Entfernung von 3 km vom vorgeschobenen Beobachter gerechnet werden. Es ist also
lediglich notwendig, daß ein Planquadrat von etwa 200m Seitenlänge in der Entfernung
des Zieles getroffen werden kann, die flugbahngeregelten Geschosse lenken dann automatisch
auf das Ziel ein. Möglichkeiten zu einer Verbesserung der Systemwerte, vor allem
der Reichweite oder der imaginären Zielvergrößerung, wurden schon erwähnt und sind
durchaus realisierbar.
-
Die Probleme, die sich bei entfernten bewegten Zielen aus deren Ortsveränderung
während der Geschoßflugzeit ergeben (Bestimmung des Vorhaltewinkels usw.), können
nunmehr infolge der erheblichen Zielvergrößerung (Fläche 28, Abb.9), die durch die
diffuse Reflexion des Kennzeichnungsstrahls 22 am Ziel entsteht, leicht gelöst werden
(Sender 19, Ziel 6, Grenze der zum Ansprechen des Fernlenkmechanismus ausreichenden
Strahlungsintensität 18, größtmöglicher Winkel der Flugbahnänderung a). Bei der
vorgeschlagenen extrem scharfen Bündelung des Kennzeichnungsstrahls (»Nadelstrahl«)
kann das Ziel mit dem vollen Strahlkegel getroffen werden (bei den bisherigen Anstrahlverfahren
nur mit einem geringen Teil des Strahlkegelquerschnittes). Es entsteht also auch
kein Energieverlust durch Vergrößerung des Strahlkegelquerschnittes auf dem Wege
vorn Ser_der zum Ziel wie bei den anderen Anstrahlverfahren Bei Kopplung des Strahlsenders
mit einem Zielfernrohr wird der Schußerfolg bereits durch das Anvisieren und Einstellen
des Zieles im Fadenkreuz des Zielfernrohres gewährleistet. Das Suchen und Erkennen
des Zieles, das Ausrichten des Kennzeichnungsstralils auf das Ziel sowie die Beobachtung
des Schußerfolges sind hier in einem kontinuierlichen Vorgang zusammengefaßt. Das
Auge des Beobachters kann während des ganzen Vorganges an ein und demselben 01--riar
bleiben. Weil der Kennzeichnungsstrahl A ein (-,ewicLt hat«, wird das Zielbild beim
Einschalten des Kennzeichnungsstrahls nicht :#verwackelt« oder aus dein Blickfeld
des Zielfernrohres gerissen wie z. B. während des Suchvorganges bei einem mit Zielfernrohr
ausgestatteten Gewehr. Ein miteingebauter Entfernungsmesser würde bei Verwendung
eines elektronischen Rechengerätes (Computor) eine automatische Ferneinstellung
des Höhen- und Richtungswinkels an einer entfernten Abschußbasis ermöglichen. Weil
die Abschußbasen vom Strahlsender örtlich getrennt sein können. wird die Stellung
des vorgeschobenen Beobachters und seines Strahlsenders (der Kennzeichnitngsstrahl
- ist für das Auge nicht sichtbar) auch bei längerer Gefechtsdauer nicht leicht
zu entdecken sein, besonders auch deswegen, weil der Kennzeichnungsstrahl extrem
scharf gebündelt ist und es genügt, ihn erst kurz vor Eintritt des Geschosses in
den Bereich beginnender Regelfunktion einzuschalten. Dies kann als ein weiterer
Vorteil gegenüber den konventionellen Waffen zur Panzerbekämpfung, deren Mündungsfeuer
leicht erkennbar ist, genannt werden sowie auch der Umstand, daß man die Abschußbasen
dabei auch außerhalb direkter Feindeinsicht in Stellung bringen kann. Die Strahlsender
kann man beispielsweise in kleine, niedrige Raupenfahrzeuge einbauen, wobei der
Sendespiegel und die Beobachtungsoptik nach Art eines Periskops nach oben ausgefahren
werden können, um während der Beobachtung und Zielkennzeichnung das Verbleiben des
Fahrzeuges in Deckung zu ermöglichen (Abb. 10).
-
Für den Nahbereich (z. B. bis 1000 m) können ferner kleinere, tragbare
Strahlsender konstruiert werden. Die Fokussierung des Raketenfeuers auf eine en,-begrenzte
Fläche (z. B. vom Schiff aus auf einen Küstenpunkt bei Landungsoperationen) wäre
ein weiteres Beispiel für die Anwendung des vorliegenden Verfahrens bei größerer
Entfernung unter @"erwendung von Millimeterwellen, wie bereits besprochen (Abb.8).
Das bekannte Verfahren der Radarentfernungsmessung kann hier mit dazu herangezogen
werden, die Raketenabschußvorrichtungen automatisch auszurichten.
-
In besonders gelagerten Fällen, wenn hinter dem Ziel sich kein oder
ein viel schlechter reflektierender Hintergrund befindet oder ein besser oder gleich
rereflektierender Hintergrund sehr weit hinter dein Ziel liegt, können mit dem vorliegenden
Fernlenkverfahrren auch solche Ziele erfaßt werden, deren Silhouette kleiner als
der Querschnitt des kennzeichnenden Strahikegels am Ort des Zieles ist. In einem
solchen Fall genügt es, wenn das Ziel nur von einem Segment des Strahlkegels getroffen
wird, während der restliche Teil sich im Raum hinter dem Ziel verliert. Beispiele
zur Erläuterung weiterer Anwendungsmöglichkei_en sind daher in Abb. 11 ein halb
in Deckung befindlicher Panzer, in Abb. 12 ein weit entferntes Schiff (-Millimeterwellen),
in Abb.13 ein Fabrikkamin und in Abb. 14 der kritische Teil einer Brücke.
-
Die Möglichkeiten einer Störung des hier vorgeschlagenen Systems sowie
der notwendige gerätemäßige Aufwand sind gering gegenüber ,den Kommandoverfahren
mit Funkübertragung der Fernlenkimpulse zttm Geschoß und eventuell noch vorhandener
Rücksendung des vom Geschoß aus gesehenen Blickfeldes über einen Fernsehbildwandler
an den Beobachter. Es ist somit auch möglich; Gewicht, Abmessungen, Produktionskosten
und technische Fehlerquellen der Geschosse und Zielstrahlgeräte niedrig zu halten,
was bei der vorgeschlagenen taktischen Anwendung zu berücksichtigen wäre.
-
Als eine weitere Anwendung des vorliegenden Verfahrens wird die Bekämpfung
von Bodenzielen aus der Luft genannt. Es wird hiermit, wie in Abb. 15 dargestellt,
eine Erhöhung der Treffsicherheit der vom Flugzeug gegen Bodenziele abgeschossenen
Raketen erreicht. Der Strahlsender 19, der mit Rücksicht auf die beschränkten räumlichen
Gegebenheiten im Flugzeug vorzugsweise auf optischer Wellenlänge arbeitet. ist im
Flugzeug 28 (z. B. vorn im Rumpf) so eingebaut, daß die Achse des Kennzeichnungsstrahls
22 mit der Flugzeuglängsachse zusammenfällt. Die mit zielsuchendem Kopf versehene
Rakete 17 soll zur Zeit ti vom Flugzeug auf das Ziel 6 abgeschossen werden. Hierauf
richtet der Flugzeugführer die Flugzeuglängsachse mittels des fest eingebauten Visiers
genau auf das Ziel 6 aus. Inzwischen ist bis zur Zeit t2 die dem Flugzeug 28 vorauseilende
Rakete 17 in Zielnähe gekommen,
und der Kennzeichnungsstrahl wird
eingeschaltet, so daß die Regelung der Raketenflugbahn auf das Ziel beginnt. Wenn
zur Zeit t3 die Rakete das Ziel getroffen hat. wird die Maschine hochgezogen.